Die Wichtigkeit der Intermot auf dem internationalen Parkett hat sich in den vergangenen Jahren immer weiter reduziert. Die EICMA hat den Kölnern den Rang abgelaufen und das nicht auf eine strittige Weise, die auch nur irgendeine Diskussion darüber zulassen würde. Die EICMA ist den Schritt in die „Einjährigkeit“ gegangen und hat seitdem stetig an Renommee gewonnen, während bei der Intermot hinsichtlich Aussteller- und Besucheranzahl spätestens seit 2018 der Trendpfeil nach unten zeigt. Der Tiefpunkt erfolgte dann 2022, als gegen Mittag bereits die Kaffeebuden schlossen und verwunderte Besucher vor verschlossenen Messehallen standen – getreu dem Motto: „Hier ging es letztes Jahr doch noch weiter“. Als
Tischfeuerwerk am Rhein bezeichnete der Kollege Ralf Bielefeldt die damalige Veranstaltung. Die Frage lautet – und die muss man stellen dürfen –, wieso die Verantwortlichen nicht schneller reagiert haben, nachdem die EICMA den abwechselnden Zwei-Jahres-Rhythmus beider Messen durchbrochen hatte.
Die Einsicht kommt (zu) spät
Aus der internationalen Leitmesse soll nun eine Leitmesse für Deutschland werden. Dazu verlegt man den Termin auf Dezember und überlässt somit Präsentationen und Weltpremieren den Italienern. Letztlich ist das ein richtiger Schritt, gab es auf der Intermot zuletzt ohnehin kaum mehr Premieren zu sehen. Die eine oder andere Weltneuheit dürfte es aber auch weiterhin regelmäßig und inzwischen jährlich in Köln geben, schließlich schaffen es nicht alle Neuheiten pünktlich zur EICMA. Auch wird der eine oder andere Hersteller vielleicht nicht sein gesamtes Pulver dort verschießen wollen. Die Problematik, dass man keine Neuheiten vor der EICMA vorwegnehmen möchte, stellt sich indessen nicht mehr. So dürfen Besucher der diesjährigen Intermot nach uns vorliegenden Informationen damit rechnen, auch am Rhein Neuheiten zu sehen, die der Welt bis dahin verborgen geblieben sind. Möchte man den eigenen Ansprüchen gerecht werden, muss man allerdings deutlich zulegen. Hat man zuletzt die Regionalmessen in Dortmund oder München besucht, weiß man, dass ein Kräftemessen hinsichtlich Größe und Nachfrage derzeit eher zugunsten der Regionalmessen ausgehen würde. Der Schritt, den die Intermot hinsichtlich Termin und jährlichem Rhythmus geht, ist sicherlich der richtige; die Frage, die beantwortet werden muss, ist, ob er schlichtweg zu spät erfolgt.
Die Aussteller – nicht alle, aber mehr
Wenn wir einen Blick auf die angekündigten Aussteller werfen, so schaut es hinsichtlich der großen Marken deutlich besser aus als zuletzt. Die Japaner werden in voller Mannschaftsstärke, also mit Suzuki, Yamaha, Kawasaki und Honda, an den Start gehen. Laut Veranstalter sind auch Triumph, Royal Enfield, SYM und BMW an Bord. Wir gehen derzeit davon aus, dass auch Ducati – und das wäre wahrhaft ein Hammer – auf der Intermot ausstellen wird, auch wenn es dazu bislang keine offiziellen Informationen gibt. Zuletzt traf man die Italiener gar nicht mehr auf Messen in Deutschland an. Nicht mit dabei sein wird definitiv Harley-Davidson. Die Amis zeigen ihre Neuheiten erst zu einem späteren Zeitpunkt und bringen sie dann mit nach Dortmund. Auch Indian scheint kein Interesse zu haben, genauso wenig Aprilia, Moto Guzzi und KTM samt Geschwistermarken Husqvarna und GasGas. Hier sind bestenfalls Unteraussteller oder lokale Händler zugegen.
Jede Messe lebt von einem vielfältigen Angebot
Neben den neuesten Modellen sorgt aber auch die Vielzahl an Ausstellern und Angeboten für richtiges Messeflair und das ist ein Problem, das sich auf allen Messen durchschleicht. Die Masse an Ausstellern geht immer weiter zurück. Mitunter hatte jedes Thema seine eigene Halle auf den großen Motorradmessen. In Dortmund gab es eine ganze Halle zum Thema Hotels und Reise, auf der Intermot beispielsweise für Customizing. Ob die Intermot dieses Problem lösen kann, darf bezweifelt werden. Mit Touratech fehlt voraussichtlich schon ein großes Zugpferd aus dem Zubehörbereich, während Wunderlich ausstellen wird. Metzeler, Rukka und Pirelli kommen nicht. Somit ergibt sich doch wieder ein gewisser Flickenteppich und die stete Frage: „Sind die eigentlich hier?“
Die Custombike-Show muss weichen
Nicht ganz unerwähnt bleiben soll ein Opfer der Terminverlegung. Die
Custombike-Show in Bad Salzuflen erfreut sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit und lebt von ihrem Charme und der Liebe zum Detail. Hinsichtlich des Besucherinteresses wäre eine Verlegung vermutlich nicht notwendig gewesen, aber die Doppelbelastung dürfte dann doch zu sehr zulasten der Aussteller gehen, deshalb findet die Custombike-Show anstatt vom 06. bis 08.12.2024 nun vom etwas früher vom 29.11.2024 bis zum 01.12.2024 statt.
Urban Mobility und Einsteiger, anstatt gestandene Motorradfahrer
Probleme hatte die Intermot, zuletzt ihre Stammaussteller mit den dazu passenden Stammkunden zu mobilisieren. Die Kernzielgruppe ist der Motorradfahrer im mittleren Alter. Dieser macht die Essenz der Branche aus. Das war vor 20 Jahren so und ist heute immer noch so. Warum eine Messe, die offensichtlich bei vielen Besuchern und Ausstellern auf dem Prüfstand steht, nun ganz offiziell den Fokus auf Einsteiger und Urban Mobility legen möchte, bleibt ein Mysterium. So jedenfalls lautet die heute Ankündigung der Presseabteilung. Junge Leute oder Gelegenheitsfahrer in der Stadt sind nicht diejenigen, die auf den Messen die große Masse an Besuchern stellen oder für die größten Umsätze sorgen. Außerdem könnte man es Sache der Aussteller sein lassen, den jungen Kunden zu informieren. Man hat als
Intermot im Jahr 2024 derzeit definitiv nicht den Luxus, sich auch noch den Besucher aussuchen zu können und wenn es einer verdient hätte, dann wohl der typische Motorradfahrer, der der Messe über Jahre die Treue gehalten hat. Eine Motorradmesse ist keine Investition in die Zukunft, sondern in das Heute und in die Neuheiten und Modelle der Gegenwart. Wenn man die Ursache für diverse Probleme suchen möchte, dann findet man sie vielleicht in der Ausrichtung der letzten Jahre.
Empfiehlt sich ein Besuch der Intermot 2024?
Wenn man es süffisant ausdrücken möchte, empfiehlt sich ein Besuch alleine schon, weil es der letzte sein könnte. Ehrlich gesprochen muss man aber sagen, dass die Intermot für Deutschland und alles, was hinten dran hängt, eine enorme Bedeutung hat. Beide Daumen zu drücken und hinzufahren, ist für viele ein absolutes Pflichtprogramm. Generell schaut es so aus, als würde man die Kurve bekommen, auch wenn man sich deutlicher gegenüber dem Motorradfahrer positionieren müsste, sind die Terminverlegung und der jährliche Rhythmus eine absolute Notwendigkeit. Auch bekennen sich wieder mehr Aussteller zur Intermot. Es bleibt zu hoffen, dass dies von Dauer ist.