Michael Reisbacher
fbn, BMW
Die K 1600 Grand America stellt in puncto Ausstattung die Spitze des BMW-Programms dar
Manche mögen’s gewaltig: Wer einen sechszylindrigen und damit überlegen motorisierten Zweiraddampfer durch die Lande steuern möchte, kann bei BMW seit Anfang 2018 zwischen zwei Modellen wählen. Zur bereits bekannten 2017 überarbeiteten K 1600 GTL gesellt sich die neue K 1600 Grand America. Sie basiert auf der besonders „long and low“ anmutenden K 1600 B von 2017, der Bagger-Variante der Sechzehnhunderter-Baureihe. Mit serienmäßigen Trittbrettern, Motorschutzbügeln und Rückfahrhilfe stellt sich die Grand America in puncto Ausstattung an die Spitze des bayerischen Modellprogramms; mit einem Gewicht von 364 Kilogramm schlägt sie sogar die ebenfalls mit Topcase und auch sonst (fast) allen Schikanen ausgestattete GTL, und zwar um gleich 14 Kilo. Und mit einem Preis von gut 25.070,-- Euro erklimmt sie auch die Spitze der Preisliste. Alles top also?
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Ausgabe 91/2019 von Motorrad & Reisen als PDF mit folgendem Inhalt:
Motorräder: Kawasaki Versys 1000, Triumph Scrambler 1200, BMW F 850 GS Touratech , Honda CBR650R & CB650R, Triumph Factory Custom, Honda CB500-Reihe, BMW K 1600 Grand America
Touren: Brandenburg: Durch den Fläming, Maibaum-Kontroll-Fahrt, 3 Seentour: Diemel-, Eder- & Twistestausee, mehr Deutschland von Nord nach Süd, Die grüne Insel: Irland, Eifel: Vulkanstraße
Zuletzt aktualisiert: 27.02.2019
Motorräder: Kawasaki Versys 1000, Triumph Scrambler 1200, BMW F 850 GS Touratech , Honda CBR650R & CB650R, Triumph Factory Custom, Honda CB500-Reihe, BMW K 1600 Grand America
Touren: Brandenburg: Durch den Fläming, Maibaum-Kontroll-Fahrt, 3 Seentour: Diemel-, Eder- & Twistestausee, Deutschland von Nord nach mehr Süd, Die grüne Insel: Irland, Eifel: Vulkanstraße Seidenweiches Sechszylinder-Triebwerk
Absolute Spitze ist das 160 PS/118 kW leistende 1,6 Liter-Sechszylinder-Triebwerk, bereits seit 2010 im Programm. Es läuft seidenweich, hängt bestens am Gas, strotzt vor Kraft bei niedrigsten Drehzahlen und brennt, wenn gewünscht, ein fulminantes Feuerwerk ab, das auch anspruchsvollste Fahrer nicht kalt lässt. Dieses „Feuerwerk“ ist nicht nur fahrdynamischer, sondern auch akustischer Art – das Geräusch aus der zweiflutigen Auspuffanlage bei höheren Drehzahlen kann süchtig machen. Schön auch, dass Verbrauchsökonomie zur bayerischen Motorenbaukunst gehört: Selbst mit kaum über 5,7 Litern kann man durchaus zügig auf Land- und Bergstraßen 100 Kilometer weit fahren, 400 Kilometer ohne Tankstopp sind möglich.
Teilintegrales Kurven-ABS und ESA-Fahrwerk
Die Kraftübertragung via Sechsganggetriebe, optionalen Schaltassistenten und Kardan fällt gegenüber dem beeindruckenden Motor etwas ab. Die Geräusche aus Kardan und Getriebe bei Lastwechseln und gelegentlich auch beim Einlegen des ersten Ganges entsprechen nicht wirklich der Preisklasse. Der Zweiwege-Schaltassistent selbst ist erste Sahne; unbedingt ordern! Dasselbe Lob gilt der Dreischeiben-Bremsanlage mit Teilintegralsystem: Sie beißt heftig zu, ohne dass die eine halbe Tonne schwere Fuhre unruhig wird. Das ABS regelt im Bedarfsfall sauber, die serienmäßige PRO-Version beherrscht auch die Disziplin kräftiger Verzögerung in Schräglage. Sehr komfortabel zeigt sich das Fahrwerkseinstellsystem ESA. In wenigen Sekunden hebt sich das Heck, wenn auf Zweipersonenbetrieb geschaltet wird. Gute Erfahrungen machten wir mit der strafferen „Road“-Dämpfungseinstellung. Die „Cruise“-Dämpfung scheint hierzulande überflüssig. Die Präzision des Fahrwerks leidet, das Fahrgefühl wird schwammig.
Bei 162 km/h elektronisch abgeregelt
Einschränkungen gilt es bei der Fahrstabilität hinzunehmen, denn konzeptionsbedingt – die Grand America basiert auf der Bagger-Version mit abgesenktem Heckrahmen – liegt gegenüber der Bagger-Basis wegen der Zusatzausstattung deutlich mehr Last auf dem Hinterrad. Zusätzlich wirkt das große Topcase als aerodynamischer Störenfried. Ist man solo unterwegs, überzeugt der Geradeauslauf nur bis etwa 140 km/h, dann beginnt leichtes, aber stets ungefährliches Pendeln. Damit empfindsame Fahrer keinesfalls in Panik geraten, wird bei 162 km/h elektronisch abgeregelt. Verglichen mit der GTL ist das freilich dürftig, denn die darf immerhin 220 km/h rennen. Mit Sozia liegt die Grand America stabil. Stichwort Sozia: Die Dame ist des Lobes voll und spricht lauthals von „Spitze!“ Sitzkomfort, Windschutz (bis Tempo 140 zumindest) wie auch Fahrkomfort werden in den höchsten Tönen gelobt. Das Platzangebot für Gepäck ist gut, wenn auch wegen der nach hinten abfallenden Seitenkoffer geringer als bei der GTL. Zudem sind die Zusatzlautsprecher seit Herbst 2018 ein Gimmick, das ins Topcase serienmäßig integriert ist. Sozius oder Sozia hört so auch ohne Helmlautsprecher, was der Herr vorne zu hören kriegt. Die Audioanlage war vorher ohnehin schon Serie.
„Grand America” – Der Name ist Programm
Fraglos gibt die K 1600 Grand America auch jenseits des großen Teichs eine ganz ausgezeichnete Figur ab: Der abseits der Metropolen unhektische Verkehr, die großen Distanzen und die geringen Tempowechsel, selbst auf kurvigen Strecken, machen den Bayern-Dampfer zu einem vorzüglichen Reisemotorrad in den Weiten Nordamerikas. Hierzulande liegen die Dinge anders: Die Straßen sind enger, die Kurvenradien geringer, die Steigungen kräftiger, die Ortsdurchfahrten schmäler. Man muss demzufolge viel mehr am Lenker „arbeiten“. Trotz des mächtigen Sechszylinder-Drehmoments muss auch öfter geschaltet werden, wenn Dynamik im Vordergrund steht. Schade, dass der Fahrer dafür stets den linken Fuß vom sehr nützlichen, schräggestellten Trittbrett nehmen muss, weil dort kein zusätzlicher Schalthebel ist; der befindet sich, ganz konventionell, an der linken Fußraste. In solchen Momenten kommt der ketzerische Gedanke an eine Getriebeautomatik auf, die man auch per Knopfdruck stimulieren könnte.
Cruisen steht im Vordergrund
Bewusst sollte einem Interessenten der K 1600 Grand America zweierlei sein: Mit dem Basispreis von 25.070,-- Euro ist es noch nicht getan, wenn man ein Freund der Vollausstattung ist. Nicht zusätzlich bestellbar für dieses höchst komfortable Motorrad ist die sonst bei der Marke übliche Agilität. Statt der Möglichkeit zum „bissigen Angasen“ steht bei ihr Cruisen im Vordergrund, was durchaus auf anspruchsvollem Geschwindigkeitsniveau stattfinden kann. Aber bei Hektik am Lenker leidet die Fahrfreude. Selbstverständlich bewältigt ein versierter Fahrer mit der Grand America auch die engen Haarnadeln am Tiroler Hahntennjoch, aber weit mehr Spaß machen die größeren Kurvenradien am Großglockner. Und die schönen Strecken dorthin.
Auflistung der Assistenzsysteme
- teilintegrales, kurvenfähiges ABS
- drei Fahrmodi (Rain, Road, Dynamic)
- zweistufiges Dynamic-ESA mit automatischer Dämpfungsanpassung
- Traktionskontrolle
- automatische Blinkerrückstellung
- Rückfahrhilfe