Endurotraining im Stöffelpark – Allen Anfang macht …

... die Einsicht, künftig entspannter, ausdauernder und natürlich mit mehr Sicherheit das Reisen auf den Pisten erleben zu wollen.
Endurotraining im Stöffelpark – Allen Anfang macht …
Endurotraining im Stöffelpark – Allen Anfang macht … Ballett zwischen den Hütchen
15 Bilder
17.07.2024
| Lesezeit ca. 10 Min.
Lars Lepper
Heikes Escapes Motorcycle Tours, Lars Lepper, Endurofunten, Rosita Kuhn Viewfinder Photography
Jedes Quäntchen Know-how soll helfen, unterwegs mit Reserven zu haushalten und Unabhängigkeit zu mehren. Wer mit diesem Plan in die Ausbildung geht, will Wissen von der Pike an.

Heikes Escapes Motorcycle Tours

Für eine solide Grundlage recherchiere ich viral nach Kursen für Anfänger. Meine Zeit für große Sprünge und selbige Anbieter im Lande wird noch kommen, denke ich bei mir, da entlockt die Webseite von Heikes Escapes Motorcycle Tours mein Interesse. Die Wurzeln des Unternehmens liegen zentral im hessischen Rodgau. Neben Reisen, Events und Einzeltraining, im On und Off, stehen jährlich fünf Enduro-Trainings im Angebot. Die Abfrage aktueller Begabungen unterbreitet die Wahl innerhalb der ersten drei von sieben gängigen Schwierigkeitsgraden: Erstkontakt, Offroad-Beginner und -Erfahrene. Das Portal ist einfach gehalten, zugänglich und so die Anmeldung schneller Hand erledigt. Mit der Vorgabe, zumindest einen gut profilierten Straßenreifen zu fahren, kann der AX41 mit Reststollen noch darauf bleiben.
Reiseangebote

Schließlich ist Samstag, als ich zum Ort des eigentlichen Geschehens nach Enspel in den Westerwald fahre. Ein Schild zwischen Häusern weist dort bergauf zum Stöffelpark. So dicht die bewaldete Auffahrt in einer Serpentine, so gewaltig ist die anschließende Weite des Industriedenkmals. Im Halbrund eines fein geschotterten Platzes lehnen Silos an eingehauste Brecher; verschachtelte Metalldächer und Förderbänder überspannen in wildem Geäst die Durchfahrten. Im Kontrast der Feldspat-Mauern leuchtet der cortenfarbige Stahl im Morgenlicht. Aussichtspunkte bedienen den Wunsch nach Übersicht in der Totalen. Oder so wie Harley-Davidson-Marketingchef Nils Buntrock im Mai 2021 anlässlich des weltweiten Openings der Pan America 1250 treffend bemerkte: „Die Location ist das Argument.“ Der namensgebende Stöffel beschreibt nebenbei einen stuhlähnlichen Basaltfelsen auf 498 m Höhe. Dessen industrieller Abbau verhalf Anrainern im frühen 20. Jahrhundert zu Lohn und Brot; der resultierende Durchbruch dem heutigen Erlebnispark zu einem 140 Hektar weiten Übungsgelände. Hier finden regelmäßig die angesagten Motorradtage zu Pfingsten und das Motorrad-Wintertreffen Mitte Januar statt.
Stöffelsee
Warm-up am Stöffelsee
Vor dem Hangar in Patinagrün, der Nissenhalle vis-à-vis, erwartet Heike Jochimsen die Tagesgäste. Ihr herzliches, authentisches Auftreten schafft von Beginn an diese besondere Atmosphäre. Zum Team der Coaches gehören Dominik, Hans-Peter und Mike, Roland und Siggi sowie Stefan und Tino. Alle Vorbereitung und das Checken der Maschinen erfolgen beiläufig. Wo es nötig ist, wird das Set-up von Fahrassistenten und hoher Scheibe sowie Lenker- und Hebelpositionen ohne langes Fackeln angeglichen.

Der Begrüßung in die Runde mit allgemeinen Verhaltensregeln im Park folgt die Zuteilung in kleine Gruppen, in deren Rahmen wir einander vorstellen. Wer möchte, fügt individuelle Wünsche an. Die Instruktoren tun das ihre. Es sind leidenschaftlich Reisende und zum Teil auch HAT-Finisher dazu. Beeindruckend leichthin stehend auf der Maschine, erklärt Stefan kurz darauf die richtige Stellung auf den Pedalen und das Ergonomie-Dreieck sowie die Haltung von Armen und des Oberkörpers. Reichlich Theorie gespickt mit kuriosen „Dos and Don'ts“ – so kommt der Spaß kaum zu kurz.
Karussell, Slalom
Ballett zwischen den Hütchen
Wir wechseln über in den rückwärtigen Bereich und erhalten erste Einblicke in den enormen Talkessel des Steinbruchs. Nächste Trockenübungen zur Balance, wie Karussell, Garage und Slalom, zeigen im Parcours ganz andere Techniken als auf der Straße. Der Grund liegt wohl darin, dass überwiegend stehend gefahren wird. Stehend deswegen, da man so mit Körperbewegungen einen wesentlich größeren Einfluss auf das Fahrverhalten nehmen und sich im Bedarfsfall eher zwanglos vom Gerät befreien kann. Es lebe der Sport – oder vielmehr das ausgegebene Tagesziel, durch die richtige Fahrtechnik die Bewegungen des Motorrads mit wenig Körpereinsatz auszugleichen und so allmählich in einen Fahrfluss zu kommen. „Dabei arbeiten wir nie gegen, sondern immer mit dem Bike.“, so der einhellige Tenor. „Auf diese Weise gelingt das Fahren flott, mühelos – und mit breitem Grinsen im Gesicht.“ Den hehren Ansporn nehmen wir mit in die unerwartete Halbzeitpause.

Die Nissenhalle durchzieht verheißungsvoller Duft. Wo sichtlich Stärkung notwendig erscheint, verteilt Heike grinsend in handfesten Portionen. „Komm her mein Bud´, hier is´ dei´ Worscht.“ Wie früher – ich bin geneigt, entsprechend familiärer Bande zu quittieren. Doch zuvor zieht es mich zur Tränke, wie die Kamele in die Oase. Zu Tisch komme ich darüber mit Roland ins Gespräch. „Richtig. Ausgiebiges Trinken ist essenziell. Je nach Witterung kann man etwa von einem halben bis ganzen Liter in der Stunde ausgehen.“ Über den Kirmesgarnituren wabern muntere Stimmen. Die nahbaren Coaches vermitteln deutlich ihre Freude, mit der auch jedweder Wissensdurst mit Sympathie eine Antwort findet.
Berganfahren
Capture the big ladies
Die Zeit vergeht wie im Flug, ehe die Trainer mit nahem Aufbruch wieder alle einholen. Wir tauschen mit Mike und der Gruppe Frauen; üben zunächst hinter dem alten Schornstein das kontrollierte Ab- und Anfahren am Hang. Hier ist der Untergrund mittlerweile aufgelockert, sodass unsere Schwergewichte auf zwei Rädern einsinken. Finde den Fehler – mehr Gefühl am Gas! So gedeiht eigenes Erfahren während der Platzrunde und wir haben mittags Zuschauer: Familien spazieren durch den Erlebnispark. Kinder spielen am Teich. Fährt hier ein ferngesteuertes Modell, führt man dort ein Pferd zum Wasser. Irgendwo abseits der Hecken des Single Trails huscht die Gruppe der Erfahrenen durch das Bild. Alles das zur gleichen Zeit. Die einmalige Lässigkeit des stressbefreiten Miteinanders, zu der jeder einzelne beiträgt, möchte man mit Händen greifen und nach draußen tragen. Es geht also doch!
Berganfahren
Roland bittet zum Stopp im Geröllhang
Der Wendeplatz und das holprige Downhill-Reiten ergeben eine Wiederkehr von realen Situationen. Kurzer Stopp mit Manöverkritik zum How-to-do und wir fahren weiter. Über die Kamelhöcker, steile Auffahrt und längs durch den Wiesengraben. Durch die Übungen vorab ist mit einem Mal alles so easy, beinahe so, als wäre es noch nie anders gewesen. Doch weil das so schön war – zurück in den Parcours. Beim Slalom stehen nun die Hütchen weiter und die Wende in der Garage hat Hanglage. „Wir lenken mit den Knien! Wohin geht der Blick?“ Stefan fordert uns während der Garagenwende zur sauberen Ausführung. Beim Kreiseln ist der Lenker mittlerweile dicht am Anschlag; der Blick bleibt stur im Mittelpunkt und wir balancieren im Standgas mit der Kupplung.
infotainment

Der Trinkpause im Hangar folgt die Notbremsung auf Schotter voraus. Was ist schon dabei, bloß aus vollem Lauf den Anker raus und gerade so, wie es Erklärbär Roland nebenan vormacht. Nun also das Herz in die Hand, 50 Sachen auf die Nadel und Attacke! Die Karre tänzelt und kommt beliebig zum Stehen. „Hattest du das ABS ausgeschaltet?“ Der Frage aus dem Hintergrund begegne ich kopfschüttelnd. „Noch mal – und Hintern runter!“ Nun will es jemand genau wissen. Bis die Übung sprichwörtlich sitzt. Streifen um Streifen zeichnet sich in den Grund und siehe da, in kurzer Spur erreicht das Vehikel den stabilen Stand.
Notbremsung
Notbremse auf Schotter – Ballast nach hinten und Anker raus
Zum Grand Final fahren die Coaches frei vorweg. So lässt sich noch das eine und andere mit den Augen stehlen. Die Tracks gleichen nun weder in Verlauf noch in Fahrtrichtungen dem vorherigen. Mitten durchs Gestrüpp in engen sowie in weiten Bahnen. Mal bergauf, mal bergab. Bis passend zur tiefen Sonne die mangelnde Kondition das jähe Ende signalisiert. Ermattet, aber glücklich kehre ich zurück zum Service-Point und genieße jeden einzelnen Schluck aus der Pulle. „Geh das nächste Mal ruhig einen Schritt weiter“, höre ich erfreut bei Erhalt der Urkunde und denke nur: Der neue Tag beginnt mit herrlichem Muskelkater. Doch was ich noch mitnehme, ist eine erste Handvoll Tipps, mit der ich im Gelände immer besser zurechtkommen werde.
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Zum Offroad gehört Profil

Neben den Reifen ist zuallererst der Spaß gemeint, ein Dual-Sport-Motorrad offroad zu bewegen. So wie bei allem im Leben, was wert ist, getan zu werden, gibt es für jeden viel für sich und die Umgebung zu bedenken. Ebenso – wie man leichthin gerne im Gelände fährt. Wer diese Grundlage versteht, legt damit den Grundstein für den Rest der Karriere, bei der dann egal ist, was und wo man fährt.

Safety First

Man sagt im Allgemeinen: Sei bei der Sache und auf alles vorbereitet. Das verbessert kaum die Fahrtechnik, ist aber definitiv ein guter Tipp für abgeklärtes Fortkommen. Das Letzte, was gewollt ist, wäre, dass irgendwo im Nirgendwo Mensch oder Maschine etwas zustößt. Noch weniger, wenn keine helfende Hand erreichbar ist. Verbessere also regelmäßig die Fähigkeiten, schätze deine Konditionen und die der Umgebung richtig ein. Vor allem aber konzentriere dich aufs Wesentliche – das Fahren! Nun neigen Menschen dabei zu Fehlern, wodurch sich stets ein Plan B bewährt hat. Der Angenehmste von allen ist: Fahr nicht alleine, nimm einen Freund an deine Seite.
Berganfahren
Hillclimbing!

Kleide dich zum Erfolg

Wie das Sprichwort besagt, braucht es nicht des Kaisers neue Kleider und auch nicht viel. Bloß die nötige Ausrüstung, welche vorrangig zweckmäßig ist und richtig sitzt. Ein Helm zum Beispiel, der das nicht leistet, verschafft Unbehagen und stiehlt die Konzentration. Dann genügt ein schwacher Moment, um das Motorrad fallen zu lassen. Gleiches gilt für Bekleidung und Protektoren. Was im Sitzen bequem ist, kann im Stehen reiben. Beim Fahren im Gelände sind wir auch sehr auf unseren Stand angewiesen, also investiere in ein gutes, griffiges Paar Stiefel, welches die Füße schützt und auf Fußrasten Halt bietet.

Richtig einstellen

Ein weiterer Tipp zur eigenen Wahrnehmung, der offensichtlich erscheint und doch zum Wohlgefühl auf dem Gerät der Erwähnung lohnt. Serielle Einstellungen gehen von ungefähr 75 kg mit leichtem Gepäck und einer Größe im Sitzen von 170 cm aus. Sehen die wirklichen Eigenschaften anders aus, lässt sich das Fahrwerk in der Druck- und Zugstufe genau einstellen. Mit der Federvorspannung regelt man dabei die Fahrhöhe. Zum Komfort gehört auch, dass die Bedienelemente dort angebracht sind, wo man sie haben möchten. Achte darauf, dass die Hebel, dezent nach unten geneigt, in Reichweite der Finger und die Pedale für das Stehen auf Niveau liegen, denn sie werden regelmäßig benutzt.

Abdecken

Ein an sich selbsterklärender Punkt ist, mit ein bis zwei Fingern jeder Hand nach den Hebeln vorzugreifen. Mit dem sogenannten Abdecken kann man viel schneller reagieren, sofern die Zeit drängt. Beständige Finger auf Kupplung und Bremse ergeben mehr Kontrolle darüber, wie das Motorrad Kraft aufbringt oder die Pferdestärken entzogen werden. Im technischen Gelände lässt sich relativ konstant das Gas halten, während das Kuppeln bestimmt, wie viel Kraft auf das Hinterrad übertragen wird. Zum Abdecken gehört natürlich auch der Schutz der sensiblen Teile. Was den Fingern die Griffbügel, sind Sturzbügel für die Knie, Pedale und Zylinderköpfe und der Unterfahrschutz für die Ölwanne.
Interview
Zum Interview im Stöffelpark

Neu am Start bei den Endurofunten

Gut 27 Jahre lehrte Gründer Thomas Neumann das Fahren im Gelände. Gerne etwas flotter, härter und anspruchsvoller verband er die legendären Endurofunten mit stetig wachsendem Erfolg und einer gehörigen Portion Spaß. In der Reihe geht nun das Zepter zum August 2024 an zwei Stollenreiter weiter.

„Wir lernten beide Thomas und die Endurofunten während einer Roadbooktour kennen“, erzählen Dirk Rommelheim und Michael Casper im Interview. Die beiden Freunde sind der Szene langehin bekannt und hegen die Idee, gemeinsam eine Agentur für Motorradreisen und Trainings aufzubauen. So naheliegend ein Austausch über die Anfänge, so einhellig die Übereinkunft einer würdigen Nachfolge. „Die beiden sind erfahrene Berufskollegen im Mitarbeiter-Coaching und planen eifrig drauflos. Sie wollen es weniger robust angehen lassen und sich auf trendige Events mit Reiseenduros konzentrieren.“
Michael Casper, Blickführung
Michael Casper mit gekonnter Blickführung
Schon in den 60er-Jahren begeisterten Michael allerlei Motorradtypen. „Bei den Reiseenduros blieb ich letztlich hängen und im zarten Alter von 50 Jahren fand ich Gefallen am Offroadfahren. Seither bin ich als Tourguide sowie Instruktor für On- und Offroad tätig.“ Dirk, der sich scherzhaft als scheckheftgepflegter Instruktor Baujahr 1963 beschreibt: bewegt seine BMW 75/5 gerne auf Oldtimer-Rallyes und historischen Rundstreckenrennen. „Enduro fahre ich seit 30 Jahren und meine Spezialitäten sind Sand und tiefe Böden.“

Von ebendieser Erfahrung und dem fahrtechnischen Know-how der beiden werden künftige Teilnehmer partizipieren. „Wir wissen, dass oft schon kleine Hinweise und Tipps große Erfolge mit sich bringen. Dadurch sind wir in der Lage, unser Wissen, perfekt ausgewogen zwischen Vermittlung und Spaß, zu übertragen.“ Auch Fragen zur Kettenpflege, optimierten Fahrwerkseinstellung usw. stehen sie offen gegenüber. Der Stöffelpark mit seiner einmaligen Kulisse und dem wechselseitigen Miteinander aller bietet dazu den passenden Rahmen, auch für Fortgeschrittene. Weitere Übungsgelände werden folgen.
Michael Casper
Michael Casper, so ist er!
„Genauso gerne treiben wir uns on- und offroad, mit oder ohne Zelt in Deutschland und dem angrenzenden Ausland rum und genießen beim Scouten die Zeit auf langen Etappen.“ Da beide schon reichlich Mopedreisen mit Sack und Pack geplant und unternommen haben, bieten sie ergänzend zum Training sowohl geführte On- und Offroad-Touren als auch Roadbooktouren an. Bei Letzteren orientieren sich die Fahrenden selbst anhand eines vorbereiteten, digitalen Roadbooks oder Mitschrieb auf Papier zum vereinbarten Ziel. Im Repertoire sind die Niederlande, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Weitere Locations in Italien, Spanien, Polen werden als Tour über ein bis fünf Tage folgen.
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