Breiter Brillenkanal
Drei verschiedene Helmgrößen und neun Farbausführungen gibt es für den Bell Eliminator, zwei davon in Carbon (matt und matt/glänzend). Alle Helme haben eingelassene EPS-Lautsprechertaschen.
Sprechfunksysteme können so mit wenigen Handgriffen passgenau montiert werden. Der Tragekomfort ist „eigentlich“ vom Feinsten: Der Eliminator-Helm ist extrem leicht, die Brillenführung ist optimal dimensioniert. Das Gewicht von 1.175 Gramm in Größe L ist vorbildlich. Gleiches gilt für die Belüftung: Durch vier Schlitze im breiten Kinnteil und besagte neun Löcher in der Stirnfläche flutet reichlich Frischluft ins Helminnere. Toll, wenn es warm ist. Aber wehe, die Temperaturen fallen. Dann friert dir der Eliminator das Hirn ein. Es sei denn, du klippst den separaten Wetterschutz über den Neun-Loch-Platz auf deinem Dötz. Dann geht es. Bis du den doppelt arretierten Plastikdeckel wieder abmachen willst. Dabei geht schon mal ein Fingernagel flöten. Und das Geräusch beim Entklacken lässt dir kurz das Herz in die Hose rasen: Kaputt, verdammt –
nee, doch nicht ... Weiß der Henker, wie oft das gutgeht. Beruhigend: Bell gibt wie viele Wettbewerber fünf Jahre Garantie auf den Helm.
Bei Hitze könnte man glatt glauben, mit einem Jethelm unterwegs zu sein, so luftig geht es unter und im sechslagigen 6K-Carbonfaser-Composite-Helm zu. Ein Verdienst des „Velocity Flow Ventilation Systems“, das eine Art Luftschleier um den Kopf legt. Bis Tempo 120/130 km/h spielen die Windgeräusche auf einem Naked Bike wie der Triumph Speed Twin erstaunlicherweise keine Rolle, solange man aufrecht sitzt wie Fräulein Rottenmeier. Neigt man sich allerdings nach vorn, um den zunehmenden Fahrtwind-Druck von der Brust zu nehmen, flappert der Wind um die 6K-Schale, als segelte man um Kap Hoorn. Gewöhnungsbedürftig: die unkonventionelle Arretierung des stufenlos verstellbaren Visiers. Auf der linken Seite schnappt eine Aussparung lautstark über einem abstehenden Gniedel ein. Zum Öffnen muss das Visier da erst wieder drüber „gehoben“ werden, was beim Fahren mit behandschuhtem Daumen gar nicht so einfach ist: Neben Geschick erfordert es Kraft. Ideal geht anders.
Visierwechsel per Kit

Für den Visierwechsel liefert Bell ein kleines Werkzeug-Kit frei Haus. Zwei unterschiedlich große Inbus-Schrauben wollen auf jeder Seite gelöst sein, bevor sich das Sichtfenster tauschen lässt. Der Eingriff an sich ist schnell erledigt. Die passenden Bits schnappen sicher in ihre Magnethalterung im mitgelieferten Universal-Tool zum An- und Abschrauben. Das ist clever gelöst, aber immer mit Aufwand verbunden. Magnet-Schnappverschlüsse à la X-lite funktionieren auch ohne passendes Werkzeug – und sehr viel schneller. Bei schönem Wetter und moderaten Geschwindigkeiten spielt der Bell Eliminator seine Stärken voll aus.
Geht es allerdings in Richtung Höchstgeschwindigkeit, wird es anstrengend. Selbst bei gefühlt perfekt sitzendem Helm schiebt sich die breite Kinnpartie ab Tempo 140 spürbar in Richtung Nase. Ist man wie ich mit einem eher selbstbewussten Riechorgan bestückt, drückt die harte Schaumstoff-Innenverkleidung schmerzlich gegen das Nasenbein. Dazu schwillt der Fahrtwind akustisch dramatisch an und drückt das feste Stirnpolster unnachgiebig in die Stirnfalten hinein. Die reine Pein. Maschinen mit Windschutz habe ich nicht getestet mit dem Bell Eliminator. Da dürfte das Problem vermutlich nicht auftreten. Wie dem auch sei: Auf der Speed Twin war nach bestenfalls zehn bis fünfzehn Minuten Schluss mit Vmax; jede Leidensfähigkeit hat Grenzen. Und der Eliminator nimmt dich in dieser Beziehung echt hart ran auf einem Naked Bike.
Tragekomfort
- gutes, luftiges Tragegefühl
- konturierte Wangenpolster
- große Kinnteil-Aussparung
- harte Kinnteil-Polsterung (Styropor)
- harte Stirnpolsterung (Styropor)
- mäßiger Sitz bei hohem Tempo (ohne Windschild am Motorrad)
Material/Verarbeitung
- 6K-Carbonfaser-Composite
- mehrschichtige ESP-Auskleidung
- Polster herausnehmbar und waschbar
- stufenloses Visier
- komplizierte Visier-Arretierung
- fahrtwindanfällig
Sicherheit
- Doppel-D-Kinnriemenverschluss
- Visiersperre
- DOT/ECE 22.05 Norm
- kein Ersthelfer-/Rescue-System
Windgeräusche
- recht leise bei geöffnetem Visier
- gute Isolierung bei Landstraßentempo
- mäßige Aerodynamik bei höherem Tempo
- laut bei hoher Geschwindigkeit
Gewicht
- 1.175 Gramm +/- 50 Gramm in Größe L
- leicht im Wettbewerbsvergleich
Ausstattung
- eingelassene EPS-Lautsprechertaschen
- breiter Brillenkanal
- Befestigungsschlaufe mit Magnetverschluss
- Helmtasche inklusive
Belüftung/Beschlag
- große Lufteinlassöffnungen am Kinn und am Kopf
- stufenlos verstellbares Visier
- Beschlagschutzfunktion
- Regenschutz muss separat montiert werden
- hoher Kraftaufwand für Montage/Demontage des Wetterschutzes
- Kinnbelüftung nicht verschließbar
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