Die Sonne lacht von oben auf den Strohhut, ein kühler Cocktail in der einen und ein Buch in der anderen Hand. Dazu streift einem eine leichte, sommerliche Brise auf dem Sonnendeck übers Gesicht und unters Hawaii-Hemd. So ungefähr könnte eine Kreuzfahrt im Mittelmeer auch aussehen. Im Hintergrund das sonore Brummen des Schiffsdiesels und in der Ferne schreit eine Möwe. Alles erträglich, alles angenehm und alles ein wenig langweilig. Wer dennoch Lust auf ein bisschen Kreuzfahrt hat, sein Motorrad, individuelle Bewegungsfreiheit und Herausforderung jedoch vermissen würde, kann nun eine Kreuzfahrt für Reiseenduros unternehmen. Im ersten Augenblick erzeugt das zwar mehr Fragen als Antworten, aber genau deshalb möchte ich mir das mal genauer anschauen. Der Veranstalter wirbt mit dem „Luxus eines kleinen Kreuzfahrtschiffs und den Erlebnissen einer Motorradtour“. Jede Nacht ein anderer Hafen und während das Schiff tagsüber, mit dem eigenen Gepäck, zur See Strecke macht, fährt man selbst mit seiner Reiseenduro durchs Land und seiner eigenen Kabine hinterher. Klingt erst einmal gut. Angegebener Schwierigkeitsgrad: mittel bis schwer. Auch das sollte passen. Die Fotos des Veranstalters lassen auf viel Schotter und Wald schließen, was großen Reiseenduros ebenfalls entgegenkommen sollte. Die Reise wird also fixiert und ich beginne mit den Vorbereitungen von Mensch und Maschine. Ich bin mit Stiefeln und Anzug von Touratech und Büse schnell ausgestattet, die Maschine, ich fahre mit einer Suzuki V-Strom 1050DE, grundsätzlich ebenfalls. Was den Kunststoffkoffern an Volumen für eine größere Reise fehlt, wird mit einer 60-Liter Gepäckrolle von Wunderlich ergänzt. Ansonsten sollte die geländetaugliche Version der V-Strom ausreichend ausgestattet sein, um eine Woche im Dreck spielen zu fahren.
Anreise
Anreisetag auf dem Kreuzfahrtschiff „Antonela“ ist der Samstag und da ich ohne Zeitdruck und Gewaltmarsch anreisen möchte, verlasse ich bereits Donnerstagmorgen die heimische Garage bei Köln und mache mich auf den Weg in Richtung Süden. Erstes Etappenziel soll der Schwarzwald sein. Über den Rhein-Sieg-Kreis und die Rheinfähre bei Bad Hönningen geht es in die Eifel und ab mittags durch die Pfalz. Gegen Abend erreiche die Region um Karlsruhe und komme nach knapp 400 Kilometern Land- und Kreisstraßen-Spaß im Gasthof Löwen in Enzklösterle an.
Fahrtests: BMW R 18 Roctane, BMW R 1250 RS Motorräder: Horex VR6 RAW 99 EDITION, CFMot – drei neue Tourer, KTM 1290 Super Adventure – erste Erprobungsträger, Royal Enfield Scram 650 – Prototypen entdeckt, Moto Guzzi V100 Stelvio – Vorserien-Bike, Triumph: neue 400ER + Updates 2024, Modellpflege 2024 Touren: Toskana – RIDE 70S,mehr Schwarzwald – entlang von Brauereien, Luxemburg – Tanz Durch das „Ösling“, Kroatien – auf Adriakreuzfahrt mit Reiseenduros Tests: HJC RPHA 91, Schuberth M1 Pro, John Doe Motoshirt, Shoei Ex-Zero EQUATION TC-2, Schuberth E2, Michelin Commander III, Spidi Originals Enduro, Continental Road Attack IV Magazin: Rollerfahren mit 15?, Road to: BMW R 1300 GS, Cardo treickst Sena aus, BMW Days 2023, Wacken Open Air, Interview mit Doro Pesch, Führerscheinentzug im Alter?,100 Jahre BMW Boxer, Verbrenner neu erfunden?
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Preis: 5,90 €
Der nächste Tag beginnt im Dauerregen und soll mich über das Allgäu und den Brenner bis nach Südtirol führen. Bei der morgendlichen Kontrolle fällt mir jedoch auf, dass mein Hinterreifen, die Serienbereifung der V-Strom 1050DE, Dunlop Trailmax, nach weniger als 2.000 Kilometern doch arg abgefahren ist. Wo ich am Morgen nur noch geringes Profil hatte, ist die Lauffläche mittags bereits glatt und als ich am späten Freitagnachmittag bei Motorrad Geisenhofer in Sulzberg einrolle, zeigt sich schon deutlich die Kaskade des Reifens. Glücklicherweise wurde mir schnell geholfen und mit einem Bridgestone Battlax 41-A auf dem Hinterrad geht es bei einsetzender Dämmerung von Füssen aus über die Fernpassstraße an der Zugspitze vorbei nach Tirol. Als ich in Südtirol im Garni Hotel Ritterhof ankomme, ist es bereits dunkel und beinahe 23 Uhr. Ich merke mir: Mittwoch loszufahren und kürzere Etappen zu planen, wäre auch kein Fehler gewesen. Der Blick auf die Weinberge Südtirols beim Frühstück entschädigt jedoch für vieles und so mache ich mich auf den Weg nach Kroatien.
Ankunft in Opatija und die Begrüßung auf der „Antonela“
Schon in den Reiseunterlagen wird darauf hingewiesen, dass die Anreise und das Parken direkt am Schiff möglich sein wird und so fahre ich, freundlich winkend, am Hafenmeister und der geschlossenen Schranke vorbei auf den Pier. Ein cooles Gefühl. Noch cooler ist, dass dort gleich zwei Reisegruppen den Start ihrer Reise haben. Während ich mich zu den teilweise heftig umgerüsteten, hochbeinigen und zum Teil schon eingesauten Reiseenduros geselle, werden einen Liegeplatz weiter verchromte und polierte Harley-Davidson aus Anhängern geholt und aufgestellt. Die Begrüßung und Zuteilung der Kabine übernimmt Veranstalter Patrick höchstpersönlich. Ich bekomme eine Doppelkabine in Einzelnutzung unter Deck zugewiesen und bin direkt angetan. Klar, es ist keine Suite (die gibt es gegen Aufpreis am Oberdeck), aber mit eigener Nasszelle, so heißen Badezimmer auf Schiffen, und einem freien Bett als Stauraum ist die Kabine mehr als ausreichend. Das Bett ist sehr bequem und über das Bullauge hat man freien Blick in den Hafen. Die „Antonela“ ist dabei ein typisch kroatisches Küstenschiff und seit mehr als zwanzig Jahren als kleiner Kreuzfahrer im Einsatz. Ein geräumiger Speisesaal mit Bar, Sitzgelegenheiten auf zwei Decks inklusive Sonnendeck und Liegestühlen lassen dann das eingangs genannte Kreuzfahrt-Gefühl sofort nach der Anreise aufkommen. Das Abendessen wird dann zur offiziellen Begrüßung und dem ersten Fahrerbriefing der gesamten Reisegesellschaft genutzt. Zwei Kaltgetränke und eine kurze Kreuzfahrt von Opatija nach Ičići und zurück später geht es dann mit viel Vorfreude in die Koje.
Opatja:
Wer nach der zeitigen Anreise noch ein bisschen Zeit bis zum ersten Abendessen auf dem Schiff hat, dem sei dringend ein Spaziergang durch Opatja geraten. Seit 140 Jahren ist die Stadt an der Adria auch ein Kurort und auch die Architektur spiegelt die vielen Einflüsse von anderen berühmten Seebadeorten wie Nizza, Cannes oder Monte Carlo wieder. Als Teil der ehemaligen österreichischen Riviera erinnern Hotels, Villen und Hafenpromenade bis heute an die Donaumonarchie, zu deren Zeit der Ort ab 1882 zum Seebad gestaltet wurde.
Tag 1: Opatija – Rab
Die ersten Kilometer durch Opatija und Rijeka, noch auf Asphalt und in der großen Gruppe, dienen vorrangig einem: der zügigen Zuführung staubdurstiger Motorradfahrer ins Gelände. Etwa eine Stunde nach Abfahrt wird eine kurze Kaffeepause gemacht, letzte Details, hauptsächlich bezüglich der Gruppeneinteilung werden besprochen und schon biegen wir von immer kleiner werdenden Asphaltstraßen auf einen Waldweg ab. ABS und Traktionskontrolle, der V-Strom werden so weit wie möglich deaktiviert, ich stehe auf und schon finde ich mich auf einer wunderschönen Schotterstraße durch das hügelige Hinterland Rijekas wieder. Glücklicherweise ist der Schwierigkeitsgrad auf der Strecke nicht besonders hoch, denn den meisten und auch mir merkt man an, dass wir uns noch etwas an den Untergrund und die Eigenheiten der Motorräder gewöhnen müssen. Auch die Einteilung der beiden Gruppen wird bei einigen recht zügig überdacht. Hier zeigt sich allerdings direkt die Erfahrung der Reiseleitung und Guides. Und obwohl das Geläuf, vom Tourguide der schnellen Gruppe Mihai liebevoll als „Ferrari-Schotter“ (einfachster Schwierigkeitsgrad) bezeichnet wurde, sind einige kniffelige Stellen zu passieren. Einige Schranken müssen passiert werden und gerade bei den größeren und breiteren Reiseenduros BMW R 1250 GS Adventure, Africa Twins mit Koffern etc. ist Teamwork und Maßarbeit beim Durchfädeln angesagt. Doch die Mühe lohnt sich. Mit Blick aufs Meer, aber in knapp 1.000 Metern Höhe und einem Sandwich als Mittagsverpflegung ist der Einstieg in die Tour gemacht. Die Gruppen sortieren sich dem fahrerischen Können nach neu und die Pause wird mit der Ankündigung einer „Sonderprüfung“ beendet.
Kreuzfahrt für Reise-Enduros – du hast den Luxus eines kleinen Kreuzfahrt-Schiffes und die Erlebnisse einer Motorradtour. Jede Nacht in einem anderen Hafen, aber ohne ständig den...
Angekündigt als steile Bergauffahrt mit tiefem Schotter, drei engen Kurven und hohem technischem Anspruch, wird die Sonderprüfung einzeln absolviert, um jedem ausreichend Zeit und Raum zu geben. Und das war auch gut so, denn nun gibt es tatsächlich die ersten Umfaller. Der Schotter ist jetzt „Easy-Schotter“ (höchster Schwierigkeitsgrad), tief, grob und unregelmäßig. Dazu Schlaglöcher, nicht direkt ersichtliche Kanten, Vorsprünge und Rillen. Dazu eine satte Steigung. Wer da halbherzig, unsicher oder zu langsam unterwegs ist, der fällt um oder fährt sich fest. Kein Problem, denn in Teamarbeit wird jeder wieder aufgesammelt und zwei Teilnehmern wird das Motorrad vom Reiseleiter höchstselbst über das schwierige Stück hochgefahren. Bis auf ein kurzes Murren bleibt die Stimmung jedoch gut und nach einer kurzen Trink- und Nervenpause entschädigen die vielen Kilometer durch wunderschöne Wälder, Pässe und kleine Ortschaften bis zur Kaffeepause am Nachmittag auch für den einen oder anderen Umfaller. Dass ich es bis zur Kaffeepause schaffe, hätte ich zwischenzeitlich fast nicht mehr für möglich gehalten. Ich merke mir: Wer am Morgen nicht volltankt, wird mittags nervös und blickt am Nachmittag mehr auf Restreichweite und Tankanzeige als auf die sattgrüne Landschaft. Glücklicherweise findet sich nach fast 6 Stunden im Gelände gerade noch rechtzeitig und direkt im ersten Ort eine Tankstelle. Zum Abschluss des Tages geht es per Fähre auf die Insel Rab, wo unser Schiff bereits im Hafen festgemacht hat und samt Gepäck, Abendessen und Einlauf-Bier auf uns wartet.
Tag 2: Rab – Insel Pag und die Orte Novalja/Mandre
Da für diesen Tag der berüchtigte und teilweise extrem gefährliche Küstenwind Bora angesagt ist, wird die Route angepasst. Weniger Küstenstraße und mehr Hinterland. Dass das dem Fahrspaß abträglich wäre, bemerkt man dank einer vorausschauenden Planung und den umfassenden Kenntnissen des Landes durch die Reiseleitung zu keiner Minute. Da die Küstenstraße zwischen Stinica und Prizna gesperrt ist, geht es zunächst auf Asphalt wieder ein Stück nordwärts und auf einen Kaffee in den wunderschönen kleinen Hafen von Sveti Juraj. Und der ist auch nötig, denn ab da wird es anspruchsvoll. Erst geht es über fantastisch zu fahrende Serpentinen einige hundert Höhenmeter hinauf bis Krasno Polje und anschließend umgehend „ins Gemüse“. Wie am Vortag wechseln sich wunderschöne Mischwälder, Steppe und teils schroffes Gebirge ab und fordern die Enduros und ihre Fahrer heraus. Eine ausgewiesene Sonderprüfung steht heute nicht auf dem Plan, einige knifflige Stellen sind trotzdem zu bewältigen. Kurze Rast und Fotopausen gibt es dennoch immer wieder an ausgewählten Stellen oder nach anstrengenden Abschnitten. Am Nachmittag geht es dann zurück an die Küste und mit der Fähre von Prizna auf die Insel Pag. Nach kurzer Fahrt über die Insel kommen wir mit nach zwei Fahrtagen nun angemessen eingesauten Motorrädern im traumhaft schönen Hafen von Mandre an.
Tag 3: Mandre – Zadar
Der nächste Tag beginnt früh und aufgrund der unklaren Wettervorhersage noch mit ungewissem Ziel. Dennoch werden zunächst die Offroad-Möglichkeiten der Insel Pag erkundet. Und das geht auf den unbefestigten Kieswegen und zwischen den Steinmauern von Schafweiden legal und wirklich ausgezeichnet. Kilometerweit können wir die Enduros durch Kies, Matsch und Felder treiben, bevor wir auf einmal vor einem wirklich groben Steinfeld stehen, welches es vor dem Vormittagskaffee zu überwinden gilt. Während das Wetter am Vormittag zwar trüb bleibt, vermeldet die Schiffsbesatzung, dass eine sichere Überfahrt nach Zadar möglich ist. Vorher ging es auf Wunsch der Hafenmeisterei jedoch zum einzigen Mal zum Waschen der teilweise arg versauten Maschinen an den Hochdruckreiniger. Im noblen Hafen von Zadar hatte man uns Stellplätze zwar nicht direkt vor dem Schiff, aber unmittelbar an der Hafenpromenade und der Meeresorgel zugewiesen. Da kann man sich nach drei Tagen im Dreck ruhig mal waschen.
Zadar:
Zadar ist eine Stadt, deren Wurzeln bis in die Antike reichen und das sich sowhl in der Straßenführung, als auch in der Architektur deutlich bemerkbar macht. In der historischen Altstadt lassen sich die Überreste der Römer, Byzanthener, Venezianer und Ungarn bis heute entdecken und bestaunen. Deutlich modernen ist die 2005 installierte Meeresorgel. Durch Wellen wird die Luft durch in die Treppen integrierte Orgelpfeifen gedrückt und sorgen so für ein akustisches Zusammenspiel von Wellen und Tönen. Kleiner Tipp: Mitreisende ohne Vorwarnung einfach mal mitnehmen und ergründen lassen, woher denn nun die Töne kommen.
Auch am vierten Fahrtag stand zunächst die Frage nach Wind und Wetter im Vordergrund. Bis unmittelbar zur Abfahrt aus dem Hafen Zadars stehen die Route und der Besuch des Mali Alan auf der (Wind-) Kippe. Um Strecke zu machen und dem für mittags angesagten Regen zuvorzukommen, machen wir zunächst knapp 60 Kilometer Strecke auf Asphalt und Bundesstraße, bevor es in den, man kann es nicht anders ausdrücken, spektakulären Anstieg zum Mali Alan und den historischen Drehorten der Winnetou-Filme geht. Bei teils sehr starkem Wind und anspruchsvollem Schotter ist höchste Konzentration gefordert, doch ohne Sturz und Umfaller wird auch dieser Anstieg von allen gemeistert. Die Pause am Aussichtspunkt und der Gedenktafel haben sich alle redlich verdient. Bei der Weiterfahrt lässt bei einigen dann spürbar die Konzentration nach. Es wird wirklich höchste Zeit für die Mittagspause und ein bisschen Nervennahrung. Diese nehmen wir in einem Restaurant in Podostra ein. Wer sich mit den Portionsgrößen auf dem Balkan auskennt, der weiß, dass die Teller gut gefüllt sind. Der von den meisten vorbestellte Grillteller besteht aus zwei Cevapcici, zwei Bauchstreifen, zwei Würsten, einem Nackensteak, zwei Hühnerbrüsten, einer großen Portion Pommes, einer briefmarkengroße Salatbeilage und selbstverständlich Soße. Hallo, Fresskoma, lange nicht gesehen. Doch auch hier zeigt sich, dass sich die gute Planung und hervorragenden Kenntnisse des Landes der Reiseleitung auszahlen, denn nach der Mittagspause bleiben wir zwar größtenteils Offroad, aber auf „Ferrari-Schotter“ und mit Raum zum Genießen der wunderschönen Wälder und Strecken. Mein persönliches Highlight nach der Mittagspause sind die diversen Pfützen in jeglicher Größe und die erneute Dekoration der für meinen Geschmack viel zu sauberen Motorräder. Die Vielseitigkeit des Landes und der Kreuzfahrt zeigt sich dann vollends, als wir etwas später nicht nur auf fast 1.400 Metern den höchsten Punkt der gesamten Reise, sondern auch bei knappen 6 Grad Temperatur ein Schneefeld erreichen. Zwei Stunden später stehen beide Gruppen wieder am Fährhafen von Stinica. Müde, erschöpft, aber mehr als glücklich kehren alle auf die „Antonela“ zurück und genießen bei 23 Grad und einer sommerlichen Brise die Abendsonne Kroatiens. Was ein Tag.
Mali Alan und Winnetou:
Film- und Winnetou-Liebhaber aufgepasst – Berühmt wurde der Mali Alan als Drehort für gleich fünf Winnetoufilme. So sind auf dem Weg hinauf auf den Pass nicht nur der Drehort „Happy schaut in den Adlerhorst“, sondern auch das Eisenbahnercamp aus Winnetou 1 und vor allem der Totenbaum Klekih-Petras zu entdecken. Jedenfalls die Stelle ist identifizierbar, der Baum ist längst Geschichte. Wer sich den Drehort des Adlerhorstes genauer anschaut entdeckt auch tatsächlich noch Betonreste des einbetonierten Baumstumpfes, an dem sich Happy nach seinem unglücklichen Kampf mit dem Adler festhalten musste.
Tag 5: Rab – Cres/Krk
Tag Fünf und die Sonne strahlt vom ersten Augenblick an. Die ersten Kilometer des Tages werden auf dem Abschnitt der Küstenstraße absolviert, die uns an Tag zwei durch den Küstenwind verwehrt geblieben sind. Ein Glück, dass wir das nachholen können, denn der perfekte Asphalt, die Sonne und die Mischung aus blauem Meer zur Linken und den Bergen zur Rechten machen aus der Fahrt von Stinica nach Zengg ein fabelhaftes Erlebnis auf zwei Rädern. Doch schon bald biegen wir ab und finden uns erneut auf besten Schotterwegen wieder. Es geht erneut recht hoch hinaus, auf mehr als 1.000 Höhenmeter und dennoch verliert man den Blick aufs Mittelmeer nur selten. Das wird natürlich für Fotopausen und Videogrüße ebenso genutzt, wie zum Durchschnaufen und Genießen. Anschließend geht es über die Brücke auf die Insel Krk und in den malerischen Hafen von Čižići ins Fischrestaurant. Die anschließende Überfahrt von Krk nach Cres und die Ankunft im Hafen sind angesichts des anstehenden Abends jedoch beinahe unwichtig. Es steht das Captains-Diner samt Wein- und Olivenöl-Probe an. Die ganze Woche sind wir bereits von Smutje Ivana und Kellner Artur gut versorgt worden, doch zum Captains Diner gibt es nicht nur eine fein gedeckte Tafel, sondern auch die Probe von Wein und Öl aus dem Familienbetrieb des Kapitäns. Mit Vorspeisenplatte, Fisch und einer sehr leckeren Cremespeise als Dessert werden wir wirklich gut verwöhnt.
Tag 6: Cres/Krk – Opatija
Obwohl sich sowohl körperlich als auch technisch die ersten Ermüdungserscheinungen andeuten, ist der allgemeine Tenor vor dem letzten Fahrtag ein wehmütiger. Zum einen, weil die Tour bisher in jeder Hinsicht die Erwartungen an eine Kreuzfahrt für Reiseenduros erfüllt und übertroffen hat und zum anderen das Miteinander eine wirkliche Bereicherung ist. Tägliche Kaltgetränke und Benzingespräche, das gemeinsame Bewältigen von Herausforderungen und Hindernissen und einige gemeinsame Mahlzeiten hinterlassen eben Spuren. Und dass man einander schätzt und hilft, wird auch am letzten Tag noch einmal gefragt sein, denn die heutige Route darf zumindest bis zur Mittagspause als schwerste Etappe bezeichnet werden. Tiefer Schotter, Geröllfelder und enge, tiefe Schotter-Serpentinen fordern noch einmal das gesamte fahrerische Vermögen. Entschädigt wird man erneut durch grandiose Szenerien der Halbinsel Umag. Weiße Kreidefelsen, klare Bergbäche und frei laufende Wildpferde in der Steppe, dazu Sonnenschein und der Duft der blühenden Kräuter – viel besser kann ein Tag kaum sein.
Doch wie das so ist, wenn man als Journalist unterwegs ist, fährt man teilweise zu den schönen Spots vor, um Fotos machen zu können. Das hat sechseinhalb Tage ausgezeichnet funktioniert, nun versagen mir die navigatorischen Fähigkeiten, ich biege falsch ab und stehe ohne Empfang auf einem Weg am Steilhang, der so eng ist, dass eine Wende nicht möglich ist. Also voran, bis das Handy wieder einen Balken zeigt und man Kontakt zum Führer Mihai oder Reiseleiter Patrick aufbauen kann. Gefühlt dauert es ewig, führt mich aber zu meiner ganz persönlichen Sonderprüfung mit tiefem Schotter, einer kurzen Fahrt über eine Wiese und zur Begegnung mit einer Herde Wildpferde, samt zweier Fohlen. Nach einiger Zeit habe ich dann nicht nur die Bestätigung, dass Enduro fahren Teamsache ist, sondern auch wieder Handyempfang und lasse mir die Adresse des Trüffelrestaurants für die Mittagspause geben. Im historischen Berg- und Burgdorf Buzet gibt es dann ein bisschen Häme für den verlorenen, wie ironisch, Reisejournalisten und eine ausgezeichnete Trüffelpasta. Der folgende Nachmittag gehört fahrerisch zum Besten, was ich je auf zwei Rädern erleben durfte. Schnelle Stücke auf der Landstraße, anspruchsvolles Gelände, staubige Feldwege und wunderschöne Ausblicke in rasantem Wechsel, während wir uns dem Hafen von Opatija leider immer weiter nähern. Den fahrerischen Abschluss bildet dann eine Pause wegen technischen Defekts (der erste und einzige ernstere technische Vorfall), als sich das Getriebe einer Africa Twin kurzzeitig eine kleine Hitzepause gönnte. Die Einfahrt in den Hafen von Opatija nach mehr als 1.200 Kilometern, 6 Tagen On- und Offroad-Spaß war dann wirklich ein Genuss. Schmutzige Motorräder, staubige Männer und breit hochgezogene Mundwinkel sind das Ergebnis einer Reise, die einen herausfordert und entschädigt und sich saugut anfühlt.