Adventure Bikes sind schwer angesagt bei Motorradfahrern. SUV dominieren seit vielen Jahren nahezu alle Automobilklassen. Warum dann nicht auch ein dreirädriges Fahrzeug mit Offroadeigenschaften und robustem Look ins Rennen um die Käufergunst schicken? Eine gewagte Idee, mag mancher denken, aber um gewagte Ideen waren sie bei BRP in Kanada noch nie verlegen. 2007 launchte der Funvehikelhersteller seinen dreirädrigen Spyder. Vorn zwei Räder mit der Spurweite eines Kleinwagens, am Heck ein fettes, mittig platziertes Hinterrad – ein umgekehrtes Trike, sozusagen. Die Fachwelt staunte. Viele Autofahrer jauchzten: Endlich „Motorrad fahren“ ohne Bike-Führerschein – den braucht man dafür nämlich nicht in den meisten Ländern, Klasse B reicht.
Spyder, Ryker, Canyon
2015 waren bereits 100.000 Exemplare ausgeliefert, die überwiegende Mehrheit davon in Nordamerika. Weltweit gibt es heute eine eingeschworene Fangemeinschaft. 2019 durfte die sich über den deutlich leichteren und günstigeren Ableger Ryker freuen.
Als „Rally“-Variante lässt der kontrollierte Drifts zu und pflügt durchaus ambitioniert über Kies und Schotter und durch leichtes Gelände. Dorthin und in die Steppe und in jegliches anderes Terrain, das nicht gerade als Singletrail oder Hinkelsteinpfad ausgewiesen ist, will auch das neue, nunmehr dritte Can-Am-Modell namens Canyon.
Deutliches Plus an Bodenfreiheit und Sitzhöhe
Die Idee dahinter leuchtet ein: höher sitzen dank größerer Federwege und mehr Bodenfreiheit, lässiger rüberkommen dank kerniger Optik und allerlei Outdoor-Zubehör. Dazu das gute Gefühl: Keiner kann mich aufhalten, der Weg ist das Ziel – und sei er noch so unwegsam. 260 Millimeter Federweg vorn und hinten samt grobprofilierter Reifen, 169 mm Bodenfreiheit, 843 mm Sitzhöhe – das ist amtlich im Vergleich zu den Can-Am-Geschwistern. Der bekofferte Spyder F3-T kommt auf 129 mm Federweg vorn und 132 mm hinten, dazu gibt es 115 mm Bodenfreiheit und eine Sitzhöhe von 675 mm. Der
Ryker Rally bietet 185 mm Federweg vorn und 179 mm hinten sowie 122 mm Bodenfreiheit und 676 mm Sitzhöhe.
Ein Hauch von BMW GS Adventure
Optisch sieht das All-Terrain-Dreirad ein wenig aus, als wäre es das Ergebnis eines leidenschaftlichen Seitensprungs von einem Can-Am Ryker mit einer neuen BMW R 1300 GS Adventure. Die bullige, kompakte Form, die breite Alu-Beplankung am Tank, der hohe Windschild, der lange Radstand von 1.718 mm (Spyder F3: 1.709 mm) – all das erwartet man nicht. Wie schon die BMW GSA überrascht auch der Can-Am Canyon mit einem neuen, muskulösen, in Ansätzen fast kubistischen Look. Die kernige Front erinnert dabei mehr an den Ryker als an den Spyder; der ist vorn deutlich runder und ausladender. Dafür nehmen Canyon und Spyder ähnlich viel Platz ein auf der Straße: Der Canyon kommt in der Standard-Version auf 2.489 mm Länge, 1.581 Breite und 1.500 mm Höhe, der Spyder F3-T auf 2.596 x 1.497 x 1.241 mm.
Drei Ausführungen: Standard, XT, Redrock
Drei Versionen hat Can-Am von seinem All-Terrain-3-Wheeler ab Frühjahr 2025 im Programm. Bereits der Canyon Standard (STD) bietet neben ABS (vorgeschrieben) Stabilitätskontrolle, Traktionskontrolle, Berganfahrassistent und dynamische Servolenkung. Hinzu kommen Geschwindigkeitsregelung, einstellbare Fahrmodi, LED-Scheinwerfer, 10,25-Zoll-TFT-Touchscreen mit BRP Connect und Apple CarPlay sowie ein um 143 mm höhenverstellbarer Lenker samt Riser und ein Handschuhfach mit USB-Kabel. Der Canyon XT bietet on top unter anderem Topcase und Seitenkoffer aus Aluminium (zusammen 120,6 Liter Stauraum), beheizte Griffe für Fahrer und Beifahrer, Soziuslehne, Komfortsitz, selbstregelnde Luftfederung hinten sowie einen Unterbodenschutz vorn. Das Topmodell Redrock lockt zusätzlich mit Rückfahrkamera (gibt es ab 2025 auch für den Spyder RT und die meisten F3-Modelle), semiaktiver KYB-Federung („Smart-Shox“) und einer speziellen Lackierung in Moos Green Satin statt Silver Satin (STD, XT).
LinQ-System mit 20 Befestigungspunkten
Extrem praktisch am Canyon ist das LinQ-Befestigungssystem, über das unter anderem auch die „SeaDoo“-getauften Jetboote von BRP verfügen. Beim Canyon fallen die Halterungen etwas kleiner aus. Wie bei den neuen Can-Am-Elektromotorrädern Pulse und Origin spricht der BRP-Fachmann hier vom Nano-LinQ-System. Die Kofferhalter beispielsweise sind ausklappbar und verstecken sich bei Nichtgebrauch unter der variablen Heckplatte des Canyon. Auf der kann wahlweise ein Soziussitz oder eines der vielen Zubehörteile montiert werden. Alternativ kann auch eine zweite, größere LinQ-Platte darauf verankert werden. Auf der lassen sich dann zum Beispiel eine Gepäckrolle oder andere Taschen befestigen. Vorn auf den Kotflügeln gibt es LinQ-Befestigungspunkte für Action-Kameras – freie Sicht garantiert.
280 bis 298 Kilogramm Zuladung
Das Leergewicht variiert je nach Modell zwischen 452 Kilogramm (Standard) und 470 kg (Redrock). Die maximale Zuladung beträgt 298 bis 280 Kilogramm, macht maximal 750 kg. Der Tank schluckt 27 Liter. Verbrauchsangaben hat BRP mangels Homologierung noch nicht vorgelegt. Der gleich motorisierte Spyder F3-S liegt bei 6,3 Liter auf 100 Kilometer. Der Canyon dürfte leicht darüber rangieren aufgrund der speziellen XPS-Adventure-Reifen. Vorn rollt der Canyon auf 16 Zoll (Reifen: 155/65), hinten auf 15 Zoll (225/50). Für Vortrieb sorgt der bewährte Dreizylinder-Reihenmotor von BRP-Tochter Rotax mit 1.330 ccm Hubraum und 115 PS bei 7.250 Touren. Das maximale Drehmoment beträgt 130 Nm bei 5.000 Umdrehungen pro Minute. Geschaltet wird Spyder-typisch mit einem halbautomatischen, kupplungslosen Sechsganggetriebe mit Rückfahrfunktion und Lenkerwippen.
Startpreis ab 27.799,-- Euro
Kommen wir zu den Preisen: Den Can-Am Canyon STD gibt es in Deutschland ab 27.799,-- Euro. Der Canyon XT startet knapp 5.000 Euro darüber bei 32.699,-- Euro. Fürs Topmodell Redrock begehrt BRP weitere 2.000 Euro Aufschlag, macht 34.699,-- Euro. Damit sortiert sich der Canyon zwischen der F3-Familie (ab 26.299,-- Euro) und dem Topmodell RT (ab 34.199,-- Euro) ein. Teuerstes Can-Am-Modell bleibt auch im Modelljahr 2025 der RT Sea-to-Sky ab 36.099,-- Euro.