Alessio Barbanti, Jaime de Diego, Ula Serra, Triumph
Boah, kann die böse gucken. So von Angesicht zu Angesicht hat die Neuauflage der Triumph Street Triple RS etwas sehr Entschlossenes im LED-Blick, auch wenn die Umgebung des ersten Blickkontakts eher zum After-Golf-Tanztee einlädt. Wir sind im feinen spanischen Golf-Resort La Manga, genau genommen im Fünf-Sterne-Hotel Principe Felipe. Gepflegte Besseresser der Generation 70plus schlendern in kurzen, karierten Hosen zum nächsten Abschlag. Im Vakuum der lautlosen Eingangs-Drehtür gleitet Uschi Glas an uns vorbei. Eilfertig greifen Pagen nach unserem Gepäck.
Mitten in der riesigen Eingangshalle steht die neue RS, das runderneuerte Topmodell der Bestseller-Baureihe Street Triple. Mehr als 90.000 Einheiten konnte Triumph seit 2007 an den Mann und an die Frau bringen. Das macht die „Streeple“ zu einem der erfolgreichsten Bikes der Marke. 2017 kam die aktuelle Generation auf den Markt. Jetzt haben die Briten sie fit gemacht für die Euro-5-Abgasnorm, die ab Januar 2020 greift. Heißt: Motor-Update, Mapping neu, Auspuff neu – und bei der Gelegenheit gleich noch eine große Modellpflege on top fürs Topmodell.
Mehr Bike fürs gleiche Geld
Das Ergebnis der Frischzellenkur ist wie erwartet ein Naked-Racer der Extraklasse. Saudynamisch unterwegs ist schon die aktuelle Version des Kompakt-Renners. „Die neue RS setzt einen neuen Benchmark bei sportlichen Naked-Bikes in der Mittelklasse“, also noch einen drauf, verspricht Triumph-Chef-
Die komplette Ausgabe 95/2019 von Motorrad & Reisen als PDF mit folgendem Inhalt:
Motorräder: Triumph Street Triple RS, Touring Modelle 2020: Harley-Davidson, Harley-Davidson Low Rider S, Honda Africa Twin & Africa Twin Adventure Sports
Touren: Eine „Hygge“ Bike-Tour auf Bornholm, Auf der Suche nach dem Gold der Ostsee, Entlang der Westküste der USA: mehr Südkalifornien, Geliebte Achterbahn im Atlantik: Madeira, Roadtrip nach: Dakar
Motorräder: Triumph Street Triple RS, Touring Modelle 2020: Harley-Davidson, Harley-Davidson Low Rider S, Honda Africa Twin & Africa Twin Adventure Sports
Touren: Eine „Hygge“ Bike-Tour auf Bornholm, Auf der Suche nach dem Gold der Ostsee, Entlang der Westküste der USA: Südkalifornien, Geliebte Achterbahn im Atlantik: Madeira, Roadtrip nach: Dakar mehr>
Preis: 5,90 €
ingenieur Stuart Wood. Das Beste daran: Der Preis bleibt gleich – ab 11.850 Euro. Ende 2019 kommt die neue RS auf die Straße. Oder auf die Rennpiste, ganz wie man will. Wir testen im sonnigen Spanien beides. Erster Akt, Landstraße. Aufsitzen, Schlüssel drehen, Mäusekino bewundern. Zum Technologie-Paket der 2020er RS gehört ein weiterentwickeltes TFT-Farbdisplay mit neu designten Grafikelementen. Die bekannten fünf Fahrmodi – Road, Rain, Sport, Track und Fahrer (frei konfigurierbar) – hat Stuarts Mannschaft feingetunt und mit speziellen Farbwelten versehen. Über verschiedene Styles lassen sie sich individuell darstellen. Zur Begrüßung erscheint auf dem brillanten Bildschirm „Good afternoon“. Weniger Anglophile könnten auch „Moin, Moin“ oder „Tach, du Rocker“ programmieren, ganz nach Gusto. Das „MyTriumph“-Connectivity-System ist bereits vorinstalliert. Gegen Aufpreis lässt sich ein Bluetooth-Modul nachrüsten. Wie bei allen Triumphs mit modernem Digitalcockpit kann man dann via Joystick seine GoPro-Actioncam ansteuern, sich per Pfeilnavigation den Weg weisen lassen, die Telefonie seines Smartphones nutzen oder seine Playlists anzapfen.
Kernig, kultiviert, kein Krawall
Trotz Euro-5-Harmonisierung hat die Street Triple RS nach wie vor einen famosen Sound. Nicht krawallig, sondern kernig und kultiviert ist hier das Motto. Dabei hätte der Mittelklasse-Renner allen Grund, auf richtig dicke Hose zu machen: Als leichtestes Bike seiner Klasse ist der kurvengeile Naked-Racer für Landstraße wie Rennstrecke gleichermaßen der Hit. Die nackten Zahlen sprechen für sich: wie gehabt kernige 123 PS, aber neun Prozent mehr Leistung (77 Nm) vor allem im mittleren Drehzahlbereich – bei knapp über 180 kg Kampfgewicht (vollgetankt). Der 765-ccm-Dreizylinder kommt bekanntlich auch im Motorsport zum Einsatz. Und beschleunigt dank seiner Moto2-DNA fulminant. Der neue Quickshifter funktioniert perfekt – rauf und jetzt auch runter. Wer Motorrad fahren mit Attacke verbindet, sitzt hier genau richtig. Das Handling ist messerscharf. Präzise und äußerst willig lenkt die wendige RS ein, kurze Gewichtsverlagerung reicht. Das Vertrauen ins Vorderrad ist direkt nach den ersten Metern da.
Voll einstellbares Fahrwerk
Maßgeblichen Anteil daran haben neben der voll einstellbaren Big-Piston-Gabel von Showa die perfekt aufs Bike abgestimmten Pirelli Diablo Supercorsa SP V3. Die Sportreifen machen wie das gesamte Fahrwerk einen exzellenten Job. Gleiches gilt für die entschlossen zupackende Brembo-M50-Bremsanlage. Die Bremshebel sind in Übersetzung und Abstand einstellbar. Besser geht es nicht. Auch nicht in puncto Schwinge: Da setzt Triumph auf ein voll einstellbares Öhlins STX 40 Federbein mit Ausgleichsbehälter. Zweiter Akt, Rennstrecke. Der Circuito de Cartagena gilt als anspruchsvoller, technischer Kurs. Anfang der 1990er-Jahre gebaut, wird die 3,5 Kilometer lange Rundstrecke in erster Linie für Motorradrennen genutzt. 18 Kurven, es geht rauf und runter, eine lange Highspeedkurve macht am Ende spitz zu. Die 610 Meter lange Start-Ziel-Gerade führt auf eine Kuppe, wo sie zackig nach rechts abklappt. Rund 180 km/h zeigt der Tacho der Street Triple RS am Bremspunkt. Großes Kino auf einem eher kleinen Kurs. Einführungsrunde mit unserem Guide Joe, ein 30-jähriger Brite, der seit 2015 die Tourist Trophy fährt. Im 15-Sekunden-Takt jagen wir anschließend im Track-Modus auf die Strecke. Das ABS greift im Rennfahrprogramm erst sehr viel später ein als im Road- oder Sport-Modus, ganz abschalten lässt es sich im Gegensatz zur Wheelie- und Traktionskontrolle (TC) nicht. Mir recht, ich mag verlässliche elektronische Helfer. Auch der Untergrund flößt Vertrauen ein: Der Belag auf dem Circuito de Cartagena ist relativ frisch gemacht – und der Grip dementsprechend gut.
Spürbar mehr Dampf
Der versprochene Leistungszuwachs im mittleren Drehzahlbereich ist spürbar. Mühelos und ohne Leistungsloch jagt die RS mit ihren sechs Newtonmetern mehr in Richtung 12.000 Touren. Die Sitzposition ist für einen 1,80-Meter-Mann ausgezeichnet, das Gesamtpaket aus Performance und Handling beeindruckt. Zu den Motor-Updates gehört eine neue Auslassnockenwelle, die laut Triumph für mehr Performance optimiert ist. Die präzisere Bearbeitung von Kurbelwelle, Ausgleichswelle und Kupplung reduziert Motormasse und Trägheit. Auch optisch hat sich einiges getan: Das Bodywork wirkt jetzt deutlich gerader, straffer, noch sportlicher. Seiten- und Heckcover, Sitzabdeckung, Bugspoiler, Spiegel, Lenkerklemme – alles neu, wie die zahlreichen satinierten Oberflächen. Smart gemacht ist die neue Flyscreen mit integriertem Ansaugkanal. Und natürlich der neu gezeichnete, charakteristische LED-Doppelscheinwerfer mit auffälligem Tagfahrlicht.
Zubehörpakete „Style“ und „Schutz“
Zwei Zubehörpakete hat Triumph für die neue Street Triple geschnürt. „Style“ bietet unter anderem schmale LED-Lauflichtblinker. Die hat sich Triumph bei der Autoindustrie abgeguckt. Das Blinklicht baut sich dynamisch von innen nach außen auf. Und zeigt so unmissverständlich an, in welche Richtung es gehen soll. Hinzu kommen gefräste Bremsflüssigkeitsbehälter aus Alu, neue Sport-Lenkerendspiegel und ein Heckumbau aus geschmiedetem Aluminium. Das „Schutz“-Paket umfasst unter anderem Tankpad, Rahmenschützer, Gabel-Protektoren, Öleinfülldeckel samt Ölpeilstab aus Alu sowie ein kleines Windschild (Flyscreen). Dreimal geht jede Gruppe raus in Cartagena. Nach jedem Stint ist das Grinsen der internationalen Tester breiter. Street-Art at its best. Wäre auch ein guter Spruch fürs Display.