
Sechszylinder-Reihenmotoren sind bei BMW seit über achtzig Jahren fester Bestandteil der Markenidentität – zumindest im automobilen Bereich. Vor sechs Jahren übertrug die weiß-blaue Marke diese Antriebstechnologie erstmals aufs Motorrad und erschloss damit eine neue Dimension im Segment des komfortorientierten Motorrad-Tourings. Abgesehen von ein paar unbedeutenden Modifikationen blieben die beiden Luxusliner K 1600 GT und K 1600 GTL seither unverändert. Die gesetzlich vorgeschriebene Umrüstung auf Euro 4 nutzt BMW jetzt für ein umfassendes Update. Die neue K 1600 GT kommt mit diversen neuen interessanten Features und mit den gleichen nach wie vor souveränen Fahreigenschaften.
In optischer Hinsicht sind die Änderungen indes kaum wahrnehmbar. Die seitlichen Verkleidungsteile sind sportlicher gestaltet und rücken den Motor mehr in das Gesichtsfeld. Um den ohnehin schon sehr guten Wetterschutz weiter zu optimieren, wurde die Frontverkleidung weiter nach hinten gezogen und die seitlich ausklappbaren Windleitflügel geringfügig vergrößert. Die kleinen Staufächer links und rechts im unteren Bereich des Motors wurden ebenfalls formal überarbeitet. Ein zusätzlicher Schleifschutz im Seitenbereich des Motors sowie eine neu gestaltete Getriebeabdeckung auf der linken Fahrzeugseite runden die Updates im Karosseriebereich ab.


Aufgrund der reichhaltigen Grundausstattung sind die Listen der ab Werk erhältlichen Sonderausstattungen und des Zubehörs etwas weniger lang als bei anderen BMW-Motorrädern. Zu den empfehlenswerten neuen Systemen aus dem Zubehörsegment gehört die elektrische Rückfahrhilfe, welche das weit über 300 kg schwere Gefährt an Steigungen von bis zu sieben Grad auf Tastendruck langsam und sanft nach hinten schiebt. Ein weiteres interessantes Feature ist der bereits bei anderen BMW-Modellen eingesetzte „Schaltassistent Pro“ – kurz Quickshifter – der das Rauf-und Runterschalten ohne Kuppeln ermöglicht. Wer die schnellen, weitgehend ruckelfreien Schaltvorgänge einmal erlebt hat, möchte nicht mehr darauf verzichten.

Wie hilfreich das erstmals bei einem Motorrad eingesetzte Notrufsystem „eCall“ sein kann, erlebten wir unfreiwillig bei unseren Testfahrten in Spanien. Nachdem beim Fotoshootig ein Kollege die Haftung seiner noch kalten Reifen überschätzte und die GT in die Leitplanken setzte, reagierte das System postwendend mit der Ansage „Sie hatten einen Unfall. Benötigen Sie Hilfe?“ Im Gegensatz zum Bike überstand der Fahrer den Ausrutscher glücklicherweise ohne ernsthafte Verletzungen. Der Notruf konnte mit einem kurzen „Nein, danke, alles okay!“ beantwortet und eine ansonsten aus einer solchen Situation resultierende Rettungsaktion vermieden werden.
Respekt einflößend ist der Sechszylinder-Tourer bereits im Stand, und das erstaunt bei einer derart üppigen Ausstattung und den mächtigen Dimensionen kaum. Die GT wiegt mit vollem Tank 319 Kilogramm, und das schon ohne Koffer. Mit dem Aufsitzen wird der Respekt kaum geringer. Unzählige Schalter und Knöpfe an den Lenkerenden und in der Verkleidung lassen den Fahrer anfangs zweifeln, ob alles korrekt bedient werden kann. Dazu kommt das Cockpit mit zwei neu gestalteten Rundinstrumenten und einem 5,7 Zoll großen TFT-Farb-Display, auf dem knapp siebzig verschiedene Einstellungen für Fahrwerk, Audio und weitere Betriebszustände angezeigt werden. Gesteuert wird das alles mit dem sogenannten Multi-Controller, einem dreh- und kippbaren Stellrad am linken Lenkergriff.


Noch beeindruckender als die Spitzenleistung von 160 PS ist das maximale Drehmoment von 175 Nm. Das vor allem, weil siebzig Prozent dieses Wertes bereits bei 1.500 U/min erreicht werden. Doch der kompakte Motor – er wiegt knapp über 100 Kilogramm und ist unwesentlich breiter als ein handelsüblicher Vierzylinder – kann auch anders. Begleitet von einem vollmundig heiseren Fauchen beschleunigt er im oberen Drehzahlbereich die mit Zuladung und Beifahrer locker 500 Kilogramm schwere Fuhre dermaßen kraftvoll und vehement, dass sich der Fahrer mächtig am beheizbaren Lenker festklammern muss.
Erwähnenswert ist zum Schluss der elektrisch verstellbare Windschild mit Memory-Funktion, das bei Abschalten der Zündung in die Grundposition herunterfährt und so gleichzeitig als Diebstahlsicherung fürs Navi dient. Der Windschutz ist auf der von uns gefahrenen K 1600 GS Sport jedoch aufgrund der kleineren Scheibe weit weniger gut. Allerdings lässt sich dieser Makel mit der optional erhältlichen Scheibe des Basismodells einfach beheben. Von den gleichen Updates wie die GT profitieren auch die ab Juni erhältliche K 1600 GTL sowie der spektakuläre, rundum neue Sechszylinder-Bagger K 1600 B, der jedoch voraussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte anrollen wird.
