Unter Strom gesetzt: Suzuki V-Strom 650XT

Suzuki hat sich der kleinen V-Strom 650 angenommen und ihr eine neue Optik verpasst, den Motor überarbeitet und Elektronik implantiert.
Unter Strom gesetzt: Suzuki V-Strom 650XT
Unter Strom gesetzt: Suzuki V-Strom 650XT
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04.09.2020
| Lesezeit ca. 5 Min.
Dirk Bertram
Suzuki

 Suzuki V-Strom 650XT Fahrbild

Motorräder können noch so gut fahren – wenn die Interessenten nicht auf den ersten Blick anspringen, fällt die Überzeugung dafür schwer. Suzukis V-Strom 650 gehört zu dieser Kategorie: Schon immer ein gutes Motorrad, fand die Optik von Anfang an nur wenig Zustimmung. Damit wollten die Japaner für 2017 Schluss machen und haben sich für die Kleine am Aussehen der ebenfalls für 2017 überarbeiteten Tausender V-Strom orientiert. Jetzt leuchtet die 650er aus einem übereinander angeordneten Doppelscheinwerfer, den es so sonst nirgends gibt, auch der Schnabel reicht nun weiter nach vorn, überragt von einem größeren Windschild. Hinten prangt nun noch ein LED-Rücklicht, und schon können sich bedeutend mehr Menschen für die kleine V-Strom erwärmen. Neben dem Basismodell bietet Suzuki eine XT-Version an, die an Attraktivität noch ein wenig draufsattelt: Gegen Zahlung von 600 Euro Aufpreis auf den Preis von 8.390 Euro für die Standardversion ist die XT serienmäßig versehen mit wirksamen Handprotektoren, die gut zum Fahrzeug passen, einem Motorunterfahrschutz, der den Krümmerverlauf und unschön verlegte Kabel und Schläuche verdeckt, sowie stilechten Speichenrädern. Letztere gibt es in Gold leider nur für die gelbe Variante, die weiß und schwarz lackierten V-Stroms müssen sich mit schwarzen Felgenringen begnügen.
 Suzuki V-Strom 650XT Motor

Feiner V2-Motor mit 71 PS

Unter der nur mäßig modifizierten Verkleidung haben die Ingenieure den flüssigkeitsgekühlten 90-Grad-V2 mit einer Vielzahl von Detailmaßnahmen verfeinert, so helfen neue Kolben, eine geänderte Auslassnockenwelle, überarbeitete Einspritzung und eine modifizierte Auspuffanlage, die Anforderungen der Euro-4-Homologation zu stemmen. Und das war nicht umsonst: Der feine V-Motor atmet nicht nur sauberer aus, er wurde auch ein kleines bisschen kräftiger. Aus seinem Mittelklasse-Hubraum von 645 cm³ lässt der Triebling nun 71 Pferdchen traben bei 62 Newtonmeter Drehmoment wo die Vorgängerin noch 69 PS und 60 Nm aufzubieten hatte.
Dass die Kurven von Leistung wie Drehmoment mit Ausnahme einer kleinen Delle um 4.000 Touren auf dem Leistungsdiagramm immer einen Tick über denjenigen der letztjährigen 650er liegen, ist nicht nur rein theoretischer Natur. Im Fahrbetrieb erfreut das Aggregat mit einer angenehm kräftigen Drehzahlmitte und tadellosen Manieren – zwischen 2.000 bis gut 8.000 Touren schiebt die Suzuki V-typisch nachdrücklich voran, ohne unangenehm zu vibrieren oder mit Lastwechseln aus der Bahn zu schlagen. Weiter nach oben drehen, bringt kaum mehr Schub, vielmehr erlaubt die drehmomentorientierte Auslegung die Wahl aus mindestens zwei, manchmal sogar drei Gangstufen, ohne an Vortrieb einzubüßen.

Hohes Bequemlichkeitsniveau dank elektronischer Assistenzsysteme

Durch Elektronik-Zugaben erlangt die V-Strom eine besonders hohes Bequemlichkeitsniveau: Dem Easy-Start-System genügt ein kurzer Druck aufs Knöpfchen, schon übernimmt der Zentralrechner den Startvorgang und versorgt die 650er selbsttätig mit Zündfunken und Gemisch, bis der Motor rund läuft. Ein Abwürgen beim Anfahren ist nun praktisch ausgeschlossen durch den Low-RPM-Assist, der beim Einkuppeln automatisch die Drehzahl anhebt und für sicheres Anfahren sorgt. Neuerdings hat die 650er auch eine zweistufige Traktionskontrolle an Bord, für einen eventuellen Geländeeinsatz abschaltbar ausgeführt. Diese erscheint jedoch ein wenig zu defensiv abgestimmt zu sein, denn selbst in der schärferen Stufe 1 verursacht flottes Gasgeben ein regelrechtes Blitzlichtgewitter im neuen Instrumentarium.
Und engagiertes Gasgeben im Winkelwerk kann die 650er, da gibt es gar keine Frage – obwohl die vollgetankte XT mit 216 Kilo (die Standardversion ist drei Kilogramm leichter) nicht gerade zu den Leichtgewichten zählt. Handlich, aber ohne nervöse Agilität biegt die V-Strom um sämtliche Biegungen. Enge Kurvenstrecken nimmt sie mühelos und sehr sicher unter die Räder, was dem Fahrer viel Vertrauen und das Gefühl gibt, stets mit reichlich Reserven unterwegs zu sein. Obwohl recht komfortabel abgestimmt, schluckt das Fahrwerk selbst engagiert vorgetragene Kurvenjagden ohne größere Wackeleien. Dabei erweisen sich die aufgezogenen neuen Bridgestone Battlax Adventure A40-Reifen als ein echter Gewinn: Neutral, ziemlich präzise und mit einem bärigen Grip gesegnet verleihen sie der Suzuki eine gehörige Portion Fahrdynamik.
 Suzuki V-Strom 650XT Cockpit

Für ein noch aktiveres Fahrverhalten lässt sich die Federvorspannung am Heck mittels hydraulischem Handrad in Sekundenschnelle erhöhen, was zumindest teilweise die entkoppelnde Haltung in tiefer Sitzmulde bei hohem Lenker kompensiert. Nur wer viel gibt, wird einiges ernten – dieser Spruch gilt für die mit größeren Scheibendurchmessern versehenen Bremsen. Die beiden Schwimmsattelzangen im Vorderrad wollen von kräftiger Hand bedient werden, dann kann auch die Verzögerung überzeugen.
 Suzuki V-Strom 650XT Fahrbild

Aufgewertete Serienausstattung

Dass Suzuki sich einen Teil der am Vorgängermodell geäußerten Kritik zu Herzen genommen hat, zeigt die für 2017 aufgewertete Serienausstattung. Als da wären ein größeres, allerdings nur mit Werkzeug dreifach in der Höhe verstellbares Windschild sowie eine Lenkerfernbedienung für die Anzeigen im neuen, nun mit einer praktischen Ganganzeige versehenen Cockpit. Über die Bedienelemente am Lenker wird auch die Traktionskontrolle bedient. Nicht nur Fernfahrer freut die endlich im Vorbau untergebrachte Bordsteckdose zur Versorgung eines Navigationssystems und die serienmäßige Vorbereitung zum Anbau eines neuen Gepäcksystems, das durch den tiefer gelegten Schalldämpfer weit weniger breit baut.
 Suzuki V-Strom 650XT Auspuff

Dennoch: Ein bisschen mehr Feinschliff wie eine konische Lenkstange oder LED-Blinker hätten nicht geschadet. Darüber hinaus hätten sie die neu gewonnenen Qualitäten auch optisch dokumentiert: Diese 2017er-V-Strom 650 XT hat in allen Bereichen hinzugewonnen und ist ein spürbar besseres Motorrad geworden, das viel mehr kann, als man es ihm auf den ersten Blick zutraut – und das auch noch zu einem vernünftigen Preis von knapp 9.000 Euro.
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Suzuki V-Strom 650XT - Baujahr: 2017
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