Ducati Streetfighter E: Prototyp mit MotoE-Technik auf dem Weg zur Serienreife

Ducati testet einen elektrischen Streetfighter auf Basis der MotoE – ein Serienstart ist noch offen, doch die Entwicklung schreitet sichtbar voran.
04.06.2025
| Lesezeit ca. 6 Min.
2023 stieg Ducati mit dem Ziel in die MotoE ein, Know-how für die Serienproduktion einer elektrischen Baureihe zu sammeln. Vor dem Start in die dritte Saison gibt es Anzeichen für ein erstes Serienmodell.
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Elektromobilität.

Das Thema Elektromobilität

Schon allein dieses Schlagwort verursacht bei manchen Zeitgenossen Schnappatmung. Besonders im Automobilbereich entbrennen teils hitzige Debatten, ob elektrische Mobilität die Zukunft, mittelfristig ein notwendiges Übel oder eher eine Schnapsidee ist. Doch auch in der Motorradindustrie ist abzusehen, dass stromgetriebene Fortbewegung in absehbarer Zeit eine wichtigere Rolle einnehmen wird. Dabei sind sich die Hersteller über das „Wie“ derzeit keineswegs einig: Zwar haben Vertreter nahezu aller großen Hersteller in den vergangenen Jahren verlauten lassen, dass sie batteriebetriebene Zweiräder vorwiegend in der urbanen Mobilität als sinnvoll erachten. Unter anderem Piaggio und BMW bieten bereits seit Längerem elektrisch betriebene Scooter in verschiedenen Größen an.
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Ducati bleibt bei der Entwicklung von elektrischen Hochleistungsmotorrädern am Ball

Doch auch bei Hochleistungsmotorrädern gibt es bei den großen Herstellern Bestrebungen, solche Modelle zur Serienreife zu bringen. Triumph stellte 2022 die TE-1 vor – praktisch ein elektrisch angetriebenes Äquivalent zur Speed Triple RS. 177-PS-Leistung und eine gemessene Reichweite von 161 Kilometern bot sie. Allein: Sie wurde nie gebaut. Sie stellte eine Fingerübung dar, um Erfahrungen zu sammeln für das erste tatsächliche elektrisch angetriebene Serienmodell der Briten, quasi als rollendes Labor. Ähnlich geht Royal Enfield bei der HIM-E vor, einem elektrischen Adventure-Bike, das genauso widerstandsfähig wie die Himalayan 450 sein soll.
Einen anderen Ansatz verfolgt hingegen Ducati: Die Italiener sind seit 2023 und bis mindestens 2026 alleiniger Lieferant für die MotoE-Rennserie. Seinerzeit lösten sie Energica als Lieferant ab. Der mittlerweile insolvente Modeneser Hersteller leitete sein Wettbewerbsmodell aus der Serie ab. Die Nachbarn aus Bologna sind mittlerweile in der dritten MotoE-Saison und verfolgen den entgegengesetzten Ansatz: Die V21L wurde ursprünglich einzig für die Rennserie entwickelt und existiert auch, um Rennsport- und Serienentwickler Erfahrungen sammeln zu lassen. Ducati-Entwicklungschef Vincenzo de Silvio ließ bereits 2022 im Gespräch mit Speedweek verlauten:Da die V21L ein vollwertiges Renn-Bike ist, musste Ducati Corse eine zentrale Rolle einnehmen. Gleichzeitig war es für uns wichtig, die Kompetenzen in der Entwicklungsabteilung von Ducati aufzubauen.
Wofür diese die erlangten Kompetenzen nutzen soll, ist dabei klar: Wenn es an der Zeit ist, dass auch in Borgo Panigale ein elektrisches Motorrad den Weg in die Serienproduktion finden soll, will man gerüstet sein. Wann das so weit ist, ist hingegen noch nicht klar.
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Optisch an die Streetfighter V2 angelehnt

Derzeit bereitet man sich in Bologna auf diesen Fall vor und arbeitet an einem elektrisch betriebenen Naked Bike, von dem Prototypen in mehreren Entwicklungsstufen erprobt werden. Die erste Entwicklungsstufe ist dabei eine direkte Ableitung des MotoE-Boliden, wie er bis letztes Jahr von den Teams der MotoE eingesetzt wurde. Optisch zitiert sie die Streetfighter V2 und Erprobungsmotorräder sollen sogar deren Lampenmaske spazieren fahren. Das Styling ist also bereits seriennah. Technisch jedoch gibt es bei den ersten Erprobungsträgern kaum Unterschiede zur MotoE-Basis: Chassis mit Schwinge, Federung und Dämpfung vorn wie hinten, Motor, Bremsen … das alles wurde 1:1 aus der V21L übernommen.
Gleiches gilt auch für den Akku, dem wichtigsten Bauteil der Ducati. Bereits bei der Entwicklung des MotoE-Boliden kam ihm besondere Bedeutung zu, da die Batterie auch für die Fahrdynamik wichtig ist. Roberto Cané, Director eMobilty bei den Italienern dazu:Die Batterie ist bekanntlich der größte und wichtigste Bestandteil eines elektrischen Bikes. Sie ist schwer und nimmt viel Volumen ein. Wir mussten sie also so designen, dass sie den Platz ausfüllt, der leer bleibt, wenn man den Tank und den Motor aus einem konventionellen Motorrad ausbaut. Es entstand eine sehr merkwürdige Form, aber wir wählten sie so, um die höchstmögliche Performance mit dem Batteriepack zu erzielen.
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Diese Worte fielen im Kontext der Technikspenderin V21L, gelten entsprechend ebenso für die potenzielle Straßen-Ablegerin Streetfighter E.

Vom MotoE-Boliden zur Serienreife

Typisch für die Entwicklung elektrischer Fahrzeuge ist die auch bei Ducati steile Lernkurve. Erste Auswirkungen spürt dabei naturgemäß das Motorsportprojekt der Bologneser: Das gewonnene Wissen dürfte auch der zweiten Evolutionsstufe des elektrischen Naked Bikes geflossen sein, an der in Bologna gearbeitet wird. Auch sie lehnt sich optisch an die gerade abgelöste Streetfighter V2 an. Anders als bei den ursprünglichen Prototypen soll bei dieser jedoch mittlerweile weniger Carbon zum Einsatz kommen, vermutlich um im Hinblick auf einen Serienanlauf die Produktionskosten im Zaum halten zu können. Auch das Packaging wurde verändert und hat sich vom MotoE-Boliden entfernt: Motor und Inverter wurden neu im Chassis positioniert, was auch einen schmaleren Heckrahmen ermöglicht. Entsprechend ist auch die Schwinge der V21L einer mittlerweile seriennäheren Konstruktion gewichen. Bei dieser ist die Schwinge direkt mit dem Motor verbunden. Die Leistungsdaten dürften sich an der Teilespenderin aus dem Rennsport orientieren: 800 Volt Bordnetzspannung sind gesetzt und rund 150 PS bei massiven 140 Nm Drehmoment sind auch beim Straßenmodell realistisch. Unverändert ist auch das Rahmenkonzept, in dem der Akku noch immer einen tragenden Teil des Chassis bildet. Teile des Fahrwerks werden dabei aus bestehenden Ducati-Modellen entnommen. Brembo und Öhlins sind dabei die namhaftesten der bekannten Zulieferer. Ein realistisches Zielgewicht dürfte sich dabei im Bereich von rund 220 Kilogramm bewegen.

Maximale Gewichtsersparnis

Wie groß die Entwicklungsschritte in der Elektromobilität für Motorräder dabei zuletzt waren, verdeutlicht das Gewicht eines vergleichbaren Erprobungsträgers, den BMW vor etwas mehr als fünf Jahren der Presse präsentierte: Dieser schleppte seinerzeit noch 296 Kilogramm mit sich herum. Die Bologneser von Ducati konnten ihrem MotoE-Boliden allein vor dieser Saison fast 9 der ursprünglich 225 Kilogramm abtrainieren. Erreicht wurde dieser Schritt durch einen leichteren Akku mit höherer Energiedichte, der wiederum Gewichtseinsparungen am Fahrwerk ermöglichte. Auf die Waage bringt die V21L dieses Jahr damit noch knapp über 216 Kilogramm und weitere Einsparungen sind bereits absehbar.

Konzepte warten auf Nachfrage

Das Konzept scheint mittlerweile so weit entwickelt, dass eine Serienproduktion denkbar wäre und das Modell leistungsmäßig die Lücke zwischen Streetfighter V2 und V4 schließen könnte. Nötig wären dabei noch angepasste Produktionsstraßen in Bologna und Thailand, wo die Italiener mehr als 40 % ihrer jährlichen Stückzahl fertigen. Wann Ducati, und mit ihnen andere Großserienhersteller wie BMW oder Triumph, aber den Weg in die Serienproduktion wagen, ist im Moment noch nicht abzusehen. Markus Flasch, Chef von BMW Motorrad, erteilte bereits im letzten Jahr einer Markteinführung des E-Roadster von BMW vor 2027 eine Absage. Der Markt sei derzeit schlicht nicht vorhanden, die Nachfrage nach E-Motorrädern sei zuletzt abgeflacht.

Unsicherheitsfaktor Politik

Ein wichtiger Faktor ist dabei auch die Gesetzgebung: Anders als bei Pkws gibt es für Motorräder in der EU beispielsweise keine Zielvorgabe für die durchschnittlichen CO₂-Emissionen der Modellpalette der jeweiligen Hersteller. Wie wichtig die Legislative dabei für Investitionssicherheit der Hersteller ist, hat sich zuletzt bei den Verkaufszahlen elektrischer Pkws gezeigt: In mehreren europäischen Ländern sind diese in den vergangenen Monaten auch durch teilweise abruptes Auslaufen von Förderprogrammen eingebrochen. Dennoch, oder genau deshalb, müssen vor allem die großen Motorradhersteller für die Zukunft gewappnet sein. Es gilt, Konzepte in der Schublade zu haben für den Zeitpunkt, an dem Marktbedingungen und Kunden und Kostenstruktur reif sind.

Ducati auf der Pole-Position

Sobald die Zeit gekommen ist, dürfte Ducati einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Herstellern haben: Anders als andere Marken könnten die Italiener bei ihrem potenziellen Elektromodell berechtigt auf dessen Wurzeln im Rennsport verweisen. Ein Plus, das vor allem für die Akzeptanz bei den Ducatisti essenziell ist. Damit, und mit dem erlernten Know-how aus dem Rennsport, hätte sich der Einsatz in der MotoE für den Hersteller aus Bologna bereits ausgezahlt.
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Kommentare (11)
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04.06.2025 20:14


Die Ducati Streetfighter E sieht immerhin endlich wieder nach einem richtigen Motorrad aus – kantig, muskulös, mit einer Präsenz, die nicht gleich an einen futuristischen Staubsauger erinnert. Auch wenn sie klanglich eher an einen sehr motivierten Milchaufschäumer erinnert als an einen brüllenden V2 – optisch hat sie das Zeug zum E-Bike für Erwachsene mit Geschmack.
Die Zukunft lässt sich sowieso nicht aufhalten – sie kommt, ob wir wollen oder nicht. Aber wenn Elektromotorräder so aussehen wie die Streetfighter E, dann ist das wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung. Wer weiß – vielleicht gewöhnen wir uns ja irgendwann sogar an das leise Surren. Aber bis dahin drehen wir halt die Lautstärke der Fußheizung auf und tun so, als wär’s ein Auspuff.
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04.06.2025 19:54


Na ja, ist momentan nicht besonders gefragt, aber alle bis die meisten Hersteller haben etwas in Vorbereitung. Es wird noch dauern, ich schätze mindestens 10 Jahre, ob sich die Akzeptanz für Elektro Fahrzeuge ändert bzw. verbessert.
1 Antwort
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04.06.2025 20:44


Naja die Akzeptanz für E Schrott wäre da, wenn man bei nem 2 Minuten Stop an der Ladesäule weiter käme, die Akkus 50 Jahre halten würden und der Anschaffungspreis schon Mal nicht 50% über nem Verbrenner liegen würde. Es ist halt, wenn man Reisen will, ein gewaltiger mehr Aufwand. Noch dazu kommt die Ladesäulen dichte im z.B. Nepal. Die Infrastruktur für e-fahrzeuge ist halt einfach nicht gegeben.
Ich wünsch dir immer ne Hand breit Asphalt unterm Gummi.
2 Antworten
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04.06.2025 21:54


Das sehe ich auch so, irgenwie hat die Entwicklung von Batterien und somit Fahrzeugen, nicht zur Entwicklung und dem Ausbau von Ladesäulen gepasst. Wie wenn zwei Projekt nicht abgestimmt sind und unkontrolliert laufen.
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04.06.2025 22:07


Dem schließe ich mich mal an! Hinzuzufügen ist nur noch, dass green washing nicht besonders förderlich für die Akzeptanz ist.
Geduld ist eine Tugend, die so wenige noch besitzen. 
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04.06.2025 12:46


Es ist lobenswert wenn Ducati sich dem Thema Elektromotorrad annimmt. Bis solche Moppeds mal in Vielzahl auf unseren Straßen rollen werden, wird noch eine Menge Wasser die Donau hinunter fließen. Gewicht, Reichweite, vor allem der Preis dürfte hierbei eine wesentliche Rolle spielen. Und so nach gar nichts klingen sollten die Teile auch nicht...
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04.06.2025 22:11


Bei dem "nach was klingen" bin ich mal sehr gespannt wie das werden soll. Ist der Sound dann einstell- und auswählbar? So je nach Jahreszeit? Besinnlich in der kälteren Zeit und so... 🤣
Geduld ist eine Tugend, die so wenige noch besitzen. 
2 Antworten
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04.06.2025 22:13


Soundmodul mit Subwoofer unter der Sitzbank, Sound kannst dann z.B. die Aprilia RS4 APRC mit Akrapovic auswählen und die Lautstärke auf 87dB einstellen dass es TÜV konform bleibt 🤣
Ich wünsch dir immer ne Hand breit Asphalt unterm Gummi.
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04.06.2025 22:33


Servus Thea, bei einigen Autos geht das heute ja auch schon, also bestimmt auch bei den Moppeds...
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CSt
04.06.2025 22:38


wenn sie nach garnichts klingen, dann gehen wir zum Sound Designer -heute Harley morgen Duc....
1 Antwort
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04.06.2025 22:55


genau so wird es werden