Mit Essen und Trinken kann man sich in Luxemburg gut aufhalten, insbesondere in den Ortschaften an der Mosel, die über eine Länge von 39 Kilometern der Grenzfluss zu Deutschland ist. Von einer Landesgrenze bemerke ich allerdings wenig, man fährt, ohne es zu bemerken, von einem Land ins andere. Zu verdanken haben wir dies dem Abkommen von Schengen. In der kleinen Gemeinde, nur wenige Kilometer von Remich entfernt, wurde 1985 der Vertrag über den Wegfall von Grenzkontrollen unterzeichnet. Im Schlosspark und im benachbarten Europäischen Museum kann man den Hauch der Geschichte einatmen. Ich allerdings ziehe die frische Landluft zwischen den Weinbergen und auf dem Weg in die Mitte des Landes erst einmal vor. So klein Luxemburg auch ist, die Landschaft präsentiert sich überraschend weitläufig, sehr hügelig und von Wiesen und Weiden geprägt, lediglich von einzelnen Waldgebieten unterbrochen. Der Blick reicht bis zum Horizont, die dicht am Straßenrand stehenden Platanen verlangen allerdings ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit. So viele Alleenstraßen wie hier gibt es bei uns nicht mehr. Anstatt sie abzusägen, haben die Luxemburger einfach Schilder für unachtsame Zweiradfahrer aufgestellt, um auf das Gefahrenpotenzial hinzuweisen. Spaßig ist die Kombination mit den Warnhinweisen zur Zeit der Krötenwanderung: Wer soll da eigentlich nicht überfahren werden?


Wunderschöne kleine Gassen in der Hauptstadt
Die Fahrt aus der Unterstadt hinauf in die Altstadt durch kleine Gassen und entlang des senkrecht abfallenden Felsens mit seinen 23 Kilometer langen, in den Fels gehauenen Höhlen und Gängen ist ein echtes Erlebnis. Über einige Serpentinen erreicht man durch die Hintertür den Zugang zum mittelalterlichen Zentrum. An der Schlossbrücke vor der Altstadt kann man die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Festungsanlage bei einer Führung näher in Augenschein nehmen. Von hier hat man auf der einen Seite einen tollen Blick ins Alzette-Tal und auf die Skyline der Stadt sowie auf der anderen Seite auf das imposante aus dem 19. Jahrhundert stammende Eisenbahn-Viadukt „Passerelle”, das das Tal des Flüsschens Pètrusse überquert. Dahinter liegt auf dem Kirchberg-Plateau das moderne Luxemburg mit der futuristisch anmutenden Philharmonie, einigen EU-Verwaltungshochhäusern aus Glas und Beton sowie das sehenswerte Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean, kurz „Mudam” genannt. Kaum habe ich D’Stad hinter mir gelassen, tauche ich in eine ganz andere Welt ein, ursprünglich, naturbelassen und wildromantisch. Die „Kleine Luxemburger Schweiz” liegt westlich von Echternach. Ein Paradies für Kurvenwedler, was man an den verstärkt auftretenden Biker-Gruppen feststellt, die aus Deutschland, Belgien und Holland anreisen. Mit meinem Dreirad-Scooter werde ich von den Big-Bikern zwar nicht ganz ernst genommen, aber auf den kurvigen Sträßchen wundern sie sich dann doch, dass sie mich dank meiner Schräglagenfreiheit nicht so richtig abschütteln können.
Selbst, wenn es mal regnet – ausgerechnet wenn ich komme! –, besitzt die als Mullerthal bezeichnete Region eine besondere, unheimliche Ausstrahlung. Bizarre Felsformationen mit Namen wie Goldkaul, Eulenburg und Ramely klingen nicht nur so, als stammten sie aus Mittelerde, sie gehen häufig auf alte Legenden, Sagen und Mythen zurück. Eine passende Kulisse für den Film „Herr der Ringe” hätte der „Schiessentümpel” abgegeben, ein malerischer Wasserfall an der Schwarzen Enz. Das Wasser schießt in drei Strömen über eine Felskante in ein darunterliegendes Felsbassin, um dann seinen Verlauf in Richtung der Ortschaft Mullerthal fortzusetzen. Mit der idyllischen Brücke aus Stein und Holz, den umliegenden Felsen und der üppigen Vegetation ist der Schiessentümpel eines der beliebtesten Ausflugsziele in der Region Mullerthal – und ein Highlight für Fotografen. Gerade im Tal der Schwarzen Enz könnte man den ganzen Tag hin und her fahren.

Das gilt auch für den Blick vom kleinen Aussichtspunkt oberhalb von Clervaux. Die überschaubare Ortschaft wird überragt vom weiß angestrichenen Schloss mit seinen schwarz bedachten Rundtürmen. Die eigentliche Attraktion der Anlage aber ist die Foto-Ausstellung „Family of Man” des ehemaligen Kurators des Museums für Moderne Kunst MOMA in New York, Edward Steichen. Der gebürtige Luxemburger hatte die Ausstellung mit 503 Schwarz-Weiß-Fotos von 273 Fotografen aus 68 Ländern erstmals 1955 im MOMA präsentiert. Bis 1964 zog sie weltweit über neun Millionen Besucher in ihren Bann. Danach schenkten die USA die Fotos dem Land Luxemburg, so wie es sich Steichen gewünscht hatte. Nach der Restauration sind die beeindruckenden Fotos, die ein Manifest für den Frieden und die Gleichheit der Menschen darstellen sollen, jetzt im Schloss von Clervaux zu bestaunen.

Der Weg von Clervaux nach Vianden gleicht einer Rennstrecke
Fast ein Katzensprung ist es von Clervaux nach Vianden, allerdings einer, der wie eine Rennstrecke ausgebaut ist und noch einmal zum Ausloten der maximalen Schräglage einlädt. In Vianden lege ich neben der einzigen Sesselbahn Luxemburgs einen Kaffeestopp im gemütlichen „Chalet Télésiege” ein, das an eine österreichische Skihütte erinnert. Von der Terrasse aus, die direkt am Grenzfluss Our liegt, genieße ich die Aussicht über das Wasser auf die imposante Burganlage, die nahezu vollständig restauriert wurde und zu den bedeutendsten Baudenkmälern Europas zählt. Mit dem letzten Schluck Café au Lait rufe ich kurz zu Hause an, um mich schon mal anzukündigen. „Schön”, höre ich von der anderen Seite der Leitung meine Frau, „ich habe übrigens zwei Kisten Crémant bestellt. Die Dame von der Kellerei hat sich an dich erinnert. Du musst nur noch das Geld überweisen.” Das hat man davon, wenn man von unterwegs erzählt, wie gut einem der Schampus an der Mosel schmeckt. Gott sei Dank habe ich nichts von dem bezaubernd im Wald gelegenen Restaurant „Ecurie du Parc” etwas oberhalb von Clervaux erzählt. Dann käme mich mein nächster Ausflug ins kleine, aber feine Luxemburg nämlich noch teurer zu stehen.
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