Alexander Klose, Hersteller
Sie sehen so cool aus und auch der standesgemäß zwischen Knattern und Brummen angesiedelte Sound passt ganz wunderbar zu den beiden Scramblern aus den Häusern Honda und Brixton. Die Brixton hatten wir schon etwas länger als Dauertester und Allround-Dienstfahrzeug auf dem Hof. Jüngst fand auch eine Honda CL500 den Weg in die „Motorrad & Reisen“-Flotte. Da liegt es nahe, beide Mittelklasse-Scrambler einmal gegenüberzustellen und den Vergleich zu ziehen. Wo punktet der weltweit größte Motorradhersteller und bei welchen Details hat die Brixton die Nase vorn? Eine ausreichende Vergleichbarkeit ist jedenfalls gegeben wie die identische Hubraum-Klasse, die gleiche Zylinderanzahl und ähnliche Leistungswerte. Auch die von den Herstellern ins Visier genommene Zielgruppe, der Preis und das Einsatzspektrum bieten einige Überschneidungen.
Der erste Eindruck zählt
Wie es sich für typische Scrambler gehört, sind beide unverkleidet und präsentieren die Technik der Maschinen, eingefasst in einen schwarzen Stahlrohrrahmen, offen. Runde Scheinwerfer und Displays sowie eine durchgängige Sitzbank erzeugen nicht nur bei Motorradliebhabern das wohlige Gefühl, es mit einem vermeintlichen Klassiker zu tun zu haben. Doch der Schein trügt, denn hinter der klassischen Fassade verbergen sich moderne Motorräder.
Dass es sich nicht um 40 Jahre alte Klassiker, sondern um neue Modelle handelt, bemerkt man schon beim ersten Aufsteigen. Sowohl die Brixton als auch die Honda kommen mit negativen LCDs, die Basis-Informationen liefern. Uhrzeit, Drehzahl, Gesamtkilometer, Trip-Zähler, Tankanzeige und der eingelegte Gang können einem angezeigt werden. Die Bedienung ist bei Brixton mit nur einem etwas versteckten Knopf zwar etwas umständlicher, dafür ist das Display bei direktem Sonnenschein deutlich besser ablesbar als bei der CL500. Fällt die Sonne direkt aufs Display der Honda, ist zumindest das „Kleingedruckte“ nicht mehr zu entziffern. Es soll der einzige gravierende Makel der CL500 bleiben.
Handling und Ergonomie
Gelungen ist beiden Herstellern die Ergonomie der Scrambler. Eine angenehme, aufrechte Haltung, die gute Positionierung der Fußrasten und der breite Lenker vermitteln Komfort und Kontrolle. Im Stand hat die Honda dank des schmalen Sitzbogens und einer Sitzhöhe von 790 mm bei Menschen mit kürzeren Beinen klare Vorteile. Die Fußrasten der Honda sind etwas weiter hinten positioniert als bei der Brixton, doch auch auf der Brixton Crossfire 500 XC sitzt man bequem und hat ein gutes Gefühl für die Maschine.
Motor und Leistung – A2-tauglich sind beide
In beiden Bikes verrichtet ein flüssigkeitsgekühlter Parallel-Zweizylinder mit jeweils vier Ventilen pro Zylinder seine Arbeit und sorgt für Vortrieb. Der grundsätzliche Charakter beider Motoren ist gutmütig. Beide Motoren zeichnet eine lineare Leistungsabgabe aus, die nie mit bösen Überraschungen um die Ecke kommt. Und dennoch hat die Honda CL500 hier die Nase leicht vorne. Die Leistungsdaten der beiden Maschinen sind dabei nahezu identisch. Die Honda kommt auf 46,6 PS bei 8.500 U/min, die Brixton leistet bei gleicher Drehzahl maximal 48 PS. Auch das maximale Drehmoment ist mit 43 Nm fast identisch und liegt bei der CL500 bei 6.250 U/Min an, bei der Crossfire 500 XC bei 6.750 U/Min. Und dennoch hat das Honda-Aggregat die Nase vorne. Die Gasannahme ist direkter und fühlt sich auch im unteren Drehzahlbereich kräftig an, während die Brixton einen Moment länger braucht. Im zügigen Betrieb ab mittlerer Drehzahl wird der Unterschied marginal, verschwindet aber nicht völlig. Insgesamt wirkt der Motor der CL500 ausgereifter. Überraschend ist das natürlich nicht, wenn man bedenkt, dass dieser Motor auch in anderen 500-ccm-Modellen Hondas, unter anderem in der Honda Rebel oder in der CBR500R, zum Einsatz kommt.
Fahrwerk und Dynamik
Um es vorwegzunehmen: Fahrdynamisch sind beide Modelle echte Volltreffer. Mit 195 kg (Brixton) und 192 kg (Honda) sind beide Maschinen in einer sehr agilen Gewichtsklasse unterwegs und sorgen gerade auf engen Straßen oder im städtischen Verkehr beim Zirkeln um enge Kurven oder Hindernisse für ein breites Grinsen unter dem Helm. Die Brixton Crossfire 500 XC hinterlässt dabei einen etwas hibbeligeren Eindruck als die Honda CL500, die etwas mehr Ruhe und Souveränität ausstrahlt. Wird der Untergrund schlechter, welliger oder gar zum Kopfsteinpflaster, hat die Brixton mit der einstellbaren Upside-down-Gabel und der Schwinge am Zentralfederbein die Nase leicht vorn. Als Federweg sind bei beiden Modellen 150 mm im Technikkasten notiert. Am Hinterrad sind es 130 mm für die Brixton und 145 mm für die Honda. Scrambler-typisch überschaubar und im Regelfall wird der volle Federweg ohnehin nicht gebraucht. Und so rollt das Scrambler-Duo durch Stadt und über Land und zeigt so langsam, wem welches Spielfeld mehr taugt.
Kurvenräuber auf der Landstraße oder Flitzer für die City?
Durch die etwas höhere Souveränität und den kultivierten Motor spielt die Honda CL500 ihre Vorteile klar auf der Landstraße aus. Hier fühlt sie sich wohl, hier dürfen die Kurven gerne eng, lang und auch mal trügerisch sein. Die Brixton Crossfire 500 XC sieht mit Speichenfelgen und hohem Kotflügel hingegen eher nach Landpartie aus, macht aber vor allem innerstädtisch durch einen kleinen Wendekreis und den agileren Charakter mehr Spaß. Alltagstauglich sind beide Modelle. Der Spritdurst hält sich bei beiden in Grenzen. Mit 3,8 Litern auf 100 Kilometer ist die Honda CL500 etwas sparsamer als die Brixton mit ziemlich genau 4 Litern auf 100 Kilometer. Und auch ein verhältnismäßig günstiger Preis könnte für Pendler ein Kaufargument sein. Honda möchte für die CL500 ab Werk 7.090,-- Euro haben, die Brixton bekommt man bereits ab 5.999,-- Euro.
Fazit
Die Honda CL500 überzeugt im Test durch ihren hervorragenden Motor, tolles Handling und den geringeren Verbrauch. Die Brixton Crossfire 500 XC punktet mit dem Fahrwerk, enormer Wendigkeit und hoher Agilität.
Honda CL 500
Pro - einfaches Handling
- ansprechender Motor
- angenehmer Sound
- schlanke Linie
Contra - schlechtes LC-Display
- Fahrwerk zu weich
Brixton Crossfire 500 XC
Pro - helles Display
- sehr wendig
- gute Ergonomie
Contra - Motor schwächer
- Fahrwerk nervöser
- höherer Verbrauch (4,0 Liter/100 km)