Eine Antwort des chinesischen E-Roller-Herstellers NIU auf das Problem der rollenden Wanderdünen heißt MQi GT. Dieser Roller ist 70 km/h schnell und damit in der Klasse der Leichtkrafträder zu Hause. NIU schreibt: „Gemacht für den anspruchsvollen Pendler. Mit dem MQi GT bieten wir die Leistung, die du brauchst, um deine Strecke zu bewältigen.“
Das Angebot scheint bei den Käufern anzukommen; NIU ist im Aufwind. Grund dafür ist sicher auch der attraktive Preis: Während die Konkurrenz, zum Beispiel die E-Schwalbe oder die Vespa Elettricca, fast 7.000,-- Euro kostet, ist der NIU MQi GT mit 3.799,-- Euro vergleichsweise günstig. Doch ist der Chinaroller mit seinen 70 km/h tatsächlich ein vollwertiger Verkehrsteilnehmer?
Beim NIU MQi GT ist alles an Bord, was man braucht

Auch Keyless Ride liefert NIU als Standard mit; der Schlüssel wird nur noch zum Öffnen der Sitzbank und für das Lenkradschloss benutzt. Zum dreistufigen Start genügen die Aktivierung des Rollers über den roten Knopf der Fernbedienung, ein Druck auf den neongrünen Schalter an der rechten Armatur und die Wahl des richtigen Fahrmodus.
NIU bietet die drei Fahrmodi Eco, Dynamic und Sport an, wobei Eco den Roller bei maximal 25 km/h abriegelt und Dynamic auf 55 km/h drosselt. Sport ist der Modus, der nach NIU-Angaben die Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h erreicht.
Sprinten geht anders – die Maximalgeschwindigkeit bleibt theoretischer Natur
Im MQi GT hat NIU im Hinterrad einen Nabenmotor von Bosch mit 3 kW beziehungsweise 3,1 kW Peakleistung verbaut – bei 115 kg Gesamtgewicht sollte die Power eigentlich ausreichen, um den Roller zügig zu beschleunigen und auf Trab zu halten. Tut sie aber nicht. In der Praxis – und insbesondere mit zwei Personen – gestaltet sich das Fortkommen doch recht mühsam. Auch im Sport-Modus reichen freie und scheinbar endlos lange Strecken selten, um die Spitzengeschwindigkeit zu erreichen. Über 65 km/h? Ja, das eine oder andere Mal geschafft. Aber Tempo 70 hat das MQi GT-Display in zwei Wochen Testbetrieb nie angezeigt.
Sauber gearbeitet hat NIU bei der Ladeelektronik: Zwei jeweils 11 Kilo schwere Batterieblocks können entweder direkt im Fahrzeug oder extern über ein zusätzlich mitgeliefertes Splitterkabel gleichzeitig geladen werden; ein Zyklus zwischen 10 und etwa 90 % Ladung dauerte knapp 4,5 Stunden. Erreicht wurden mit einer Ladung im Stadtbetrieb zwischen 65 und 75 Kilometer Reichweite – für Berufspendler oder für Shopping-Fahrten also vollkommen ausreichend.

Was dagegen negativ zu Buche schlägt: Im Helm-Stauraum unter der Sitzbank – eigentlich der große Pluspunkt eines Rollers – ist beim MQi GT neben Ladegerät, Ladekabel, Splitterkabel und zwei Batterieblocks allerhöchstens noch Platz für ein Blatt Papier.
Preis und Verfügbarkeit des NIU MQi GT

Führerscheincheck – wer darf hier eigentlich fahren?
Die echte Hürde zur urbanen Mobilität in Form eines MQi GT ist also nicht der vergleichsweise günstige Preis, sondern die Erlaubnis, ihn zu fahren: Seine Klassifizierung als Leichtkraftrad hat zur Folge, dass man zwingend einen A1-Motorradführerschein oder die Anfang 2020 eingeführte "Schlüsselnummer B196" braucht.Kleinere, nur 45 km/h schnelle Roller dürfen mit dem eigenständigen AM-Rollerschein oder dem Pkw-Führerschein (aktuelle Klasse B und frühere) bewegt werden. Schnellere Roller wie der MQi GT mit einer "125er"-Leichtkraft-Zulassung dagegen dürfen nur gefahren werden, wenn man 1) mindestens 25 Jahren alt ist, 2) seit fünf Jahren den Pkw-Führerschein Klasse B hat, sowie 3) vier theoretische und fünf praktische Unterrichtseinheiten in der Fahrschule ohne Prüfung absolviert hat.
Sind diese drei Voraussetzungen erfüllt, kann man bei der heimischen Führerscheinstelle die "Schlüsselzahl B196" im Führerschein eintragen lassen und losstromern.