Und wir waren gespannt: Zwischen dem erprobten Straßenrenner A41 und dem stark dreckorientierten AX41, der 2019 in Dienst gestellt wurde, klaffte eine breite Lücke, die der AT41 jetzt schließen soll. Ohne viele Kompromisse, ohne die Stärken der beiden ersten 41er zu verlieren – Bridgestone hatte sich viel vorgenommen und viel versprochen.
Das Terrain, das man für die Präsentation des AT41 ausgesucht hatte, war optimal gewählt: Also auf nach Nordspanien! Genauer gesagt in die Region zwischen San Sebastian an der baskischen Küste und dem Wüstenstrich Badenas südlich von Pamplona. Sie gibt alles her, was Fahrer im Adventure-Segment schätzen. Enge Pyrenäen-Serpentinen im Frühnebel, geschwungenes Geläuf ohne nennenswerten Verkehr. Grüne Täler mit schnellem, griffigem Asphalt, die sich in weite Ebenen unter praller Sonnen öffnen. Sie bringen uns zu den Offroad-Strecken bei Badenas, die wie in Nordafrika durch steinige Schotterpisten und staubige Wadis fließen.
Botschafter für neue Märkte
Perfekte Voraussetzungen also, um den neuen Enduro-Allrounder zu fahren, der auf der Straße beste Performance und harten Grip auch bei Nässe bieten und gleichzeitig auch ambitionierte Ausflüge abseits des Asphalts locker meistern soll. Um den Beweis anzutreten, hat Bridgestone eine Fahrzeugpalette mit dem AT41 bestückt, die sich für solche Fahrten anbietet. Von der Yamaha T7 über einige KTMs, von der Husqvarna Norden bis hin zur BMW 1250 GS – alles mit Rang und Namen in der Mittel- oder Premiumklasse war vertreten.
Bedeutet: Der AT41 soll sich durch gelegentlichen Staub, etwas Schotter und leichtes Geröll auf dem Waldweg in keiner Weise beirren lassen, aber der Schwerpunkt wird bei etwas anderem liegen. Francois definiert es so: „Ein großartiges Fahrverhalten mit viel Grip auf trockener Fahrbahn und eine hervorragende Traktion, kombiniert mit herausragender Führung und Bremsleistung auch auf nasser Straße. Vor allem auf das Nassverhalten haben wir besonderen Wert gelegt.“
Nie an den Limits
Das schauen wir uns gerne an, also raus auf die Straße. In zwei Tagen – von der Küste runter in die Wüste und zurück nach einer Übernachtung – sind knapp 700 Kilometer vorgesehen; es wird sportlich. Ich konzentriere mich auf den Reifen und auf zwei der damit bestückten Fahrzeuge.Die Ténéré 700 ist ein ehrliches Motorrad. Keine elektronischen Helfershelfer, keine Traktionskontrolle, jede Rückmeldung vom Reifen kommt beim Fahrer an. Und besonders spannend: Ich kenne das Motorrad mit Stollenreifen, gefühlt einem Produkt aus der offroadlastigen 40/60er-Klasse. Jetzt also der gleiche Fahrweg, der gleiche Motor, der gleiche Punch mit dem 80/20er-AT41.
Das Adventure-Profil des AT41 fällt sofort auf. Es passt zu der Geländeanmutung der aktuellen Enduros, vermittelt eine Ahnung von den rauen Manieren, die mit den Motorrädern möglich sind. Doch die Blocks und Rillen sind weder vorne noch hinten reine Optik: Das Design ist optimiert, um die Wasserdrainage zu verbessern und maßgeblich zur beeindruckenden Performance des Reifens auf nassem Untergrund beizutragen. Diese Performance ist zusätzlich dem optimierten Negativ-Profilanteil sowie dem gleichmäßigeren Verhältnis der Profilrillen im Kontaktbereich zu verdanken.
Die Folge: Die spezielle Kontur der Profilblöcke und der verschieden tiefen Rillen verringert die unregelmäßige Abnutzung des Profils und gibt eine hohe Stabilität. Die im Werk in Japan verarbeiteten Gummimischungen mit hohem Silica-Anteil sind somit mit Blick auf Grip als auch auf Laufleistung hin entwickelt. Die mittlere Lage ist dabei härter als die beiden Flankenbereiche.
Wie sich das auf der Straße auswirkt? Bei der Ténéré 700 verändert sich im Vergleich zum Stollenreifen ihr Charakter vollkommen. Die Rückmeldung vom Vorderrad scheint auf den ersten Kilometern leiser, fast kaum vernehmbar. Doch spätestens nach den ersten Serpentinenerfahrungen realisiert man, dass der AT41 ein Zeitgenosse ist, der still, aber verlässlich arbeitet, und auf den man sich unbedingt verlassen kann. Genauso das Hinterrad: Kein rubbliger Grenzbereich, dafür ein Grip, der aus dem Testfahrzeug einen hochbeinigen Kurvenkünstler mit Supermoto-Anmutung macht. Die Grenze der Machbarkeit liegt an der Position der Fußrastanlage und beim Fahrer. Der AT41 kann immer noch ein Quantum mehr.
Ähnlich verhält es sich bei der BMW R 1250 GS, der Schwermaschine, die ich ausführlich mit dem AT41 bestückt gefahren bin. Trotz der Vierteltonne Kampfgewicht zeigt sich der AT41 gerade mit Blick auf die Stabilität und den Geradeauslauf der Premium-Enduro völlig unbeeindruckt. Grip ohne Ende, Schräglagen bis an die Stiefelspitze; auch beim scharfen Anbremsen zeigt der Reifen keine bockigen Reaktionen. Die GS läuft so ruhig, wie sie soll, das heißt, der Bridgestone-Newcomer ist trotz seines kernigeren Aussehens in erster Linie auf der Straße daheim.
Kompromisse fürs ganz Kernige

Doch wie gesagt: Das natürliche Habitat des AT41 ist der Asphalt, der feste Belag. Das Können abseits davon reicht aber, solange es trocken bleibt, allemal aus, um Ausflüge in die Botanik zu machen. Jeglicher Waldweg ist kein Problem. Für Langstrecken-Enduristen ist der AT41 also ein Kandidat für die ganz enge Auswahl: Mit diesem Reifen kann man entfernteste Ziele ansteuern, dabei auch richtig am Kabel ziehen und vor Ort dann tief in die unbefestigen Nationalpark-Tracks vorstoßen. Der AT41 macht es, wenn man nicht in den aggressiven Sportenduro-Modus schaltet, gerne mit. Nach Bridgestone-Angaben sind Laufleistungen über 10.000 Kilometer machbar.
Der AT41 ist in neun Größen (4 Vorder-/5 Hinterreifen) erhältlich und jeweils mit der M+S-Markierung gekennzeichnet. Damit passt er ohne Geschwindigkeitsbeschränkung auf nahezu alle aktuellen Motorräder im Adventure-Segment.
Laufleistung
23 /25
Pro
- vorne/hinten gleichmäßige Abnutzung
- gute Laufleistung
Handling
19 /20
Pro
- sauberer Geradeauslauf
- nicht kippelig, sehr stabil
Kurvenverhalten
18 /20
Pro
- stabil, auch in schnellen Kurven
- sehr gutes Gripniveau
- bis zur Kante sicher fahrbar
Nasslaufverhalten
18 /20
Pro
- ausreichende Traktion
- kein Aquaplaning feststellbar
Schotter
12 /15
Pro
- brauchbarer Grip auf festen Pisten
Contra
- nicht für hartes Gelände geeignet
M&R
90/100 Punkte
Optimaler Reiseenduro-Reifen, deckt das gesamte Segment ab. Grip und positives Feedback hervorragend.
Fahrer Equipment
Text: Jochen Vorfelder, Fotos: Bridgestone
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