Schnell abgehandelt ist die Distanz bis zur 1.000-Kilometer-Inspektion. Eine Tour durch die nördlichen Alpen und rund um den Galibier wird zeigen, was in der GT steckt. Schon auf den ersten Kilometern stellt die Maschine unter Beweis, wie handlich sie sich in den Bergen bewegen lässt. Ein Eindruck, der sich auch während der folgenden Testkilometer nachhaltig bestätigt. Sowohl schnelle Wechselkurven als auch enge Kehren lassen sich mit der GT entspannt durchfahren. Das niedrige Gewicht, aber vor allem die gute Balance der KTM sind zusammen mit dem semiaktiven Fahrwerk aus dem Hause White Power die Basis dafür. Schon ab etwas über 4.000 Umdrehungen schiebt der Motor druckvoll nach vorn. Dynamisches Beschleunigen aus der Kurve heraus ist ein Genuss.

Sportliche Gangart ist sehr im Interesse der GT
Das optional bestellbare Touringpaket, bestehend aus zwei Koffern mit jeweils 30 Litern Volumen, einem Navihalter und einer veränderten Sitzbank, ist eine sinnvolle und zum Reisen notwendige Ergänzung. Einen Integralhelm bringt man bequem in einem der beiden Behältnisse unter, die Halterung ist serienmäßig am Motorrad verbaut und fällt nicht auf. Das Koffersystem fügt sich harmonisch in die Gesamtlinie der Duke ein. Allerdings bringt das auch einen Nachteil mit sich: Durch die sehr eng in der Mitte angebrachten Scharniere lässt sich der Deckel in sich bewegen – was nicht wirklich störend, aber doch unschön ist. Nach Auskunft von KTM wird dieser Kritikpunkt überarbeitet.Direkt im Sichtfeld befindet sich das Navigationsgerät, sodass der Fahrer alle wichtigen Informationen erhält, ohne den Blick weit absenken zu müssen. Gleich zu Beginn der ersten Tour kann die GT während eines ausgiebigen Regengusses ihre Wettertauglichkeit unter Beweis stellen. Der Regenschutz ist trotz der vermeintlich kleinen Verkleidung gut. Für einen besseren Schutz lässt sich die Scheibe mit einem Handgriff verstellen. Bei nassen Straßenverhältnissen sollte der Fahrmodus „Rain“ gewählt werden, in dem die KTM ihre Leistung auf 100 PS reduziert. Auch die „kleinen Helferlein“ ABS und Schlupfregelung reagieren in diesem Modus sensibler. Ein ungutes Gefühl wegen fehlenden Grips kommt mit den serienmäßig aufgezogenen Pirelli Angel GT auch bei widrigen Bedingungen nicht auf. Mit dieser Kombination hat man bei KTM einen guten Kompromiss zwischen dem sportlichen Anspruch und einer tourentauglichen Haltbarkeit gefunden (siehe auch den Reifentest in Ausgabe 78).

Da ich unbedingt die Assietta-Kammstraße fahren will, darf die GT zeigen, ob auch Straßen dieser Kategorie mit ihr befahrbar sind. Nach 34 Kilometern über Sand und Schotter und den sich anschließenden acht Kilometern über den Col de Finestre kann ich sagen: Ja, man kann – man muss aber nicht! Das Einsatzgebiet des Boliden ist definitiv eher eine gut asphaltierte und kurvige Landstraße.

Die KTM zeigt sich verhältnismäßig durstig
Negativ fällt der relativ hohe Spritverbrauch auf: 6,5 Liter und mehr auf 100 Kilometer sind nicht zeitgemäß und lassen dann die 23 Liter des Spritfasses recht klein erscheinen. Auf derselben Strecke bin ich mit zwei Ducati Multistrada 1200 unterwegs gewesen und habe bei gleicher Fahrweise dreißig Prozent weniger Kraftstoff verbraucht. Auch nach der Einfahrzeit hat sich der verhältnismäßig hohe Verbrauch nicht signifikant verringert. Hier sollte KTM noch einmal nachbessern.Auf langen „Ziehwegen“ lässt sich der serienmäßige Tempomat sehr angenehm nutzen. Dieser wird neben dem Gasgriff eingeschaltet und dann durch einen Wippschalter reguliert. Zum Bedienen muss man etwas umständlich die linke Hand benutzen, da man sonst den Gasgriff löst.
Bei der neuen Adventure S ist die Steuereinheit beispielsweise deutlich ergonomischer auf der linken Seite angebracht. Gemütliches Cruisen in der Gruppe bewältigt die Super Duke genauso gut wie beherztes Angasen. Das kupplungsfreie Heraufschalten mithilfe des Schaltautomaten macht erst ab 3.500 U/min so richtig Spaß. Ab 5.500 Umdrehungen brennt die GT, begleitet von einer satten Geräuschentwicklung, ein derartiges Leistungsfeuerwerk ab, dass man richtig lange Arme bekommt. Insgesamt hat KTM der GT trotz des brutalen Triebwerks ein so breites Anwendungsspektrum gegeben, dass sie absolut alltagstauglich ist. Dabei fordert das Motorrad auch bei langen Tagesstrecken von über 350 km vom Fahrer nicht mehr Energie als andere Tourer. Die hauseigene Fahrwerksschmiede WP Germany hat der Maschine ein semiaktives Fahrwerk spendiert. Die Einstellungen werden wieder übers Display gesteuert. In Sachen Fahrwerk und Fahrprogramme gibt es serienmäßig je drei Varianten. Bei den Fahrmodi kann man zwischen „Rain“, „Street“ und „Sport“ wählen. In der Fahrstufe „Rain“ wird wie bereits erwähnt die Leistung reduziert. Wählt man einen der beiden anderen Modi, so liegt die volle Leistung von 173 PS an. In der Einstellung „Sport“ sind das Ansprechverhalten und auch der Eingriff der beiden Helfer ABS und Schlupfregelung merklich aggressiver und direkter.

In Sachen Sicherheit ist KTM ansonsten ganz vorne dabei. Das Schräglagen-ABS funktioniert einwandfrei und lässt, wenn es nötig ist, Vollbremsungen in Schräglage zu. Die optionale Softwareerweiterung der Motorschlupfregelung (MSR), die das Stempeln des Hinterrades beim plötzlichen Schließen des Gasgriffs verhindert, sollte als „Must-have“ auf der Aufpreisliste stehen.

Was fix ist, ist allerdings die Sitzhöhe – und die ist recht hoch! Mit der optionalen Sitzbank aus dem Power Parts-Regal sitzt man noch etwas höher. Der Kniewinkel ist angenehm und man muss den Fahrer auch nach einer Acht-Stunden-Tour nicht vom Bike heben.

Die Duke – kein billiges Vergnügen
Zum Thema Kosten kann gesagt werden, dass Motorräder in diesem Segment allesamt weit weg von günstig sind. Da stehen in der Anschaffung stets 20.000,-- Euro – plus/minus X – auf der Rechnung. Allerdings sind die Unterhaltungskosten der KTM höher als bei Konkurrenten. Eine erste Inspektion hat mit 230,-- Euro zu Buche geschlagen und der erhöhte Spritverbrauch belastet die Geldbörse. Auch sind die Inspektionsintervalle von 15.000 km nur relativ, da unabhängig von der Fahrleistung nach spätestens einem Jahr die Werkstatt aufzusuchen ist. Selbst ich mit meinen 10.000 km und mehr im Jahr schaffe diesen theoretischen Kilometerintervall nicht. Auch versicherungstechnisch ist die GT, zumindest in der Vollkasko, kein Schnäppchen. Für das Anbringen von zusätzlichen Verbrauchern wie Navi oder andere Dinge, hat es KTM dem Hobbybastler leicht gemacht. Unter dem Tacho liegen jeweils zwei Kabel, die auf Dauerplus und Zündung geschaltet sind. Mit einfachen Steckschuhen kann man sich hier eine abgesicherte Stromversorgung holen. Dasselbe findet man hinten unter dem Soziussitz noch einmal. Für die KTM-Alarmanlage ist neben einer Halterung auch der komplette Anschluss vorbereitet und kann per „Plug and Play“ angeschlossen werden. Ein optisches Plus bringt der orangefarbene Zubehör-Sturzbügel von SW-Motech, er ist schnell montiert und bietet außerdem zusätzlichen Schutz.Abschließend gehe ich auf die Eingangsfrage ein, wie sehr mich die KTM in ihren Bann zieht. Sie hat es getan! Ich habe die 173 Pferdchen sicherlich nie voll ausgereizt, aber die brutale Beschleunigung aus dem Drehzahlkeller mit über 140 Newtonmeter Drehmoment sind ein Gedicht. Nach einigen Tausend Kilometern Fahrpraxis kann ich zusammenfassend feststellen, dass die Super Duke GT als normales Alltagsmotorrad geeignet ist. Sie kann aber auch Touring. Ob es „Grand Touring“ sein muss, da bin ich mir nicht ganz sicher. Aber dafür bietet das Haus KTM mit der „Adventure“-Reihe möglicherweise die bessere Variante an. Mit den neuen großen Adventures muss man auch auf den beeindruckenden Schub des 1300er-Motors nicht verzichten. Denn wer dieses Triebwerk einmal gefahren hat, möchte es nicht mehr missen. Die GT ist ein Sports-Tourer, die ihre sportlichen Gene nicht verleugnen kann ... und das ist auch gut so!