Jens Riedel
Autoren-Union Mobilität
Da geht noch was: Mit der 660er-Baureihe hat sich Triumph erfolgreich in der Mittelklasse positioniert und mit der Tiger Sport sein Modellprogramm um eine Allrounderin erweitert. Das hat offenbar Begehrlichkeiten nach Höherem geweckt. Mit der Tiger Sport 800 übertragen die Briten das Konzept nun auf eine neu entwickelte Motorenreihe. Natürlich sind auch hier drei Zylinder am Werk, heben aber den Typennamen mit dem größeren Hubraum in eine neue Dimension.
Leistungssprung mit Augenmaß
Für alle, denen 81 PS und 64 Newtonmeter für einen Sporttourer, Allrounder oder Midsize-Crossover (ganz wie man mag) zu wenig sind, sattelt Triumph nun die Tiger Sport 800 als Alternative drauf. 34 PS und 20 Newtonmeter Drehmoment sowie 138 Kubikzentimeter mehr Hubraum legt die größere Schwester in die Waagschale. Die Preisdifferenz fällt da mit 2.300,-- Euro fast schon bescheiden aus.
Laufkultur und Charakter des Dreizylinders
Von der grundsätzlichen Motorcharakteristik sind sich die beiden Tiger-Triebwerke
durchaus ähnlich, nur dass der 800er-Triple natürlich noch freudiger und früher am Gas hängt. Ab etwa 2.800 Umdrehungen in der Minute läuft der Motor rund, baut bei 4.000 Touren ordentlich Druck auf und kommt ab 5.000 U/min ohne Nervosität zu freier linearer Entfaltung. Im Sport-Modus brennt der Dreizylinder sein Feuer gefühlt stets 1.000 Touren früher ab, behält aber seine berechenbare Gasannahme bei. Ihre Spitzenwerte ruft die Triumph bei 8.500 (max. Drehmoment) bzw. 10.750 (max. Leistung) auf dem Drehzahlmesser ab. Zwingend notwendig ist das aber nur selten, denn die Tiger Sport ist recht leicht. Sie wiegt fahrfertig lediglich acht Kilogramm mehr als die kleinere Schwester.
Fahrwerk, Handling und Bremsen im Detail
Die Triumph zeigt mit ihrem kurzen Radstand ein williges Einlenkverhalten und hält bis etwa Tempo 180 ruhig die Spur. Erst danach zerrt der zunehmende Fahrtwind ein wenig an Mensch und Maschine. Der vordere Stopper ist erfreulich griffig, die hintere Bremse eher defensiver ausgelegt. Das Fahrwerk ist weniger auf Komfort, sondern eher auf straffe Sportlichkeit ausgelegt. Die Federgabel lässt sich bei Bedarf aber voll einstellen, und hinten erleichtert ein gut erreichbares Handrad die Verstellung der Vorspannung.
Reichweite, Verbrauch und Ergonomie
Der über 18 Liter fassende Tank ermöglicht erfreulich lange Fahrten von 350 Kilometern und mehr am Stück. Bei dauerhaftem Tempo um die Autobahnrichtgeschwindigkeit herum gönnten sich die drei Zylinder rund 4,9 Liter auf 100 Kilometer, auf der Landstraße blieben wir mit rund 4,4 Litern sogar unter dem angegebenen Normwert. Die lange Sitzbank ermöglicht zwischendurch auch einmal eine etwas andere Positionierung, ergonomisch geht es aber grundsätzlich recht aufrecht und entspannt zu. Das Polster für den Sozius fällt hingegen für einen Tourer etwas kurz aus.
Windschutz und Ausstattung im Alltagstest
Die Tiger Sport 800 bietet ordentlichen Wetterschutz. Dazu tragen die verstellbare Scheibe mit zusätzlichen Windabweisern für die Hände, der sich nach vorne verbreiternde Tank und die recht weit herausragenden Seitenblenden des Kühlers vor den Beinen bei. Die Rückspiegel werden ihrem Namen und ihrer Aufgabe gerecht, was ja längst nicht mehr bei jedem Motorrad selbstverständlich ist. Vom Blinkhebel wünschten wir uns hingegen etwas mehr haptisches Feedback. Dafür schaltet sich der Fahrtrichtungsanzeiger aber nach dem Richtungswechsel wieder von alleine ab.
Bedienung, Display und Elektronik
Die Instrumentierung stammt von der kleineren 660 mit nahezu selbsterklärender
Menüsteuerung. Nach wie vor verwundert es allerdings ein wenig, dass der gewählte Fahrmodus nicht dauerhaft im konnektivitätsfähigen Display angezeigt wird, sondern nur über die Mode-Taste abgefragt werden kann. Ebenso etwas eigenwillig: Tempomat und Quickshifter gibt es serienmäßig, aber der USB-Anschluss muss extra bestellt werden. Apropos Geschwindigkeitsregelanlage: Die Set-Taste reagiert gelegentlich empfindlich auf eine etwas zu unruhige Gashand und will dann gerne ein zweites oder gar drittes Mal gedrückt werden, ehe sie reagiert.
Fazit Triumph Tiger Sport 800 – Allrounder mit klarer Ausrichtung
Keine Frage, die Triumph Tiger Sport 800 bietet ein gutmütig und gefällig abgestimmtes Gesamtpaket. Sie verzichtet auf allzu viel Schnickschnack und bleibt bodenständig. Das macht sie zu einem preislich attraktiven Allrounder, der sich für die schnelle Feierabendrunde ebenso eignet wie für den Urlaubstrip oder den täglichen Weg zur Arbeit.
Pro - kräftiger, kultivierter Dreizylindermotor
- linearer Leistungsaufbau, besonders im Sport-Modus
- geringes Mehrgewicht gegenüber der 660er
- über 350 km Reichweite
- Tempomat und Quickshifter serienmäßig
Contra - Soziussitzbank recht kurz für längere Touren
- Hinterradbremse könnte kräftiger zupacken
- USB-Anschluss nicht serienmäßig
- Blinkerschalter mit schwachem haptischem Feedback