Die neue Triumph Speed Triple 1200 RS tritt mit 1.160 ccm, 180 PS und Öhlinsfahrwerk zum Rennstreckentest an. Dass sie keine Verkleidung trägt, stört sie wenig.
Auf der Rennstrecke von Oschersleben steht die neue Triumph Speed Triple 1200 RS zum Test bereit. Der Hubraum der „Speedy“ wuchs mit der aktuellen Generation von 1.050 auf 1.160 Kubikzentimeter. Abgesehen vom Namen und der Anzahl der Zylinder hat sie mit den Vorgängern kaum etwas gemein. Ein neu konstruiertes Motorgehäuse mit übereinander angeordneten Getriebewellen, die um 12 Prozent reduzierte Schwungmasse und ein kompakteres Kühlsystem erleichtern den Antrieb um satte sieben Kilogramm.
Dreizylindermotor mit 180 PS
Allein der serienmäßige Li-Ion-Akku spart 2,3 Kilo. Am Aluminiumrahmen konnten 17 Prozent Gewicht eingespart werden und auch das geschraubte Rahmenheck und die Felgen wurden leichter. Fahrfertig bringt das sportliche Naked Bike 198 Kilogramm auf die Waage und ist damit zehn Kilo leichter und 30 PS stärker als die 1050er. Im Beipackzettel der Hubraumkur ist unter den ständigen Nebenwirkungen zudem ein um acht Newtonmeter gesteigertes Drehmoment aufgeführt. 180 PS bei 10.750 U/min und 125 Nm bei 9.000 U/min attestiert Triumph.
6-Achsen-IMU, Traktions- und Wheelie-Kontrolle
Pünktlich gibt die Rennleitung die Strecke frei. Mit 60 km/h rolle ich auf die grüne Ampel am Ende der Boxengasse zu, während ich mich gedanklich und körperlich sortiere. Dass die Fußrasten für ein Naked Bike verhältnismäßig hoch montiert sind, kommt mir heute gerade recht. Dass der aufrechte Oberkörper voll im Wind hängt und nur wenig Last auf Handgelenke und Vorderrad bringt, wird mir eher ungewollt bewusst. Als ich im zweiten Gang aus der letzten Rechtskurve auf die Start-Ziel-Gerade schieße und die Brennräume mit Gemisch flute, spüre ich, wie die Front augenblicklich gen Himmel steigt. Was dich auf anderen Motorrädern das Gas lupfen lässt, dürfen Fahrer der neuen Speed Triple geflissentlich ignorieren. Zumindest wenn sie es wagen, ihre Knochen der Elektronik anzuvertrauen. Eine 6-Achsen-IMU dient der Triumph als elektronisches Gehirn. Zu den ausgefeilten Assistenzsystemen gehört neben der schräglagenabhängigen, einstellbaren Traktionskontrolle auch eine Wheelie-Kontrolle, die den Aufwärtsdrang der 180-PS-Rakete exakt dosiert. Für das aktuelle Modell wurde das System weiterentwickelt, greift nun noch schneller und unauffälliger ein. Das Gas einfach stehen zu lassen, kostet anfangs trotzdem Überwindung.
Serienmäßig mit Quickshifter und einstellbarer Radialbremspumpe
Für Befindlichkeiten bleibt jedoch keine Zeit. Binnen weniger Sekunden geht es vom zweiten hoch in den sechsten Gang. Der Quickshifter leistet dabei perfekte Arbeit. Widerstandsfrei gelingen die Schaltvorgänge, bevor es am Ende der Geraden heißt: Anker werfen! Zwei schwimmend gelagerte 320-Millimeter-Bremsscheiben werden von Brembo-Stylema-Sätteln in die Zange genommen. Die vordere Radialbremspumpe ist nicht nur in der Griffweite, sondern auch in ihrem Übersetzungsverhältnis einstellbar. Neu ist in diesem Jahr das Kombibremssystem des Continental-Kurven-ABS, das beim Betätigen der Vorderradbremse zugleich den hinteren Zweikolbensattel aktiviert. Verbesserte Stabilität und höllisch kurze Bremswege sind Ziel dieses Aufwands. Beides kann ich unterschreiben. Gesegnet mit enorm viel Grip, ist das im Track-Modus extrem spät eingreifende ABS kaum in seinen Regelbereich zu bekommen.
Motorräder: Kawasaki Z900 vs. Suzuki GSX-S1000, BMW K 1600 & R 18 B, Brabus 1300 R, CFMoto 800MT, Ducati Multistrada V4 S, Streetfighter V2, Panigale V4 & XDiavel Nera, Harley-Davidson Road Glide Special & Acht neue Modelle, Honda NT1100, Husqvarna Svartpilen 125, Vitpilen 401 & Svartpilen 401 & Norden 901, Indian Pursuit & Rogue, KTM 890 Duke GP & 890 Duke R, Moto Guzzi V7 &mehr V85 TT, Suzuki GSX-S1000GT, Triumph TE-1, Speed Triple 1200 RS & Speed Twin, Yamaha Ténéré 700 World Raid & MT-10
Preis: 5,90 €
Kräftiges Drehmoment und lineare Leistungsabgabe
Viele Runden spulen die Speedy und ich an diesem Tag auf der Rennstrecke ab. Am meisten beeindruckt dabei nicht die zweifellos vorhandene Spitzenleistung des Dreizylinders, sondern wie kontrollierbar sie sich abrufen lässt. Triumphs Philosophie, die besten Eigenschaften von Zwei- und Vierzylindermotor zu vereinen, geht im neuen 1.160er der Speed Triple perfekt auf. In jedem Gang, bei jeder Drehzahl überzeugt er mit kräftigem Drehmoment, linearer Leistungsabgabe und unbändiger Drehfreude. Mit dem fein ansprechenden, neutralen Öhlinsfahrwerk serviert Triumph die edle RS quasi mit einer Extraportion Sahne. Ein Naked Bike auf der Rennstrecke ist also kein Widerspruch – zumindest die Triumph Speed Triple 1200 RS kann offenbar alles. Die Einzigen, die an diesem Abend im Fahrerlager nichts mehr zu lachen haben, sind die zerschundenen Reifen, von denen nicht viel mehr übrig blieb als ein paar Fetzen Gummi auf den malträtierten Karkassen.
Weitere Details zur neuen Street Triple RS lest ihr in Motorrad & Reisen Ausgabe 106, die am 27.08.2021 erscheint.