Dass man durch die Zeit reisen kann, kennt man nur aus Science Fiction Filmen. Dieses Gefühl haben wir aber auch, als wir nach elf Stunden Nachtflug in Kapstadt landen. Während wir beim Start den Schnee auf dem Taunus sehen konnten, empfängt uns Afrikas Süden mit milden Temperaturen. Hier beginnt im November der Sommer.
Nach der Landung erwartet uns am Ausgang ein sympathisch aussehender Mann namens Linus, der für die nächsten 13 Tage einer unserer Tourguides sein wird. Nach wenigen Minuten Fahrzeit kommen wir im zentral gelegenen Hotel in Kapstadt an. Nachmittags erkunden wir die Stadt per Rundfahrt, die schließlich im Paulaner Biergarten - ja man hört richtig - endet.
Die geplante Erstürmung des Tafelberges per Seilbahn muss dagegen warten. Es ist zu windig. Die steife Brise flaut am nächsten Morgen ab und so steht einer tollen Tour ab dem Harley Davidson Shop Capetown - dort bekommen wir unsere Leihmaschinen - in Richtung Kap der guten Hoffnung nichts mehr im Weg. Auf der Fahrt dorthin erleben wir eine Superaussicht am Chapman’s Peak und bestaunen nahe Simon’s Town eine Pinguinkolonie.
Am Kap der guten Hoffnung werden allerlei Erinnerungsfotos geschossen, bevor es weiter nach Hermanus geht. Der Ort ist bekannt für seinen Walausrufer, der auf die in der Bucht schwimmenden Wale hinweist. Das ist aber eigentlich gar nicht nötig, da es in der Bucht bei Hermanus am nächsten Morgen von Walen nur so wimmelt. Und noch etwas macht Hermanus unbedingt erwähnenswert: Im Restaurant “Rossi’s” kann man nicht nur delikat essen, sondern wird auch noch ganz hervorragend bedient.

Obwohl viele meinen, es sei dort eher fad, erlauben wir uns einen Abstecher zum Cape Agulhas, dem südlichsten Punkt Afrikas, an dem Indischer und Atlantischer Ozean zusammenfließen. Dort kann man einen Leuchtturm erklimmen. Die Kraxelei über teils schmale, wie steile Leitern, wird mit einem tollen Blick übers weite Meer belohnt. Auf dem Weg hin und zurück kommen wir durch Bredasdorp. Hier werden die selbst in Deutschland bekannten Kerzen der Marke “Kapula” gefertigt.
Gegen 18.00 Uhr erreichen wir das weithin sichtbare Hotel Diaz in Mossel Bay, einem aufstrebenden Küstenort am Indischen Ozean. Gleich am Fundament des modernen Vier-Sterne-Hauses spült das Meer sein türkisblaues Wasser in langezogenen Wellen an den Strand. Manche müssen da sofort am Abend noch rein. Andere bevorzugen am nächsten Tag ein ausgiebiges Bad in der aufgehenden Morgensonne, kurz nach 6.00 Uhr Ortszeit. Beides kann man sicher gut verstehen. Immerhin lädt der Indische Ozean - im Gegensatz zum stets viel kälteren Atlantik - mit angenehmen Wassertemperaturen von deutlich über 25 °C zum Planschen ein.
Die berühmten Seefahrer Bartolomeus Diaz und Vasco da Gama haben an diesem Traumstrand vor Mossel Bay schon lange vor uns Halt gemacht. Da Gama begründete vermutlich als erster Europäer im südlichen Afrika die Handelsbeziehungen mit den einheimischen Khoikhoi. In diesen Zeiten war das Baden und Surfen im Ozean sicherlich noch nicht so beliebt wie heute. An den vielen neuen Hotels in Mossel Bay sieht man aber, dass sich Südafrika zu einem begehrten Urlaubsland entwickelt hat. Positiv sei dabei erwähnt, dass die Strandhotels hier, im Gegensatz zu vielen europäischen Ferienorten, architektonisch gut in die Küstenlandschaft integriert sind.
Wenn’s auch schwer fällt, den Traumstrand zu verlassen, führt uns die heutige Tour auf der Garden Route, einer der beliebtesten Strecken Südafrikas, in den Tsitsikamma National Park. Dabei genießen wir den Blick auf malerische Bergketten, steile Felsen und lange weiße Sandstrände. Obendrein beeindruckt die überaus üppige Vegetation links und rechts der Straße. Allerdings müssen wir unsere Aufmerksamkeit hauptsächlich der Piste widmen, denn wir haben es hin und wieder mit Wildwechsel zu tun. Allerdings überqueren keine Hirsche oder Wildschweine die Straße, sondern Springböcke oder Baboons (Bergpaviane). Die zuletzt genannten Primaten sieht man häufig am Straßenrand, aber vor dem Sound der Harleys haben sie mächtig Respekt und suchen meistens das Weite. Dennoch warnt Linus: “Wer Tiere am Straßenrand sieht, sollte sofort die Geschwindigkeit reduzieren.”
Unter den satten Klängen der Harleys verlassen wir am nächsten Morgen das Hotel in Tsitsikamma und bewegen uns Richtung Addo, zu einem der 25 staatlichen Nationalparks. Zuvor erlauben wir uns noch einen Abstecher nach Jeffrey’s Bay, einem weltweit bekannten Surferspot. Im Moment ist zwar keine Saison, dafür trinken wir in einem der Strandlokale gemütlich eine Tasse Kaffee.
Anschließend rollen wir über Uitenhage an ausgedehnten Zitrusplantagen entlang nach Addo, wo wir im Hotel “Cosmos Cuisine” überaus komfortable, großzügige Zimmer beziehen und genießen ein delikates Mittagessen. Dann geht’s zur Safari.
Im Addo Elephant Park sind Motorräder nicht erlaubt. Hier gibt es neben den Dickhäutern auch Löwen, Büffel, Nashörner, Hyänen und jede Menge Kudus (Gnuantilopen) mit prächtigen Geweihen. So sitzen wir im offenen Geländewagen und sehen im Sonnenuntergang aus nächster Nähe den Elefanten beim Abendessen zu. Im Dunkeln geht es weiter zum Revier der Hyänen. Und in der Tat, ein Prachtexemplar einer Tüpfelhyäne taucht mit ihren beiden Jungen aus dem Dickicht auf.
Im Scheinwerferlicht des Rangers leuchten die Augen dieser Raubkatze beeindruckend bedrohlich. Ansonsten zeigt sie sich an uns wenig interessiert.
Am nächsten Morgen organisiert Linus wie immer den Transport unseres Gepäcks. Wir steigen derweil auf die Motorräder und starten Richtung Nord-Westen. Unser Ziel ist Graaf-Reinet, auch “Athen des Ostkaps” genannt, eine 230 Jahre alte Stadt mit über 200 gut erhaltenen, denkmalgeschützten Gebäuden. Auf dem Weg dorthin tauchen erstmals ein paar größere Wolken am Himmel auf. Es wird doch keinen Regen geben?
“Nichts da”, meint Guide Hubert, der immer vorweg fährt “in Graaff-Reinet hat es seit sieben Monaten garantiert keinen Tropfen Regen mehr gegeben!” So rollen wir also auf trockenen Straßen bei strahlendstem Sonnenschein in das wunderschöne Städtchen ein und springen sofort in den kühlen Swimmingpool der Obesa Lodge, wo wir heute übernachten. Gegenüber stehen baumhohe Kakteen, die den Eingang zu einem wunderschönen, wenn auch stacheligen Kakteengarten markieren.
Am Nachmittag steht zudem ein weiteres Highlight an: Die Fahrt ins Desolation Valley, das “Tal der Verwüstung”. Fahrspaß pur, auf der kurvenreichen Straße zum Aussichtspunkt und ein fantastischer Blick auf die urzeitlich wirkende, eindrucksvolle Landschaft runden diesen Tag ab.
Am Abend unternehmen wir zu Fuß einen Spaziergang durch den Ort und essen preiswert und gut in einem Restaurant gegenüber der Kirche.
Der nächste Morgen startet mit einer Überraschung: Es regnet. Für die Einheimischen ein Segen. Hubert flüstert: “Lasst uns verduften, sonst halten die uns hier als Regenmacher fest!” Und so starten wir an diesem Tag überpünktlich. Wir fahren auf der N 9, der wohl längsten Gerade der Welt, zunächst nach Aberdeen und statten Carlos Garcez einen Besuch ab. Der beschäftigt sich mit den als Souvenir beliebten Straußeneiern.
Seine ausgefallenen Designs sind bei Sammlern in der ganzen Welt bekannt. Auch einige von uns werden fündig und kaufen eines seiner Kunstwerke, natürlich mit einem Harley-Motiv. Die zerbrechlichen Stücke transportiert Linus für uns in seinem Van, als wir weiter nach Oudtshoorn fahren. Eigentlich wäre dieser Ort eine verschlafene Kleinstadt hinter den Bergen, wären da nicht die beiden großen Straußenfarmen.
Für interessierte Touristen gibt es noch die kleinere Cango Ostrich Farm, die wir natürlich auch besuchen. Da es regnet, können wir leider kein Straußenrennen veranstalten - die Vögel sind zu glitschig. Statt dessen erfahren wir von Ben, einem Mitarbeiter der Farm, jede Menge über die Laufvögel und deren Aufzucht und Verwendung als Nutztiere. Außerdem wissen wir jetzt, dass das Gehirn eines Straußes weniger wiegt als eines seiner Augen und dass sie keineswegs den Kopf in den Sand stecken. Den anwesenden Damen zeigt Ben, wie man einen Staubwedel aus Straußenfedern, mittels elektrostatischer Aufladung, sachgemäß einsetzt.
Nach all der Theorie genießen wir eine Kostprobe der Straußenverarbeitung in Form saftiger Steaks. Das Fleisch ist extrem fettarm, ganz lecker und, medium gebraten, auch richtig zart. Mit einem köstlichen südafrikanischen Rotwein wird das Abendessen so zum Hochgenuss. Doch noch etwas Bemerkenswertes gibt es über Oudtshoorn zu berichten: Es liegt an der berühmten Route 62. Vom Bekanntheitsgrad ist sie fast mit der amerikanischen Route 66 zu vergleichen. Nur ein bisschen kleiner, aber mit ganz besonderen Reizen.
Logisch, dass wir am nächsten Morgen voll durchstarten. Unsere Tour führt nach Montagu. Auf unserem Weg besuchen wir “Ronny’s Sex Shop” und machen einen kurzen Stopp zum “Abkühlen”, weil es eine urgemütliche Bikerkneipe ist. Nach unserem Softdrink erreichen wir in einer halben Stunde Fahrzeit den “Country Pumpkin”, wo der motorradbegeisterte Wirt uns mit seinen obligatorischen Accessoires für Route-62-Harleyfahrer ausstattet. Leckers Essen gibt es hier obendrein.

Natürlich nicht, aber wir fahren an zahlreichen Weingütern mit französischen Namen vorbei. Auch viele Restaurants im Ort bieten jene einst in der Grande Nation erfundene Haute Cuisine an. Kein Wunder, denn die hübsche Stadt ist eine der ältesten Siedlungen der Europäer auf dem schwarzen Kontinent und wurde seit 1866 von Hugenotten geprägt, die Frankreich einst wegen Ihres Glaubens verlassen mussten - um in dieser fruchtbaren Gegend edlen Wein anzubauen. Hier finden wir deshalb die bekanntesten Weingüter Südafrikas und natürlich müssen wir das edle Traubenelixier auch probieren. Allerdings tun wir das erst etwa 25 Kilometer später in Stellenbosch, wo wir heute nächtigen werden.
Am vorletzten Tag unserer Südafrika-Tour geht es über eine sehr interessante Strecke in Richtung der nördlichen Kapregion. Links und rechts der Straße finden sich zunächst weite Zitrusplantagen. Später sehen wir jede Menge Pflanzen mit einer rötlichen Farbe. Wie wir später erfahren, handelt es sich um Rotbusch (Rooibos)-Pflanzen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird diese südafrikanische Spezialität von hier aus vermarktet - mit ständig wachsender Nachfrage. An den ausgedehnten Plantagen entlang fahrend, erreichen wir den Küstenort Lamberts Bay. Abends gibt es dort extra frischen Lobster (Hummer), den einige von uns unbedingt probieren müssen. Doch auch die übrigen Fischgerichte auf der Speisekarte sind super lecker.
Der letzte Tag unserer grandiosen Motorradtour bricht unvermeidlich an. Regen würde zwar besser zu unserer Stimmung passen, aber Südafrika verabschiedet uns mit strahlendem Sonnenschein. Zunächst beobachten wir auf Birds Island, einer kleinen Halbinsel vor Lambert’s Bay eine unüberschaubare Ansammlung von Fregattvögeln beim Nisten. In direkter Nähe dazu sonnen sich Robben, die ab und an einen Vogel verspeisen. Im Wasser vor Bird’s Island warten wiederum weiße Haie auf die Robben. Gegen 11.00 Uhr setzen wir uns auf die Motorräder und düsen Richtung Kapstadt. Einen kleinen Abstecher machen wir in den West Coast Nationalpark, auf dessen Gelände sich eine Vielzahl wunderschön blühender Pflanzen findet.
Leider ist gerade keine Blütezeit, aber immerhin sehen wir viele putzige Schildkröten über die Straße spazieren. Von hier können wir schon den Tafelberg ausmachen, der mit jeder Radumdrehung näher kommt. In Blaubergstrand stoppen wir die Harleys, denn von hier hat man einfach den besten Blick zum Tafelberg. Anschließend fahren wir zum Endpunkt unserer Motorradtour am Harley Shop Capetown.
Noch fast zwei Tage bleiben uns, um Kapstadt oder auch Capetown (englisch) oder Kaapstad (afrikaans) zu erkunden. Interessant ist das gepflegte Hafenviertel mit der Waterfront. Wie schon in den letzten beiden Wochen, bemerken wir auch hier, dass Südafrikas Einwohner, egal ob black, coloured oder white, überaus angenehme Zeitgenossen sind. Für den letzten Abend hat Hubert im African Cafè eine kulinarische Tour durch den schwarzen Kontinent organisiert. Manches davon ist gewöhnungsbedürftig, anderes super lecker. Satt und äußerst zufrieden sind wir beim Abschied aber alle.
#Südafrika