Papier ist bekanntermaßen geduldig und in der Papierform sind andere Motorräder der großen Bandit sicherlich voraus. Um den Fragen aber wirklich auf den Grund zu gehen, haben wir während unserer Testwoche das gemacht, was man in solchen Fällen machen sollte: Wir haben uns draufgesetzt und sind damit im Kurvenlabyrinth des Odenwalds unterwegs gewesen.

Die Ergonomie stimmt, also heißt es „Motor Start“!
„Fahren geht über Studieren“, zugegeben, ein etwas abgewandeltes Sprichwort, das hier jedoch absolut zutrifft. Der Druck auf den Anlasserknopf erweckt die 1255 Kubikzentimeter des Reihenvierzylinders zum Leben. Der mächtige verchromte Auspufftopf dämpft das Motorengeräusch auf ein zeitgemäßes Niveau und erweckte den Eindruck, neben einem sanften Lämmchen zu stehen. Also aufgesessen und sich auf dem Motorrad zurechtrücken. Die Sitzbank ist okay, ein guter Kompromiss zwischen komfortabel und straff, die Sitzhaltung leicht nach vorne geneigt, aber entspannt, dazu ein angenehmer Kniewinkel, wenn man nicht über ein eigenes ausladendes Fahrwerk verfügt. Mann oder Frau sitzt im Motorrad und der Asphalt bleibt auch für nicht so groß gewachsene Menschen erreichbar.

Die „nur“ 98 PS bringen einen schon mächtig Vorwärts!
Los geht die Fahrt, schließlich wollen wir die Bandit nicht nur anschauen und darüber räsonieren, was sie nicht hat oder kann, sondern wir wollen erfahren, was sie noch drauf hat. Und das ist eine Menge. Schon auf den ersten Metern beim Warmfahren des Motors, der Reifen und natürlich des Fahrers können wir die ersten positiven Eindrücke sammeln. Selbst im kalten Zustand vermittelt der Motor das Gefühl, da geht was. Das Getriebe lässt sich weich schalten und Lastwechselreaktionen sind kaum zu bemerken. Und als der Motor seine Betriebstemperatur erreicht hat, glaubt man nicht, dass hier nur 98 Pferdchen von der Leine gelassen werden. Der Big Block entwickelt mit immerhin 108 Newtonmetern bei nur 3.700 Umdrehungen seinen Druck schon aus dem Drehzahlkeller heraus, der einem beim Beschleunigungsvorgang die volle Aufmerksamkeit abverlangt, da ansonsten das Vorderrad leicht an Bodenkontakt verliert.Dabei zählt die Bandit mit ihren fahrfertigen 254 Kilogramm nicht einmal zu den Leichtgewichten unter den Motorrädern. Trotzdem lässt sie sich dank eines tiefen Schwerpunkts mit einer Leichtigkeit durch das Kurvenlabyrinth des Odenwalds bewegen, dass es eine wahre Freude ist.

Das Fahrwerk und die Bremsanlage überzeugen uns!
Das sportlich straffe, aber nicht unkomfortable Fahrwerk in dem verwindungssteifen Doppelschleifen-Rohrrahmen harmoniert perfekt mit der Kraft des Vierzylinders. Die nur in der Federvorspannung einstellbare 43er-Teleskopgabel sowie das, in Federvorspannung und Druckstufe, einstellbare Zentralfederbein hinten sind gut aufeinander abgestimmt.Schaltfaul – man bedenke die bereits erwähnte schwergängige Kupplung – surfen wir von Kurve zu Kurve durch das Grün. Dabei sind dank der hoch liegenden Fußrasten satte Schräglagen möglich.
Und wenn es mal etwas schneller geht, die Vier-Kolben-Bremsanlage der Bandit mit ABS verzögert exzellent. Sie ist hervorragend dosierbar und gerät selbst bei mehrfachen heftigen Bremsmanövern nicht an ihre Grenzen. Während einer kurzen Autobahn-Etappe können wir dann noch den ausgezeichneten Windschutz der halbschaligen Verkleidung feststellen.
