Jochen Vorfelder, Hersteller.
"Born in Sweden. Crafted in Kungsbacka." Selbstbewusster kann ein Claim kaum sein. Apples "Designed in California" schwingt da mit. Und eine gehörige Portion Stolz auf authentische Handwerkskunst. "Craftsmanship" aus Skandinavien. Das ist bei Elektromotorrädern in der Tat mal ein Statement.
Credo der RGNT No.1: Fahr sauber, aber mit Stil
Das Produkt, das da im beschaulichen Kungsbacka, rund 30 Kilometer südlich von Göteborg, entsteht, kann sich echt sehen lassen. Fahr sauber, aber mit Stil. Und zu 100 Prozent elektrisch. Das ist die Botschaft des E-Startups RGNT Electric AB. 2019 hat das hippe Team sein erstes Modell vorgestellt, die „Regent No.1“. Mittlerweile haben die Schweden auch eine Scrambler im Programm und die beiden „E“ aus ihrem Namen getilgt. Was bleibt, sind das Kürzel RGNT und zwei sauschöne Elektromotorräder.
Anzahlung übers Web, dann startet die Produktion
Dank maximal 15 PS (11 kW, Dauernennleistung 9 kW) dürfen auch 16-Jährige mit A1-Führerschein auf der RGNT durch die Gegend stromern. Gleiches gilt für die wachsende Gemeinschaft der spätberufenen B196-Lizenzinhaber. Wer über Webdienste wie Paypal 450,-- Euro anzahlt, bekommt ein handgefertigtes E-Motorrad, das komplett montiert mit weiteren 12.045,-- Euro bezahlt werden will. Die Scrambler kostet insgesamt 13.495,-- Euro, also exakt tausend Euro mehr. Das sind amtliche Preise. Immerhin gibt es dafür ein Bike, das garantiert (noch) nicht an jeder Ecke steht.
125 km/h Spitze, max. 160 km Reichweite
Das puristische, zeitlose Design erinnert an klassische Bobber-Umbauten. 125 km/h Spitze und 110 bis 160 Kilometer Reichweite verspricht RGNT. Letzteres hängt bekanntlich in hohem Maße an Fahrergewicht und -mentalität sowie Topografie und Temperatur. Die Batteriekapazität beträgt solide 7,7 kWh. Fürs vollständige Laden des leer gefahrenen Akkus an einer Haushaltssteckdose veranschlagt RGNT acht Stunden; von 20 auf 80 Prozent dauert es circa drei Stunden.
Navigation per RGNT-Cloud
Das moderne 7-Zoll-LCD-Touchdisplay im Tablet-Style kommt optisch zwar wie Kai aus der Kiste, gemessen am Retrostil der RGNT No.1, aber nun, die Moderne – und die Gunst der "Digital Natives" – verlangt halt ihren Tribut. In der RGNT-Cloud liegen europäische GPS-Daten für die Routenführung. Das schont die Akkukapazität des eigenen Smartphones. Mitreisen kann es in einem flachen Staufach auf der Tankattrappe. Zwei Etagen tiefer befindet sich der 60 Kilogramm schwere Antriebsakku. Der Anschluss fürs Stromkabel verbirgt sich dezent hinter der mittig montierten, aufklappbaren Sichtblende. Der Elektromotor sitzt in der Hinterradnabe.
Verchromte Gepäckbrücke einziges Extra
156 kg Fahrgewicht versprechen nahezu die Handlichkeit und Wendigkeit eines Mokicks. Der optische Auftritt hingegen liegt klar auf Customizer-Niveau. Skandinavisches Design goes Retro – viel lässiger kann „125er“-E-Mobilität kaum sein. Griffe, Kotflügel, Sitzbank und Tankfarbe (schwarz; dunkelgrün und gelb kosten 345,-- Euro extra) können per Web-Konfigurator ausgewählt und frei zusammengestellt werden. Als einziges echtes Extra lockt eine verchromte Gepäckbrücke für stolze 195,-- Euro.
Kernig abgestimmtes Fahrwerk
Die Sitzhöhe beträgt 830 mm. Das lederne Polster ist straff ausgelegt. Gleiches gilt fürs Fahrwerk. "Gesunde Härte" beschreibt es wohl am ehesten. Kurze, harte Stöße kommen auf der RGNT No.1 recht ungefiltert im Fahrerrücken an. Die Scrambler ist weicher abgestimmt. Das erhöht den Komfort. Optisch punktet sie unter anderem mit grobem Reifenprofil, kürzerem vorderen Schutzblech und grauem Stahlrahmen zum blauen Tank. LED-Beleuchtung ist bei beiden Varianten gesetzt.
Knackiger Radstand, solide Kraftentfaltung
Die Beschleunigung ist solide und für die Stadt vollkommen ausreichend. Die explosive Leistungsentfaltung einer Zero DS (11 kW Nennleistung, Peak 44 kW/59 PS, ab 16.290,-- Euro) bleibt allerdings aus. Mangels elektronischer Traktionskontrolle dürfte das in diesem Fall genau der richtige Weg sein, die RGNT No.1 auch beim Beschleunigen auf nasser Fahrbahn in der Senkrechten zu halten. Kurven nimmt der Schweden-Stromer mit seinem knackigen Radstand von 1.408 mm recht zackig. Die Gesamtlänge beträgt kompakte, aber keineswegs mickrige 2.110 mm.
Ständig Daumen hoch – das Design kommt an
Je länger man unterwegs ist, desto mehr wächst einem die leichte RGNT No.1 ans Herz. Quirlig und weitgehend lautlos groovt sie durch die Straßen. Allzu leicht ertappt man sich dabei, die vorgeschriebene innerstädtische Geschwindigkeit hinter sich gelassen zu haben. Bei Ampelstopps gibt es regelmäßig den Daumen. Das Design kommt an. Anfangs gewöhnungsbedürftig: die Anordnung der Bremsen. Links Vorderrad, rechts Hinterrad – wie bei Pedelecs. Einen Fußbremshebel gibt es nicht. Vorn verzögert die J.Juan-Kombi-Bremsanlage mit einer 300-mm-Scheibe, hinten reichen ihr 220 mm.
Bestellt wird übers Internet (rgnt-motorcycles.com), gefertigt in der Reihenfolge des Bestelleingangs. Spätestens nach rund zwei Monaten soll das Bike dann fertig sein. Die Auslieferung erfolgt über ein Netz freier Händler, zum Beispiel Evectro Motors in Hamburg.