Der ADAC verglich Bremswege verschiedener Fahrzeuge bei einer Fahrtgeschwindigkeit von 80 km/h und ihrem zulässigen Höchstgewicht. Dabei war der Bremsweg eines BMW X3 (23,5 Meter) und der eines VW Golf (22,3 Meter) mehrere Meter kürzer als der einer BMW R 1200 GS (25,3 Meter). Sogar ein SUV mit Anhänger (25,2 Meter) kam schneller zum Stehen als BMWs Reiseenduro. Dazu stellte der Automobilclub bei Motorrädern ein ungünstiges Verhältnis zwischen Radstand und Schwerpunkthöhe fest, was zu instabilen Fahrzuständen führt und Stürze bis hin zu Überschlägen verursacht. Interessant für alle, die mit viel Gepäck reisen: die Höhe der Zuladung hat physikalisch keinen Einfluss auf die Bremsweglänge. Eine ungünstige Positionierung dagegen schon.
Wichtig ist es neben den nackten Zahlen auch – vor allem im Frühjahr zu Beginn und im Herbst zum Ende der Motorradsaison – zu beachten, dass Motorradfahrer als einspuriges Fahrzeug deutlich empfindlicher auf äußere Einflüsse wie Feuchtigkeit, Verschmutzungen oder Laub auf der Straße reagieren. Auch handelt es sich immer um optimale Testwerte. Sind meine Reifen gegen Saisonende schon etwas abgefahren und der Vordermann im Pkw hat soeben neue Winterreifen aufziehen lassen, wird das Delta deutlich größer. Alle oben genannten Werte sind als Bestwerte zu verstehen. Eine Faustformel für den Bremsweg verschiedener Geschwindigkeiten lautet wie folgt – die aktuelle Geschwindigkeit durch zehn geteilt, mit sich selbst mal genommen und durch zwei geteilt. Bei 50 km/h ist das Ergebnis 12,5 Meter (5*5/2).
Leitpfosten stehen auf deutschen Straßen in der Regel in einem Abstand von 50 Metern und dienen somit zur Orientierung. In Kurven können sie dichter aneinander gereiht sein. Auf französischen Autobahnen werden mittlerweile auch die Markierungen des Fahrbahnrands/Standstreifen als Abstandorientierung herangezogen. So wird die Fahrbahnmarkierung anstatt von einer durchgezogenen, von einer unterbrochenen Linie einer gewissen Länge markiert. Zwei Abschnitte Sicherheitsabstand markieren den empfohlenen Mindestabstand.
Motorradfahrer müssen einen ausreichenden Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten, um bei einer plötzlichen Vollbremsung des Fahrzeugs sicher abbremsen zu können. Stürzt dagegen der Motorradfahrer in Reaktion auf das unerwartete Bremsmanöver des Pkw-Fahrers, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass er unaufmerksam war oder einen zu geringen Sicherheitsabstand eingehalten hat – dies auch, wenn es nicht zu einer Kollision mit dem Pkw kam, hat das Oberlandesgericht Celle entschieden.
Im verhandelten Fall hatte ein Motorradfahrer gegen den Auslöser der Vollbremsaktion auf Schadensersatz geklagt. Eine Autofahrerin hatte ein Müllauto an einer unübersichtlichen Stelle überholt und so den vor dem Motorrad fahrenden Pkw zu einer Vollbremsung gezwungen. Zunächst wies das Landgericht Verden die Klage ab. Der Beklagten sei ein risikoreiches Überholen nicht vorzuwerfen. Das Oberlandesgericht Celle entschied jedoch zum Teil zugunsten des Klägers. Er könne 40 Prozent seines Schadens von der Beklagten verlangen. Die Beklagte habe gegen § 6 Abs. 1 StVO verstoßen; es habe nicht ausgereicht, langsam den Müllwagen zu überholen. Die Beklagte habe vielmehr den Gegenverkehr überprüfen müssen, bevor sie zur Überholung ansetzte.
Allerdings spreche ein Anscheinsbeweis auch für einen Verkehrsverstoß des Klägers, so die Richter des Oberlandesgerichts. „Gelingt es einem Verkehrsteilnehmer nicht, rechtzeitig auf die wahrgenommene Gefahrenlage zu reagieren und lediglich durch einen vorherigen Sturz eine Kollision mit dem Vorausfahrenden zu verhindern, spreche wie im Fall einer Auffahrkollision die Lebenserfahrung dafür, dass die Ursache für den Sturz, das eigene Fehlverhalten infolge zu geringen Abstands oder Unaufmerksamkeit ist“, zitiert ra-Online aus dem Urteil (4 U 32/23). Außerdem sei zu beachten, dass der Vorausfahrende noch rechtzeitig habe bremsen können, ohne dass es zu einer Kollision mit der Beklagten kam, so die Richter weiter.