Marvin Schoppe
Sena, Cardo
Nach dem Motto „Bluetooth war gestern“ bieten die Hersteller ihre neuen Flaggschiffe mit der neuen Technologie „Mesh Intercom“ an. Was bei beiden Geräten richtig gut und angenehm funktioniert, ist der Einbau. Beide lassen sich in den meisten Fällen ohne hässliche Klebepads am Helm platzieren. Das Sena wird mit der beiliegenden Universalklemme an der Helmschale fixiert, beim Cardo werden Spangenhalterungen unter die Helmschale geschoben. Beide Varianten sind gut durchdacht und ohne Vorkenntnisse umsetzbar. Um das 30K schnellstmöglich beim Fahren ausprobieren zu können, lässt sich dieses nun über eine Schnellladefunktion binnen 20 Minuten so aufladen, dass fünf Stunden Bluetooth-Sprachbetrieb bzw. drei Stunden Mesh-Kommunikation möglich sind. Wer hingegen mit dem Cardo sofort aufs Motorrad möchte, muss entweder eine Powerbank dabeihaben oder aber eine Stromversorgung über die Bordelektronik herstellen.
Zwei Update-Möglichkeiten
Um spätere Probleme mit der Kopplung von Fremdgeräten zu vermeiden, sollten beide Geräte vor der ersten Inbetriebnahme mit der aktuellsten Firmware versehen werden. Mit dem „Sena Device Manager“ lässt sich dies im Alleingang über den Computer bewerkstelligen. Mit dem Programm können zudem noch feine Einstellungen im Gerät, wie die Empfindlichkeit des Mikrofons oder dergleichen angepasst werden. Wer keine Lust hat, das Gerät manuell mit einem Update zu versehen, kann dieses mit dem optionalen Sena Wifi Pack automatisch auf dem neuesten Stand halten. Cardo löst die Update-Funktion über die Cardo-Community im Web-Browser. Nach einer Programm-Installation gelangt man auf eine übersichtliche Oberfläche, die einem durch die Einstellungen usw. führt. Letztendlich funktionieren aber beide Varianten sehr gut und regeln bis auf die individuellen Einstellungen alles von selbst.
Drei Intercom-Varianten
Will man sein Intercom-Gerät mit anderen koppeln, lässt sich dieses auf drei unterschiedliche Weisen vornehmen. Da es oftmals vorkommt, dass nicht alle Gruppenteilnehmer dieselbe Technik verwenden, ermöglicht das jeweilige Gerät seinem Nutzer, eine Bluetooth-Verbindung zu Fremdgeräten herzustellen. Erst auf den aktuellsten Entwicklungsstand gebracht, lässt sich eine störungsfreie Verbindung zwischen dem Slim und 30K herstellen. Bei Geräten anderer Hersteller wie dem Cellularline Interphone Shape gab es auch ohne Update keine Probleme mit der Verbindung.
Die zweite Möglichkeit der Kommunikation ist die herkömmliche Bluetooth-Variante. Hier lassen sich vier Geräte des jeweiligen Systems miteinander koppeln. Bei beiden funktioniert dies sehr angenehm und schnell – vorausgesetzt die Anleitung wurde vorher aufmerksam gelesen und verstanden.
Womit sich das Sena 30K und auch das Cardo Packtalk Slim rühmen, ist die verbaute Mesh-Technologie. Hierbei lassen sich bis zu 16 Teilnehmer beim 30K bzw. 15 beim Slim miteinander vernetzen, dabei ist die Reihenfolge der Teilnehmer unabhängig zueinander. Die Reichweite der Kommunikation wird so von Gerät zu Gerät erweitert, laut Hersteller maximal auf acht Kilometer bei Sena und fünf bei Cardo. In der Realität sieht dieses Thema allerdings etwas anders aus. Sobald sich Hindernisse wie Bäume oder Häuser in der unmittelbaren Umgebung befinden, reduziert sich die Reichweite drastisch. So haben wir gemerkt, dass die Mesh-Verbindung abreißt, sobald sich die Fahrer nicht mehr im Sichtkontakt befinden. Beim Cardo Packtalk Slim war dies schon nach knapp 330 Metern der Fall, beim Sena-Gerät nach rund 560 Metern, beides im Duo-Betrieb getestet. Sobald mehr als drei Geräte Teil der Gruppe sind, besteht beim Cardo-Gerät eine bessere Mesh-Verbindung als beim Sena, entsprechend funktioniert die Reichweite von Gerät zu Gerät nicht wirklich zuverlässig, allerdings sollte dies zu keinen störenden Situationen führen, da man meistens relativ dicht beieinander fährt. Wirklich angenehm und gut ist die Wiederaufnahme eines Geräts in die Gruppe, sollte sich ein Fahrer einmal von dieser trennen und später wieder aufschließen. Hier überzeugen beide Geräte mit schnellen Verbindungen.
Intuitive Bedienung
Die Bedienung über die Knöpfe funktioniert gut. Beim Sena kann man abgesehen von den Sprachbefehlen alles Weitere sehr intuitiv über das Drehrad regeln. Beim Cardo gibt es auch hier wirklich gut funktionierende Sprachkommandos, die Bedienung über die Knöpfe erfordert allerdings etwas Übung. Wichtig bei einem Kommunikationsgerät ist die Qualität der Audiosignale. Vom Sena 30K wurden wir an dieser Stelle positiv überrascht. Die Musikwiedergabe trumpft mit einem guten Klang und auch beim Radio kommen keine störenden Signale zustande. Unterhaltungen lassen sich hervorragend führen, teilweise muss sogar die Lautstärke etwas reduziert werden. Insgesamt wurde alles sehr vernünftig konfiguriert. Leider kann das Cardo Packtalk Slim hier nicht mithalten. Zwar werden alle Signale in einer ausgezeichneten Qualität übertragen, die Lautstärke ist aber definitiv bei höheren Geschwindigkeiten zu gering. Auch ein anschließendes Nachbessern in der Cardo Community hat dieses Problem leider nicht beseitigt. Hoffentlich wird hier über ein Update noch nachgebessert. Weitere lobenswerte Kriterien sind die automatischen Lautstärkeanpassungen je nach gefahrener Geschwindigkeit. So werden beide Geräte eigenständig lauter oder leiser. Hinzu kommt, dass sich die Tonspuren überlagern. Hört man Musik, wird diese leiser, sobald jemand anfängt zu sprechen, gleiches gilt bei Ansagen von einem Navigationsgerät.
Fazit
Insgesamt lässt sich sagen, dass beide Geräte ihre Qualitäten haben und das Fahrerlebnis positiv beeinflussen. Durch die Sprachbefehle müssen die Knöpfe nicht mehr umständlich gedrückt werden. Außerdem kann man sich so komplett auf den Straßenverkehr konzentrieren und das gemeinschaftliche Touren genießen. Im Zweimann-Betrieb überzeugt das Sena, für eine größere Gruppe sollte aber das Cardo-Gerät gewählt werden, da hier das Mesh besser funktioniert. Was das Cardo in seiner leichten und kompakten Bauweise gut macht, holt Sena mit der intuitiven Bedienung wieder heraus. Weiterer Sena-Vorteil ist die Möglichkeit, das Gerät von der Halterung zu lösen, um es bei einer Pause sicher in der Jackentasche verstauen zu können. Durch ein Update der Gerätesoftware lassen sich die Geräte miteinander verbinden, und es muss sich im Freundeskreis nicht auf ein System geeinigt werden.
Praxistauglichkeit
16 /20
Pro
- Einstellrad auch gut mit Handschuhen bedienbar
- sehr gute Smartphone-/Navi-Kompatibilität
- Siri/GoogleNow kompatibel
- Sprachbefehle „Hello Sena...“ werden gut umgesetzt
Contra
- ohne Firmware-Update keine/schlechte Verbindung zu Fremdgeräten
Material/Verarbeitung
13 /15
Pro
- Mesh- & Bluetooth-Funktion
- Audiostreaming (Musik/Radio)
- automatische Lautstärkeanpassung
- Fernsteuerung von Audio- & Videogeräten
Pro
- Universal-Helmklemme
- Befestigungsadapter zum Kleben
- Kabel- & Bügelmikrofon
- Ladekabel für unterwegs
Pro
- 20 5g einbaufertig; 66 g Hauptmodul
- 13 Stunden Bluetooth
- 8 Stunden Mesh
Sprachqualität/Reichweite
18 /25
Pro
- urbane Reichweite: Mesh ca. 560 m; Bluetooth ca. 330 m
- störungsfreie Sprachqualität, bei kurzer Distanz, bei längerer Distanz abgehackte Wortbrocken
Contra
- geringe Reichweite im Wald & Gebirge
Weiteres Produkt zu diesem Artikel