Wie viel Classic darf es denn sein? Triumphs Bonneville-Familie liefert gleich neun Antworten. Zwei haben wir 2.200 Kilometer weit genauer unter die Lupe genommen. Street oder Speed? Über die Qual der Twin-Wahl.
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Motorradlust PUR - Motorräder 02/2021 mit folgendem Inhalt:
Motorräder: Vergleichstest: BMW S 1000 XR vs. KTM 1290 Super Duke GT, Aprilia RX 125 und SX 125, Vergleichstest: Kawasaki Ninja 1000SX vs. Yamaha MT-10 SP, Ducati Monster, Vergleichstest: Royal Enfield Interceptor 650 vs. Continental GT, Ducati Panigale V2, Ducati Streetfighter V4 S, Harley-Davidsonmehr Pan America 1250, Honda CB350RS, Honda Gold Wing DCT, KTM 1290 Super Duke RR, Motron Modellpalette, MV Agusta Brutale, MV Agusta
Motorräder: Vergleichstest: BMW S 1000 XR vs. KTM 1290 Super Duke GT, Aprilia RX 125 und SX 125, Vergleichstest: Kawasaki Ninja 1000SX vs. Yamaha MT-10 SP, Ducati Monster, Vergleichstest: Royal Enfield Interceptor 650 vs. Continental GT, Ducati Panigale V2, Ducati Streetfighter V4 S, Harley-Davidson Pan America 1250, Honda CB350RS, Honda Gold Wing DCT, KTM 1290 Super Duke RR,mehr Motron Modellpalette, MV Agusta Brutale, MV Agusta Dragster, MV Agusta Superveloce, Triumph Scrambler 1200, Triumph Street Scrambler, Triumph TE-1
Preis: 5,90 €
vorn an Feinheiten zu unterscheiden: Spiegel, Blinker und Instrumente machen den Unterschied.Motorräder sollten eine klare Message haben. Bei den Modern-Classic-Bikes von Triumph lautet sie: Mit mir kannst du alt werden, ohne dass ich jemals veraltet aussehe. Ein verheißungsvolles Versprechen an alle Classic Driver. Und an all diejenigen, die Zeitloses mögen und Bling-Bling-Schischi verachten. Die Bonneville-Familie ist das Synonym für Custom-Roadster. Ehrliche Motorräder, denen auch Laien leicht ihren persönlichen Stempel aufdrücken können, indem sie das ein oder andere Teil austauschen (lassen). Sitzbank, Spiegel, Tankschmuck. Mehr als 120 hauseigene Zubehörteile hat Triumph allein für die Street Twin im Angebot. Für die Speed Twin sind es über 70 Custom-Teile, unter anderem eine gefräste Lünette für den Scheinwerfertopf. Hinreißend schön. Muss aber alles auch nicht sein, denn das Dargereichte gefällt den meisten bereits ab Werk, gerade weil es so puristisch ist.
Reisegepäck: Legend-Gear-Hecktasche LR2 (48 Liter) und Magnet-Tankrucksack LT1 (3,0-3,5 Liter)
Emotionen erweckende Einspurmobilität
Verarbeitung und Anmutung von Street und Speed Twin sind über jeden Zweifel erhaben. Fein säuberlich arrangierter Motorraum, dezente Akzente in Mattschwarz, dazu Aluminium, gefrästes Metall und endlos lange Auspuffrohre, die sich gefühlt in einem Stück vom Motor bis zum Heck erstrecken und dort gen Himmel recken. Jedes Teil versprüht „Craftsmanship“ (Handwerkskunst) und Charme. Schier und proper, stilvoll und solide, im besten Sinne handfest. So geht Emotionen erweckende Einspurmobilität.
Reisegepäck: Legend-Gear-Seitentaschen LC2 (13,5 Liter) und Magnet-Tankrucksack LT1 (3,0-3,5 Liter)
Sitzkomfort und Ergonomie
Setzen wir uns mal drauf und starten zu einem Roadtrip über 2.200 Kilometer – die ideale Gelegenheit für einen Vergleich. Bei den von uns getesteten Bikes handelt es sich um 2020er-Modelle. Die Sitzhöhe der Speed Twin beträgt 807 mm, die der Street Twin 760 mm. Mit dem jüngst präsentierten 2021er-Update für die Street Twin werden daraus mit neuer Sitzbank 765 mm. Die Fahrer-Ergonomie hat Triumph leicht überarbeitet. Das Dreieck Sitz, Lenker, Fußrasten passt für große und kleinere Fahrer gleichermaßen. Fahrerinnen lieben die Street Twin für ihre schlanke Form und niedrige Sitzhöhe. Insgesamt ist die Fahrposition aufrechter als auf der Speed Twin. Dort sitzt der Fahrer leicht nach vorn geneigt, allerdings ohne gleich in den Attackemodus zu verfallen. Ein Zugeständnis an die deutlich höhere Leistung des 1,2-Liter-Paralleltwins. Langstreckenkomfort bieten beide, sieht man vom naturgemäß nicht vorhandenen Windschutz ab. Vorn kommt jeweils eine Cartridge-Gabel (41 mm) mit stilechten Faltenbälgen zum Einsatz, hinten Stereofederbeine mit einstellbarer Federvorspannung. Die klassische Ausrichtung macht die Maschinen denkbar einfach zu fahren. Das Handling ist schön neutral. Auf der Waage trennen die beiden fahrfertig nur zwei Kilogramm. Auch der zwei Zentimeter kürzere Radstand zahlt auf die Wendigkeit der Speed Twin ein, die insgesamt natürlich das fahraktivere Bike ist. Vorn und hinten rollt sie auf 17 Zoll, der Street Twin spendiert Triumph vorn ein 18-Zoll-Rad.
Einfach schön: Doppelinstrument der Speed Twin
Leistung und Verbrauch
Nicht nur auf dem Papier lässt die Speed Twin die Street Twin deutlich hinter sich. 1.120 ccm stehen 900 ccm gegenüber, 97 PS bei 6.750 U/min treffen auf 65 PS bei 7.500 U/min, 112 Nm bei 4.950 U/min auf 80 Nm bei immerhin nur 3.800 U/min. Unterm Strich liegt die Speed Twin leistungsmäßig gut 40 Prozent über der Street Twin. Das zeigt sich am allerdeutlichsten bei der Höchstgeschwindigkeit: 217 km/h zu 170 km/h. Das sind fast 50 Stundenkilometer mehr. Welten auf der Autobahn. Und bei der Beschleunigung. Zügig verliert sich die Street Twin in den Lenkerendenspiegeln von Speedy Twin Gonzales. Würde man getrennt auf der gleichen Route reisen, egalisierten spätestens die Tankstopps das Kräfteungleichgewicht. Die Speed Twin nimmt zwar maximal 14,5 Liter Super auf, die Street Twin nur derer zwölf, aber der Verbrauch lässt das Reichweitenpendel zugunsten der Street Twin ausschlagen. 4,1 l/km verlangt die 2021er-Euro-5-Version laut Datenblatt (Modell 2020: 3,9 l/km), 4,8 l/km sind es offiziell bei der Speed Twin. Beladen mit zwei Seitentaschen, Gepäckrolle und Tankrucksack leuchtet das Reservelämpchen allerdings spätestens nach 215 BAB-Kilometern auf, so unsere Erfahrung. Leichtere Fahrer, die es weniger eilig haben, werden weiter kommen, klar.
Besser ist das: Brembo-Doppelscheibe für die Speed Twin
Bremsen und Elektronik
Doppelt bremst besser, daran gibt es nichts zu rütteln. Zwei 305-mm-Scheiben und Brembo-Vierkolben-Bremssättel bietet die Triumph Speed Twin vorn auf, um zu verzögern. Hinten kommt eine 220er-Scheibe samt Nissin-Doppelkolben-Schwimmsattel hinzu. Bei der Street Twin müssen es eine 310er-Einzelscheibe vorn und eine 255-mm-Scheibe hinten richten. Gefühl und Grad der Verzögerung sind sehr ordentlich, aber nicht so beeindruckend wie bei der Speed Twin. Kurven-ABS gibt es bislang nicht für diese Modern Classics von Triumph, dafür verfügen beide ergänzend zum ABS über eine abschaltbare Traktionskontrolle und verschiedene Fahrmodi. Zwei sind es bei der Street Twin: „Road“ (Straße) und „Rain“ (Regen). Die Bedienung ist easy: Programm über den „Mode“-Taster links anwählen, Gasgriff zu, Kupplung ziehen, drin ist das Wunschprogramm. Bei „Rain“ spricht das Gas etwas zögerlicher an, die zurückhaltende Traktionskontrolle greift früher ein. Bei „Road“ gibt die 900er alles. Die Unterschiede der Fahrprogramme sind nicht dramatisch, aber spürbar. Deutlicher zeigt sich die Abstufung bei der Speed Twin, die zusätzlich über einen Sport-Modus verfügt. In dem spricht sie sehr spontan auf Gasbefehle an und geht äußerst dynamisch zu Werke. Der lebensbejahende Zweizylinder-Brit-Pop klingt dann gleich noch mal so mitreißend.
Entspannte Sitzposition, praktische Gepäcklösungen. Die Triumph Speed Twin ist eines dieser Motorräder, wo du aufsteigst und denkst: passt.
Ausstattung und Farben
Beide verfügen über eine drehmomentunterstützte Kupplung. Die geringen Zugkräfte erhöhen die Freude am Schalten ungemein. Die fünf Gänge der Street Twin rasten sauber und präzise ein. Ein Gang mehr wie bei der Speed Twin wäre allerdings schön. Der Reflex, die Fußspitze ein sechstes Mal nach oben zu ziehen, ist zweifelsohne da aufgrund des relativ hohen Drehzahlniveaus im fünften Gang. Die Speed Twin ist da souveräner. Dem unbeschwerten Handling und Fahrerlebnis schadet das allerdings nicht: Die Bonnie-Twins bleiben die Allzweckwaffe von Triumph. Echte Rundum-sorglos-Bikes mit garantiert lässigem Auftritt. Optisch rückt die Street Twin mit dem 2021er-Update näher an die Speed Twin heran. Seitenteile mit Gittereinsätzen, Zierblenden am Drosselklappengehäuse aus gebürstetem Aluminium, schwarz beschichtete Motordeckel, Zierstreifen auf dem Tank – in puncto Wertigkeit hat die kleinste Bonnie deutlich zugelegt. Bei den Instrumenten indes bleibt es beim Respektabstand: Die Street Twin hat weiterhin ein Rundinstrument, die Speed Twin zwei aufwendig gestaltete, klassisch anmutende, runde Anzeigen. In der neuen Lackierung Cobalt Blue ist die neue Street Twin ein echter Hingucker. Gleiches gilt für das auf 1000 Einheiten begrenzte Sondermodell Street Twin Gold Line in Mattschwarz mit goldenen, per Hand gezogenen Zierstreifen. Weiter im Programm sind die Farben Jet Black und Matt Ironstone. Das Cranberry Red unserer Testmaschine ist aus dem Programm gefallen. Die Speed Twin gibt es bis auf Weiteres in Jet Black sowie Korosi Red und Silver Ice, beide mit breitem Tankzierstreifen in Storm Grey.
Brit-Pop vom Feinsten: mattschwarzer Endtopf rechts und links
Fazit des Twin-Vergleichs
Street und Speed Twin sind Custom-Roadster im besten und reinsten Sinne. Es gibt nicht viele Bikes, auf denen sich ein klassisches Outfit – Jeans und Leder oder Wachsjacke – so gut, authentisch und richtig anfühlen wie auf diesen Bikes. Wer auf Tempo steht, kommt an der Speed Twin nicht vorbei. In puncto Leistungsentfaltung und Höchstgeschwindigkeit spielt sie in einer anderen Liga als die Street Twin. Die ist und bleibt ein Frauenheld. Was durchaus Charme hat. Treue Langzeitgefährten mit reichlich Heritage-Charme sind sie beide.