Test-Telegramm Honda E-Clutch: Schalten wie der Blitz

Kuppeln? Magst du nicht. Schalten? Willst du aber. Da hilft nur eins: eine Honda CB650R oder CBR650R mit E-Clutch. So fahren die Getriebe-Botschafter 3.0.
Test-Telegramm Honda E-Clutch: Schalten wie der Blitz
Test-Telegramm Honda E-Clutch: Schalten wie der Blitz So sieht es in der Honda E-Clutch aus. Die Kupplungssteuerung erfolgt – ähnlich wie bei den Doppelkupplungsgetrieben von Honda – über eine Aktuatoreinheit, die sich unter der rechten Motorabdeckung befindet
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28.03.2024
| Lesezeit ca. 4 Min.
Honda hat schon einmal bewiesen, dass sich das Schalten revolutionieren lässt. 2010 präsentierten die Japaner ihr DCT. Hinter dem Kürzel steckt das bislang einzige, erfolgreich etablierte Doppelkupplungsgetriebe (Dual Clutch Transmission) der Motorradwelt. Das Topmodell Gold Wing beispielsweise gibt es mittlerweile nur noch mit dem automatisierten Getriebe. Bei der Africa Twin macht es – bezogen auf beide Modellvarianten – insgesamt mehr als 55 Prozent aus. Europa-Bestseller wie der SUV-Scooter X-ADV und der Großroller Forza 750 kommen ausschließlich mit DCT. Jetzt legt Honda nach – und bringt die ersten Modelle mit E-Clutch: die neue CB650R und die neue CBR650R.

Das will Honda


Die Welt des Schaltens revolutionieren. Die E-Clutch (frei übersetzt: elektronische Kupplung) verbindet das Beste aus drei Welten: konventionelles 6-Gang-Schaltgetriebe mit Kupplung, Blipper für schnelles, kupplungsfreies Rauf- und Runterschalten, dazu Anfahren und Anhalten, ohne zu kuppeln – wie beim DCT oder einer Automatik. Möglich machen das unter anderem eine blitzgescheite Motor Control Unit (MCU) und zwei kleine Stellmotoren, die außen rechts am Motor angeflanscht sind, wie eine mittelgroße Tupperdose. Wer nicht gerade zwei Meter plus misst und endlos lange Haxen auf seiner 650er verstauen muss, wird mit der Kupplungsgehäuse-Ausbeulung nicht weiter in Berührung kommen.

Das bietet die E-Clutch

Ersten Gang einlegen mit dem Fuß, ohne die Kupplung zu ziehen. Anfahren und anhalten, ohne zu kuppeln. Gänge wechseln, ohne zu kuppeln. Vor der Ampel im Stand drei, vier Gänge runterschalten, ohne zu kuppeln. Alles ganz sanft und easy und beim Fahren „wie gelernt“ von einem Schaltgetriebe mit Blipper. Das Ganze kombiniert mit einem DCT-typischen Anfahr- und Anhaltmoment. Honda verspricht optimale Beschleunigung und bescheinigt der E-Clutch, beim Gangwechsel rund 20 Prozent schneller zu sein als ein herkömmlicher Quickshifter. Mag sein, wäre eh irgendwas im Millisekundenbereich. Die Gänge rasten jedenfalls extrem schnell und ohne nervigen Gegendruck ein.
Anfangs kostet das Einlegen des ersten Ganges fast etwas Überwindung: Einfach runter mit der Fußspitze bei laufendem Motor? Jo. Wie bei gezogener Kupplung macht es vernehmlich „Plock“ – und der Gang ist drin. Dann einfach am Gasgriff drehen und die E-Clutch-Hondas fahren los wie ein Elektromotorrad – zackig und ruckfrei. Wem das nicht immer geheuer ist, der kann jederzeit die Kupplung ziehen und ist dann im manuellen Modus. Beim Neustart geht es automatisch wieder im E-Clutch-Modus los. Auch bei laufendem Betrieb schaltet sich die „Automatik“ nach kurzer Zeit wieder zu. Der erneute Griff zum Kupplungshebel bewirkt dann wieder manuelles Schalten. Und im Zweifel ein Absaufen des Motors, so man die Kupplung im Stand springen lässt. Wie im richtigen Schaltmotorrad-Leben auch.

Das können die neue CB650R & CBR650R

Gut aussehen und elektronisch am Puls der Zeit schnuppern, was die Konnektivität betrifft. Der neue TFT-Bildschirm misst 5 Zoll, bietet drei Ansichten und erlaubt die Kopplung mit der Honda-eigenen Smartphone-App. Dann kann unter anderem eine Turn-by-Turn-Navigation aufs Display gespiegelt werden, dazu das übliche digitale Leben genutzt werden, zum Beispiel Anrufe anzeigen lassen oder Nachrichten empfangen.
Optisch hat Honda beiden Modellen ein hübsches Update verpasst: neue LED-Scheinwerfer, schlankeres Heck, nach vorn geneigtere Linie, neuer schwarzer Schalthebel, filigranere Verkleidung bei der CBR650R, dazu neue, markantere Lufteinlässe samt Airbox-Verkleidung bei der CB650R. Der bekannte Vierzylindermotor (649 ccm) erfüllt jetzt Euro 5+. Wie gehabt leistet er 95 PS und 63 Nm. Handling und Fahrverhalten sind bekanntermaßen tadellos: Seit 2019 hat Honda mehr als 60.000 Einheiten seiner sportlichen 650er-Geschwister verkauft.
Den Preis hat Honda im Vergleich zum 2023er-Modell um 300,-- Euro angehoben: Die neue CB650R startet jetzt bei 9.390,-- Euro. Vier Farben stehen zur Wahl: Rot, Hellgrau, Mattschwarz und Mattgrün. Für einen Tausender mehr steht die CBR650R (ab 10.390,-- Euro) vor der Tür, entweder im typischen dreifarbigen Honda-Grand-Prix-Look mit aufgefrischter Grafik oder ebenfalls in Mattschwarz. Der Aufpreis für die E-Clutch beträgt in beiden Fällen 400,-- Euro.

Das bleibt in Erinnerung

Die schnellen und sanften Gangwechsel. Immer. Rauf wie runter. Egal bei welcher Drehzahl. Genau das macht auch den Unterschied zum Einlegen der Gänge mit einem Schaltassistenten (Quickshifter wie Blipper) aus. Je nach Hersteller und Modell kann es da unterhalb von ca. 3.000 Touren bekanntlich mal hakeln bis gar nicht mehr funktionieren. Andere Systeme haben einen hyperempfindlichen Sensor, der den gewünschten neuen Schaltvorgang nicht sofort erkennt, weil er nach dem letzten Gangwechsel noch nicht ausreichend entlastet war; Träger schwerer Geländeboots, für die ohnehin wenig Platz unterm Schalthebel ist, kennen das Problem. All das passiert bei der E-Clutch nicht. Selbst im Stand vor der Ampel kann man locker aus dem 5. in den 1. Gang runterschalten, falls man das vorm Anhalten versäumt hat. Was durchaus vorkommen kann, weil die E-Clutch-Geschwister einem das nicht übel nehmen. Sie bleiben einfach an und fahren im Zweifel auch im 4. Gang los, ohne pikiert auszugehen.

Fazit Honda E-Clutch

Die E-Clutch dürfte für viele Fahrer wie gerufen kommen. Nie wieder absaufen lassen beim Anfahren, nie wieder eine lahme Hand haben vom vielen Kuppeln im dichten Stadtverkehr. Das ist schon großes Schalt-Kino. Und wen die Sehnsucht nach seinem Kupplungshebel packt, der benutzt ihn einfach. Der ist ja nicht weg bei den E-Clutch-Bikes. Nur überflüssig.
 Pro
  • anfahren und anhalten, ohne zu kuppeln
  • schnelle, sanfte Schaltvorgänge
  • verringerter Verschleiß
  • manueller Betrieb möglich
 Contra
  • 2,0 kg Mehrgewicht
Honda CB650R 2024 Honda CBR650R 2024
Motor
Bohrung x Hub 67 x 46 mm 67 x 46 mm
Hubraum 649 ccm 649 ccm
Zylinder, Kühlung, Ventile Vierzylinder, flüssigkeitsgekühlt, 4 Ventile pro Zylinder flüssigkeitsgekühlter Vierzylindermotor, 4 Ventile pro Zylinder
Abgasreinigung/-norm Euro 5+ Euro 5+
Leistung 95 PS (70 kW) bei 12.000 U/min 95 PS (70 kW) bei 12.000 U/min
Drehmoment 63 Nm bei 9.500 U/min 63 Nm bei 9.500 U/min
Verdichtung 11,6:1 11,6:1
Höchstgeschwindigkeit 192 km/h 197 km/h
Wartungsintervalle Erstinspektion nach 1.000 km, danach jährlich oder alle 12.000 km Erstinspektion nach 1.000 km, danach jährlich oder alle 12.000 km
Verbrauch pro 100 km 4,9 Liter 4,9 Liter
Kraftübertragung
Kupplung Mehrscheiben-Ölbadkupplung Mehrscheiben-Ölbadkupplung
Schaltung 6-Gang 6-Gang
Antrieb Kette Kette
Fahrwerk & Bremsen
Rahmen Stahl-Brückenrahmen Stahlrahmen
Federelemente vorn 41-mm-Upside-down-Gabel 41-mm-Upside-down-Teleskopgabel
Federelemente hinten Zentralfederbein Zentralfederbein
Federweg v/h 108 mm/128 mm 108 mm/129 mm
Radstand 1.450 mm 1.450 mm
Nachlauf 100 mm 100 mm
Lenkkopfwinkel 25,5° 25,5°
Räder Gussfelgen Gussfelgen
Reifen vorn 120/70 - 17 120/70-17
Reifen hinten 180/55 - 17 180/55-17
Bremse vorn 310-mm-Doppelscheibenbremse mit Doppelkolben-Bremszangen 310-mm-Doppelscheibenbremse mit Doppelkolben-Bremszangen
Bremse hinten 240-mm-Scheibenbremse mit Einkolben-Bremszange 240-mm-Scheibenbremse mit Einkolben-Bremszange
Maße & Gewicht
Länge 2.120 mm 2.120 mm
Breite 780 mm 750 mm
Höhe 1.075 mm 1.145 mm
Gewicht 205 kg (vollgetankt, E-Clutch: 207 kg) 209 kg (vollgetankt, E-Clutch: 211 kg)
zul. Gesamtgewicht 377 kg 379 kg
Maximale Zuladung 172 kg (E-Clutch: 170 kg) 170 kg (E-Clutch: 168 kg)
Sitzhöhe 810 mm 810 mm
Standgeräusch 95 dB(A) 96 dB(A)
Fahrgeräusch 74 dB(A) 74 dB(A)
Tankinhalt 15,4 Liter 15,4 Liter
Weitere Baujahre 2019-2020,
2021-2023
2019-2020,
2021-2023
Fahrerassistenzsysteme
ABS
Traktionskontrolle
Fahrzeugpreis ab 9.390,-- Euro (E-Clutch: 9.790,-- Euro) 10.390,-- Euro (E-Clutch: 10.790,-- Euro)
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Kommentare (5)
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BikerFranz33
10.04.2024 12:38


EClutch
Bin schon einige Jahre auf dem Bock unterwegs und hab' natürlich auch die Entwicklung der automatischen Getriebe verfolgt. Die Einführung der E-Clutch klingt für mich wie ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Was mich aber wirklich fasziniert, ist die Idee, dass man schneller schalten kann, ohne an Präzision zu verlieren. Das Problem mit dem schwerfälligen Schalten bei niedrigen Drehzahlen, gerade in der Stadt, ist mir nur zu bekannt. Dass die E-Clutch hier Abhilfe schaffen soll, klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Trotzdem bleibt ein kleiner Teil von mir skeptisch, ob das Fahren dadurch nicht zu sehr "entpersönlicht" wird. Die direkte Verbindung zum Motorrad, die man durch das manuelle Kuppeln hat, ist für mich ein großer Teil des Reizes. Trotzdem, Innovationen in Ehren, und ich bin gespannt, das mal selbst auszuprobieren.
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Max
05.04.2024 14:00


Zukunft der Schaltung
Die E-Clutch klingt nach einer echten Innovation. Ich bin gespannt, ob sich das System durchsetzt...
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Marcel
06.04.2024 08:30


Preissteigerung
Nochmal 300 Euro extra find ich schon heftig. Technik kostet, klar, aber das muss man sich leisten können.
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Dennis
06.04.2024 11:50


E-Clutch
Endlich weniger Stress im Stadtverkehr.
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Manu90
07.04.2024 23:48


E-Clutch
Als jemand, der regelmäßig im Stadtverkehr unterwegs ist, kann ich mir gut vorstellen, wie angenehm es wäre, nicht ständig kuppeln zu müssen.