Wie viele Arbeitsstunden mögen da wohl drinstecken? Das dürfte sich so ziemlich jeder fragen, der zum ersten Mal vor der Triumph Bonneville Bobber steht.
Friedemann Kirn, Alessio Barbanti, Andreas Kleiberg, Triumph
Der einsitzige Ableger der Triumph-Ikone Bonneville sieht aus, als käme er direkt vom Customizer. Von einem dieser Spezialisten, die meist für richtig viel Geld aus gewöhnlichen Motorrädern extravagante Einzelstücke zusammenbasteln. Breiter, geschwungener Ein-Mann-Sattel aus Aluminium und Leder. Kleine runde Lenker-Enden-Spiegel. Starrahmenoptik hinten. Speichenräder. Kleines rundes Rücklicht. Das ganze Bike: sehr reduziert, sehr extravagant, sehr authentisch. Und – Überraschung – genau so im Triumph-Werk Thailand vom Band gelaufen.
Extracooles Design im Hardtail-Look
Vorbild sind die klassischen „Bobber“ aus den 40er-Jahren. Serienmotorräder, die von ihren Fahrern weitgehend gestrippt wurden. Motto: alles abbauen, was nicht wirklich dran sein muss. Für viel Bums dank wenig Ballast. Triumph hat diesen US-Trend schon früh bedient: Die „British Bobber“ waren damals die leichtesten Maschinen unter all den Indians und Harleys. Und damit echte Fahrspaß-Garanten. Genau wie die neue, 2017 gelaunchte Bonneville Bobber im urwüchsigen Hardtail-Look.
Triumph Bonneville Bobber Black Innerhalb von zwölf Monaten hat sich der Einsitzer zur meistverkauften Triumph in Deutschland gemausert. 746 Neuzulassungen im letzten Jahr – damit liegt das Lonesome-Rider-Bike noch vor der deutlich günstigeren, „nackten“ Street Triple, bislang der Stückzahlen-Garant von Triumph. Dieses Jahr dürfte ein neuer Highscore programmiert sein: Mit der Bobber Black und der soziustauglichen Speedmaster gibt es jetzt ein echtes Bobber-Trio. Drei gebobbte Bonnies. Und jede hat ihren eigenen Charakter.
Triumph Bonneville Bobber Entspannter Fahrstil, überlegenes Handling, fettes Drehmoment. Der „High Torque“-Zweizylindermotor aus der Bonneville T120 leistet in der Bobber 77 PS bei 6.100 Touren. Die Triumph-Techniker haben das bewährte Kraftpaket gezielt auf die Bobber abgestimmt, unter anderem mit einem neuen Ansaugtrakt samt spezieller Auspuffanlage. Im mittleren Drehzahlbereich liegen Leistung und Drehmoment satte zehn Prozent über den Werten der Bonnie T120. Zwischen 3.000 und 5.000 Touren beträgt das Drehmomentplateau durchgehend über 100 Nm. Ein Topwert in dieser Leistungsklasse.
Die Triumph Bobber - Regenfahrt bestanden Die Sitzposition lässt sich mit wenigen Handgriffen stufenlos variieren: Die Zwei-Achsen-Verstellung ermöglicht es, den Abstand der Sitzschale zum Tank sowie die Höhe auf einer Schiene zu justieren. 690 mm über dem Boden fühlt man sich wie auf einem Vorkriegsmotorrad. Die aufrechte Sitzhaltung des Fahrers sieht brav aus, spornt aber an. Ein Dreh am Gasgriff – und die Bobber stürmt los wie ein Patrouillenboot. Mit prächtigem Sound.
Satt, potent, rau. Typisch Triumph
Fürs Audio-Doping sorgen die neu entwickelte doppelte Airbox und die extrakurzen Auspufftöpfe. Ein wirklich feines, anspornendes Klangpaket, das perfekt zur kernigen Leistungsentfaltung passt, ohne der Umwelt maßlos Aufmerksamkeit abbringen zu wollen. Auch der Verbrauch gibt sich moderat: 4,1 l/100 gibt Triumph offiziell an. Wer ordentlich am Hahn zieht, sollte sich auf ca. fünf Liter einstellen. Und regelmäßiges Nachfüllen: Der formschöne Tank fasst nur 9,1 Liter.
Der Bobber-Motor mit seitlichem Zündschloss Fünf Farboptionen haben die Triumph-Designer für die Bobber ersonnen: vier glänzende Lackierungen – Jet Black, Morello Red sowie die Zweifarblackierungen Competition Green und Crannberry Red/Frozen Silver – und einen matten Anstrich in Ironstone (grau). Dazu gibt es rund 130 Original-Zubehörteile. Und zwei „Inspiration Kits“: den „Old School“-Look mit hoch aufragendem „Affenlenker“ und das sportliche „Quarter-Mile“-Package.
Kerniger, maskuliner, schärfer – so lauteten schon früh die Kundenwünsche für einen möglichen Ableger des Einsitzers. Das Ergebnis ist die Bobber Black. Tank, Schutzbleche, Faltenbälge, Motorteile, Lenker, Brems- und Kupplungshebel, Auspuffanlage – nahezu jedes Teil an dieser Bobber ist schwarz. Das lässt sie noch ein bisschen böser und kraftvoller aussehen. Einzige Farboption für Tank und Schutzbleche: matt oder glänzend „black“. Technisch unterscheidet sie sich von der klassischen Bobber unter anderem durch die breitere Vorderradgabel (47 statt 41 mm), die beherzter zupackende Vorderradbremse (zwei Scheiben vorn statt einer) und besseres Licht (LED serienmäßig). Durch das deutlich kleinere Vorderrad (16 statt 19 Zoll) geht sie spürbar dynamischer zu Werk als die klassische Bobber. Der Geradeauslauf mit dem breiteren Vorderrad ist perfekt. Wie eine Walze klebt die Bobber Black am Boden. Neutral, ausgewogen, vertrauenerweckend – nicht nur, weil selbst kleine Fahrer jederzeit beide Füße auf den Boden kriegen. Die serienmäßige Traktionskontrolle (abschaltbar) und das reaktionsschnelle ABS garantieren hohe Sicherheitsreserven. Die elektronische Drosselklappensteuerung (E-Gas) sorgt für ein spontanes und präzises Ansprechverhalten.
Bobber Black — Customizing ab Werk Zwei Fahrmodi (Straße/Regen), drehmomentunterstützte Kupplung, Heizgriffe – technisch ist das Factory-Custom-Bike auf dem neusten Stand. Der Tempomat ist bei der Bobber Black (und der Speedmaster) serienmäßig an Bord. Die Bedienung erfolgt über eine einzelne Taste links am Lenker. Easy und unaufgeregt, wie das ganze Bike. Stylisches Gimmick der Bobber-Drillinge ist das seitliche Zündschloss rechts auf Kniehöhe. Auch das Cockpit setzt auf alte Werte: Eine Uhr muss reichen. Geschwindigkeit, Drehzahlniveau, Tankstand, Ganganzeige, Fahrmodus, Restreichweite – sämtliche Fahrerinfos bündelt das angenehm schlichte, in der Neigung verstellbare Kombiinstrument.
Mit dem Spritzschutz für den Fahrer nimmt es die werksgestrippte Triumph bei Regen nicht ganz so genau. Dafür haften die serienmäßigen Avon-Reifen erstaunlich gut für ein Bike dieser Machart. Hohe Kurventempi sind auch bei Nässe drin.
Perfekt für zwei: die Speedmaster
„2-in-1-Bobber” Speedmaster Klassische Hinterradnabe im Trommelbremsen-Look, traditionelles Batteriegehäuse, Zierleiste mittig auf den Kotflügeln – die Speedmaster trägt den großen Namen ihrer Touren-Vorgänger und zelebriert den lässigen Stil eines klassischen Custom-Cruisers. Dazu gehören natürlich auch nach vorn verlegte Fußrasten und ein nach hinten gezogener Lenker. Der Tank schluckt gut drei Liter mehr als bei der Bobber. Das sorgt für eine rechnerische Reichweite von fast 300 km. Fahrer und Beifahrer(in) haben jeweils einen Einzelsitz. Das hintere Brötchen fällt für Langstrecken recht knapp aus. Gleichwohl sitzt man auf dem geformten Schaumstoff erstaunlich gut, ein Kederband schmeichelt der Optik. Praktisch: Will der Fahrer seine Ruhe haben, kann er den hinteren Sitz einfach abschrauben und durch eine schwungvoll geformte Gepäckbrücke ersetzen. Das macht die Speedmaster zur echten „2-in-1”-Bobber.
Das hintere Brötchen fällt für Langstrecken recht knapp aus Voll-LED-Licht inklusive Tagfahrlicht ist wie bei der Bobber Black Serie. Für mehr Tourentauglichkeit gibt es das Inspiration Kit „Highway“: Gewachste Gepäcktaschen aus Baumwolle und Leder, verstellbare Touring-Windschutzscheibe, Fahrersitz mit integrierter Steißlehne und passendem Soziussitz, dazu jede Menge Chrom-Elemente wie Motorbügel, Sozius-Rückenlehne und polierter Öleinfülldeckel – hier dürften vor allem eingefleischte US-Fans zuschlagen.
Das zweite Inspiration Kit „Maverick“ macht die Speedmaster ein bisschen böser: Einzelsitz aus gestepptem braunem Leder, flacher Lenker, schwarze Auspuffanlage von Vance & Hines, schwarzer Auspuffkrümmer und Öleinfülldeckel, dazu gibt es ein Set zum Entfernen des Sitzbankbügels mit Kotflügelabschluss. Für welche Variante man sich letztlich auch entscheidet: Mit der Bobber-Familie hat Triumph einen Volltreffer gelandet. In jeder Hinsicht.