

Mehr sehen als nur Asphalt – das Ziel der Tour
Morgens um halb zehn starten wir unsere Motorräder und ziehen los. Entlang der Enz fahren wir zum Warmwerden in lockerem Tempo bis nach Höfen und biegen dort nach Osten ab. Ein paar lang gezogene Kurven, die ersten beiden Kehren und zwei Ortschaften weiter erreichen wir Bad Liebenzell im Nagoldtal. Die Ortsdurchfahrt ist flankiert von wunderschönen alten Fachwerkhäusern. Am Stadtsee von Bad Liebenzell halten wir an und werfen einen Blick hinauf zur Burg Liebenzell, deren mächtiger Turm den Kurort überragt. Die Stauferburg entstand bereits im 13. Jahrhundert. Und was wäre ein Bäderort ohne Thermalbad, Kurhaus und Kurpark? Richtig, ein Ort wie jeder andere. Aber genug verschnauft, es geht weiter.Calw – ehemaliger Handelsplatz
Von Bad Liebenzell bis zur Kreisstadt Calw sind es nur wenige Kilometer. Auch hier lohnt ein Blick in die Altstadt. Über die Marktbrücke verlassen wir die Bundesstraße und schauen uns den historischen Marktplatz mit seinen eindrucksvollen Fachwerkhäusern und dem Marktbrunnen an. Calw entstand bereits im 11. Jahrhundert und erlangte im Mittelalter seine Bedeutung als Handelsplatz vor allem durch den Tuch- und Lederhandel. Wir verlassen die Stadt und folgen der Bundesstraße (B453) entlang der Nagold bis in die Nähe der Burgruine Waldeck im Nagoldtal. Der dichte Straßenverkehr auf der Bundesstraße ist nichts für uns und so schlagen wir uns nach links in die Büsche. Durch ein schattiges Waldstück geht es auf weniger befahrenen Straßen nach oben.
Der Seeheiner ist ein Motorradfahrermagnet
Schon bei der Anfahrt kommen uns jede Menge Biker entgegen. Kein Wunder, denn am Ufer der Nagoldtalsperre ist der „Seeheiner“, Café, Restaurant und vor allem Bikertreff. Und was ist besser für eine Rast geeignet als ein Motorradtreffpunkt? Der „Seeheiner“ ist im ganzen Umland bekannt und so ist um die Mittagszeit, noch dazu bei einem so prächtigen Wetter, die Hölle los. Wir ergattern an einem gerade freigewordenen Tisch genügend Plätze und stärken uns mit einem leckeren Wurstsalat.
Auf der riesigen Fläche sollte auch das Schloss entstehen, doch das wurde nie gebaut und so blieb der Platz in seiner ursprünglichen Größe erhalten. Der Marktplatz ist heute ein Anziehungspunkt für Touristen und lädt zum Verweilen ein. Wir genehmigen uns hier den Nachtisch in Form einer gehörigen Portion Eis.

Die Möglichkeit des Turmsteigens
Dabei lernen wir eine Stadtführerin in Dienstkleidung – also mit Bollenhut – kennen, die uns mit weiteren Informationen über Freudenstadt versorgt. Sie hätte uns sogar die Türe zum Rathausturm aufgeschlossen, doch seit der Besteigung des Turms der Marienkirche in Stralsund – es waren 366 Stufen – sind wir in dieser Richtung ein bisschen zurückhaltender geworden.An unserem nächsten Stopp in Schiltach, genauer gesagt, in der Altstadt von Schiltach reiht sich ein Fachwerkhaus an das andere. Sie sind wunderschön erhalten oder restauriert und stehen in einem gepflegten Umfeld mit altem Kopfsteinpflaster und Blumenschmuck. Die Stadt entstand bereits im 11. Jahrhundert, die Fachwerkhäuser um den historischen Marktplatz herum stammen allerdings aus der Zeit zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert. Besonders sehenswert ist das Rathaus, das nach den Plänen des Landesbaumeisters Schickhardt erbaut wurde. Von Schiltach im Landkreis Rottweil aus steuern wir dann die nächste Stadt im benachbarten Ortenaukreis an. Mitten in Wolfach überqueren wir die Kinzig und finden uns auf der ungewöhnlich breiten und nicht vom Durchgangsverkehr belasteten Hauptstraße wieder. Hier steht das Rathaus der Stadt, ein im Jahre 1894 im Neorenaissance-Stil entstandenes Bauwerk, dessen Fassade besonders sehenswert ist. Aber wir wollen auf unserer Runde nicht nur von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten fahren, sondern auch das genießen, was der Nordschwarzwald an Kurven zu bieten hat. Von Wolfach aus geht es deshalb über Oberwolfach nach Walke.
Ein Parkplatz und ein Turm – der Brandenkopf
Dort geht die Kurbelei los. Erzenbach heißt die Straße, ebenso wie der parallel fließende Bach. Schmal und kurvenreich geht es bergan, flankiert vom satten Grün der Wälder, bis wir schließlich auf einer Bergspitze angekommen sind. Ein Parkplatz, ein Wanderheim und ein steinerner Aussichtsturm liegen vor uns. Wir sind auf dem Brandenkopf, mit 945 Metern Höhe, einer der höchsten Berge im mittleren Schwarzwald. Seinen Namen verdankt der Berg einem großen Waldbrand im Jahre 1730. Den steinernen Aussichtsturm gibt es seit 1929.Wir klettern zur 32 Meter über dem Boden liegenden Aussichtsplattform hinauf. Die Sicht ist leider nicht ideal, aber bei klarem Wetter kann man von hier aus bis zu den Schweizer Alpen, den Vogesen oder der Schwäbischen Alb sehen.

Die letzte Kleinigkeit fehlt
Was fehlt uns denn noch auf unserer Tour? Fachwerkhäuser haben wir mehr als genug gesehen. Das mit den Kurven war bisher auch nicht übel. Nur ein Schwarzwaldhaus, das ist uns noch nicht begegnet. Doch nur wenige Kilometer den Berg hinunter, in Kurven und auf einer schmalen Straße natürlich, steht in Oberhamersbach ein aus dem Jahre 1761 stammender Speicher. Dank privater Initiative wurde der Speicher im Holdersbachtal abgebaut und in Oberhamersbach wieder aufgebaut. Eine Mühle und ein altes Backhaus fanden nebenan ihren Platz. Hier kann man einen Einblick in die Lebensgewohnheiten und -umstände der Menschen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts gewinnen. Im Backhaus wird auch in der heutigen Zeit noch gelegentlich Brot gebacken. Für eine Vesper ist es noch ein bisschen zu früh, nicht aber zum Tanz durch die Kurven des Schwarzwalds. Unsere Fahrt geht zügig Richtung Norden auf die Schwarzwaldstraße (B28), die wir aber in Oppenau wieder verlassen. Eine Nebenstrecke bringt uns durch Dutzende von Kurven hinauf auf die B500, die allseits bekannte Schwarzwaldhochstraße. Eigentlich stellt man sich unter der Schwarzwaldhochstraße eine kurvenreiche Straße vor. Kurven gibt’s zwar genug, nur… will man in den lang gezogenen Bögen ordentliche Schräglagen produzieren, müsste man über’s Limit gehen. Das kommt für uns aber nicht in Frage. Also verlassen wir die B500 kurz nach dem Nationalparkzentrum Ruhestein und fahren einen Bogen Richtung Rheinebene bis Sasbachwalden. Kurve folgt auf Kurve, erst bergab und dann wieder bergauf zur Schwarzwaldhochstraße. Ein kurzes Stück Bundesstraße und ein paar Kilometer Landesstraße bringen uns schließlich zur Schwarzenbachtalsperre. Hier machen wir noch einmal eine kleine Rast und gönnen uns einen Kaffee. Der Rest der Tour ist schnell erzählt: Wir fahren weiter auf der B462 bis Weisenbach, rechts weg auf kurvenreicher Strecke hinunter ins Tal der Großen Enz und wenig später erreichen wir nach einem Tag voller Sehenswürdigkeiten und Kurven unseren Ausgangsort Bad Wildbad.#Deutschland #GPS #Tour