Stefan Pierer bei KTM: Ende einer Ära

Am Montagabend bestätigte Pierer Mobility den Rückzug von Ex-Macher Stefan Pierer aus dem Vorstand der KTM AG. Damit wird ein 33 Jahre währendes Kapitel Industrie-Geschichte bei den Österreichern geschlossen.
05.03.2025
| Lesezeit ca. 4 Min.
Tschann E.
„KTM AG startet neu in die Zukunft“. Mit diesen Worten startet die Ad-hoc-Mitteilung, die für KTM eine Zeitenwende bedeutet. Mit ihr wurde am Montagabend offiziell, was sein Nachfolger Gottfried Neumeister bereits eine Woche vorher in einem Pressestatement angedeutet hatte: Stefan Pierer übergibt nach 33 Jahren bei KTM endgültig das Zepter an seinen Nachfolger. Bereits im Januar, einen Tag vor einem Termin für eine gerichtliche Zwischenbestandsaufnahme im Insolvenzverfahren des Motorradbauers, war Pierer „zur Seite getreten“ und blieb fortan nur noch Co-CEO unter Neumeister.

Für Pierer ist der Zeitpunkt des Abschieds gekommen

Bei der Sanierungsplantagsatzung am 25. Februar gab Neumeister zu Protokoll: „Wir haben im Mai entschieden, dass ich Herrn Pierers Nachfolge antrete und er mich durch dieses Insolvenzverfahren unterstützen wird, dieses Verfahren auch zu beenden.“ Beendet ist dieses Verfahren nun und wartet noch darauf, mit Übernahme der anteiligen Schuldentilgung durch Investoren gerichtlich auch aufgehoben werden zu können. Damit ist für Pierer der Zeitpunkt gekommen, seinen Vorstandsposten bei KTM endgültig an den Nagel zu hängen.

Unter Pierer ging es für KTM lange Zeit nur bergauf

„Die Gesellschaft dankt Stefan Pierer für seine langjährige und erfolgreiche Tätigkeit für KTM.“ Mit diesen Worten schließt die erwähnte Mitteilung und fasst damit den Großteil von Pierers Zeit beim Motorradhersteller in einer Kürze zusammen, die sein Wirken in Mattighofen unmöglich angemessen darstellen kann. 1992 übernahm der in der Steiermark geborene Unternehmer die Insolvenzmasse des 1991 schon einmal in die Pleite geschlitterten Motorradherstellers. 160 Mitarbeiter waren zu diesem Zeitpunkt noch im Unternehmen, für 6.700 Motorräder fanden sich Kunden. Pierer, der vorher vor allem Unternehmen im Schnellverfahren sanierte, wieder abstieß und sich selbst später als „Heuschrecke“ bezeichnet haben soll, warf seine Verkaufspläne über Bord und blieb bei KTM. Bis zum Beginn der Wirtschaftskrise 2008 kannte das Unternehmen fortan nur einen Weg: Aufwärts.

KTM wuchs zum größten Motorradproduzenten Europas

Diese Krise war der erste große Stolperstein für KTM in seiner heutigen Form. In dieser Phase musste der Murtaler erstmals bei KTM in größerem Umfang Mitarbeiter entlassen. 300 Menschen, von seinerzeit 2.000, mussten gehen. Später ging es wieder aufwärts und zuletzt wuchs KTM zum größten Motorradproduzenten Europas heran. Auch dank seiner Einstiegsmodelle mit 125 bis 390 Kubikzentimetern Hubraum. In diesen Markt war KTM 2011 als erster europäischer Hersteller mit Hilfe von Bajaj eingestiegen. Die Inder gelten derzeit auch als einer der wahrscheinlichsten Kandidaten für die benötigte Zahlung der Schuldenquote als Investor und haben bereits die Finanzierung des neuerlichen Produktionsstarts in Mattighofen im März übernommen.

Das bitterste Kapitel der Firmengeschichte neigt sich dem Ende zu

Mit diesem Produktionsstart endet das wohl bitterste Kapitel der oberösterreichischen Firma und wohl auch das Bitterste im geschäftlichen Wirken des Stefan Pierer. „Das Schlimmste ist, wenn Sie (…) Leute entlassen müssen. Geld ist nur Mittel zum Zweck.“ Mit diesen Worten ließ er sich 2013 im Kontext der Stellenstreichungen während der Krise im Interview mit „Die Presse“ zitieren. Dass die durch Fehlplanungen verursachte Firmenkrise zuletzt mit knapp 1.800 von nunmehr etwa 6.000 Mitarbeitern noch ungleich mehr Entlassungen nach sich zog, muss eine Niederlage für einen Unternehmer sein, der sich lange auch darüber definiert hat, tausende Jobs geschaffen zu haben.

Pierer bleibt CEO des Mutterkonzerns

Nun wird sich Pierer keineswegs zur Ruhe setzen: Aus dem Vorstand der KTM AG scheidet er aus, in der Mutterfirma Pierer Mobility AG jedoch bleibt er Co-CEO und in der Dachgesellschaft Pierer Industrie AG CEO. Einfluss bleibt ihm also erhalten.

Doch bei KTM beginnt eine neue Zeitrechnung. Pierer dazu: „Die Entscheidung, das Steuer zu übergeben, war keine leichte. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Gottfried Neumeister mit seiner strategischen Weitsicht und seinem Engagement die richtige Wahl ist, um KTM in die Zukunft zu führen“. Der ehemalige enge Vertraute von Niki Lauda ist seit September im Unternehmen, nachdem sich die beiden im Mai 2024 kennengelernt und schnell auf eine Nachfolgeregelung geeinigt haben sollen: „Es war bereits im Sommer letzten Jahres ausgemacht, dass ich zunächst als Co-CEO beginne. Ich bin stolz darauf, dass ich Stefan Pierers Erbe fortsetzen darf. Ich werde das mit Vorsicht tun, aber wir müssen mutige Schritte machen.“
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Neubeginn unter Neumeister
Neumeister, der im öffentlichen Auftreten wie ein Gegenentwurf zu seinem manchmal poltrigen Vorgänger wirkt, steht für einen Neubeginn. In der offiziellen Sprachregelung des Unternehmens ist davon die Rede, dass mit dem Sanierungsverfahren ein Kapitel beendet werde, das jedoch nicht die ganze Geschichte des Unternehmens erzähle. Es ist nun an Gottfried Neumeister, das Geschehen fortzuschreiben.


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