
Endlich mal wieder die gewohnte Umgebung erkunden und dort entlangfahren, wo andere Urlaub machen. Der Harz ist, als nördlichstes Mittelgebirge Deutschlands, für viele Motorradfahrer aus der Küstenregion die erste Anlaufstelle um genussvoll durch kurvenreiche Landstriche zu fahren. Aber auch immer mehr Gäste aus dem Süden finden ihren Weg in diese wunderschöne Landschaft. Im Dreiländereck von Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, um Motorradfahrerherzen zu erobern. Auf unserer Tour fahren wir vom West- in den Ostharz und über den südlichen Teil wieder zurück.
Gleich zu Beginn wartet ein Highlight auf uns. Start der Route ist Herzberg. Nach einem ausgiebigen Frühstück werden die Maschinen für den Tag startklar gemacht, damit wir schon in den Morgenstunden die ersten Kilometer zurücklegen können. Außerhalb der Stadt läutet das Siebertal die erste Etappe unserer Tour durch den Nationalpark Harz ein. Durch das Tal zieht sich der gleichnamige Fluss, der parallel zur Strecke verläuft. Der meiste Verkehr fährt über die Bundesstraßen, sodass wir die Ruhe hier fast für uns allein genießen können. Den Fluss ein- bis zweimal gequert, geht es vom Tal über schöne, enge Serpentinen mehrere Höhenmeter hinauf, bis wir am Ende des Siebertals in St. Andreasberg eintreffen. Im Winter ist der Ort ein beliebtes Ausflugsziel für Tausende von Wintersportlern, im Sommer werden die Hänge zur Spielwiese für Mountainbiker und Sommerrodler. Da wir später erneut durch die Bergstadt rollen werden, nehmen wir schnellstmöglich den nächsten Abschnitt unter die Räder. Außerdem müssen wir uns die erste Pause erst einmal verdienen, bevor wir uns die Beine vertreten können.

Unzählige Kurven entlang der Grenze
Kurz hinter St. Andreasberg bringt uns die B 27 auf schnellem Wege nach Braunlage und Richtung Bad Sachsa, ehe wir nach einigen Kilometern in eine Einmündung einbiegen, die uns via B 4 nach Hohegeiß führt. Der Bundesstraßenabschnitt ist eine fabelhafte Strecke mit ausreichend Kurven, um richtig Spaß zu haben. Leider ist es mittlerweile eine der wenigen Strecken im Harz, auf der das Tempo für Motorradfahrer auf 70 km/h gedrosselt wurde. Dennoch bleibt sie ein gerne gefahrener Teilabschnitt im Harz. Nach diversen Kurven führt hinter Hohegeiß eine Nebenstrecke über Benneckenstein (Harz) nach Trautenstein, bis Hasselfelde erreicht ist.Hasselfelde ist durch die Westernstadt „Pullman City“ sicherlich dem einen oder anderen bekannt. Einmal im Jahr findet in der Stadt der Cowboys und Cowgirls ein großes Bikertreffen statt, bei dem viele Motorradfahrer aus der Umgebung, aber auch von weit entfernten Orten zusammenkommen. Bevor wir den Westernort passieren, biegen wir allerdings nach rechts Richtung Nordhausen ab. Vor uns wartet ein sehr kurvenreicher Abschnitt der B 81. Nach den ersten 20 Links-Rechts-Kombinationen hören wir auf, weiter zu zählen, und genießen lieber die Schräglagen. Dreizehn Kilometer voller Freude rollen wir direkt an der Grenze der Bundesländer Sachsen-Anhalt und Thüringen entlang, bis am Ende der Etappe ein Zwischenstopp am Bikertreffpunkt Netzkater eingelegt wird.
Die ehemalige Grenze zur DDR
Apropos Grenze. Geschichtsliebhabern wird während der Tour sicherlich auffallen, dass wir mehrmals die ehemalige Grenze zur DDR passieren. Diese zieht sich quer durch den Harz. Angefangen in Tettenborn führt sie nach Hohegeiß, Sorge und nimmt zwischen Braunlage, Elend und Schierke ihren weiteren Verlauf über den Brocken, bis sie zwischen Bad Harzburg und Stapelburg Richtung Vienenburg weiterführt. Durch Hinweisschilder wird auf das damals geteilte Deutschland hingewiesen. Ein genaues Datum sowie eine Uhrzeit geben Auskunft darüber, bis wann jener Grenzpunkt geschlossen war. Nach unserem kleinen Kaffeestopp wollen wir aber weiterfahren, ehe die Motoren und Reifen zu sehr abkühlen. Hinunter nach Ilfeld cruisen wir nun ein Stück an der Südseite des Harzes entlang. Dabei queren wir die Orte Neustadt/Harz, Buchholz und Rottleberode. Ab Schwenda geht es wieder hinauf in den Nationalpark, bis wir von Allrode nach Friedrichsbrunn und schließlich zu unserem Mittagsstopp, dem Hexentanzplatz bei Thale, fahren.
Willkommen am „Grand Canyon” – dort, wo die Hexen tanzen
Vom Hexentanzplatz aus eröffnet sich ein grandioser Blick auf die schroffen Klippen des Bodetals. Es gilt als „Grand Canyon“ des Mittelgebirges. Der Hexentanzplatz ist ein 454 Meter über Normalnull gelegenes Plateau, das direkt am Abhang der Klippen mit vielen guten Restaurants und kleinen Lädchen bebaut ist.
Der Sachsenwall
Zur Zeit der Sachsen zog sich der Sachsenwall, eine 150 Meter lange Trockenmauer, über den Platz. Teile der Anlage sind noch heute zu finden. Angeblich ist der Ort eine altsächsische Kultstätte. In der Nacht vom 1. Mai wurden zur Verehrung der Wald- und Berggöttin Hagedisen Feste abgehalten. Fränkische Soldaten bewachten nach Verbot der Feste diesen Bereich und wurden der Überlieferung zufolge von auf Besen fliegenden und als Hexen verkleideten Sachsen verjagt. Heute wird vor allem die Walpurgisnacht im großen Stil auf dem Hexentanzplatz gefeiert, die immer wieder viele Besucher in den Harz zieht.
Hoch über dem Boden und tief unter der Erde
Nachdem wir alle gestärkt sind, satteln wir unsere motorisierten Besen. Vom Hexentanzplatz fahren wir am Bodetal entlang, bis wir in Thale ankommen. Schnell von Timmenrode nach Wienrode gedüst und wieder zurück in bewaldetes Gelände. Nachdem wir einige Kilometer zurückgelegt haben, erreichen wir die Rappbodetalsperre. Hinter der Staumauer der Talsperre führt die Straße durch einen Tunnel und danach vorbei an einem Parkplatz auf der rechten Seite. Wer mag, hält hier an und kann ein Stückchen den Hang hinaufgehen, um vom Anfang der „Titan“-Hängebrücke an der Talsperre hinunterzuschauen oder darüber laufen. Dafür muss am Infohaus auf dem Parkplatz ein Ticket gelöst werden. Alternativ kann man sich über die kreischenden Adrenalinjunkies amüsieren, die oberhalb der Hängebrücke mit einem Klettergeschirr an einer Seilrutsche hängen und über die Talsperre „fliegen“ oder aber mit einer Riesenschaukel unter der Brücke hin und her schwingen. Wir genießen derweil unsere Getränke am Imbissstand und machen uns wieder auf den Weg.
Nostalgische Dampfloks entlang der Straße
Genug von der Talsperre, wir wollen Motorrad fahren. Deshalb starten wir die Maschinen und begeben uns zurück ins Kurvenvergnügen. Von der Rappbodetalsperre fahren wir zum Höhlenort Rübeland. Links abgebogen führt uns die B 27 nach Elbingerode. Von hier aus steuern wir Wernigerode an. Auf dem Teilstück warten viele Kurven auf uns, die uns nach der Pause langsam wieder warm werden lassen. In Wernigerode rollen wir an der Altstadt entlang und richten uns nach den Hinweisschildern, die uns aus der Stadt hinaus Richtung Schierke führen. Mit etwas Glück kann man auf der Strecke von Wernigerode den Berg hinauf eine Attraktion des Harzes, die „Harzer Schmalspurbahn“, bestaunen. Hierbei handelt es sich um mehrere alte Dampfloks, die quer durch den Harz schnaufen. Im Ort Drei Annen Hohne fahren wir unmittelbar an einem der großen Bahnhöfe der Schmalspurbahnen entlang. Von hier aus kann man hinauf zum Brocken, nach Nordhausen oder Wernigerode fahren. Heute wird der Harz allerdings lieber auf zwei Reifen erkundet, deshalb peilen wir die Ortschaft Elend an. Aufmerksamen Fahrern und Fahrerinnen fällt wohl der Ort Schierke auf. Im gesamten Gebiet des Harzes sieht man immer wieder Schilder oder Fahnen mit dem Aufdruck „Schierker Feuerstein“. Hierbei handelt es sich um einen Schnaps, der von von einem Apotheker erfunden wurde und mittlerweile überregional bekannt ist. Zwischen Elend und Braunlage führt die Route über einen vergleichsweise geraden Abschnitt, der mit seinen vielen langgezogenen Hügeln dennoch seinen Reiz hat. Zwischen den beiden Orten wartet ein Geheimtipp für die Gourmets unter uns. Kukki’s Gulaschkanone, eine kleine Feldküche mitten im Wald, führt zwar nur wenige Menüs auf der Speisekarte, die gute Hausmannskost kann dafür aber umso besser genossen werden.
Freier Blick auf den Brocken, den höchsten Berg im Norden
In Braunlage angekommen, fahren wir rechts am Eisstadion und dem anliegenden Wurmberg vorbei. Im Winter wird hier, wie auch in St. Andreasberg, der Berg zum Rodeln, Ski- und Snowboardfahren genutzt. Im Sommer dient er unzähligen Wanderern und Touristen als beliebtes Ausflugsziel. Wir folgen der Hauptstraße aus der Stadt hinaus und auf direktem Wege über die B 242 auf einer der höchstgelegenen Harzstraßen, über Königsgrund und Oderbrück, zu einem weiteren beliebten Bikertreffpunkt nach Torfhaus.Der Ort verfügt über einen Parkplatz, der an Wochenenden speziell für Motorradfahrer geöffnet ist. An sonnigen Tagen finden sich hier hunderte von Motorrädern ein. Zwischen den ganzen Zweirädern gibt es immer wieder das eine oder andere Schätzchen zu bestaunen, um das sich zahlreiche interessierte Fahrer versammeln. Ein Highlight abseits der Motorräder ist der freie Blick hinüber zum Brocken. Wer den höchsten Berg im Harz aufmerksam betrachtet, kann vielleicht auch die Dampfwolken der Brockenbahn erkennen, die sich den Berg hinauf zu dessen Gipfel zieht.

Viele Kurven zum Abschluss der Tour
Nach einem ausführlichen Plausch über die bisherige Tour nehmen wir den letzten Abschnitt unter die Räder. Dem Torfhaus den Rücken gekehrt, rollen wir hinunter nach Altenau. Der Strecke Richtung Clausthal-Zellerfeld folgend, durchfahren wir viele enge Kurvenkombinationen und ein Waldstück. Die Fahrfreude ist groß, obwohl die Geschwindigkeit hier auf 60 km/h gedrosselt ist. Viel schneller muss man an dieser Stelle allerdings nicht unterwegs sein, die Kurven lassen sich auch so wirklich gut genießen. Am Ende der Straße kommen wir am Dammhaus an, das wir rechts liegen lassen und der B 242 bergauf folgen, bis wir schließlich den Sonnenberg erreichen. Dort biegen wir rechts ab und passieren erneut St. Andreasberg.Zum Abschluss unserer Harztour rollen wir von St. Andreasberg auf gemütlichen Straßen über Bad Lauterberg und Scharzfeld auf einer Nebenstrecke, die parallel zur B 243 verläuft, zurück nach Herzberg am Harz.
#Deutschland #GPS #Tour #Treffen