Das Kürzel RS steht bei Audi für Rennsport und kennzeichnet die Performance-Fahrzeuge von Ducatis Konzernmutter. Nach Vorbild der BMW-M-Modelle zieht jetzt auch diese Automobil-Buchstabenkombination in die hochpreisige Zweiradwelt ein. Sie kennzeichnet die sportlichste und exklusivste Serien-Multistrada, die Ducati in der 20-jährigen Historie der Baureihe bislang aufgelegt hat.
Multistrada meets Panigale
"Multistrada meets Panigale", lautet das Motto. Statt des bekannten Granturismo-Vierzylinders sorgt in der V4 RS das hochtourige Herz der Ducati-Superbikes für Vortrieb. Und der dürfte explosiv sein: 180 PS bei 12.250 Touren und 118 Nm bei 9.500 Touren leistet das „Desmosedici Stradale“-Triebwerk im neuen Performance-Modell der Multistrada-Familie. Mehr Pferdestärken bietet kein anderes Bike in dieser Klasse. Zum Vergleich: 160 PS schafft die KTM 1290 Super Adventure, um mal auf den Wettbewerb zu schielen. 170 Pferdchen treiben die übrigen fünf Modelle der Multistrada-V4-Familie an. Damit trug Ducati auch bislang das Leistungskrönchen dieser Fahrzeuggattung – wobei die RS wie die V4 Pikes Peak bestenfalls Schotter als Asphaltalternative toleriert; mit schlechten Untergründen hat die Performance-Multi nichts am Hut. Gradmesser sind hochgelegte Straßenrenner wie die nahezu halb so teure BMW S 1000 XR (170 PS, 114 Nm, ab 19.280,-- Euro plus Nebenkosten).
Neue Heimat – Rennstrecke statt All-Terrain
Ducati verspricht eine Performance, „die man so noch nicht gesehen hat“. 17-Zoll-Vorderrad, geschmiedete Aluminiumfelgen von Marchesini (2,7 kg leichter als die der V4 S), erhöhter Lenkkopfwinkel (25,75° gegenüber 24,5° bei der Multistrada V4 S und Rally), Nachlauf und Radstand wie bei der V4 Pikes Peak. Das Ducati-bewährte Öhlins Smart EC 2.0 Fahrwerk ist wie bei der Panigale V4 S und Streetfighter V4 S „eventbasiert“. Bedeutet: Das System justiert sich je nach individuellem Fahrstil selbst. Optimale Verzögerung ist garantiert: Die Bremsanlage ist direkt von der Panigale V4 abgeleitet. Vorne packen zwei Scheiben mit 330 mm Durchmesser und Brembo Stylema Monoblock-Bremssätteln zu, hinten eine Scheibe mit 265 mm Durchmesser und Brembo-Schwimmsattel. Bremsleistung und Dosierbarkeit hat Ducati nochmals verbessert, unter anderem durch eine Pumpe mit kleinerem Durchmesser. Das Steuern des Systems übernimmt das Bosch-Brembo 10.3ME Kurven-ABS.
Drei Kilogramm leichter als die Pikes Peak
Bei der Serienausstattung gibt sich Ducati recht generös: elektronische Federung, Radarsystem, Voll-LED-Scheinwerfer mit Kurvenlicht, Quickshifter, Hands-Free-System für schlüsselloses Starten, vorderer Kotflügel und Frontverkleidung aus Carbon, Handprotektoren aus Carbon, Titan-Endschalldämpfer von Akrapovič. Dazu die üblichen Multistrada-Goodies wie beleuchtete Bedienelemente, 6,5-Zoll-TFT-Farbdisplay mit Ducati Connect und Karten-Navigation. Highlight ist der Heckrahmen aus Titan – eine Konstruktion, die direkt aus dem Rennsport stammt. Um das Gewicht zu reduzieren, wurde eine kleine Batterie verbaut. Unterm Strich ist die RS drei Kilogramm leichter als die Multistrada V4 Pikes Peak, macht nach Adam Riese 236 kg fahrbereit.
Vollständiges Elektronikpaket
In puncto Elektronik hat die RS natürlich alles an Bord, was Ducati zu bieten hat in dieser Leistungsklasse, unter anderem vier nachgeschärfte Fahrprogramme, dreistufige Motorbremse, schräglagenabhängiges Kurven-ABS, Ducati Traction Control, Ducati Wheelie Control und Anfahrhilfe. Als erste Multistrada bietet die V4 RS den Power-Mode Full. Der ist standardmäßig mit dem Riding Mode Race verbunden und kombiniert maximale Leistung in allen Gängen mit einer direkten Gasannahme. Alle vier Power-Modi wurden speziell kalibriert; Low (Standard beim Urban-Modus) reduziert die Leistung bei sanfterer Gasannahme auf 114 PS.
Neue Preisklasse im Segment
Der Preis fürs Topmodell hat sich gewaschen: Mindestens 36.835,-- Euro müssen Interessenten auf das Konto ihres Ducati-Händlers überweisen. Darin enthalten sind die 345,-- Euro Liefernebenkosten, die der Hersteller aus Borgo Panigale für seine Modelle DesertX, Diavel und Multistrada veranschlagt. Das macht die RS 6.200,-- Euro teurer als die V4 Pikes Peak, das bisherige Spitzenmodell der Multistrada-Armada. Extras gibt es im Premiumsegment natürlich noch und nöcher: Racing-Auspuff für 3.183,25 Euro, schwarzer Alu-Tankverschluss (274,19 Euro), Motorschutz (529,69 Euro), eloxierter Kupplungs- und Bremshebel (je 236,57 Euro), LED-Zusatzscheinwerfer (410,51 Euro), Reifendrucksensoren (347,90 Euro), rote Brems- und Kupplungsflüssigkeitsbehälter (je 100,20 Euro plus Montageset), hinterer Kotflügel (356,52 Euro) und Cockpitverkleidung (331,06 Euro) aus Kohlefaser – da geht schon noch einiges beim Preis. Mitsamt der genannten Zubehörteile sind wir bereits bei 43.823,51 Euro. Und damit ist das Ende der Individualisierungsmöglichkeiten noch nicht erreicht.
Multistrada V4 RS kommt im Januar 2024
Ab Januar 2024 ist die Ducati Multistrada V4 RS zu haben. Jedes Modell ist nummeriert und trägt die gleiche Farbe: Iceberg White mit roten MotoGP-Farbanleihen und plakativem RS-Schriftzug auf Tank und Seitenverkleidung. Die fällt auf im Straßenbild, wenn man schnell genug gucken kann. Andernfalls fährt sie einem vielleicht auf der Tankstelle über den Weg: Ducati gibt den Durchschnittsverbrauch mit 7,3 l/100 km an. Der 22-Liter-Tank dürfte bei artgerechter Fahrweise ratzfatz leer sein.