Triumph stellt seine Markenwelt auf den Kopf: Nicht die drehmomentstarken Twins, nicht die fulminanten Dreizylinder – nope, die neue Einzylinder-Familie mit 400 ccm soll für nie dagewesene Absatzzahlen sorgen. Wo die Reise hingehen könnte, zeigt die USD-Gabel: Von der 43er-Frontforke können künftig beim indischen Zulieferer 10.000 Stück pro Monat gefertigt werden statt bislang 5.000 – macht bis zu 120.000 Bikes im Jahr. Damit würde Triumph seinen Gesamtabsatz mehr als verdoppeln. Produziert werden die 400er im Stammwerk in Thailand und mit Partner Bajaj in Indien.
Das will sie
Neue Käufergruppen für Triumph begeistern, vor allem „soziale Aufsteiger“ in boomenden Mega-Märkten wie Indien, wo 400er bereits zu den richtig großen, begehrenswerten Maschinen zählen. Kein Wunder also, dass das Einzylinder-Duo Speed 400 und Scrambler 400 X dort zuerst auf den Markt kam. Und bereits hoch im Kurs steht. Hierzulande will Triumph vor allem jüngere Fahrer an die Marke binden – und einen fetten Pflock einschlagen in der spannenden unteren Mittelklasse (350 bis 500 ccm).
Das kann sie
Richtig was reißen in puncto Fahrspaß und Anmutung. Das Fahrwerk macht seine Sache ausgezeichnet, auch ohne Einstellmöglichkeiten; einzig die Federbasis hinten kann angehoben werden, z. B. für Reisen mit Gepäck. Der neue Einzylinder entwickelt durchaus Schmackes (40 PS und 37,5 Nm). 145 km/h Spitze gibt Triumph an. Die schaffen beide Maschinen locker und ohne langen Anlauf. Bei 9.250 Touren nimmt der Begrenzer sanft die Arbeit auf, bei 9.500 Umdrehungen ist Schluss. Die Bremsen packen unterschiedlich hart zu, obwohl der 4-Kolben-Festsattel (Bybre) identisch ist: Auf die 300er-Scheibe der Speed 400 wirken Sintermetall-Bremsbeläge, auf die 320er-Scheibe der Scrambler 400 X organische Beläge. „Die sind weniger bissig und verbessern das Bremsgefühl im Gelände“, erklärt Steve Sargent, oberster Produktmanager von Triumph. „Montierten wir auch auf der Scrambler die synthetischen Beläge, würde die Gabel stärker eintauchen beim Bremsen.“ Willste auch nicht.
Das bietet sie
Hochwertige Verarbeitung, gewohnt gute Materialien, authentisches Triumph-Feeling, passgenaues Zubehör (über 20 Teile), vorwiegend Gepäck. Gewisse Abstriche sind in dieser Preisklasse natürlich nicht zu vermeiden: Die Hebel für Kupplung und Bremse sind nicht einstellbar, die Blinker gehen nicht selbsttätig aus, Kotflügel und Lampenringe sind aus Kunststoff – irgendwo muss der Preis ja herkommen. 5.345,-- Euro begehrt Triumph für die Speed 400, 6.045,-- Euro für die Scrambler 400 X. Die lockt unter anderem mit zweiteiliger Sitzbank, mehr Radstand (1.418 zu 1.377 mm) und mehr Sitzhöhe (835 zu 790 mm), bringt aber auch neun Kilogramm mehr auf die Waage (179 zu 170 kg). ABS und Traktionskontrolle sind hier abschaltbar, für mehr Spaß im Gelände. Bei der Speed 400 lässt sich lediglich die Traktionskontrolle vorübergehend lahmlegen. Mit dem erneuten Einschalten der Zündung ist sie standardmäßig wieder aktiv.
Das neue Instrument mischt Analog- und Digitalansicht. Auffällig ist die neue Leuchtsignatur: Wie Raubtieraugen funkeln im Rundscheinwerfer zwei LED-Linsen samt Tagfahrlichtring. Stolz ist Triumph auf die niedrigen Unterhaltskosten: Alle 16.000 km oder einmal im Jahr zum Service, dazu knausert der Einzylinder mit Sprit. 3,5 l/100 km gibt Triumph an, macht dank 13-Liter-Tank rechnerisch über 350 km Reichweite. Bei der Testfahrt im Großraum Valencia kam die Speed 400 auf 3,8 l/100 km, die Scrambler 400 X auf 4,0 l/100 km.
Das bleibt in Erinnerung
Der unterschiedliche Charakter der 400er – trotz aller Gleichteile. Die Speed 400 bremst zackig, lenkt knackig ein und verführt zum Kurvenräubern. Die Scrambler 400 X wirkt massiver, verströmt die lässige Kraxler-Attitüde ihrer großen Schwester(n) und giert nach Abenteuern auf Schotterstrecken.
Fazit
Triumph hat zwei starke Neuheiten im Programm. Die 400er fühlen sich an wie „große Maschinen“, vor allem die Scrambler 400 X. Dabei sind sie leicht und agil – und begeistern mit einem wirklich erstaunlich coolen Sound (Standgeräusch Scrambler: 91 dB(A), Speed 89). Einzylinder und Triumph – das passt zusammen wie Faust auf Auge.
Pro - kerniger Motor
- grandioser Sound
- gutes Fahrwerk
- wertige Anmutung
Contra - Blinker nicht automatisch rückstellend
- Hebel Bremse/Kupplung nicht verstellbar