Honda stellt seinen 59-PS-Zweizylinder in drei verschiedenen Formen auf die Räder. Großradroller, SUV-Scooter oder Adventure-Bike – welche 750er nehmen?
Wenn sie so nebeneinanderstehen, die drei, käme man nie auf die Idee, dass sie eigentlich eins sind. Eine Familie. Ein Genpool. Ein Motor. Ein Antrieb. Vorn im Fahrzeugschein steht jeweils Honda, dahinter NC750X, X-ADV und Forza 750. Das Mittelklasse-Dreigestirn. Die drei DCT-Ketiere. Wie auch immer. Adventure-Bike. SUV-Scooter. Maxiroller. Was darf es denn sein? Honda hat seinen Mittelklasse-Zweizylinder in drei unterschiedliche Formate mit nahezu identischer Technik gepflanzt. Das
M&R Plus-Abo abschließen und weiterlesen
Nutze motorradundreisen.de online mit reduzierter Werbung sowie ohne Werbetracking für nur 2,19 € im Monat - monatlich kündbar.
Du bist bereits Abonnent mit digitalen Inhalten? Jetzt anmelden
M&R Plus 14 Tage testen
Teste motorradundreisen.de online mit reduzierter Werbung sowie ohne Werbetracking für nur 1,-- Euro. Kein Abo – kein Risiko - keine Kündigung erforderlich.
148 Seiten, u. a. mit folgenden Themen: Motorräder: Honda ST125 Dax, Triumph Tiger 1200, Royal Enfield Scram 411, Triumph & Gibson, BMW K 1600-Modelle, H-D Nightster, Low Rider ST & Pan America, Yamaha MT-10, Kawasaki H2 SX SE & Versys 650 Roller: Aprilia SR GT 125 & 200, Yamaha TMAX/TMAX Tech Max, Honda X-ADV, Forza 750 & NC750X Reisen:mehr Grand Tour of Switzerland: Schweiz, Tourentipp: Monte Grappa Dolomiten, The Great Getaway: Costa Rica
Motorräder: Neuheit: Honda ST125 Dax, Maxi-Reiseenduros im Test: Triumph Tiger 1200, Adventure-Crossover: Royal Enfield Scram 411, Triumph & Gibson „1959 Legends Custom “, Technikupdate für BMW K 1600-Modelle, Neue Sportster-Ära: H-D Nightster, H-D Low Rider ST – Performance Cruiser mit Touringattitüden, Jetzt mit Quickshifter: H-D Pan America,mehr Yamaha MT-10 im Tourencheck, Grüne Kanone: Kawasaki H2 SX SE, Kleine Alleskönnerin: Kawasaki Versys 650
Roller: Eineiige SUV-Scooter: Aprilia SR GT 125 & 200, Yamaha TMAX/TMAX Tech Max, Vergleichstest: Honda X-ADV, Forza 750 & NC750X
Reisen: Grand Tour of Switzerland: Schweiz, Tourentipp: Monte Grappa Dolomiten, The Great Getaway: Costa Rica
inkl. Sardinien-DVD: Sandkasten des Mittelmeers & 25 Touren zum Saisonstart
Preis: 5,90 €
Ergebnis ist jeweils ein höchst spaßiges Gefährt, das die Stärken seines Segments in hondatypischer Perfektion ausspielt. Grundsolide verarbeitet, hochwertige Komponenten, sicheres Fahrverhalten. Klassische Selbstgänger, alle drei. Draufsetzen und zu Hause fühlen. Der Fahrspaß der Rahmen-Drillinge ist nahezu identisch, trotz der unterschiedlichen Aufbauart. Unter dem Blechkleid steckt jeweils moderne Großserientechnologie. Nur die Außenwirkung ist eine andere. Und der Wetterschutz. Gehen wir die entscheidenden Parameter mal durch.
Preislich zwei Welten
Der Preis, der Anfang von allem, solange man sich Gedanken um seine Penunsen machen muss. Und wer muss das nicht? Überschaubare 8.499,-- Euro inklusive Überführung begehrt Honda laut Preisliste für die NC750X, selbstbewusste 11.799,-- Euro sind es für den Forza 750 und stolze 12.499,-- Euro für den X-ADV. Damit dürfte manchem die Wahl schon mal leichter fallen. 4.000 Euro Preisunterschied zwischen NC750X und X-ADV. Für die gleiche Leistung (59 PS). Puh, das ist eine Menge Geld. Fährt der SUV-Scooter diese finanzielle Bürde raus? Und wenn es denn schon – rein optisch – kein „richtiges“ Motorrad sein soll, tut es dann nicht auch der Forza 750, der zumindest 700 Euro für Zubehör oder einen neuen, farblich passenden Premiumhelm im Portemonnaie lässt? Ich sag es mal so: X-ADV-Käufer bekommen zwei Bikes in einem. Einen markanten, wintertauglichen Großroller mit ausgezeichnetem Wetterschutz, wie ich im Langzeit-Frosttest verifizieren konnte (Motorrad & Reisen Ausgabe 103), und ein dynamisches, universell auf Asphalt und Schotter einsetzbares Motorrad. Das bietet, mal ehrlich, derzeit kein anderer Hersteller. So gesehen ist das 2-in-1-Bike immer eine Überlegung wert –wenn man denn mit Hondas automatisiertem DCT-Getriebe leben kann, das hier wie beim Forza 750 obligatorisch ist. Falls nicht, kommt eh nur die NC750X infrage: Sie kann als einziges Mitglied des Trios auch mit 6-Gang-Schaltgetriebe geordert werden. DCT kostet in ihrem Fall 1.000,-- Euro extra.
Fahrspaß hoch drei
59 PS bei 6.750 Umdrehungen pro Minute, 69 Nm bei 4.750 Touren – die 750er-Familie kommt frühzeitig und durchaus fulminant aus dem Quark. Das DCT-Getriebe macht in allen drei Bikes einen ausgezeichneten Job, solange man automatisierte Unterstützung beim Schalten schätzt. Falls nicht, bleibt die Option, die Fahrstufen manuell einzulegen. Wer auf seinen linken Fuß als Gangkontrolleur nicht verzichten mag, landet ohnehin auf der NC750X. Die 6-Gang-Box erledigt die ihr zugedachte Aufgabe mit all der Hingabe und uneingeschränkten Zuverlässigkeit, zu der wohl nur ein japanisches Schaltgetriebe fähig ist. Unaufgeregt, bedingungslos, verlässlich wie eine Miele-Waschmaschine. Emotional holen einen alle drei Bikes durch ihre angenehme Unaufgeregtheit und Souveränität ab. In Erinnerung bis zur letzten Ölung bleiben die uneingeschränkte Loyalität und Solidarität und das geradezu geishahafte Stets-zu-Diensten-Sein dieser drei Maschinen. Aufsteigen, starten, fahren. Störungen dieses Ablaufs sind nicht vorgesehen im Honda-Handbuch. Die eingetragene Höchstgeschwindigkeit erreichen alle drei mühelos: 168 km/h sind es beim Forza 750, 171 km/h beim X-ADV, 173 km/h bei der NC750X. Der Verbrauch ist moderat: 3,5 bzw. 3,6 l/100 km gibt Honda an. Das kommt in der Praxis ganz gut hin, solange man nicht auf Anschlag über die BAB rauscht. Reichweiten über 300 Kilometer sind jederzeit möglich, rein rechnerisch sowieso: Die Tanks fassen 13,1 bis 14,1 Liter.
Fein dosierte Emotionen
Was ist so schlimm daran, nicht kuppeln zu müssen? Eben. Beim Autofahren kastrieren Doppelkupplungsgetriebe emotional ja auch nur noch Neandertaler. Für den Hinterkopf: Schaltgetriebe sind bei Porsche mittlerweile Option, so überhaupt noch im Angebot. Aber das nur am Rande. Motorrad fahren im Saus-und-Braus-Modus geht auch ohne Elektroantrieb oder Zweitaktgekreische, wenn Honda dahintersteckt. Und ganz ehrlich: Ich bin ein DCT-Fanboy. Auf Honda CRF1100L Africa Twin, Gold Wing und NT1100 genauso wie auf X-ADV, Forza 750 und NC750X. Hahn aufreißen und ab durch die Mitte – geht es einfacher? Auf Superbikes kuppelt schließlich auch keiner mehr, außer beim Anhalten und Anfahren, Schaltassistenten sei Dank. Die meisten Möglichkeiten zur Feinjustierung bietet der X-ADV, gefolgt von Forza 750 und NC750X. Parameter wie Motorleistung, Drehmoment und Motorbremse sowie ABS und Traktion sind übers Bordmenü konfigurierbar. Das geht bei allen drei so flugs und unkompliziert wie das Aufrufen von Apps auf einem Smartphone. Einmal gemacht und begriffen, für immer verinnerlicht. Die Bedienelemente dafür befinden sich am linken Lenkerende und fallen in die Kategorie „selbsterklärend“. Nach ein paar Tausend Kilometern auf den drei 750ern lautet meine Empfehlung, einfach den Standard-Fahrmodus zu nutzen – der funktioniert bei allen drei am besten. „Sport“ beispielsweise dreht die Gänge für mein Empfinden unnötig hoch und schaltet werksmäßig einen Tick zu hektisch zurück. Das gefühlvolle „Regen“ nimmt auf trockenem Geläuf unnötig Feuer raus. So gesehen: Mut zur Konfektionsware. Oder zur eigenen Komposition. X-ADV-Fahrer können auf Schotter im gleichnamigen Modus das Hinterrad tanzen lassen.
Hohe Alltagstauglichkeit
Die NC kann ihren Großroller-Geschwistern in puncto Alltaugstauglichkeit durchaus das Wasser reichen. Was aussieht wie ein banaler Motorradtank, ist ein praktisches Staufach: Deckel auf, Sachen rein, gut is’. Der echte Kraftstoffbehälter versteckt sich im Heck. Äußerst praktisch, wirklich. Ins Tankfach kann Regenzeug rein, ein paar Einkäufe, der Helm, so er nicht allzu üppig ausgeformt ist. Forza und X-ADV bieten den gleichen Stauraum unter der Sitzbank, dazu ein kleines Staufach in der Frontverkleidung. Smartphones laden serienmäßig per USB-C-Anschluss.
Prima Wetterschutz
Trockene Schienbeine bei Regen können sich Motorradfahrer naturgemäß abschminken, von Ausnahmen wie Honda NT1100 oder BMW K 1600 mal abgesehen. So gesehen sind Forza 750 und X-ADV selbstverständlich die bessere Wahl für Pendler als die NC750X. Bei Schmuddelwetter gelangt man mit Bein- und großem Windschild sehr viel komfortabler ans Ziel. In puncto Windschild fährt Honda bei allen drei Modellen einen unterschiedlichen Ansatz. Die NC750X hat eine sportlich knapp geschnittene Scheibe, die nicht in der Höhe verstellbar ist. Auch der Forza 750 hat eine fest montierte, aber deutlich größere Scheibe. Der X-ADV hat eine stufenweise verstellbare Scheibe, die allerdings nur im Stand schlenkersicher bedient werden kann. Bei knapp 1,80 Metern Körpergröße nehmen alle drei in ausreichendem Maße Fahrtwinddruck von der Brust. Auch Regen wird recht zuverlässig abgewehrt. Das Wegducken vor nervigen Helmgeräuschen gelingt am besten, wenn man sich nach alter Pubertier-Manier hinterm Lenker zusammenfaltet. Auf langen Strecken erfordert das eine gewisse Leidensfähigkeit. Aber nun: Wir sind ja alle gestandene Motorradfahrer, keine Warmduscher. Bei miesem Wetter spielen die „Roller“ ihr Beinschild-Plus rigoros aus, erst recht, wenn es kalt ist. Wie viel gnadenloser Väterchen Frost nach deinen Schenkeln greift, wenn du auf einem Motorrad konventioneller Bauart unterwegs bist, ist schon erstaunlich im direkten Vergleich. So gesehen, genießt vor allem der X-ADV ein Alleinstellungsmerkmal: Er schützt wie ein Roller und fährt sich wie ein Motorrad, erst recht mit den optionalen Fußrasten.
Reisetauglichkeit
Auf langen Strecken ist es ein Segen, sich auch mal hinstellen zu können beim Fahren. Nicht ohne Grund haben Adventure-Bikes klassischen Tourern den Rang abgelaufen bei Alpenquerern. Der X-ADV darf sich so gesehen ein Vielseitigkeits-Sternchen an die Verkleidung kleben: Mit den Zubehörrasten bietet er den gleichen Fahr- und Stehkomfort wie „echte“ Reiseenduros. Da zieht der Forza 750 klar den Kürzeren: Sitzen ist angesagt, komfortabel zwar, gern auch mit scootermäßig lang ausgestreckten Beinen, aber (sicher) stehen ist nicht. Und seien die Trittbretter noch so lang. Die NC750X ist in dieser Disziplin bauartbedingt mit allen Wassern gewaschen. Ausgelegt für Abstecher ins Gelände, bietet sie eine feine ergonomische Abstimmung. Die Sitzhöhe beträgt kniefreundliche 800 mm. Kommode 790 mm sind es beim Forza 750, nicht ganz unkomplizierte 820 mm beim X-ADV. Mit dem 2022er-Facelift wurde die Sitzbank zwar etwas verjüngt. Gleichwohl können lange Gräten nicht schaden, möchte man auf dem SUV-Scooter das Gefühl haben, mindestens eine Schuhsohle jederzeit sicher auf den Boden bringen zu können. Die Bodenfreiheit beträgt immerhin 165 mm. Vorn trägt er wie der Forza 750 Räder in 17 Zoll, hinten in 15 Zoll (NC750X: 17’’). Die Zuladung ist bei allen drei ausreichend für adäquates Zweiradverreisen: 199 Kilogramm schleppt der Forza 750, 204 kg der X-ADV, 208 kg die NC750X. Unter der Sitzbank verstaut der Forza 22 Liter, der X-ADV 21 Liter. Ins „Tankfach“ der NC750X passen 23 Liter. Das zulässige Gesamtgewicht des Trios bewegt sich zwischen 422 und 440 Kilogramm. Im Zubehör gibt es jeweils größere Touring-Scheiben. Mittels Topcase können weitere 50 Liter mitreisen. Für NC750X und X-ADV gibt es zudem unterschiedliche Seitenkoffer und -taschen, für den Forza stilsichere, flache Koffer, die perfekt zur modernen, schmalen Linie des Gran-Turismo-Rollers passen. Verzurrmöglichkeiten für eine Gepäckrolle im Solobetrieb sind Ehrensache.
Moderne Ausstattung
LED-Scheinwerfer, auffälliges Tagfahrlicht, farbiges TFT-Display, Notbremssignal bei plötzlichen Bremsmanövern, verbesserte Traktions- und Drehmomentkontrolle, Sprachsteuerung für Smartphones, Smart Key für schlüsselloses Starten – speziell X-ADV und Forza 750 surfen auf der Welle der Zeit. Die NC750X kann da nicht ganz mithalten. Sie hat noch das antiquierte LCD-Display mit Negativanzeige. Schmucklos, aber funktionell.
Fazit: Vorteil X-ADV
Kauf eins, krieg zwei – der X-ADV ist mein Favorit in diesem Dreiervergleich und nebenbei Hondas meistverkauftes Motorrad in Europa. Das kommt nicht von ungefähr. Er kombiniert die praktischen Eigenschaften eines Großrollers mit dem Fahrspaß-Potenzial eines Adventure-Bikes. Vorausgesetzt, man mag DCT. Der sehr fahrdynamische Forza 750 ist im Roller-Lager eine Ansage, bietet aber nicht die Vielseitigkeit des SUV-Scooters. Die NC750X ist grundsolide und vermutlich das praktischste konventionelle Motorrad. Das optionale DCT macht sie angenehm umgänglich.