Werdegang der BMW R 18: Nummer 5 lebt!

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Vier Anläufe hat BMW Motorrad genommen, bevor die neue R 18 endlich offiziell präsentiert wurde. Das Ergebnis ist ein echter „Bruiser“.
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Nummer 1: Yokohama, Japan



Dezember 2018: Yuichi Yoshizawa und Yoshikazu Ueda von der Motorrad-Manufaktur Custom Works Zon präsentieren bei der „Hot Rod Custom Show“ in Yokohama erstmals die „Departed“. Kernstück der Maschine ist der Prototyp des völlig neuartigen Boxermotors von BMW Motorrad. Genaues über den Big-Boxer wird damals noch nicht verraten. Aber schnell war klar: Hier kommt Großes auf die Boxer-Gemeinde zu. Das Kürzel R 18, prominent platziert auf dem Heckbürzel der Departed, lässt ein erstes Raunen durch die Reihen der BMW-Jünger gehen. Steht die 18 etwa für 1,8 Liter Hubraum? Also den größten Serienboxer­motor, den die Bayern jemals gebaut haben?

Nummer 2: Austin, USA



April 2019: Am Vorabend der Handbuilt Motorcycle Show präsentieren die Customizer von Revival Cycles ihre neueste Schöpfung: „The Revival Birdcage“. Diese präsentiert den neuen Boxermotor noch extremer als die japanische Kreation. Der Rahmen des „Vogelkäfigs“ besteht aus Titan und wurde von Revival Cycles selbst entwickelt. „So etwas haben wir vorher noch nie gemacht. Das allein war schon sehr herausfordernd“, sagt Alan Stulberg, Chef von Revival Cycles. „Aber letztlich hat es gut funktioniert und mit dem Ergebnis sind wir mehr als zufrieden. Wir wollten den Motor in den Mittelpunkt stellen und genau das haben wir durch den filigranen Titanrahmen geschafft.“
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Nummer 3: Comer See, Italien



Mai 2019: Im Rahmen des piekfeinen Concorso d‘Eleganza Villa d‘Este am malerischen Comer See zieht BMW Motorrad weitgehend blank. „The Symphony of Engines“ lautet das Motto beim 90. Jubiläum der Hautevolee-Schau für historische Automobile, Studien und Motorräder. Vor der Kulisse der ehrwürdigen Grand Hotels gestattet BMW einen ersten realistischen Blick auf den Cruiser mit bulligem 1,8-Liter-Boxermotor. „Mit dem BMW Concept R 18 zeigen wir, wie die Fortschreibung eines 60er-Jahre-Boxers heute als puristisches Custom-Bike aussehen könnte und alle klassischen BMW Motorrad Design-Ikonen in sich vereint“, erklärt Edgar Heinrich, Leiter BMW Motorrad Design.
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Nummer 4: Mailand, Italien



Oktober 2019: „Da geht noch mehr“ – das ist die Botschaft der Concept R 18 /2. Der Power-Cruiser wird auf der Motorrad-Herbstmesse EICMA erstmals gezeigt – wenn auch nur als Video-Einspieler. Später tingelt er über kleinere Motorrad-Events und zeigt, dass BMW es ernst meint mit dem Customizen seiner neuen Big-Boxer-Ikone. Denkt man sich die umgebaute Halbschale der BMW R nineT Racer weg und den breiten Lenker der Serien-R-18 hinzu, ist der Cruiser /2 schon ganz schön nah dran am Serienbike. Die Anderthalb-Sitzbank im Chopper-Style verleiht der /2 einen Hauch von Hot Rod. Die leicht erhöhte Sitzposition deutet auf die Reiseambitionen der R 18 hin.

Nummer 5 lebt - Präsentation der BMW R 18

Die Serienversion unterscheidet sich kaum von den gezeigten Concept-Bikes! Wie erwartet, steht der Cruiser optisch und in Teilen auch technisch ganz in der Tradition der historischen BMW-Ikone R 5 von 1936. Bis in die Fünfzigerjahre hinein war das sportliche Bike richtungsweisend für die Maschinen aus Bayern. Zweizylinder-Boxer, Doppelschleifenrahmen, schwarzer Tropfentank mit weißen Zierlinien, endlos lange, barock anmutende Auspuffrohre – all das prägt auch die neue BMW R 18. Bestes Beispiel der erfolgreichen Transformation in die Moderne ist die offen laufende Kardanwelle, die bis 1955 untrennbar mit der charakteristischen Boxermotoren-Optik verbunden war. Heute ist die glanzvernickelte, frei rotierende Welle ein Alleinstellungsmerkmal. Und ein echter Designcoup von BMW-Designchef Edgar Heinrich und seiner Mannschaft.

BMW R 18 Stilarten


Design-Kollektion und umfangreiche Zubehörliste

Eintausendachthundertundzwei Kubikzentimeter (1.802 ccm). Heidewitzka, was für ein Trumm. Aber was für ein Kunstwerk. Armdicke Chromauspuffrohre glänzen mit dem Motorgehäusedeckel der „First Edition“ um die Wette. BMW taufte den Hingucker augenzwinkernd „Heldenbrust“. Wer mag, kann die meisten Anbauteile problemlos austauschen; „Customizen“ ist Trumpf bei Cruisern. Zwei Design-Kollektionen mit Aluminium-Frästeilen stehen pünktlich zur Markteinführung im Herbst 2020 auf der Aufpreisliste. BMW kooperiert hier mit namhaften Designern und Herstellern wie US-Ikone Roland Sands, Sitzhersteller Mustang Seats und Auspuffveredler Vance & Hines.
Apehanger, Schwingsattel, Sichellenker, Trittbretter – dank umfangreicher Zubehörliste ist die BMW R 18 ein Chamäleon. Erlkönigfotos belegen, dass sie beizeiten als schwer verkleideter Reisetourer kommen wird. Mit starrer Batwing-Verkleidung und großen Koffern im Bagger-Style. Das Concept R 18/2 zeigte auf der EICMA 2019, dass der Cruiser auch mit kleiner Lenkerverkleidung groß rauskommen kann. Aber erst mal geht es um die First Edition. Und die trägt traditionsbewusst einen schwarzen Tank mit weißer Doppellinierung, viel Chrom, voluminöse Art-Déco-Endrohre und einen Einzelsitz.

Pompöser Cruiser im Harley-Revier

Eigentlich sollte der eindrucksvolle, hubraumstärkste Boxer in der Geschichte von BMW Motorrad am 3. April in Austin, Texas, enthüllt werden – im Herzen der USA, als Star der angesagten Custom-Messe „The Handbuilt Motorcycle Show“. An gleicher Stelle debütierte letztes Jahr Revivals „Birdcage“, einer der beiden handgefertigten Vorboten des „Big Boxer“ von BMW. Aber nun: Die allgegenwärtige Corona-Pandemie ließ die US-Sause platzen.
Mit der saucoolen, endlässigen BMW R 18 feiern die Münchener einen fetten, ausgesprochen pompösen Aufschlag im absatzstarken Cruiser-Segment – und positionieren sich direkt gegen Platzhirsch Harley-Davidson. Wichtigster Markt des in Berlin gefertigten Cruisers sind logischerweise die Vereinigten Staaten. An die Sitzposition werden sich die US-Boys vermutlich erst gewöhnen müssen: Die Füße ruhen Boxer-typisch hinter (oder vor, wie man es sehen will) den dicken Zylindern, die rechts und links wie ein Rammbock lenkerbreit in den Wind ragen. Beineausstrecken ist also nicht. Zumindest nicht, bis ein Customizer eine passende Lösung präsentiert.
BMW R 18 Fahraufnahme


Über 180 km/h Spitze

Der ausladende, luftgekühlte Zweizylinder füllt den gesamten Motorbauraum aus. Er leistet 91 PS (67 kW) bei 4.750 Umdrehungen pro Minute. Das maximale Drehmoment gibt BMW mit bärigen 158 Nm bei 3.000 Touren an. Schon ab 2.000 U/min reißen mehr als 150 Nm den Asphalt auf – mit standesgemäßem (Euro-5-)Sound, verspricht BMW. „Über 180 km/h“ geben die Bruiser-Bauer als Höchstgeschwindigkeit an. Der Spurt auf Tempo 100 soll in 4,8 Sekunden erledigt sein. Den Verbrauch beziffern die Bayern mit 5,6 l/100 km.
Stilecht verdecken Gabelhülsen die 49 mm dicken Stand-rohre der vorderen Teleskopgabel. Das R-5-Zitat lässt die R-18-Front noch bulliger aussehen und unterstreicht die barocke Gesamtanmutung. Auf elektronische Federelemente hat BMW verzichtet. Stattdessen setzen die Techniker auf „Good Vibrations“. Das Starrrahmenkonzept der historischen Vorbilder hat die Mannschaft von Josef Miritsch, Leiter Baureihe Boxer Luft BMW Motorrad, mittels Zweiarmschwinge und einem versteckten Federbein in Cantilever-Anordnung in die Neuzeit übertragen.
Drahtspeichenräder und das Hinterachsgetriebe mit sichtbaren Schraubverbindungen runden das Gesamtbild stilecht ab. Die Federwege messen 120 mm vorn und kernige 90 mm hinten. Für adäquate Verzögerung sorgen zwei Scheiben vorn und eine Scheibe hinten. Der Durchmesser beträgt jeweils 300 mm. Die Sitzhöhe liegt bei lümmeligen 690 mm.

Adaptives Kurvenlicht und Keyless Ride

Echte Kinder der Neuzeit sind der große Rundscheinwerfer in LED-Ausführung und die kleinen LED-Blinker, die hinten gleichzeitig als Rücklicht dienen. Das Rundinstrument präsentiert sich im Analog-Look mit Display. Optional bietet BMW für die R 18 das neue adaptive Kurvenlicht an, das es auch für die neue Mittelklasse-Familie F 900 gibt. Die Funktion wird bei laufendem Motor, aktiviertem Abblend- oder Fernlicht und erkannter Dunkelheit aktiviert. Voraussetzung fürs Ausleuchten dunkler Ecken sind eine Fahrgeschwindigkeit von mindestens 10 km/h und eine Schräglage von wenigstens 7 Grad.
Gestartet wird schlüssellos per Keyless Ride. Drei Fahrmodi hat der BMW-Cruiser serienmäßig an Bord. Sie tragen die originellen Namen Rock, Roll und Rain. Ebenfalls Serie sind die abschaltbare automatische Stabilitätskontrolle (ASC) und die Motor-Schleppmoment-Regelung (MSR). Gegen Aufpreis gibt es unter anderem eine Rückfahrhilfe, Hill Start Control fürs Anfahren am Berg und Heizgriffe. Übers Vorderrad in der Dimension 3,5 x 19“ stülpt BMW Motorrad Reifen in 120/70 R 19 bzw. 120/70 B 19 (herstellerabhängig), auf dem Hinterrad (5,0 x 16“) darf ein Pneu der Größe 180/65 B 16 seine Runden drehen.

„Welcome Box“ für die First Edition

22.800,-- Euro möchte BMW Motorrad fürs Editionsmodell sehen. Dafür gibt es dann on top noch eine „Welcome Box“ mit allerlei Gimmicks wie einem Ledergürtel mit R-18-Schnalle, kupferfarbenen Schlitzschrauben und Montage-Handschuhen. Die abgespeckte Serienversion wird ein paar Scheine darunterliegen. Aber nun: In diesem Segment sitzen die Taler bekanntlich recht locker. Und das vermutlich auch in der Nach-Corona-Zeit.
Motor luft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor mit zwei über der Kurbelwelle liegenden, kettenangetriebenen Nockenwellen
Hubraum 1.802 ccm
Nennleistung 91 PS (67 kW) bei 4.750 U/min
max. Drehmoment 158 Nm bei 3.000 U/min
Sitzhöhe 690 mm
Gewicht fahrfertig 345 kg
zul. Gesamtgewicht 560 kg
Zuladung 215 kg
Tankinhalt 16 Liter
Fahrzeugpreis ab 22.800,-- Euro (ab Werk)
Text: Ralf Bielefeldt, Fotos: BMW


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