Ein langstreckentaugliches, für Sozia und Fahrer bequemes Motorrad ist gesucht, das genug Platz für Gepäck und Ausrüstung bietet. Besteht die Super Ténéré den Test?
Als Kameramann Nils vor knapp drei Jahren ein neues Motorrad brauchte, hatte er ziemlich genaue Vorstellungen, was die Neue so alles bringen müsse. Sie sollte langstreckentauglich sein und dazu bequem, nicht nur für den Fahrer, sondern auch für die Sozia. Wartungsarm und zuverlässig natürlich auch, und dazu neben dem üblichen Gepäck auch die ganze Kameraausrüstung mitschleppen können. Natürlich muss das neue Gefährt auch auf jedem Terrain einsetzbar sein, sich also auch gelegentlich auf lockerem Untergrund bewähren. Die Wahl fiel nach Begutachtung aller infrage kommenden Modelle auf die Yahama XT1200Z Super Ténéré.
Langstreckentauglichkeit und Sitzkomfort für Fahrer sowie Sozia auch auf langen Etappen
Wer oft und lange beruflich mit dem Motorrad unterwegs ist – wie Testfahrer Nils – für den ist das Thema Ergonomie von besonderer Bedeutung. Sowohl die Sitzposition für Fahrer und Sozia – beide sind mit 192 und 174 Zentimetern nicht gerade klein geraten – als auch das Gestühl selbst taugen für lange Tagesetappen. 600 Kilometer sind kein Problem. Der Kniewinkel ist auch für einen groß gewachsenen Fahrer angenehm. Kupplungs- und Bremshebel sind einstellbar, also eigentlich „state of the art“. Allerdings könnte die Kupplung etwas leichtgängiger sein. Die Cockpit-Informationen sind gut ablesbar, jedoch in zwei Fällen hapert es an der Aussagegenauigkeit der Anzeigen.
Die Umgebungstemperatur wird um fünf bis zehn Grad deutlich zu hoch angezeigt und auch bei der Tankanzeige hat Yamaha sich mit einem Trick geholfen. Es gibt keine Restweitenanzeige. Stattdessen werden – wenn der Tank laut Anzeige leer ist – über den Tageskilometerzähler die dann gefahrenen Kilometer angezeigt. Im Tank befinden sich als Reserve aber immer noch fünf bis sechs Liter Sprit. Es bleibt also dem Fahrer überlassen, wie weit es ihn treibt.
Leider lassen sich die Cockpit-Anzeigen nur am Cockpit selbst einstellen. Lediglich das Umschalten vom Touring- auf den Sportmodus des Motors erfolgt vom Lenker aus. Dass es keine Ganganzeige gibt, stört unseren Kameramann nicht weiter.
Leistungstief im Drehzahlkeller – darf man der Meinung der Fachpresselauben?
In der Fachpresse wird oft bemängelt, dass es der Super Ténéré an Dampf im unteren Drehzahlbereich fehlt. Das Gefühl von zu wenig Leistung hat Nils jedenfalls nicht. Eine Reiseenduro ist eben auch kein Supersportler. Warum Yamaha aber nach wie vor die Leistung in den ersten drei Gängen drosselt, ist wohl ein Rätsel, das sich niemandem so recht erschließen will, denn die funktionierende zweistufige Traktionskontrolle gibt genügend Sicherheit vor aufsteigenden Vorderrädern oder gefährlichen Drifts aus Kurven heraus. Der Zweizylinder-Reihenmotor erweckt durch den Hubzapfenversatz von 270 Grad hinsichtlich Leistungscharakteristik und Sound den Eindruck, als würde in der Super Ténéré ein 90 Grad-V2 seine Arbeit verrichten. Aufgrund der großzügig bemessenen Schwungmassen dreht der Motor zwar nicht blitzartig in Richtung Drehzahlbegrenzer, gefällt aber durch seine Geschmeidigkeit im unteren Drehzahlbereich. Ohne Mühe arbeitet er sich aus dem Drehzahlkeller nach oben. Ein wesentliches Argument für die Kaufentscheidung war der Kardanantrieb. Kein lästiges Kettenschmieren, kein teurer Kettenwechsel – eben wartungsarm und mit kaum spürbaren Lastwechselreaktionen. Dazu lässt sich das Sechsganggetriebe leicht und präzise rauf wie auch runterschalten. Nur der erste Gang könnte etwas länger übersetzt sein. Darüber hinaus gibt es an der Antriebseinheit nichts zu bemängeln, alles läuft rund und geräuscharm bis auf das seitlich liegende Gebläse des Kühlers, das gelegentlich nervt. Vor allem im Stadtverkehr springt der Lüfter häufig an und erweckt den Eindruck einer startenden Gasturbine.
Die Grundeinstellung des Fahrwerks ist sehr gut in Richtung Komfort ausgerichtet, ohne dass das Fahrwerk bei gröberen Unebenheiten gleich durchschlägt. Wer häufig mit Sozia und vollem Gepäck unterwegs ist, sollte das Federbein mittels Handrad etwas härter einstellen. Elektronische Einstellmöglichkeiten gibt es leider nicht. Die Bremsen sind gut dosierbar und erfordern nur bei wirklich harten Bremsmanövern eine kräftig zupackende Hand. Dabei wirkt die Handbremse als Kombibremse auf beide Räder, die Fußbremse jedoch nur auf das Hinterrad. Allerdings waren die Beläge auf der Hinterradbremse bereits nach 10.000 Kilometern fertig und mussten ausgetauscht werden. Das ABS funktioniert ausgezeichnet. Der Verbrauch der Super Ténéré liegt im Durchschnitt pro 100 Kilometer bei etwa fünf Litern, in der Stadt etwas mehr und über Land zwischen 4,5 und 4,8 Litern. Dabei wurde der Löwenanteil der gefahrenen Strecken mit Sozia und vollem Gepäck einschließlich der Kameraausrüstung zurückgelegt.
Motorräder: Yamaha Super Ténéré, Triumph Tiger Explorer XR & XC, BMW R nineT Scrambler, KTM Super Duke GT, Ducati Xdiavel, Victory Designstudie 156, Suzuki SV650 ABS, Honda CRF1000L Africa Twin, Yamaha FJR 1300, MT-10, XSR 900 Reisen: Fuerteventura - Ein Hauch von Dakar, Abenteuer Riesengebirge, Insidertour Salzburger Land
Preis: 5,90 €
Wenn die Serienausstattung nicht ausreicht, muss an manchen Stellen nachgerüstet werden
Das Thema Gepäck bringt uns gleich zum sinnvollen bzw. notwendigen Zubehör von diversen Herstellern. Nils hat seine Super Ténéré für seine Zwecke optimiert und ihr entsprechend einiges an Zubehör verpasst. Da der Windschutz wegen seiner Körpergröße nicht ausreichte, wurde eine Scheibe von GIVI (D447ST) mit einem Halter von Touratech angebracht. Dieser ermöglicht unterschiedliche Einstellungen der Höhe und des Winkels. Ein Sturzbügel war obligatorisch, um teure Reparaturen zu vermeiden. Für das Gepäck wurde ein Koffersatz – ebenfalls von GIVI – angebracht, der ein Gesamtvolumen von 131 Litern aufweist und die große TV-Kamera im Top Case beherbergt. Die TREKKER-Koffer sind aus Kunststoff und mit Aluminium beschichtet. Ihr Vorteil ist das unkomplizierte Handling, da sie leicht abnehmbar sind. Gleiches gilt für die Halter, sodass man nicht ständig damit herumfahren muss, wenn man sie nicht wirklich braucht. Als Tankrucksack wählte er eine 20 Liter fassende Version mit Tanklock-System. Ein Klick und der Tankrucksack ist fest.
Die Yamaha erfüllt die Kriterien voll und ganz
Ohne große Worte und genauere Ausführungen kommt Nils zu dem allgemeinen Fazit, dass seine Super Ténéré die Anforderungen an ein Motorrad zum Reisen einerseits und für seine Arbeit als Kameramann für M&R andererseits, in jeder Hinsicht erfüllt. Und so ganz nebenbei auch noch eine Menge Spaß macht.