Mal wieder erlebe ich einen ganz langen Tag – wie immer, wenn man über den Großen Teich fliegt und ganze neun Stunden Zeit dabei gewinnt. Vom 33-Stunden-Tag verbringe ich rund elf Stunden im Flugzeug, das mich direkt von Frankfurt nach Los Angeles bringt. Gegen Abend – Ortszeit – bin ich also da und werde bereits am Terminal erwartet. Nur wenige Augenblicke später sind wir auf dem Weg zum Harley-Dealer Bartels, wo mich eine herausgeputzte Roadglide erwartet. Am liebsten würde ich gleich losfahren, aber zunächst geht es ins Hotel. Um den Schlafrhythmus nicht zu stören, trollen wir uns gegen 22.00 Uhr. Schließlich wollen wir um 8.00 Uhr am nächsten Morgen starten, aber davor noch ordentlich frühstücken.
Auf früheren Reisen habe ich noch versucht, meine abendländischen Essensgewohnheiten zu retten. Nun ordere ich mein Steak medium und meine Gedanken flüstern mir zu: „Breakfast in America!” Kurz darauf geht es auch schon los. Auf Interstates – also Autobahnen – haben wir überhaupt keine Lust und so rollen unsere Harleys entlang des Pazifik Richtung Süden. Das erste Mal stoppen wir in Laguna Beach und schauen, ob die Gummibäume, die wir vor einigen Jahren schon bestaunt haben, inzwischen größer sind als unsere heimischen Kastanien. Nach dieser kurzen Pause nähern wir uns dem Ortega Highway, wo uns Schräglagen bis zum Abwinken erwarten.
Irrglaube: USA ohne Kurven
Leute, die glauben, dass die USA ohne Kurven auskommen, irren sich gewaltig. Das erlebt man unter anderem am Lake Henshaw und, nachdem wir die Anza Borrego Hochebene passiert haben, auf der Abfahrt nach Palm Springs. Wie ein Korkenzieher zwirbelt sich die Straße hinab in die Wüste, wo das Thermometer selbst am Abend noch 30° Celsius anzeigt. Der aktuelle Wetterbericht verkündet für den nächsten Morgen knapp 120° Fahrenheit, also rund 50° Celsius. Klingt schlimm, kann man aber ertragen, wenn man genug trinkt, denn die Luftfeuchte liegt nur bei rund 10 %. Nach der Nacht machen wir also die Harleys klar, rollen gen Mekka (Kalifornien) und steuern den weniger bekannten Box Canyon an, wo wir völlig allein unterwegs sind. Einfach wundervoll! Seinen Anblick genießen wir, bis wir am General Patton Memorial Museum auf den Interstate in Richtung Arizona wechseln. Angesichts der Temperatur und mangels staubfreier Alternativen weist er für rund 100 Meilen den Weg, bis wir auf den Highway 60 abbiegen. Dort legen wir unsere Mittagsrast ein. Das Essen fällt überschaubar aus, unser Durst ist schlimmer als Heimweh.
Literweise Trinkwasser
Bei dieser Hitze verbrauchen wir beinahe mehr Mineralwasser als unsere Harleys Benzin. Aber nun geht es bergauf, wir verlassen den Backofen und bald ändert sich die Vegetation. Neben der Straße tauchen Yuccas und gewaltige Saguaro-Kakteen auf, wie man sie aus alten Westernfilmen kennt. Die Lufttemperatur sinkt derweil auf 40° Celsius. Kakteen weichen Pinien und Kiefern. Die Mojave-Wüste liegt also weit hinter uns, als das Ortsschild unseres Tagesziels, Prescott, auftaucht. Im Whirlpool des Hotels warten bereits ein paar alte Bekannte mit kaltem Bud Light auf uns. Wer in der Wüste war, weiß das zu schätzen. So rollen wir sehr früh am nächsten Morgen hinunter zur Whiskeyrow, Prescotts altehrwürdigem Zentrum. Flott führt uns die Ringstraße aus der Stadt heraus und die Mingus Mountain Road beschenkt uns mit Kurven ohne Ende. Über die geht es also mit viel Schwung in das alte Minenstädtchen Jerome. Am Wochenende findet hier regelmäßig ein großes Motorradtreffen statt, mit Livemusik versteht sich. Heute ist es ruhig und so fahren wir weiter über Cottonwood in die Reservation der Apachen und Yavapai-Indianer. Dort findet sich das Montezuma Castle National Monument, das natürlich besichtigt werden muss. Dabei bleibt man am besten auf den Trails, denn mitunter klappernde Reptilien passen auf die alten Gebäude auf. Wir sehen allerdings keine Schlangen, haben den Weg ja auch nicht verlassen und verschaffen uns einen Einblick in das Leben der Sinagua-Indianer des 12. Jahrhunderts. Die eindrucksvolle Felsenbehausung (Cliff Dwelling) gilt übrigens als eines der am besten erhaltenen historischen Gebäude Nordamerikas.
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Ganz anders schaut es da in der New Age Stadt Sedona aus, wohin der Weg anschließend führt. Mitten im Red Rock Land warten dort unzählige Galerien und kleine Geschäfte auf die vielen Touristen, die jedes Jahr kommen. Sieht man sich die roten Sandsteinfelsen an, die diese Stadt umlagern, versteht man obendrein, warum sich Mystik und Sagen hier ein abenteuerliches Stelldichein geben. Der Oak Creek weist anschließend den kurvigen Weg durch den gleichnamigen Canyon hinauf nach Flagstaff. Von dort geht es weiter nach Williams, an der weltberühmten Route 66.
Der Grand Canyon erwartet uns
Hier schlagen wir unser Nachtlager für zwei Tage auf, denn es steht die Erkundung des Grand Canyon an, eine 450 Kilometer lange Schlucht, die der Colorado River in Jahrmillionen bis zu 1.800 Meter ins Gestein gewaschen hat. Tags darauf stehen wir also bald am South Rim des beeindruckenden Grand Canyons, schauen weit hinunter zum Colorado River und der Mund bleibt zum Staunen offen: „Wahnsinn!” Mather Point, Grandview, Lipan Point, schon das sind Stopps, die einfach sein müssen. So geht mehr als reichlich Zeit ins weite Land, bevor das nächste Ziel angesteuert wird: die alte Cameron Trading Post. Sie liegt in der Navajo Nation. Hier machen wir Rast, bevor es an der farbenfrohen Painted Desert und am Sunset Crater entlang zurück nach Williams geht. Von dort aus starten wir am nächsten Morgen gen Westen und finden uns bald schon auf der Route 66 wieder. Die führt uns nach Seligman.
Anschließend stoppen wir am General Store in Hackberry und dem Route-66-Museum in Kingman. Dort steht das Mr. Dz’s Diner aus den 1950er-Jahren, unser Anlaufpunkt für die heutige Mittagspause. Am Nachmittag erreichen wir dann den Hoover Damm, der den größten von Menschenhand geschaffenen See Nordamerikas staut: Lake Mead. Die Temperaturen steigen dort rapide an, logisch, die Mojave-Wüste hat uns wieder. Wir beschließen hinsichtlich einer ordentlichen Kühlung mittels Fahrtwind, das letzte Stück nach Las Vegas auf der Interstate hinter uns zu bringen.
Das geht flott und so finden wir uns bald in der bunten und niemals müden Spielerstadt wieder. Kaum im Hotel angekommen, ordert Hubert schon ein paar kühle Blonde. Das Glas habe ich schneller in der Hand als den Zimmerschlüssel und das zischt. An der Bar treffen wir weitere Motorradfans aus „Germany” und es wird ein geselliger Abend.
In aller Herrgottsfrühe starten wir in den nächsten Tag. Hubert meint, dass das Sinn macht, wenn man im Death Valley eine mögliche Hitzeschlacht vermeiden möchte. Auf dem Weg dorthin gibt es am Spring Mountain Pass in rund 1.700 Meter Seehöhe erst mal eine Überraschung. Reichlich kühle Luft weht uns hier um die Nase. Jacke zu! An unzähligen Joshua Trees vorbei geht es so nach Pahrump. Dort stoppen wir: „Besser wir fahren mit vollen Tanks in die Wüste!” Kurz hinter dem Ort erreichen wir dann das Land des ehemaligen „Governators Arnie”: Kalifornien – und es geht immer weiter hinein in die lebensfeindliche Salzwüste. Wir passieren noch das verschlafene Nest Shoshone, dann taucht das Schild des Death Valley Nationalparks auf. Die Lufttemperatur steigt jetzt im Minutentakt und bald kommt man sich vor, als würde ein gigantischer Fön direkt in den Helm pusten. Selbst um 8.00 Uhr morgens knackt das Thermometer die 40-Grad-Marke, als wir in Badwater anhalten.
Hier stehen wir also am tiefsten Punkt Nordamerikas, der knapp 90 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Die weiß glänzende Salzwüste wirkt lebensfeindlich. Gut, dass wir hier nicht mit dem Pferd oder gar zu Fuß in Richtung des 3.300 Meter hohen Telescope Peak weiter müssen, der in etwa das heutige Tagesziel weithin sichtbar markiert. Mit den Harleys kommen wir natürlich viel besser voran. Vorher rollen wir aber noch über den farbenprächtigen Artist Drive und am Zabriskie Point entlang – auch bekannt aus dem gleichnamigen Film –, bevor wir zum frühen Lunch in der Furnace Creek Ranch einlaufen. Die alten Borax-Transportwagen, die von 18 Maultieren gezogen wurden, erinnern hier an eine längst vergangene Zeit im Tal des Todes. Das angeschlossene Museum, das einem die Tagebau- und Mineraliengeschichte näher bringt, ist sicher auch einen Besuch wert. Ein paar Meilen weiter steht der nächste Wasserstopp in Stovepipe Wells an. Das Devils Cornfield und über 70 Meter hohe Sanddünen sind von hier aus gut zu sehen.
Die Sierra Nevada wartet
Und dann rollen wir über den nächsten 1.700 Meter hohen Pass. Eine kurze Abkühlung gehört dazu, bevor wir in das zweite Tal, das ebenfalls wie eine überdimensionale Sandkiste aussieht, hinunterfahren – und erneut wird es ganz schön heiß. Schnell weiter, jeden Fahrtwind nutzen, dann beginnt eine starke Kurvenpartie, die sich wie ein magisches Band den steilen Berg hinauf zur Sierra Nevada schlängelt. Das bringt richtig Spaß und außerdem wird es „kalt”, denn das Thermometer sinkt nun unter 30° Celsius. So geht der nächste wundervolle Tag zu Ende. Am nächsten Morgen steuern wir den Mono Lake an, ein alkalischer See vulkanischen Ursprungs, der aufgrund seiner Unmengen an Alkalifliegen und Salzwasserkrebsen als Feinschmeckerbuffet für unzählige Vogelarten gilt. Das schauen wir uns für eine ganze Weile an, bevor es in die Berge geht. Dort wartet der Tioga Pass (3.031 m) und damit eine flotte Kurverei, die dem einen oder anderen Trittbrett ein wenig Material klaut. So kommen wir in den einzigartigen Yosemite-Nationalpark, der für seine Wasserfälle und die grandiose Landschaft bekannt ist. Hinzu kommt der Mariposa Grove of Giant Sequoias – dort stehen diese einmaligen Mammutbäume. Bis zu 27 Männer werden benötigt, um den Größten mit ihren Armen zu umfassen. Die Harleys wirken daneben wie Modelle von Matchbox und auch wir kommen uns ganz schön klein vor. So dauert es ganz schön lange, bevor der nächste Weg zum Ziel wird. Über den legendären Highway 49, der zu Zeiten des kalifornischen Goldrausches von 1849 als Transportweg weltweit Berühmtheit erlangte, steuern wir stets weiter in Richtung Westen. Schließlich erreichen wir den Stanislaus River, der den Weg nach San Francisco an der Pazifikküste weist. Hier haben wir mehrere Tage Aufenthalt eingeplant. Nicht nur wegen der Golden Gate Bridge, sondern weil wir diese außergewöhnliche Stadt ganz in Ruhe erleben wollen. Logisch, dass wir uns die Cable Cars anschauen, die über extrem steile Rampen rollen.
Das unverkennbare Wahrzeichen
Dann wären da noch Chinatown, die Fishermens Wharf und außerdem denken wir über eine Bootsfahrt zum berühmt-berüchtigten, inzwischen aber stillgelegten Gefängnis namens Alcatraz nach. Zum Sonnenuntergang fahren wir aber dann doch auf eine Höhe neben der Golden Gate Bridge und lassen den Blick über „Frisco“ schweifen. Wir sind von der Stadt total begeistert. Unsere Abende dort enden in der Voodoo-Lounge, eine Rockkneipe mit lauter Musik und kalten Drinks. Auch hier treffen wir ein paar Motorradurlauber aus Good Old Germany. Am Tag darauf verlassen wir San Francisco, obwohl es noch so viel mehr zu sehen gäbe. Aber immerhin wartet ja noch der berühmte Pacific-Coast-Highway 1 auf uns, der zur legendären Panamericana von Alaska bis Feuerland und damit zur längsten Straße der Welt gehört. Unsere Fahrtrichtung ändert sich also nun nach „South“ und so kommen wir nach Monterey, das durch Steinbecks Buch „Die Straße der Ölsardinen” einst weltberühmt wurde. Dann steht Carmel auf dem Programm, wo Clint Eastwood einst Bürgermeister war. Es geht weiter Richtung Süden. Dabei werden wir begleitet. Eine Gruppe Pelikane – Kaliforniens Airforce – fliegt ein Stück in Formation neben uns her. Hier am Pazifik, dessen Wassertemperatur durch den kühlen Kalifornienstrom geprägt wird, leben wegen des Fischreichtums im kalten Wasser auch jede Menge Seeelefanten. In der Nähe des Hearst Castle – der ehemalige Landsitz des Zeitungsverlegers Hearst, mit seinen 160 Zimmern – übernachten wir heute und können bei einem herrlichen Sonnenuntergang die Rufe der Seeelefanten hören. Die klingen ein wenig traurig und so geht es mir auch, denn am nächsten Morgen bricht leider der letzte Tag unserer einfach fantastischen Kalifornien-Tour an. Wir folgen weiter dem Highway 1, um entlang der bekannten Orte und Städte wie Pismo Beach, Santa Barbara, Malibu und Santa Monica wieder Los Angeles zu erreichen, wo die Tour endet. Halb so schlimm, denn ich komme garantiert wieder in die Staaten, wo es noch so viel zu entdecken gibt.
Motorradtour Kalifornien & Co - Wüsten, Berge und Meer – Infos
Kalifornien gehört ganz sicher zu den schönsten Ecken im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, denn hier treffen der Pazifische Ozean, imposante Gebirgsgruppen wie die über 4.000 Meter hohe Sierra Nevada und weite Wüsten wie das Death Valley aufeinander. Natürlich schauen wir bei dieser wundervollen Rundreise auch über den Tellerrand, kommen so zum beeindruckenden Grand Canyon und auch in die bunte Spielerstadt Las Vegas.
Allgemeine Infos
Kalifornien besticht vor allem durch seine weiten Landschaften, die wilde Pazifikküste und karge Wüsten wie das bekannte Death Valley. Eine Reise dorthin lohnt also immer.
Anreise
Los Angeles als Ausgangspunkt dieser Tour lässt sich ab Mitteleuropa per Flugzeug in etwa zehn bis elf Stunden bequem erreichen. Es gibt auch diverse Umsteigeverbindungen, die aber die Reisezeit deutlich erhöhen.
Beste Reisezeit
Da es im Sommer im Westen der USA sehr heiß werden kann und der Winter im Gebirge für viel Schnee sorgt, bieten sich Mai, Juni, sowie der September als beste Reisezeit an.
Verpflegung
Zunächst ein Wort zum Frühstück, das deftig (mit Speck, sautierten Kartoffeln, Rührei und Bratwürstchen) ausfallen kann. Daneben gibt es aber auch das kontinentale Frühstück aus einem Muffin, einem Joghurt, Marmelade, Kaffee & Co. Einige Hotels bieten zudem üppige Frühstücksbuffets an, die in die Kategorie Brunch fallen. Wenn man nach der Tour zum Essen geht, wird man schnell feststellen, dass die Köche der USA sich bestens darauf verstehen, wie Steaks zu braten sind. Außerdem sind Spare Rips - auch vom Rind - sehr empfehlenswert. Hinzu kommen oft üppige Salatbuffets.
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