Auf dem Dach der Welt ticken die Uhren anders beim Motorradfahren. Tempo spielt hier keine Rolle. Ankommen ist das Ziel, komme, was da wolle. Straße übersät mit übelsten Schlaglöchern? Abgrundtiefe Abhänge ohne Sicherung? Gar keine Straße mehr erkennbar? Fällt im Himalaya alles in die Rubrik „normal“. Genau wie haarsträubende Überholmanöver in Kurven oder komplett planlose Spurwechsel des Gegenverkehrs. Alles kein Grund, die Fassung zu verlieren. Weiter, immer weiter. Der Berg hat eh andere Pläne, lautet ein Leitsatz im höchsten Gebirgszug der Erde.
Wir sind in Manali, Distrikt Kullu, Bundesstaat Himachal Pradesh. Rund 2.000 Meter hoch gelegen, ist die kunterbunte Stadt – im Juli dieses Jahres schwerst gebeutelt von monsunbedingten Überschwemmungen – ein beliebtes Touristenziel im Himalaya und Ausgangspunkt des strategisch wichtigen „National Highway 3“ nach Ladakh. Die „Manali Leh Road“ ist so etwas wie die Einflugschneise zum legendären Karakorumpass, dem höchsten befahrbaren Pass der Welt. In 5.575 Meter Höhe kratzt er an den Wolken und stiehlt den Achttausendern fast die Schau.
Erster Fahrtest in der Heimat der Himalayan
Ganz so hoch hinaus will Royal Enfield zum Glück nicht mit uns bei der Präsentation der neuen Himalayan. Oberhalb von 5.000 Metern herrschen Ende Oktober bereits böse Minustemperaturen. Bei uns „im Tal“ brennt die Sonne mittags mit 26 Grad und mehr vom unwirklich blauen Himmel. „Willkommen in der Heimat der Himalayan“, begrüßt uns Siddhartha Lal, der charismatische Boss von Royal Enfield. „Hier wird sie getestet, hier wird sie gebraucht, hier ist zu Hause.“ Wie er selbst auch. Unweit unseres Präsentations-Camps betreiben seine Eltern ein Resort. „Sid“, wie ihn hier alle nennen, liebt diese Gegend. Und er liebt dieses Motorrad, das merkt und sieht man ihm an.
Fettes Power-Plus, Wasserkühlung und sechs Gänge


Zwei Fahrmodi mit abschaltbarem ABS
Dank Ride-by-wire gibt es das Globetrotter-Bike erstmals mit zwei Fahrmodi (Performance und Eco); beide können wahlweise mit oder ohne Enduro-ABS genutzt werden, also ohne oder mit blockierendem Hinterrad beim Tritt auf die Fußbremse. Für verlässliche Verzögerung sorgen eine 320-mm-Scheibe vorn und eine 270-mm-Scheibe hinten. Die Bodenfreiheit legt um zehn auf jetzt 230 mm zu, die Federwege vorn und hinten betragen 200 mm, die variable Standardsitzhöhe klettert auf 825 oder 845 mm (vorher: 800 mm). Eingestellt werden kann sie über zwei schlichte, umlegbare Bügel unter dem Sitz. Eine saubere, praktische Lösung. Alternativ gibt es eine niedrigere Sitzbank (805–825 mm). Die Radgröße belässt Royal Enfield bei 21 Zoll vorn und 17 Zoll hinten. In Indien trägt die neue Himalayan ab Werk Ceat-Enduroreifen namens „Gripp“. Ob die auch in Europa aufgezogen werden, wird sich zeigen.Langer Radstand und üppige 198 kg Zuladung

Neues Navigationssystem in Kooperation mit Google
Wo die Reise hingeht, kann sich der Fahrer von Google anzeigen lassen. Über die Royal-Enfield-App kann er sein Smartphone mit dem neuen, runden LC-Display („Tripper Dash“) koppeln. Direkt darunter sichert ein USB-C-Anschluss die Stromversorgung. Statt der bekannten Turn-by-Turn-Navigation, die Royal Enfield mittlerweile fast allen Modellen mittels kleinem Zusatzinstrument spendiert, verfügt die neue Himalayan über ein vollfarbiges, 4 Zoll großes Zentraldisplay. Über die „Mode“-Taste rechts am Lenker kann der Fahrer wählen, ob die Bike-Infos (Tempo, Drehzahl, etc.) groß angezeigt werden sollen oder die Routenführung samt Umgebung. Eine sehr smarte, digitale Lösung inklusive Musik- und Telefoneinbindung, die in dieser Klasse bislang kein Wettbewerber in vergleichbarer Perfektion liefert.Demokratisierung des Adventure-Bikens

Charakteristisches Design und reichlich Zubehör
„Oberstes Ziel war es, die DNA der Himalayan zu erhalten“, sagt Sid Lal. Damit meint er zum einen die zugängliche, selbsterklärende Art des Globetrotter-Bikes samt gesetzter Einzylinder-Motorisierung. Zum anderen natürlich das Design. Beides ist gelungen. Schlanke Fahrzeugmitte, starrer Rundscheinwerfer, üppiger Tankschutz mit Gepäckhalterung – die typischen Charakteristika hat Royal Enfield stilsicher auf die Neuzeit übertragen. 198 kg beträgt die Zuladung. Das ist sehr amtlich für ein 196 kg schweres Motorrad. Reisezubehör gibt es reichlich: höherer Windschild, Alu-Topcase, Alukoffer, Tankrucksäcke, Motorschutz, Kühlerschutzgitter aus Alu etc. Wer mag, greift gleich zum Adventure-Kit (unter anderem Koffer, Topcase, Gitter, höherer Windschild) oder zum stylischen Rally-Kit mit Bestandteilen wie schmaler, einteiliger Sitzbank, höherem Windschild und schnittiger, seitlicher Verkleidung hinten.Himalayan-Start im Februar 2024
Markteinführung ist voraussichtlich im Februar 2024. Bei den Lackierungen sollte jeder fündig werden. Die Basisfarbe „Kaza Brown“ ist eine Art Wüsten-Beige. „Kamet White“ setzt auf grafische Akzente am weißen Tank. Hinter „Slate Himalayan Salt“ verbirgt sich ein pastelliges Grau mit roten Akzenten, hinter „Slate Poppy Blue“ das gleiche Grau mit blauen Akzenten. In „Hanle Black“ fährt die neue Himalayan im John-Player-Special-Gedächtnis-Look vor, mit schwarzem Tank, goldgelben Akzenten und gold eloxierten Speichenrädern. Jede Wette: Die sehen wir öfter. Pro
- easy Handling
- smarte Navigation + Voll-LED-Beleuchtung
- lebendiger Motor
- hohe Zuladung
Contra
- Windschild nicht verstellbar
- Blinker nicht selbsttätig rückstellend
Fahrer Equipment
Text: Ralf Bielefeldt, Fotos: R-E
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