Z1000 Z1-R Café Racer in Serie
Quo vadis? Kawasaki steht gegen Ende der Siebziger an einem Scheideweg. Noch 1977 präsentiert man die Z1-R, die mit ihrem neuen zackigen Design kommende Kawasaki-Fangenerationen begeistern soll.Auf zu neuen Ufern. Nach den Verkaufsschlagern 900Z1, Z900 und Z1000 ist der Erfolgsdruck für Kawasaki natürlich gestiegen. Wie will man all dem noch eins draufsetzen? Auch Osamu Sam Tanegashima, der seit 1976 die Kawasaki Motoren GmbH in Deutschland leitet, ist auf der Suche nach neuen Ideen, um die Z-Modelle in Deutschland noch besser vermarkten zu können. KHI (Kawasaki Heavy Industries) und KMC (Kawasaki Motors Corporation) stehen in regem Kontakt, als es um einen würdigen Nachfolger für die erfolgreichen Zs geht. Unter dem Code Mark II – der später sogar beim Serienmodell Z1000 MKII auftaucht – geht man frisch ans Werk. Klar ist von vornherein, dass es sich designtechnisch um etwas Neues, Bahnbrechendes handeln muss. Dabei verfolgen die Verantwortlichen sehr genau die Aftermarket- und Custom-Szene, wo die Zs auf Teufel komm raus umgebaut werden. Leichtmetall-Gussräder, Stummellenker, kantige Verkleidungsformen und Tank-/Sitzbank-Einheiten in Monocoque-Bauweise prägen das Bild. Aus einer Z1, Z900 oder Z1000 wird so schnell ein Sportbike oder ein Café Racer. Und das auf beiden Seiten des Atlantiks in doch recht ähnlicher Manier.
Teile der Z1-R sollen die Optik der kommenden Modellreihen beeinflussen

Die Resonanz der Fachpresse fällt verheerend aus
Die große Euphorie wird nach dem Erscheinen in einem Fachmagazin 1977 jäh gebremst. Die Redakteure sprechen von Pendelneigung des Fahrwerks bei hohen Geschwindigkeiten und fehlender Power. Die 90 PS, die Kawasaki angibt, können auf dem Prüfstand nicht eingelöst werden. Schnelles Handeln ist gefragt, der deutsche Importeur rüstet die Motorräder mit der Vier-in-vier-Anlage der Z900 aus. Damit kann der (nun wieder) schwarz lackierte Motor mit den großen 28er-Vergasern aus der Z1 seinen Sollwert einlösen. Außerdem rüsten die Händler alle Motorräder mit neuen Reifen Dunlop Gold Seal aus, die die Fahrwerksunruhen drastisch reduzieren. Doch der Ruf dieses großen Motorrads ist empfindlich geschädigt, was sich auch in den Verkaufszahlen ausdrückt. Nur knapp 900 Einheiten werden in Deutschland abgesetzt. Im Prospekt für 1978 heißt die Maschine nun Z1000S und trägt einen eigens in England angefertigten 22-Liter-Tank, der mittlerweile mit dem originalen 13-Liter-Benzinbehälter zum Ausstattungsumfang gehört. 13 Liter sind für europäische Motorradfahrer mit hoher Kilometerleistung einfach zu wenig, fürs Café Racing mögen sie genug sein.
Kawasaki Z1-R – besser als ihr Ruf
Der Motor aus der Z1000A2, hier wie gesagt in Schwarz und mit großen 28-Mikunis, gehört mit zu den standfestesten Aggregaten dieser Jahre und löst sein Leistungsversprechen mit einer adäquaten Auspuffanlage ein. Gerade im Bereich oberhalb von 6.000 U/min geht der Motor schon im Serientrimm sehr nachdrücklich zu Sache. Ein echtes Muscle Bike! Der Rahmen ist im Bereich des Lenkkopfs mit Knotenblechen verstärkt und am Heck modifiziert. Die Schwinge ist in vier statt wie zuvor in zwei Nadellagern geführt und nimmt nun neue fünffach einstellbare Federbeine auf. Die Leichtmetall-Gussräder von Enkei sind stabiler als die bislang verwendeten Speichen-Pendants. Ein kleineres 18-Zoll-Vorderrad wirkt sich handlingfreundlicher aus. Insgesamt drei Bremsscheiben bringen die Z1-R sicher zum Stehen. Die Schwimmsättel vorn sind nun hinter den Tauchrohren montiert, um die Trägheitsmomente um die Lenkachse zu reduzieren. Den Hauptbremszylinder der Vorderradbremse hat Kawasaki hinter der Verkleidungsschale am linken Gabelholm angebracht, um ihn vor Beschädigung im Falle eines Sturzes zu schützen. Vom Lenkerhebel aus führt ein Bowdenzug zur Bremspumpe, von dort aus wiederum agiert die bekannte Bremshydraulik. Dass dabei etwas an Kraft und Dosierbarkeit auf der Strecke bleibt, wird in Kauf genommen. Übrigens bedienten sich auch andere Hersteller ähnlicher Methoden, um möglichen Schaden an der Bremspumpe von vornherein vorzubeugen. Mit gleichem Ergebnis.
Turbopower und Lachgaseinspritzung
Auch die Wehwehchen zum Serienstart können nicht verhindern, dass die die Z1-R zur Legende wird. In England und den USA wird das Motorrad zu jener Zeit vielfach bei Drag-Strip-Rennen eingesetzt und zeigt dort sein wahres Potenzial. Mit wenigen Veränderungen wird aus der vermeintlichen Diva ein reinrassiges Sportgerät. Andere Stoßdämpfer, konventioneller Hauptbremszylinder mit angepassten Heavy-Duty-Bremsleitungen aus der Automobilbranche, gripfreudige Reifen und Zubehör-Vier-in-eins-Anlage gehören mit zu den beliebtesten Modifikationen. Wem das noch nicht reicht, der setzt auf Lachgaseinspritzung oder Turbo-Power als echten Burner auf der Drag-Strip-Quarter-Mile. Turbo gibt’s in den USA sogar ab 1978 semi-offiziell. KMC schreckt aufgrund von verschärften Emissionsgesetzen von einem Vertrieb der turbogeladenen Z1-R zurück, nicht zuletzt auch aus Garantiegründen. Stattdessen verlässt Alan Masek KMC und gründet die Firma Turbo Cycle Inc., die von nun an komplette Motorräder als Z1-R TC exklusiv über Kawasaki-Händler verkauft. Preis: rund 5.000 US-Dollar. Das ist ganz nach dem Geschmack der Amis. 105 bis 145 PS sind bei einem Ladedruck zwischen 0,6 und beachtlichen 2,0 bar möglich. Die Quarter Mile (402,336 Meter) passiert man mit einem solchen Gerät, noch bevor die magische Zehn-Sekunden-Grenze erreicht ist. 1978 liefert Masek die Z1-R TC noch in Serienfarbe aus, ab 1979 gibt’s die Maschine im Molly-Design in Schwarz mit roten, orangen und gelben Streifen. Auch die freche kantige Cockpitschale, der aufgrund ihrer Befestigung am Lenker eine Mitschuld am Fahrwerkspendeln nachgesagt wird, ist dabei stets mit an Bord. Offensichtlich lässt sich dieses Fahrwerksproblem mit entsprechenden Veränderungen leicht in den Griff kriegen, ohne den typischen Z1-R-Look zu gefährden.
Z1000MKII Kraftmeier

Vor allem auch, weil das neu gestaltete Fahrwerk traumhaft handlingfreundlich funktioniert. Der Radstand schrumpfte von 1.505 auf gerade mal 1.485 Millimeter, der Nachlauf fällt mit 86 Millimetern nur um einen Millimeter länger aus als bei der Z1-R. Sportlich straffe, aber nun wesentlich besser ansprechende Federelemente vorn und hinten lassen die MKII verdammt flott unterwegs sein, wenn es auf kurvige Landstraßen hinaus geht. Cockpitverkleidung und 18-Zoll-Vorderrad der Z1-R sind passé. Letzteres wird aber bei späteren Modellen wieder aufgegriffen, da sich der vermutete negative Einfluss aufs Fahrverhalten als Trugschluss erweisen sollte. Superpräzise lässt sich die Maschine einlenken und legt anschließend eine saubere Spur auf den Asphalt. Die vorhandene Power ist nach wie vor beeindruckend. Der 4.00er-Hinterradreifen gerät mit seiner relativ geringen Aufstandsfläche allerdings allmählich an seine Grenzen, was sich im erhöhten Verschleiß niederschlägt. Die vordere Bremsanlage ist nun wieder mit einem Hauptbremszylinder an der rechten Lenkerarmatur ausgestattet, Ansprechverhalten und Bremswirkung sind das Beste in dieser Klasse. Mitverantwortlich dafür sind die neuen kupferfarbenen Sintermetallbeläge, die mehr Hitze aufbauen und vor allem bei Nässe das Wasser auf der Scheibe schneller verdampfen lassen. Das Lochmuster der Scheiben tut ein Übriges, um die Wassertropfen zu verdrängen und dem lästigen Bremsenquietschen vorzubeugen.