Alles schön und gut ... Harley-Davidson Breakout 117
Befeuert vom hubraumstärksten V2 der Motor Company und aufgebrezelt mit reizvollen optischen und technischen Goodies soll die neue Harley-Davidson Breakout 117 wiederum zur Höchstform auflaufen.
Eine Augenweide war die Breakout ja bereits bis anhin. Doch wir wissen, mit den Motorrädern ist das wie im wahren Leben: Der Zahn der Zeit nagt unverdrossen an allem, was nicht niet- und nagelfest ist. Da drängt sich zuweilen ein mehr oder weniger tiefgreifendes Update einfach auf, selbst bei einer wahren Schönheit wie der Breakout. Und mit der jüngsten Auffrischung dieses Bestsellers zeigen die kreativen Customizer von Harley-Davidson, dass sie wirklich wahre Meister ihres Fachs sind. Tiefe, flache Silhouette, lange Gabel, großes Vorderrad, breite Walze hinten, puristische Starrahmen-Optik, kraftvoller Dragster-Look und viel, viel Chrom – die modelltypischen Styling-Merkmale bleiben weitgehend unverändert.
Die Breakout 117 blüht zum Kunstwerk auf
Das 21 Zoll große Vorderrad mit 26 filigran gefrästen Speichen ist ein echter Hingucker Die optischen Überarbeitungen betreffen die Details und die haben es in sich. Echte Hingucker sind insbesondere die gefrästen Alu-Räder mit je 26 abwechselnd schwarz lackierten und hochglanz-polierten filigranen Speichen. Der übermäßig breite und lediglich geringfügig gekröpfte Lenker ist nun knapp zwei Zentimeter höher montiert und er glänzt neu in edlem Chrom. Ein weiteres hübsches Detail ist die in die obere Lenkerklemmung des Risers integrierte, absolut minimalistische LCD-Anzeige. Mit 18,9 Litern fasst der Tank jetzt deutlich mehr, wobei die klassische Tropfenform trotz dieser massiven Erweiterung beibehalten werden konnte. Die Reichweite wird dadurch auf rund 300 Kilometer angehoben. Es sind jedoch vor allem auch die vielen qualitativ hochwertig verarbeiteten und liebevoll gezeichneten Komponenten, welche die neue Breakout 117 als wahres Kunstwerk aufblühen lassen.
Mit 1923 ccm Hubraum ist der 117er-Milwaukee-Eight aktuell der größte Serien-V2 von Harley-Davidson Ein ganz besonderer Eye-Catcher ist zudem der rechtsseitig platzierte Heavy-Breather-Luftfilter, der den mächtigen V2-Motor mit ausreichend Frischluft versorgt. Für den Einsatz in der Breakout wurde der 117er-Milwaukee-Eight optisch besonders hübsch aufgebrezelt. Polierte Zylinderkühlrippen glänzen mit verchromten Stößelstangengehäusen und Zylinderkopfabdeckungen um die Wette. 103 PS und 168 Nm Drehmoment drückt der aktuell hubraumstärkste Serien-V2 von Harley-Davidson aus 117 Cubic-Inch respektive 1.923 ccm (nahezu so viel wie zwei volle Maß auf dem Oktoberfest) auf die Kurbelwelle. Das ist eine ganze Menge Holz und deutlich mehr, als es die Papierform im Vergleich zum 114er erahnen lässt, den wir zum Vergleich in verschiedenen 120-Anniversary-Modellen anlässlich der Breakout-Vorstellung an der Westküste der USA ebenfalls fahren durften.
Die Traktionskontrolle ist optional erhältlich
Sämtliche Elektrokabel der Bedienungselemente sind unsichtbar im breiten Lenker verstaut Nun aber endlich aufgesessen. Aus geringer Sitzhöhe von 665 Millimetern, langem Radstand (nahezu 170 cm), weit nach vorn verlegten Fußrasten, breitem und jetzt höher positioniertem Lenker resultiert eine leicht nach vorn geneigte Sitzposition mit entspanntem Kniewinkel – alles in allem recht angenehm. Langbeinige kollidieren jedoch mit dem rechten Schienbein permanent an der unterarmdicken Zuführung des Heavy-Breather-Filters, was auf Dauer doch ziemlich unangenehm wird. Im Gegenzug bekunden Kleinwüchsige eher beim Wenden in engem Radius ein bisschen Mühe. In solchen Situationen droht, das kurvenäußere Ende des überbreiten Lenkers gelegentlich in für sie nahezu unerreichbare Ferne zu entschwinden. Und wer nicht mit den Pranken eines Eisenlegers gesegnet ist, wird die klobigen, weit abstehenden und weiterhin nicht verstellbaren Handhebel von Bremse und Kupplung nur mit großer Mühe erreichen – ein schon so oft kritisierter Makel, der seit Langem viele Modelle von Harley-Davidson betrifft.
Genussvoll durch die Gegend cruisen und genießen – eine der Stärken der Breakout 117 Gut hat Harley-Davidson die tiefe Sattelkuhle mit einem stattlich-hohen Rückenpolster gesegnet. Letzteres hilft, ein Nach-hinten-Rutschen bei dragsterartigen Beschleunigungen „abzufedern“ und den Fahrer in artgerechter Position zu halten. Aufgrund der sehr direkten Gasannahme ist also zunächst dosiertes Aufdrehen empfehlenswert. Dies, obwohl die Breakout nun auch mit einer Traktionskontrolle auftrumpfen kann. Diese kostet allerdings extra und ist erst ab Sommer 2023 erhältlich. Unser Testfahrzeug war jedoch bereits damit ausgerüstet. Serienmäßig an Bord sind dagegen Keyless-Zündsystem, ABS und neu auch ein Tempomat, welcher insbesondere auf den weiten amerikanischen Highways durchaus Sinn macht und auf unserer Testfahrt entsprechend oft zum Einsatz kam. Es ist ja irgendwie logisch, dass eine 240 Millimeter breite Hinterradwalze, ein 21 Zoll (ca. 53 cm) großes Vorderrad und ein Radstand von nahezu 170 Zentimetern nicht unbedingt förderlich sind, was Agilität und Handling betrifft. Wenn es also mit beherztem Speed um die Ecken gehen soll, ist hartes Arbeiten angesagt. Um das extravagante Showbike in Schräglage zu bringen, ist ordentlich Druck nötig. Und lässt dieser nach, richtet sich das Biest von ganz alleine wieder auf – zumindest wenn das Tempo beibehalten oder dabei gar beschleunigt wird. Also Gewicht nach vorn verlagern und ab in die Kurve. Mit gehörig Zug und Druck am Lenker fügt sich die 310 Kilogramm schwere Fuhre den solchermaßen energischen Steuerbefehlen des Fahrers. Mit zunehmender Fahrpraxis hat man die etwas eigenwillige Fahrweise immer besser drauf und die macht sogar richtig Spaß. Ein sportliches Naked Bike ist die Breakout dennoch nicht, zumal die Single-Scheibenbremse vorn bei dermaßen zügigem Angasen ebenso ihre Grenzen erreicht wie das mit wenig Komfort gesegnete Fahrwerk auf schlecht asphaltierten Straßen.
Fazit
Die neue Harley-Davidson Breakout 117 ist mehr als nur ein Motorrad – sie ist ein wahres Kunstwerk Also alles schön und gut mit der neuen Breakout? Nun, weitgehend schon. Der optische Auftritt ist überwältigend und lässt niemanden kalt. Wer es nicht zu zügig angehen lässt und sie in der ihr zugedachten Weise bewegt, wird – so wie wir auf unserer Testfahrt in den USA – mächtig viel Spaß haben, selbst wenn beim flotten Kurvensurfen die Absätze der Stiefel einiges an Profil verlieren. Wer jedoch eher auf Understatement und sportliches Angasen steht, findet im Sortiment von Harley-Davidson geeignetere Bikes.