Tirol-konform – die neuen Ducati Panigale und Streetfighter V2 2025
Traditionell findet die letzte PK der EICMA auf dem Stand von Ducati statt, wo es in diesem Jahr um Modelle mit dem neuen V2-Motor ging. Geräuschwerte und Preise wurden dabei gehörig durcheinander gewirbelt.
Claudio Dominicali schwärmt von einem der erfolgreichsten Geschäftsjahre, spricht stolz vom bevorstehenden MotoGP-Finale und der diesjährigen Ducati-Performance. Er geht kurz auf alle bereits präsentierten Neuheiten ein und deren Plus an Performance und Emotion, um dann zwei weitere Neuheiten exklusiv vor Ort zu enthüllen. Majestätisch verhüllt auf der Bühne vor einer riesigen LCD-Leinwand stehen die Panigale V2 und ihre unverkleidete Schwester, die Streetfighter V2. Beide mit einem komplett neu konstruierten V2 Triebwerk, das folglich Euro 5+ entspricht. Aber was sagt da der Ducati CEO in charmantem Italienisch–Englisch?! 890 ccm Hubraum und 120 PS – das ist weniger als bei der Vorgängerin! Respekt, Ducati geht nicht weiter den Weg des höher schneller weiter, sondern lässt Vernunft walten und macht einen Schritt zurück, um sicher in einem der wichtigsten Sportbike-Segmente der kommenden Jahre den Markt für sich gewinnen zu können. Etwas unerwartet, aber sicher der richtige Weg. Worauf können wir uns da denn freuen?
Einen Wert vorweg, der zuerst wenig relevant scheint – Ducati spricht bei der MotoGP davon, dass ein Kilogramm Gewicht weniger im Schnitt 0,02 Sekunden schnellere Rundenzeiten bringen. Okay, die neue Panigale V2 soll sagenhafte 17 kg, die Streetfighter V2 sogar 18 Kilogramm leichter sein als ihre Vorgänger, sprich, wir wären in der Theorie gut 0,3 Sekunden schneller pro Runde. Also doch ein imposanter Fakt, denn Racing-Fans wissen, wie anstrengend es sein kann, solch eine Verbesserung pro Runde herausfahren zu können. Um diese beispiellose Gewichtsreduzierung erreichen zu können, begannen die Konstrukteure zunächst, das schwerste Bauteil am Bike zu optimieren – den Motor. Erstaunliche 9,4 kg sparten sie hier ein, sodass er nun nur noch 54,5 kg auf die Waage bringt, was sogar noch sechs Kilogramm unter dem schlanken 800er-Design der Scrambler-Familie liegt. Dabei behalten die Grundkonstruktion des alten 955er-Superquadro mit seinem 90-Grad-V2 bei, packten drumherum aber quasi jedes Element an.
Ventilspielkontrolle alle 30.000 km
So verzichtet Ducati auf die typische Desmodromik und steuert den Einlass wie fast alle anderen Hersteller via Federn. Dies ist nicht nur leichter, sondern auch günstiger in der Herstellung und vor allem später in der Wartung – der teure Desmo-Service fällt weg und man prüft das Ventilspiel nur noch alle 30.000 km. Die Ventile an sich sind verchromt und hohl gebohrt. Beim Antrieb setzt man auf eine robuste DLC-Beschichtung, die verschleißfester ist und womit auch Bauteilgröße bzw. Berührungspunkte verkleinert wurden. Kleine Details, die weitere Gewichtsersparnisse bringen. Richtig abgespeckt wurde durch eine reduziertere Gehäusekonstruktion, kleinere Kühlkanäle und zwischen den Zylindern platzierten neuen Wasser-/Öl-Wärmetauscher, der den Ölkühler einsparen lässt.
Das nun 899 Kubikzentimeter große Aggregat leistet 120 PS bei 10.750 Touren und erreicht bei 8.250 Touren sein maximales Drehmoment von 93,3 Newtonmetern – bei 11.350 Touren geht’s in den Begrenzer. Okay, am Stammtisch wird man mit diesen Werten eher belächelt, doch verspricht die bessere Leistungscharakteristik vorrangig auf der Straße einen deutlichen Gewinn an Fahrspaß. Die Leistungskurve zeigt bereits ab 3.000 Touren immer über 60 Newtonmeter an, was sicher ein Verdienst der variablen Ventilsteuerung ist. Die Anti-Hopping-Kupplung läuft nun direkt im Öl, was das markante Kupplungsrasseln im Stand verhindert – hier musste Tradition wohl den aktuellen Lärmbeschränkungen weichen.
Ducatis Testfahrer Davide Stirpe konnte mit der neuen Panigale V2 in Vallelunga trotz 35 PS weniger Leistung, bis auf 2 Zehntel an seine alten Zeiten herankommen, was mir zeigt, dass die neue V2 auch ohne Topleistung sehr sportlich sein wird. Besonders auf der Streetfighter V2 wird dies bei gleicher Leistung einen deutlichen Spaßgewinn bringen. Und wer auf der Renne noch mehr möchte, dem bietet Ducati eine eigens abgestimmte Abgasanlage an, die per Plug-and-Play gleich mal 6 PS und 5 Nm mehr liefert.
Neues Chassis mit mehr Komfort
Ohne Kraftstoff bringt die Panigale V2 nur noch 179 Kilogramm, ihre besser ausgestattete S-Version 176 Kilogramm, auf die Waage. Bei ihrer unverkleideten Schwester, der Streetfighter V2 sowie V2S, ist es jeweils 1 Kilogramm weniger. Über neun Kilogramm nahm ihr der Motor von den Rippen, weitere 4 Kilogramm bringt der aus Aluminium gegossene Monocoque-Rahmen, der den Motor als tragendes Element nutzt. Schwingenseitig geht man denselben Weg wie an der neuen Panigale V4 und verbaut die aufs Wesentliche reduzierte Hollow Symmetrical 2-Arm-Version.
23,6° Lenkkopfwinkel, mit 93 mm Nachlauf und einem Radstand von 1.465 mm versprechen ein knackig sportliches Handling auf der Panigale V2. Für den nackten Straßenflitzer gibt es exakt ein halbes Grad mehr Lenkkopfwinkel – also 24,1 Grad – und einen Nachlauf von 103 mm. Dazu noch eine 30 mm längere Schwinge, was in Summe einen Radstand von 1.493 mm ergibt.
In puncto Sitzposition nimmt man etwas Schärfe raus und hat die Stummel höher positioniert. Mit einer Sitzhöhe von 837 mm (838 mm bei der Streetfighter) schafft man genügend Raum für Großgewachsene, aber auch Chancen, als kleinerer Pilot auf ihr Platz nehmen zu können. Ich selbst habe mit 193 cm Körpergröße sehr gut Platz gefunden und konnte meine Oberschenkel bequem am neuen, deutlich schmaleren Tank positionieren.
Öhlins für die S-Version
Inzwischen bei fast allen Herstellern üblich – eine Standard- und eine edlere Version. So natürlich auch bei Ducati, die traditionell jeweils eine Basis- und eine S-Version anbieten. Hier kommen – statt einer 43mm-Marzocchi-Gabel und einem KYB-Federbein – Öhlins-Komponenten zum Einsatz, die vorne und hinten voll einstellbar sind. Auf ein elektronisches Fahrwerk wurde bewusst verzichtet, um den Preis im Rahmen zu halten. Dazu entfällt der Soziussitz mitsamt den Rasten, was dem Heck eine sportlichere Optik verleiht. Bei den Bremsen dagegen setzen beide Ausführungen auf die sportlichen Brembo M50-Sättel mit 320mm-Scheiben vorn.
Bikes im Mittelklasse-Segment mit Hightech-Elektronik
Bei der Elektronik griffen die Ingenieure aus Borgo Panigale ins Volle und ließen quasi nichts aus, was Ducati derzeit so im Angebot hat. So haben die Panigale V2 und Streetfighter V2 jeweils auf Basis der 6-Achsen-Inertialplattform (IMU) von Bosch zahlreiche Unterstützungen. Allen voran das sportliche Kurven-ABS mit Slide-by-Brake-Funktion, die Ducati Traction Control (DTC), Ducati Wheelie Control (DWC) und die Engine Brake Control (EBC). Geschaltet wird mit dem Ducati Quick Shift 2.0, der eine Blipper-Funktion hat. Vier voreingestellte Fahrmodi (Race, Sport, Road und Wet) können über das edle 5-Zoll-TFT-Display eingestellt werden. Wer es noch individueller mag, kann über die gut zugänglichen Bedientasten am linken Lenkerstummel weitere Einstellungen vornehmen und auch sein Display nach eigenen Wünschen gestalten.
Laut Ducati wird die Elektronik ähnlich wie bei der Panigale V4 arbeiten, die wir in Oschersleben zuletzt testen durften.
Einsteigertauglich – auch als 35-kW-Version
Wer jetzt schon Lust auf die 2025er-Panigale-V2 bekommen hat, der muss sich noch bis etwa Januar gedulden, Fans der Streetfighter V2 wohl sogar bis März des kommenden Jahres. Dann sollen sie in klassischem Ducati-Rot beim Händler stehen. Wer die jeweilige S-Variante haben möchte, aber nicht auf den Sozius verzichten möchte, für den hält Ducati ein Passagier-Kit bereit.
Ducati für alle? Preisreduktion bei Panigale V2 und Streetfighter V2
Ducati hat auch die neuen Preise für das Modelljahr 2025 bekannt gegeben. Sie liegen deutlich unter denen der Vorgänger. So kostet die neue Panigale V2 nun 16.390,-- Euro, die Streetfighter liegt bei einem Startpreis von 15.490,-- Euro. Das sind bei der Streetfighter V2 3.400 und bei der Panigale V2 3.800 Euro weniger, als das Vorjahresmodell gekostet hat. Auch die neue Ausstattungsvariante „S“ bleibt unter den bisherigen Preisen des Basismodells.
Preise im Vergleich – Ducati Panigale V2 (S) und Streetfighter V2 (S)
Modell
Preis 2024
Preis 2025
Ducati Panigale V2
20.190,-- Euro
16.390,-- Euro
Ducati Panigale V2 S
-
18.890,-- Euro
Ducati Streetfighter V2
18.890,-- Euro
15.490,-- Euro
Ducati Streetfighter V2 S
-
17.990,-- Euro
A2-Tauglichkeit und das Aus der SuperSport 950
Diese Preisreduktion dürfte für das Marktsegment von zentraler Bedeutung sein und vermehrt auch Einsteiger anlocken. Beide Modelle wird es auch als 35-kW-Version und somit A2-führerscheintauglich geben. Damit dürfte das Ende der SuperSport 950 besiegelt sein.
Fazit
Endlich kehrt etwas Vernunft in die Entwicklung ein und das ewige Streben nach mehr Leistung hat ein Ende. Bei Panigale V2 und Streetfighter V2 wird mehr Wert auf sportliche Leichtigkeit und Zugänglichkeit gelegt. Dazu spart man an genau den richtigen Ecken, um die Klasse erschwinglich zu halten, auch um neue Interessenten für sich zu gewinnen. Die erste Sitzprobe und Details lassen mich auf jeden Fall freudig auf den ersten Test blicken. Da kann eine ganz neue Panigale-Ära beginnen. Diese wird voraussichtlich auch für beide Modelle wieder nach Tirol führen. Neue Homologations-Daten bescheinigen der Panigale V2 ein Standgeräusch von unter 95 dB(A). Somit wird sie deutlich leiser.
.Stimmen die 100 dB Standgeräusch bei der Streetfighter V2 auch wirklich? Hab momentan eine V4S und die ist mir viel zu laut. Wäre schön, wenn ein für die Strasse entwickeltes Motorrad wie die neue V2 auch eine "normale" Geräuschkulisse hat. Ansonsten sollte mann auf den Touren genug Zeit für die Polizeikontrollen einplanen.
Stimmt das Standgeräusch von 100dB der neuen SFV2? Für ein Strassenmotorrad definitiv zu laut... Hab meine V4S letzte Woche aus genau diesem Grund verkauft.
Moin,
aufgrund der Homologation der Panigale V2, deren Daten wir heute erhalten haben, gehen wir davon aus, dass beide Modelle deutlich leiser geworden sind. Die Panigale V2 wird in jedem Fall auch Tirol-Konform sein und unter 95 dB(A) aufweisen. Zu der Streetfighter konnte das bislang nicht offiziell bestätigt werden, aber da es der gleiche Motor ist, wird der Geräuschwert ähnlich gelagert sein. Um deine Frage zu beantworten, → nein. 100 dB (A) wird sie nicht mehr haben. Sie wird zumindest, was die Messwerte angeht, viele dB nach unten gehen. Viele liebe Grüße