1901 wurde im Bundesstaat Massachusetts die Indian Motorcycle Company aus der Taufe gehoben. Als Lieferant der US-Army produzierten zeitweise über 3.000 Mitarbeitende vor und während des Ersten Weltkrieges zwischen 1913 und 1918 mehr als 32.000 Einheiten pro Jahr. Ein halbes Jahrhundert später endete das Unternehmen im Konkurs. Diverse Wiederbelebungsversuche scheiterten. 2011 erwarb Polaris – größter US-Konzern im Bereich von Power-Sports-Fahrzeugen – die Markenrechte und lancierte Ende 2013 die ersten neuzeitlichen Indian-Modelle. Mit dem wandelbaren Bagger Springfield lässt die traditionsreiche Marke nun bereits die achte Neuheit innerhalb von nur zweieinhalb Jahren anrollen.


Agiles Fahrverhalten
Obwohl zahlreiche Fahrwerkkomponenten und Anbauteile von den Schwestermodellen übernommen werden konnten, ist die Springfield ein eigenständiges Modell, was neben der optischen Erscheinung auch die neue Fahrwerkgeometrie untermauert. Mit einem Lenkkopfwinkel von 25 Grad steht beispielsweise die Gabel um vier Grad steiler als bei der Chief. Der Nachlauf reduziert sich dadurch um beachtliche 22 Millimeter auf 133 Millimeter. Hinzu kommt, dass das luftunterstützte Zentralfederbein hinten, wie der Tourer Roadmaster, komfortable 114 Millimeter Federweg bietet. Nicht zuletzt aufgrund dieses Fahrwerklayouts ist sie die handlichste aller Big-Twin-Indians. Sie begeistert mit agilem Fahrverhalten ohne Einbußen hinsichtlich der Geradeauslauf-Stabilität in Kauf nehmen zu müssen. Sie reagiert auf minimale Impulse am breiten Lenker und meistert kurvige Reviere souverän und zielgenau. Ohne hektische Bremsmanöver, lediglich mit Gas-auf-/Gas-zu-Steuerung rhythmisch durch Wechselkurven zu surfen, kann richtig süchtig machen. Die Schräglagenfreiheit ist für ein Fahrzeug dieses Segments überdurchschnittlich. Erst beim Manövrieren im Stand wird deutlich, dass die Springfield mit vollem Tank stattliche 388 Kilogramm auf die Waage bringt.

Souveräne Kraftentfaltung
Zum Starten braucht es keinen Schlüssel. Der Transponder in der Jackentasche sichert die Zündung, die per Knopfdruck aktiviert wird. Ein weiterer Knopfdruck erweckt den V2 zum Leben. Untermalt von dumpfem Donnergrollen und stimmigen Vibrationen stampfen die beiden mächtigen Zylinder mit rhythmischem Herzschlag. Erster Gang, zweiter, dritter, vierter Gang – bereits mit leicht erhöhtem Standgas kann die nächste Gangstufe eingelegt werden. Motor, Kupplung und Getriebe funktionieren tadellos. Das moderne Aggregat ist in nahezu allen Belangen denen der engsten Mitbewerber überlegen. Bei einer dermaßen souveränen und druckvollen Kraftentfaltung aus dem Drehzahlkeller würden im Grunde genommen drei Gangstufen ausreichen.
Selbst innerorts kann ohne Bedenken im fünften Gang gefahren werden. Und weil der sechste als Overdrive ausgelegt ist, rennt die Springfield bei moderater Tourenzahl mit flottem Speed über die Autobahn. Mit weiter Armstellung, entspanntem Kniewinkel und leicht nach vorn gestellten Beinen ist die Sitzposition im tief positionierten und breit ausgeformten Sattel sehr bequem und auch für die Langstrecke tauglich. Drei 300 Millimeter große Scheibenbremsen – die beiden vorderen mit je einem Vierkolbenbremssattel, die hintere mit einem Zweikolbensattel – verzögern die Springfield bei entsprechendem Kraftaufwand souverän und im Notfall mit Unterstützung von ABS.
