Fahrtest: Triumph Street Triple - Motorrad & Reisen

Fahrtest: Triumph Street Triple

Seit mehr als zehn Jahren pflegt die Street Triple mit ihrem Scheinwerfer im Froschdesign ein Dasein als Geheimtipp. Dies soll sich nun ändern.
Die Triumph Street Triple wird schon seit mehr als zehn Jahren gebaut. Über ein Dasein als Geheimtipp ist sie hierzulande jedenfalls nicht hinausgekommen, was den Geheimräten in der Szene allerdings schon immer ein Rätsel war. Vielleicht waren es die von den englischen Designern wohl aus der Froschszene abgeschauten Scheinwerfer, die vom Kauf abhielten. Technische und fahrrelevante Gründe können es jedenfalls nicht gewesen sein, die das erste Dreizylinder-Motorrad der Mittelklasse von den Bestsellerlisten fernhielten.

Street Triple in drei Varianten

Mit der sanierten Neuauflage könnte den Briten jetzt aber endlich ein absoluter Hit gelungen sein. Die neue Street Triple des Jahrgangs 2017 kommt gleich in drei Varianten auf den Markt – sozusagen für jeden Geschmack etwas, denn die drei Maschinen unterscheiden sich deutlich voneinander. Das betrifft vor allem den Umfang der Ausstattung und die Motorleistung bzw. -charakteristik. Das – sagen wir mal – Einsteigermotorrad in die Triple-Welt, das mit einem schlichten S gekennzeichnet ist, soll beispielsweise in einer Liga mit der MT-09 von Yamaha, der Kawasaki Z 900 oder der Suzuki GSX-S 750 antreten. Sie ist in Rot oder Schwarz zu haben, kostet rund 8.900 Euro und leistet 113 PS. In dieser Basisversion muss man mit relativ einfachen, aber durchaus wertigen Nissin Zweikolben-Bremsen zufrieden sein. Die Federelemente sind nicht verstellbar.
Triumph Street Triple Bremse
Immerhin hat das Motorrad mit „Rain“ und „Road“ zwei Fahrmodi zur Verfügung. Bei unseren Testfahrten auf dem großartigen Bosch-Testgelände in Boxberg, bei denen wir alle drei Modelle ausgiebig testen konnten, machte die „Kleine“ einen sehr soliden und sicheren Eindruck. Für den täglichen Gebrauch haben wir es mit einem ausgereiften und fahrstabilen Motorrad zu tun. Die gute Nachricht für Einsteiger und Wiedereinsteiger: Diese Basisversion ist auch etwas für erfolgreiche Absolventen der A2-Führerscheinprüfung, denn die kleine „Streety“ wird auch in einer 48-PS-Version angeboten. Dann hat der Motor lediglich 660 Kubikzentimeter Hubraum und kann bei Bedarf leicht auf 95 PS umgerüstet werden.

Auch die Street Triple in der Version R könnte zum Erfolg beitragen. Sie ist insgesamt besser ausgestattet als das S-Modell. Der Motor leistet statt 113 PS (83 kW) nun 118 PS (87 KW) und das maximale Drehmoment liegt bei 77 Nm (bei 9.400 U/min.) statt bei 73 Newtonmetern. Die Showa „Big Piston“ Upside-down-Federgabel ist komplett einstellbar, die Vierkolben-Monoblock-Bremssättel sind vom Edel-Lieferanten Brembo. Das ABS ist abschaltbar und die Kupplung verfügt über eine Anti-Hopping-Funktion. Die Instrumenteneinheit basiert auf einem 5”-TFT-Farbbildschirm. Triumph Street Triple Fahrbild

Geänderte Bedienung

Vier Fahrmodi (Regen, Straße, Sport und Fahrer) können über den umfangreichen Bordcomputer problemlos eingestellt werden. Außerdem gibt es eine nagelneue Schalteinheit mit einem Fünf-Wege-Joystick. Sehr hilfreich, wenn auch gewöhnungsbedürftig, ist die automatische Blinkerabschaltung. Das LED-Tagfahrlicht gehört bei der R ebenfalls zum Serienumfang. Das Motorrad ist leicht zu erkennen, es hat nämlich einen roten Heckrahmen und Zierstreifen an den Rädern. Wer genau hinsieht, entdeckt auch noch die hochwertigen Ziernähte am Sitz. Apropos: Die für kleinere Zeitgenossen erfreulichste Nachricht ist, dass es ab sofort für dieses Modell eine niedrigere Version gibt. Dann kann man auch auf 780 Millimetern statt auf 825 Millimetern Höhe sitzen. Triumph Street Triple Fahrbild

Spitzenmodell RS

Während die beiden genannten Versionen der „Streety“ noch den einen oder anderen Konkurrenten im Nacken haben, spielt das Spitzenmodell namens RS fast in einer eigenen Liga. Was für ein Glück, dass wir die Maschinen auf dem Bosch-Testgelände in Boxberg, zwischen Frankfurt und Stuttgart gelegen, auf Herz und Nieren testen konnten. Dort gibt es nicht nur ein Kurvenlabyrinth wie auf der Rennstrecke, sondern auch spezielle Handling-Kurse mit flacher oder mit serpentinenähnlicher Streckenführung oder sogar ein Oval mit zwei Steilkurven. Triumph Street Triple Motor

Mehr Leistung und ein leicht veränderter Motor

Spielerisch leicht wie die beiden Schwester-Maschinen lässt sich auch die Große in allen Situationen bewegen. Das Mehr an Leistung ist allerdings deutlich zu spüren. 123 PS haben die tüchtigen englischen Motorenbauer noch aus dem auf 765 Kubikzentimeter aufgebohrten Aggregat herausgeholt und dabei die alten kompakten Maße des Motors exakt eingehalten. 77 Newtonmeter maximales Drehmoment liegen bei 10.800 Kurbelwellenumdrehungen an. Für alle drei Modelle brachte die Hubraumvergrößerung noch zwei Kilogramm Gewichtsersparnis ein. Sie wiegen jetzt allesamt angenehme 186 Kilogramm. Auch wenn wir nicht gerade mit Rennfahrermaßen aufwarten können, haben wir uns auf Anhieb auf dem Motorrad zu Hause gefühlt. Die ersten Runden führten über die gesamte Teststrecke und das Wohlsein weitete sich auch sofort auf die Annehmlichkeiten wie die prompte Gasannahme und die damit verbundenen Reaktionen beim Lastwechsel aus. Dass der Triumph Dreizylinder für seine Laufkultur insgesamt als tadellos bewer­tet wird, ist ohnehin klar. Sehr komfortabel ist die Quickshifter-Schalt­automatik, die dem Fahrer ermöglicht, ohne Kupplung hochzuschalten. Das geht dann mehr als doppelt so schnell, wie es ein sehr erfahrener Pilot mit der Kupplung schaffen würde.
Triumph Street Triple Fahrbild
Diese Funktion ist bei den beiden anderen Modellen als aufpreispflichtiges Extra erhältlich. Triumph bewirbt die RS mit dem Satz, sie sei die „explosivste und aufregendste Triple aller Zeiten“. Was die Dynamik angeht, können wir das nur bestätigen, was die Aufregung angeht, allerdings nicht. Glücklicherweise, kann man da nur sagen, denn das Motorrad verhält sich in allen Situationen so souverän, dass es keinerlei Grund für Aufgeregtheiten bietet. Selten haben wir ein Motorrad unter dem Allerwertesten gehabt, das so kalkulierbar das Drehzahlbar nutzt wie die RS. Dabei entwickelt sie einen Sound, der kernig und voluminös klingt, aber nie prollig daherkommt. Was für ein Spaß war es, mit der Maschine den eng gesteckten Pylonenkurs mit seinen Slalompassagen und dem Kurvengeschlängel zu durchfahren. Immer leichter und immer müheloser absolvierten wir die Strecke mit dem Gefühl, alles ginge wie von selber. Weiten Blick voraus und schon war die Sache geritzt.
Triumph Street Triple Fahrbild
Und trotz der sportlichen Sitzposition hatten wir nie das Gefühl der Unbequemlichkeit. Sowohl die Schaltung als auch die formidable Brembo-Bremse arbeiten auf höchstem Niveau. Zu der Premium-Bremsanlage passen die nach der Größe der Hand und in der Übersetzung einstellbaren Bremshebel. Wie harmonisch der Motor mit dem Fahrwerk zusammenpasst, zeigt sich beispielsweise auf dem zwar kurzen, aber doch beispielhaften Serpentinenkurs. Selten sind wir so ungestraft im falschen Gang um derart enge Kurven gekommen. Dabei ist das Schalten ein reines Kinderspiel. Schließlich gibt es serienmäßig eine Schaltautomatik, die allerdings nur beim Hinaufschalten hilft.

Exzellentes Fahrwerk

Für fast alle Fahrsituationen ist das Bike durch vielfältige Fahrwerksabstimmungen gerüstet. Die serienmäßige Showa Big-Piston-Federgabel mit einem Durchmesser von 41 Millimetern erledigt ihre Aufgabe bestens. In beiden Holmen lassen sich die Vorspannung und die Zug- und Druckstufen komplett einstellen. Das gilt auch für das Öhlins STX 40 Zentralfederbein. Zwar ist die Maschine nicht besonders wendig, sie hat einen relativ großen Wendekreis. Aber bei dem geringen Gewicht ist das Rangieren auf engstem Raum kein Problem. Dafür hat die Street Triple einen tadellosen Geradeauslauf. Davon kann man sich in Boxberg auf dem Hochgeschwindigkeits-Oval überzeugen. Triumph Street Triple Display

Das Material wird wirklich stark beansprucht

Auch beim Höchsttempo von rund 240 km/h blieb die Maschine auf der Geraden und in den Steilkurven sauber in der Spur. Dafür sorgt vor allem eine neue gebogene Gullwing-Hinterradschwinge, die speziell für die Street Triple-Modelle entwickelt wurde. Sie sorgt für eine größere längsseitige Torsionssteifigkeit, wobei gleichzeitig eine geringere Seitensteifigkeit beabsichtigt ist. Wie sehr das Material dabei beansprucht wird, zeigte sich an der Vorgabe, nach zwei Runden eine Pause einzulegen. Die Reifen drohten zu überhitzen. Apropos Reifen: Die Pirelli Supercorsa SP Reifen, die als Erstausstattung aufgezogen sind, scheinen für die Triumph gemacht zu sein. Sie harmonieren aufs Feinste mit dem Fahrwerk. Wir gehen mal davon aus, dass ein Motorrad dieser Klasse vorwiegend im Single-Betrieb gefahren wird. Daher ist die mitgelieferte Soziusabdeckung ein sinnvolles Utensil. Einen bequemen Eindruck macht der zweite Sitzplatz allerdings nicht. Ausgezeichnet ablesbar ist der Bordcomputer mit einem ausreichend großen Display: Wie bei der R sorgt auch im Spitzenmodell der Fünf-Zoll-Farbbilschirm für klare Sicht. Durch die kontrastreiche und in der Helligkeit regelbare Darstellung ist das Display jederzeit hervorragend abzulesen. Das sollte zum Benchmark in der Branche werden! Dazu gibt es drei alternative Bildschirmdarstellungen, die für alle Fahrmodi voreingestellt sind. Die RS bietet fünf Fahreinstellungen. Zu denen der R kommt bei der RS noch das Tuning für die Rennstrecke. Darin ist auch ein Laptimer enthalten. Mühelos kann auch während der Fahrt die Einstellung gewechselt werden. Wer Motorrad aus Spaß und meistens solo fährt, ist mit der neuen RS, die übrigens in Thailand gebaut wird, bestens beraten.
Technische Daten
Triumph Street Triple RS 2017-2018
Technische Daten
Triumph Street Triple RS
2017-2018
Motor
Bohrung x Hub 78 x 53,4 mm
Hubraum 765 ccm
Zylinder, Kühlung,Ventile Dreizylinder, flüssigkeitsgekühlt
Abgasreinigung/-norm elektronisch geregelte Kraftstoffeinspritzung
Leistung 123 PS (91 kW) bei 11700 U/min
Drehmoment 77 Nm bei 10800 U/min
Verdichtung 12,2:1
Höchstgeschwindigkeit über 200 Km/h
Wartungsintervalle Erstinspektion bei 800 km, danach alle 10000 km oder jährlich
Kraftübertragung
Kupplung Mehrscheiben-Ölbad
Schaltung 6-Gang
Antrieb O-Ring-Kette
Fahrwerk & Bremsen
Rahmen 2-teilig aus Brückenrahmen und Heckrahmen
Federelemente vorn 120/70 ZR 17
Federelemente hinten 180/55 ZR 17
Federweg v/h 115 mm/131 mm
Radstand 1410 mm
Nachlauf 100 mm
Lenkkopfwinkel 23,9°
Räder Leichtmetallgussräder
Reifen vorn 120/70 ZR 17
Reifen hinten 180/55 ZR 17
Bremse vorn 320 mm Doppelscheibenbremse, Vierkolben-Radialsättel
Bremse hinten 220 mm Einscheibenbremse, Einkolben-Schwimmsattel
Maße & Gewicht
Breite 735 mm
Höhe 1085 mm
Gewicht 187 kg
Maximale Zuladung 196 kg
Sitzhöhe 825 mm
Tankinhalt 17,4 Liter
Fahrerassistenzsysteme
ABS
Fahrzeugpreis ab 11600 €
Text: Walter Hasselbring, Fotos: Chris Rausch, Triumph


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