Rund 3.500 km weit hat mich der Bell Eliminator Carbon RSD begleitet. Dabei habe ich ihn in manchmal wirklich sehr geliebt – und zeitweilig lautstark verflucht.
Ganz ehrlich: Ein derart gespaltenes Verhältnis hatte ich bislang noch zu keinem anderen Helm. Fangen wir bei der Optik an: mattschwarze Stirnfläche mit neun runden Lufteinlasslöchern, Sichtcarbon-Einsatz mit weiß-rot-goldener Linierung, auffällig breite Kinnpartie – der Eliminator im Roland-Sands-Trimm macht was her, so viel ist mal sicher. Wählt man aus dem umfangreichen Zubehörprogramm dann noch das orangefarbene oder das iridiumfarben-verspiegelte Visier, ist der extravagante Auftritt perfekt. Alternativ gibt es ein schmales, schwarzes Helmschild im Tourenwagenhelm-Stil. Bei diesem passen zwar keine konventionellen Goggles mehr darunter, aber immerhin eine Sonnenbrille. Fertig ist der Streethunter-Look.
Breiter Brillenkanal
Drei verschiedene Helmgrößen und neun Farbausführungen gibt es für den Bell Eliminator, zwei davon in Carbon (matt und matt/glänzend). Alle Helme haben eingelassene EPS-Lautsprechertaschen.
Mit 1.175 Gramm ist der Carbon-Helm sehr leicht Sprechfunksysteme können so mit wenigen Handgriffen passgenau montiert werden. Der Tragekomfort ist „eigentlich“ vom Feinsten: Der Eliminator-Helm ist extrem leicht, die Brillenführung ist optimal dimensioniert. Das Gewicht von 1.175 Gramm in Größe L ist vorbildlich. Gleiches gilt für die Belüftung: Durch vier Schlitze im breiten Kinnteil und besagte neun Löcher in der Stirnfläche flutet reichlich Frischluft ins Helminnere. Toll, wenn es warm ist. Aber wehe, die Temperaturen fallen. Dann friert dir der Eliminator das Hirn ein. Es sei denn, du klippst den separaten Wetterschutz über den Neun-Loch-Platz auf deinem Dötz. Dann geht es. Bis du den doppelt arretierten Plastikdeckel wieder abmachen willst. Dabei geht schon mal ein Fingernagel flöten. Und das Geräusch beim Entklacken lässt dir kurz das Herz in die Hose rasen: Kaputt, verdammt –
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Tests
Marushin RS3, Bell Eliminator Carbon RSD, iXS Sneaker Classic Cruiser ST, iXS Tour LT Montevideo Air
Preis: 5,90 €
nee, doch nicht ... Weiß der Henker, wie oft das gutgeht. Beruhigend: Bell gibt wie viele Wettbewerber fünf Jahre Garantie auf den Helm. Bei Hitze könnte man glatt glauben, mit einem Jethelm unterwegs zu sein, so luftig geht es unter und im sechslagigen 6K-Carbonfaser-Composite-Helm zu. Ein Verdienst des „Velocity Flow Ventilation Systems“, das eine Art Luftschleier um den Kopf legt. Bis Tempo 120/130 km/h spielen die Windgeräusche auf einem Naked Bike wie der Triumph Speed Twin erstaunlicherweise keine Rolle, solange man aufrecht sitzt wie Fräulein Rottenmeier. Neigt man sich allerdings nach vorn, um den zunehmenden Fahrtwind-Druck von der Brust zu nehmen, flappert der Wind um die 6K-Schale, als segelte man um Kap Hoorn. Gewöhnungsbedürftig: die unkonventionelle Arretierung des stufenlos verstellbaren Visiers. Auf der linken Seite schnappt eine Aussparung lautstark über einem abstehenden Gniedel ein. Zum Öffnen muss das Visier da erst wieder drüber „gehoben“ werden, was beim Fahren mit behandschuhtem Daumen gar nicht so einfach ist: Neben Geschick erfordert es Kraft. Ideal geht anders.
Visierwechsel per Kit
Das Visier des Bell Eliminator Carbon RSD lässt sich nur mit Werkzeug austauschen Für den Visierwechsel liefert Bell ein kleines Werkzeug-Kit frei Haus. Zwei unterschiedlich große Inbus-Schrauben wollen auf jeder Seite gelöst sein, bevor sich das Sichtfenster tauschen lässt. Der Eingriff an sich ist schnell erledigt. Die passenden Bits schnappen sicher in ihre Magnethalterung im mitgelieferten Universal-Tool zum An- und Abschrauben. Das ist clever gelöst, aber immer mit Aufwand verbunden. Magnet-Schnappverschlüsse à la X-lite funktionieren auch ohne passendes Werkzeug – und sehr viel schneller. Bei schönem Wetter und moderaten Geschwindigkeiten spielt der Bell Eliminator seine Stärken voll aus.
Geht es allerdings in Richtung Höchstgeschwindigkeit, wird es anstrengend. Selbst bei gefühlt perfekt sitzendem Helm schiebt sich die breite Kinnpartie ab Tempo 140 spürbar in Richtung Nase. Ist man wie ich mit einem eher selbstbewussten Riechorgan bestückt, drückt die harte Schaumstoff-Innenverkleidung schmerzlich gegen das Nasenbein. Dazu schwillt der Fahrtwind akustisch dramatisch an und drückt das feste Stirnpolster unnachgiebig in die Stirnfalten hinein. Die reine Pein. Maschinen mit Windschutz habe ich nicht getestet mit dem Bell Eliminator. Da dürfte das Problem vermutlich nicht auftreten. Wie dem auch sei: Auf der Speed Twin war nach bestenfalls zehn bis fünfzehn Minuten Schluss mit Vmax; jede Leidensfähigkeit hat Grenzen. Und der Eliminator nimmt dich in dieser Beziehung echt hart ran auf einem Naked Bike.
Tragekomfort
10 /20
Pro
gutes, luftiges Tragegefühl
konturierte Wangenpolster
große Kinnteil-Aussparung
Contra
harte Kinnteil-Polsterung (Styropor)
harte Stirnpolsterung (Styropor)
mäßiger Sitz bei hohem Tempo (ohne Windschild am Motorrad)
Material/Verarbeitung
15 /20
Pro
6K-Carbonfaser-Composite
mehrschichtige ESP-Auskleidung
Polster herausnehmbar und waschbar
stufenloses Visier
Contra
komplizierte Visier-Arretierung
fahrtwindanfällig
Sicherheit
8 /10
Pro
Doppel-D-Kinnriemenverschluss
Visiersperre
DOT/ECE 22.05 Norm
Contra
kein Ersthelfer-/Rescue-System
Windgeräusche
8 /15
Pro
recht leise bei geöffnetem Visier
gute Isolierung bei Landstraßentempo
mäßige Aerodynamik bei höherem Tempo
Contra
laut bei hoher Geschwindigkeit
Gewicht
9 /10
Pro
1.175 Gramm +/- 50 Gramm in Größe L
leicht im Wettbewerbsvergleich
Ausstattung
13 /15
Pro
eingelassene EPS-Lautsprechertaschen
breiter Brillenkanal
Befestigungsschlaufe mit Magnetverschluss
Helmtasche inklusive
Belüftung/Beschlag
5 /10
Pro
große Lufteinlassöffnungen am Kinn und am Kopf
stufenlos verstellbares Visier
Beschlagschutzfunktion
Contra
Regenschutz muss separat montiert werden
hoher Kraftaufwand für Montage/Demontage des Wetterschutzes
Kinnbelüftung nicht verschließbar
M&R
68/100 Punkte
Dieser Helm ist Dr. Jekyll & Mr. Hyde. Großartig klimatisiert bei Hitze, schwer erträglich bei Kälte. Äußerst angenehm bis 130 km/h, echt anstrengend darüber, wobei hier ausdrücklich nur von Naked-Bike-Erfahrungen die Rede ist. Superleicht und passgenau, aber spürbare Verschiebung gen Hinterkopf bei hohen Geschwindigkeiten. Ein toller Helm für warme Sommertage auf der Landstraße und in der City, ein Flop für schnelle Langstreckenfahrten auf Motorrädern ohne Windschild. So gesehen ist der Bell Eliminator ein klassischer Zweit- oder Dritthelm. Für Momente, die einem lieb und teuer sind.