Aller guten Dinge sind vier. Zumindest bei der großen Ducati Multistrada. Die Italiener bauen ihre V4-Alleskönner-Familie zum Kleeblatt aus. Zu den etablierten Modellen Multistrada V4 (ab 19.790,-- Euro), V4 S (ab 23.290,-- Euro) und V4 Pikes Peak (ab 30.290,-- Euro) gesellt sich ab sofort die neue V4 Rally. Die Nachfolgerin der Multistrada 1260 Enduro schließt mit mindestens 26.490,-- Euro die Preislücke zwischen der semi-aktiv gefederten V4 S und der extra-sportlich ausgelegten V4 Pikes Peak. „Unlock Earth“ lautet das Motto der neuen Multistrada für Globetrotter und Luxusreisende. Frei übersetzt aus dem Englischen darf man das als Aufforderung und Angebot verstehen, die Erde zu entsperren, also allen Alltäglichkeiten zu enteilen. Wie das in den Augen von Ducati gelingt, demonstriert die jüngste Modellvariante des Adventure-Racers in eindrucksvoller Weise.
„Kompletteste Multistrada“
Reise-Express: Die Ducati Multistrada V4 Rally büßt trotz des Mehrgewichts nicht spürbar an Performance ein „Die neue V4 Rally ist die kompletteste Multistrada aller Zeiten“, verspricht Edoardo Licciardello bei der Fahrpräsentation auf Sardinien. Damit meint der Produktkommunikator von Ducati weniger die wirklich umfangreiche Serien- und Sonderausstattung, sondern vielmehr das optimierte Gesamtfahrerlebnis. Die extrem komfortable und langstreckentaugliche V4 Rally rennt wie ein echtes Sportbike und bügelt auf Schotter und steinigem Untergrund alles platt, was für Schläge und Ungemach sorgen könnte. Das Ansauggeräusch dabei ist der Hammer. Der neue Windschild (Höhe/Breite plus 20 mm) ist einfach per Hand verstellbar. Auf der höchsten Stufe kommt kaum Wind am Helm an, selbst bei beherztem Tempo. So geht Reisen de luxe.
Fahrtests: Honda CL500, Harley-Davidson Pan America, Suzuki GSX-8S, Ducati Multistrada V4 Rally, Ducati Scrambler, Verge TS Pro, Honda XL750 Transalp, Triumph Street Triple 765 Motorräder: Bonneville T120 Black DGR Limited Edition, Indian Pursuit Elite und Chieftain Elite Sondermodelle Touren & Reisen: Dänemark – Motorradparadies;mehr Aufs D-A-CH gestiegen; Salzburger Land & Großglockner Special; Spaniens Nordwesten – Zum Kilometer Null vom Jakobsweg; The Great Malle Mountain Rally Zubehör: Schuberth C5 Carbon, HJC RPHA 91, Touratech Destino Touring GTX Magazin: 120 Jahre H-D-Geschichte an einem Tag – Besuch im Museum von Harley-Davidson in Milwaukee
Fahrtests: Honda CL500, Harley-Davidson Pan America, Suzuki GSX-8S, Ducati Multistrada V4 Rally, Ducati Scrambler, Verge TS Pro, Honda XL750 Transalp, Triumph Street Triple 765 Motorräder: Bonneville T120 Black DGR Limited Edition, Indian Pursuit Elite und Chieftain Elite Sondermodelle Touren & Reisen: Dänemark – Motorradparadies;mehr Aufs D-A-CH gestiegen; Salzburger Land & Großglockner Special; Spaniens Nordwesten – Zum Kilometer Null vom Jakobsweg; The Great Malle Mountain Rally Zubehör: Schuberth C5 Carbon, HJC RPHA 91, Touratech Destino Touring GTX Magazin: 120 Jahre H-D-Geschichte an einem Tag – Besuch im Museum von Harley-Davidson in Milwaukee
Preis: 5,90 €
Bis zu 35 Prozent mehr Reichweite
Der Motor ist grundsätzlich ein alter Bekannter: 1158 ccm, 170 PS, 121 Nm. Soweit alles bekannt. Technisch bietet die V4 Rally dennoch mehr als ihre Geschwister. Vor allem knausert sie gekonnt mit dem Sprit – und merzt damit die letzte Schwäche aus, die der Multistrada im Vergleich mit dem Wettbewerb seit jeher angekreidet werden konnte. Rund 30 bis 35 Prozent soll das Reichweitenplus betragen gegenüber der Multistrada V4 S. Zwei Faktoren machen es möglich: das vergrößerte Tankvolumen und die neuartige, erweiterte Zylinderabschaltung.
Neuer 30-Liter-Tank aus Aluminium
Der 30-Liter-Tank der ermöglicht deutlich mehr Reichweite als der Serientank mit 22 Litern Fassungsvermögen 30 Liter fasst der neue Aluminiumtank. Das sind acht Liter mehr, als in den doppelwandigen Kunststofftank (22 l) der Multistrada V4, V4 S und V4 Pikes Peak passen. Bei der neuen erweiterten Zylinderabschaltung („Deaktivierungsstrategie“), die Ducati für seine V4-Motoren ersonnen hat, können zwei der vier Zylinder erstmals auch während der Fahrt deaktiviert werden, so Licciardello. Bis 4000 Touren arbeitet nur die vordere Zylinderbank. Gibt der Fahrer beherzt Gas, schaltet sich die hintere sofort hinzu. Oberhalb von ca. 4000 Umdrehungen sind grundsätzlich alle vier Zylinder am Start. Mit beeindruckender Power. Auf Tempo 100 sprintet die V4 Rally wie alle Multistradas in kaum mehr als drei Sekunden, laut Tacho beträgt die Höchstgeschwindigkeit über 250 km/h.
Testverbrauch: entspannte 6,3 l/100 km
Das neue Zylindermanagement überzeugt: 6,6 l/100 km gibt Ducati offiziell als Durchschnittsverbrauch an. Mein Testbike lag beim Ausritt auf Sardinien sogar noch darunter: Erstaunliche 6,3 l/100 km errechnete der Bordcomputer am Ende der rund 180 Kilometer langen Testfahrt; 60 km davon waren wir offroad auf Schotterpisten unterwegs. Für eine Ducati dieser Leistungs- und Gewichtsklasse (rund 260 kg vollgetankt) ist der moderate Verbrauch ein echter Fortschritt. Zum Vergleich: Die teils deutlich leichteren Multistrada-V4-Geschwister verbrauchen laut Datenblatt 7,0 l/100 km.
Höhenverstellbares Soziuskissen
Alles im Blick: Fahren im Stehen gelingt prima auf der V4 Rally. Die vordere „Raste“ des Fußbremshebels lässt sich mit einem Handgriff umdrehen. Sie ist dann höher und lässt sich im Stehen besser bedienen. Das Hinterrad-ABS ist abschaltbar. Alles andere als knauserig ist Ducati beim Fahrkomfort der neuen V4 Rally – im Stehen wie im Sitzen. Breiter Lenker, schmale Hüfte, guter Knieschluss – das passt bei so ziemlich jeder Statur. Die verstellbare Standardsitzhöhe beträgt 870/890 mm. Mit anderer Sitzbank geht es bestenfalls runter bis auf 825 mm oder hoch bis auf 905 mm. Das Sitzkissen des Beifahrers hat eine neue Form und ist erstmals höhenverstellbar (+15 mm/–10 mm). Auf Wunsch gibt es eine getrennt regelbare Sitzheizung. Das Gepäck wandert ein paar Millimeter nach hinten. Dadurch verbessert sich der Bewegungsspielraum für Fahrer und Beifahrer.
Die V4 Rally hat einen zusätzlichen Power-Modus für weiche Gasannahme im Enduro-Fahrprogramm Die elektronische Serienausstattung umfasst alles, was Ducati in dieser Klasse an Assistenten und Technikkürzeln zu bieten hat: Riding Modes, Power Modes, Kurven-ABS, DTC (Traktionskontrolle), Ducati Wheelie Control, Ducati Brake Light, Ducati Cornering Light, Vehicle Hold Control, Ducati Skyhook Suspension EVO, DQS, Tempomat, hintergrundbeleuchtete Lenkschalter, 6,5-Zoll-TFT-Farbdisplay mit Ducati Connect und Full-Map-Navigationssystem, Voll-LED-Scheinwerfer mit DRL (Tagfahrlicht), EBC (Motorbremse) und ECD (besagte Zylinderabschaltung).
Neue „Easy lift“-Funktion
Die Federwege hat Ducati vorn und hinten vergrößert. Sie betragen jetzt einheitlich 200 mm Ein wirklich hilfreiches neues Feature ist die „Easy lift“-Funktion. Sobald die Zündung aktiviert ist, entlastet ein neuer Sensor in der Frontgabel die elektronische Federung. Dadurch lässt sich das Bike deutlich leichter vom Seitenständer beziehungsweise aus der Schräge aufrichten – ein Segen bei mehr als fünf Zentnern Fahrgewicht. Zudem kann die V4 Rally über eine Taste links am Lenker um ein paar Zentimeter abgesenkt werden. Ab 90 km/h fährt sie dann automatisch wieder hoch. Die Motorbremse ist in allen vier Fahrmodi (Sport, Enduro, Urban, Touring) dreifach einstellbar. Radar an Front und Heck spendiert Ducati ab Werk. Hinzu kommen leichtere 19-Zoll-Räder (minus 3,8 kg im Vergleich zur V4 S), breitere Fußrasten, mehr Federweg vorn und hinten (jeweils 200 mm), verbesserter seitlicher Hitzeschutz und neue verstellbare Luft-Deflektoren (auf/zu).
Motorbremse und ABS dreistufig regelbar
Neu platziert an der V4 Rally ist das belüftete Smartphone-Fach (links) mit USB-Anschluss. Etwas anderes als ein Handy oder eine Sonnenbrille sollte man dort allerdings nicht verstauen: Tief wie ein Brunnen ist die Aussparung und recht schmal. Landet etwas Kleines auf dem Grund des Faches, wünsche ich an dieser Stelle schon mal viel Erfolg beim Bergen. Neu programmiert für die V4 Rally hat Ducati den sogenannten Offroad-Powermodus. Die Gasannahme fällt hier moderater aus, die Leistung beträgt 114 PS statt der vollen 170 PS. Das dreistufige ABS ist abschaltbar. Zwei Farben stehen für die V4 Rally zur Wahl: Ducati Red und Brushed Aluminium & Matt Black (500,-- Euro Aufpreis).
Reichlich Zubehör
Das Zubehörangebot ist modelltypisch hoch. Wie für die übrigen Multistrada V4 gibt es feine Zutaten wie Racing-Auspuff (3183,-- Euro) und -Schalldämpfer (1456,-- Euro), Trockenkupplungs-Kit (3564,-- Euro), Kohlefaser-Kotflügel für vorn (397,-- Euro) und hinten (331,-- Euro), unterschiedlich große Scheiben für den Windschild (ab 158,-- Euro), farbige Bremssättel (900,-- Euro), Rally-Sitzbank (333,-- Euro) und derlei mehr. Für reichlich Stauraum sorgen unterschiedliche Gepäcklösungen. Das Topcase aus Aluminium beispielsweise bietet 40 Liter Platz. Knapp 764,-- Euro begehrt Ducati für die robuste Hutablage plus 178,-- Euro für die Trägerplatte. Die Alternative aus Kunststoff kostet 530,-- Euro.
Die seitlichen Alukoffer fassen 41 Das Heck hat Ducati verlängert. So bleibt mehr Platz für Sozius oder Sozia. Liter links und 35 Liter rechts. Das ebenfalls optionale Topcase schluckt 40 Liter, macht 117 Liter insgesamt bei 230 kg Zuladung. Unsere Testbikes waren allesamt mit Seitenkoffern aus Aluminium bestückt. 1273,-- Euro kostet das stylische Set. 41 Liter links und 35 Liter rechts passen hinein, macht 76 Liter insgesamt. Passende Innentaschen gibt es für 204,-- Euro. Drei Rally-Ausstattungen hat Ducati konfiguriert: Radar (Basismodell), Adventure Travel & Radar für 2400,-- Euro mehr (beheizte Lenkergriffe und Sitzbank, Alukofferset) und Full Adventure für 4000,-- Euro Aufpreis (zusätzlich Akrapovic-Schalldämpfer und vorderer Kotflügel aus Kohlefaser). Unterm Strich kann die Multistrada V4 Rally also problemlos in Preiskategorien von 30.000,-- bis 40.000,--Euro getrieben werden. Das ist echt ein Haufen Geld für Normalverdiener. Aber nun: Keiner hat behauptet, es wäre günstig, die Erde zu entsperren.
Fazit
Ein großer Wurf – erst recht im Vergleich zur alten 1260 Enduro. Die Leichtigkeit des Seins auf der V4 Rally beeindruckt und verblüfft fast ein wenig, gemessen an so viel Motorrad. Die mindestens 260 Kilogramm mit vollem Tank merkt man ihr nicht an, so komisch das klingt. Sie ist erstaunlich leichtfüßig unterwegs, lässt sich problemlos rangieren und „easy“ in die Senkrechte bugsieren. Die Leistungsentfaltung ist bekanntermaßen über jeden Zweifel erhaben. Gleiches gilt für die Bremsanlage: Die V4 Rally ankert auf den Punkt. Vehement, aber präzise dosierbar. Das Adventure-Raumschiff entkoppelt seine Besatzung also wie angepriesen von weltlichen Reisesorgen, lässt sich das aber auch bezahlen.