Das Fahrzeug, um das es hier gehen soll, ist im Vergleich nachgerade winzigst. Doch der Besitzer des mega-riesigen Campingbusses, den ich an seinem Stellplatz an der dänischen Nordseeküste treffe, ist dennoch völlig aus dem Häuschen: „So etwas Putziges brauche ich auch noch! Hinten rein in die Garage und morgens damit los zum Brötchenholen, genial!“ Auch seine Urlaubs-Kumpels, die mit ihren weißen rollenden Drei-Zimmer-Küche-Bad-Wohnungen eine geschlossene Sichtwand am Strand aufgebaut haben, sind beeindruckt und rücken mir mit Fragen auf die Pelle: Ja, Freunde, kann man kaufen. Ja, ist aus China, aber importiert und vertrieben wird der Kleincrosser wie alle Brixtons von der österreichischen KSR Group und die hat auch die passenden Daten geliefert: 11 PS bei 8.500 U/min und ein Drehmoment von 9,5 Nm bei 6.500 U/min, das reicht bei einem fahrbereiten Gewicht von 111 kg vollkommen aus. Der Tank? Fasst 11 Liter Benzin, was eine Reichweite von 350 km bis 400 km bedeutet.
Doch die wichtigsten Maße sind hier eindeutig die Länge (1.690 mm), die Breite (780 mm) und die Höhe (990 mm). Damit passt die kleine Crossfire nicht nur in die Großcamper, sondern auch perfekt auf den Träger hinter den alten Landrover Defender, mit dem wir sie zum Sandtest nach Dänemark geschleppt haben. Die Brixton Crossfire 125 XS ersetzt am Børsmose Strand, der auf rund vier Kilometer mit jeglichem Kfz zu befahren ist, einen jungen Dackel – also einen unschlagbaren Sympathieträger, auf den man jederzeit angesprochen wird.
Donuts im Sand
Raus aus dem Zelt und möglichst schnell an den Strand, wo der Sand früh morgens noch unberührt vor stattlichen 11 PS liegt. Die erste Überraschung: Trotz des niedrigen, kurzen und ziemlich harten Sattels stimmt die Ergonomie. Der Lenker ist angenehm breit, und die Fußrasten finde ich trotz 187 cm Lebenshöhe genau dort, wo man sie sucht. Überblick: Ist alles dran, was man benötigt. Aber halt in einfacher Manier. Die Schalter erinnern an eine 1980er-Märklin-Eisenbahn, irgendwie nicht mehr zeitgemäß. Der Blinker muss manuell zurückgestellt werden, man sucht dauernd die Mittelstellung. Dazu passt das spartanische Cockpit mit einem überaus optimistischen Drehzahlmesser bis hoch auf imaginäre 16.000 Umdrehungen und einer nur mit viel Liebe lesbaren Mini-Digitalanzeige.
Doch diese Petitessen kauft man bei einem – Achtung, zweite Überraschung – Kampfpreis von 2.399,-- Euro eben mit. Und eigentlich ist die XS 125, wenn man von den Details absieht, optisch wirklich gut geraten: Die Mini-Brixton, charakteristisch ist das X im Tank, kommt rüber wie eine große, klassische Enduro. Die Proportionen stimmen. Der vordere Kotflügel und der Auspuff ragen keck in den Himmel, auf die kleinen Zwölf-Zoll-Räder hat KSR grobstollige Gummis in den Größen 120/70 und 130/70 aufziehen lassen. Die Querstange am Lenker kommt mit einem stilgerechten Polster. Das alles gefällt; nicht nur mir.
Spaß macht auch der Motor. Der kleine luftgekühlte Einzylinder läuft nach kurzer Aufwärmphase absolut rund und schnurrt angenehm leise los. Anschub ist jedenfalls genug da; er kommt bereits bei knapp über 2.000 Umdrehungen. Am wohlsten fühlt sich der kleine Racker so zwischen 5.500 und 7.500 U/min; da liefert er so viel Druck, dass es im ersten und zweiten Gang locker für entspannte Donuts im Sand reicht. Ideal wäre dabei allerdings, wenn beim Kreiseln des Spielzeugs die vordere und hintere Bremse nicht kombiniert wären und die hinteren Stollen frei schaufeln könnten.
Doch zurück zum Brötchenholen im nächsten Dorf. Das geht ziemlich flott vonstatten. Das Getriebe arbeitet mit deutlichem Klack, aber sehr präzise. Ab sechzig ist man schon im fünften Gang, in dem man sich bis auf rund 95 km/h Höchstgeschwindigkeit hochschraubt. Ziemlich schnell für die kleine Brixton, aber – und damit kommt Überraschung Nummer drei – die kleinen 12-Zoll-Räder sind ausgewiesen spurstabil. Wer aktiv fährt und die XS 125 unter Dampf im richtigen Drehzahlbereich hält, wird mit eklatanter Fahrdynamik belohnt.
Wer will eigentlich mehr?
Zugelassen ist die Brixton, die es in den drei Farben Grün, Rot und Schwarz gibt, übrigens für zwei Personen. Beim ersten Einsatz mag man noch nicht so richtig an den Soziusbetrieb ran, doch in den Papieren ist es verbrieft: 170 Kilogramm Zuladung. In der Praxis schafft man den Zweimann-Betrieb auch über mehrere Kilometer, doch der Dämpfer hinten kommt schnell an seine Grenzen.
Ohne Limit ist dagegen tatsächlich der Spaß. Die Brixton ist natürlich kein Langstreckentourer, keine Reiseenduro. Am besten einpacken, aufladen, oder irgendwie vor Ort bringen – sei es an einen Strand, ein Urlaubsrevier oder eine enge Supermoto-Strecke. Und dann los. Mehr Motorrad-Feeling in der Größe XXS geht wahrlich nicht. Mehr bracht man zu manchen Zeiten aber auch nicht – schon gar nicht zu diesem Preis. Über den waren die XXL-Camper, die allesamt mit ihren teuren Pedelecs unterwegs waren, übrigens blass erstaunt.