Crossover-Sänfte mit Offroad-Attitüde – Peugeot Motocycles XP400
Die Franzosen kapern den Crossover-Markt. Mit dem XP400 hat Peugeot Motocycles als erster europäischer Rollerhersteller einen SUV-Scooter im Programm. So fährt der Maxiroller im Offroadlook.
Ein kleines GS-Schnäbelchen. An einem Maxi-Scooter. Die Eier musst du erst mal haben als Designer. Peugeot Motocycles traut sich was mit dem Crossover XP400. Und das aus gutem Grund: Das Adventure-Segment boomt. Auch bei Rollern. Platzhirsch Honda hat 2017 mit dem SUV-Scooter X-ADV den Anfang gemacht – und einen Bestseller auf die Räder gestellt. Auch wenn Hondas Roller-gewordene 750er auf Deutschlands Straßen eher selten unterwegs ist: Ganz Südeuropa liebt den hochgebockten Motorrad-Scooter mit seinen großen Rädern (17 Zoll vorn, 15 Zoll hinten), dem lässigen DCT-Getriebe und dem robusten Honda-NC-Fahrwerk.
Vier Farben und zwei Versionen: GT und Allure
Anfang 2022 legten die Japaner nach und brachten den Automatikroller ADV350 (ab 6.990,-- Euro); in Asien gibt es on top den ADV125. Der Wettbewerb schaute anfangs staunend zu. Dann wagte sich Kymco aus der Deckung mit dem Kürzel-Monster DT X360 350i ABS (29 PS, auch als 125er lieferbar), das mittlerweile als DT X 350i ABS firmiert (ab 5.749,-- Euro). Und seit letztem Jahr ist nun auch Peugeot Motocycles dabei. Mit dem schnieken XP400, den es in vier auffälligen Lackierungen – Mattweiß, Schreigrün, Grau, Schwarz – und zwei Versionen gibt: GT und Allure. Ganz wie bei den vierrädrigen Kollegen der Löwenmarke.
Zweiteiliger Sitz mit zwei Staufächern
Die Franzosen preisen den XP400 als „Verbindung zwischen Premium-Stadtrollern und Motorrädern“ und Einstieg ins GT-Segment. Motto: „Der Roller, der nicht nur die Gedanken auf Reisen schickt.“ Na denn mal rauf da. Der zweiteilige Fauteuil über dem Heck ist ausgesprochen komfortabel. Die Sitzfläche des Fahrers ist optisch mehr als doppelt so lang wie das Polster des Beifahrers. Der Chauffeursplatz lässt sich ausladend in Richtung Lenker nach oben klappen; die hintere öffnet gegenläufig. Unter beiden ist ein separater Stauraum. Das ist zum einen praktisch. Zum anderen bedeutet es aber, dass nur ein Helm unterm Doppelsitz Platz findet. Wie heißt es so schön: Man kann nicht alles haben. Fürs Fahrwerk gilt das nicht: Der XP400 bietet einen guten Kompromiss aus Sportlichkeit und Komfort. Wie eine Sänfte setzt er sich in Bewegung. Stets zutiefst auf Bequemlichkeit bedacht, aber mit spürbarem Drang nach vorn. Die Bedienung ist narrensicher: Gasgriff drehen und ab dafür. Das stufenlose Schalten übernimmt das CVT-Getriebe. Wie alle Artgenossen begleitet es seine Arbeit mit einem steten Jaulen; erst dreht der Motor hörbar hoch, dann folgt leicht verzögert der Schub. Nach kurzer Eingewöhnung nimmt man das als Gott gegeben hin.
Look und Silhouette des Peugeot XP400 orientieren sich unübersehbar an den Vorbildern von Honda. Kernig, zackig, schnittig. „Tough“ in der Anmutung, aber stylisch und durchaus hochwertig. Mit 17-Zoll-Vorderrad und 15-Zoll-Hinterrad rollt der XP400 auf den gleichen Felgen wie der Honda X-ADV (ab 13.190,-- Euro). Lediglich das Maß des Vorderreifens unterscheidet sich: Die Franzosen entschieden sich für 110/70-17, die Japaner für 120/70-17. Hinten ziehen beide Pneus in 160/60-15 auf.
Knapp 37 PS und 38 Nm
36,7 PS bei 8.150 Umdrehungen pro Minute und 38 Nm bei 5.400 U/min leistet der „PowerMotion“-Motor im Peugeot Motocycles XP400. Damit liegt er zwischen Honda ADV350 (29 PS, 31,5 Nm) und X-ADV (59 PS, 69 Nm). Vorn packt eine 295-mm-Doppelscheibenbremse vertrauensvoll zu, hinten zügelt eine 240-mm-Bremsscheibe das Temperament des sparsamen Einzylinder-Viertakters. Peugeot Motocycles gibt 3,8 Liter auf 100 Kilometer als Durchschnitt an. Bei unseren Überlandfahrten in Andalusien ging der Spritkonsum runter bis auf 3,6 l/100 km. Die Höchstgeschwindigkeit des XP400 beträgt offiziell 137 km/h. Zum Ausfahren kamen wir als gottesfürchtige Jünger der spanischen Straßenverkehrsordnung zwar nicht. Zweifel am Erreichen des Maximal-Tempos zerstreut das grundsätzliche Temperament des XP400 allerdings konsequent. Flott, aber nie ungestüm geht er mit seinem CVT-Getriebe ruckfrei ans Werk.
Charakteristische Stilmerkmale der Löwenmarke
Die Federung erfolgt über eine hydraulische Teleskopgabel mit 140 mm Federweg vorn und einem hydraulischen Stoßdämpfer mit Feder hinten. Auch bei Sitzhöhe (815 mm) und Radstand (1.545 mm) reiht sich der 2190 mm lange XP400 zwischen ADV350 (795 mm, 1.520 mm) und X-ADV (820 mm, 1.590 mm) ein. Die LED-Beleuchtung rundum erinnert an den Look der Automobile von Peugeot: Im Rücklicht zeigen sich rechts und links die drei Krallen, das charakteristische Stilmerkmal der Löwenmarke.
Überhaupt schätzt der XP400 die Symmetrie: dreimal drei LED-Krallen pro Seite hinten, zwei senkrechte Tagfahrlichtleuchten im Säbelzahnlook vorn (auch hier ein freundliches Bonjour an die Automobilkollegen), dazu zwei separate Voll-LED-Scheinwerfer, unter denen beim GT güldene Gabelrohre hervorlugen; beim Allure sind sie dezent schwarz. Alles sehr gefällig. Sehr wertig. Sagen wir ruhig: Premium. Diesen Begriff hört Peugeot Motocycles ohnehin am liebsten in Verbindung mit seinem XP400. Auch in Bezug aufs Cockpit.
Platz für einen Integralhelm unterm Sitz
Links Geschwindigkeit in Kilometer und Meilen, rechts – gegenläufig – der Drehzahlmesser. Fragen? Keine. Beide Instrumente sind glasklar und unmissverständlich ablesbar in ihrer analogen Anmutung. Dazwischen sitzt leicht erhöht und überdacht der mehrfarbige 5-Zoll-TFT-Bildschirm. Wie es sich heute gehört, beherrscht er auch das Thema Routenführung, in diesem Fall mittels Turn-by-Turn-Navigation. Das klappt erfreulich gut. Die Anzeige erfolgt groß und flott. Zeitgemäß sind auch der USB-Anschluss und die „Smart Key“-Startfunktion. Wer modern sein will und auf hippe Großstädter zielt, muss so etwas heute haben. Abstecher auf unebenes Geläuf sollen dennoch problemlos möglich sein; für ausreichend Grip sorgen die serienmäßigen Pirelli STR Reifen. Bei Nässe dürften die großen Räder für ein sicheres Gefühl sorgen. Ausprobieren konnten wir das nicht: Bei unserer Fahrpräsentation in Malaga hielt sich die Sonne zwar keusch zurück. Gleiches galt aber auch für den Regen.
Vierhundert Euro Preisunterschied
Im Zubehör gibt es unter anderem schwarze Sturzbügel, die Trittbretter und Verkleidung vor Beschädigung bewahren sollen. Zusätzlichen Stauraum bietet bei Bedarf ein Topcase. Der XP400 Allure (ab 7.599,-- Euro) kommt mit Aluminium-Rädern im Doppelspeichen-Look und klarem Windschild, der XP400 GT (ab 7.999,-- Euro)mit Speichenrädern und getöntem Windschild. Innerhalb des Peugeot-Motocycles-Portfolios rangieren sie damit zwischen Pulsion 125 (ab 4.899,-- Euro) und Metropolis 400 (dreirädrig, ab 10.599,-- Euro).
Originelles Detail des XP400: Bei beiden Modellen ist der knapp unterhalb der Sitzbank verlaufende hintere Stoßdämpfer durch die rechte Seitenverkleidung sichtbar. Die halb verdeckte Feder mutet an wie die Windungen einer prähistorischen Sitzheizung.