Test: Keeway V-Cruise – Mini-Sportster aus China

Keeway aus China rüstet die V-Cruise mit einem 125 Kubikzentimeter kleinen V2-Motor aus und ermöglicht Besitzern der B196-Lizenz defensives Cruisen.
Test: Keeway V-Cruise – Mini-Sportster aus China
Test: Keeway V-Cruise – Mini-Sportster aus China Das Fahrwerk passt gut zum kleinen China-Cruiser; man darf natürlich auch nicht Reiseenduro-Komfort erwarten
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14.08.2024
| Lesezeit ca. 4 Min.
Ulf Böhringer/SP-X
fbn, Rita Niehues
Mit einem fetten V2-Cruiser bei einem Harley-Stammtisch zu erscheinen, gilt als standesgemäß. Doch was passiert, wenn man dazu kein US-Bike wählt, sondern eines aus China? Noch dazu eines mit weniger als einem Zehntel des in der Neuen Welt gebräuchlichen Hubraums? Der nicht standesgemäß motorisierte Besucher wird dennoch freundlich empfangen; wegen des Umgebungslärms war niemandem aufgefallen, dass der „Sound“ des 125 Kubikzentimeter kleinen V2 aus der schwarzen 2-in-1-Anlage eher dezent ist. „Bist du mit einer Sportster da?“, war eine mehrfach gestellte Frage. Nicht nur aus 20 Metern Distanz macht das chinesische Leichtkraftrad mit Namen V-Cruise optisch einiges her. So viel sogar, dass sein Fahrer auf freier Landstraße von entgegenkommenden Motorradfahrern gegrüßt wird. Und jetzt auch noch solche Anerkennung beim Harley-Stammtisch!
Keeway V-Cruise
Keeway aus China rüstet die V-Cruise mit einem 125 Kubikzentimeter kleinen V2-Motor aus

Harley-Feeling für B196-Führerscheinbesitzer

Es sind wohl weniger die jungen Kerle mit A1-Führerschein, die sich von der neuen Keeway V-Cruise angesprochen fühlen, sondern jene, die ihre B-Lizenz durch die kurze B196-Zusatzausbildung erweitert haben. Außer dem stylischen Aussehen sowie der guten Verarbeitung hilft beim Absatz der günstige Preis: Inklusive der Liefernebenkosten sind knapp unter 5.000,-- Euro nötig, um den überwiegend schwarz lackierten Cruiser fahren zu können. Noch günstiger, aber weniger erwachsen, ist nur die Hyosung GV 125 S Aquila (4.330,-- Euro); sie steht mit 470 Einheiten derzeit zwei Plätze weiter vorn in der Neuzulassungsstatistik.
Keeway V-Cruise, 60°-V2 Motor
Der 60°-Keeway-V2 ist aktuell einer der wenigen Mini-V2-Motoren auf dem Weltmarkt

Keine Scheu vor hohen Drehzahlen

Der 60°-Keeway-V2 ist aktuell einer der wenigen Mini-V2-Motoren auf dem Weltmarkt. Er weist drei Ventile pro Zylinder sowie Wasserkühlung auf und arbeitet erstaunlich vibrationsarm. Selbst 2.000 Umdrehungen jenseits der Nenndrehzahl von 8.500 Touren sind die Vibrationen nicht wirklich grob. Denn eines ist klar: Wer unter Drehzahlscheu leidet, kommt mit dem 164 Kilogramm wiegenden Mini-Cruiser mit der stattlichen Erscheinung nicht voran. Schon an leichten Steigungen ist oft der dritte oder vierte Gang erforderlich, um nicht zu verhungern. Doch das Sechsganggetriebe lässt sich leichtgängig und auch präzise schalten, wenngleich die Schaltwege etwas lang geraten sind. Bei fleißigem Schalten und jubelndem V2 stellt man weder in der Stadt noch im Überlandverkehr ein Verkehrshindernis dar. Wer aber auf verkehrsarmen Straßen entspannt cruisen möchte, kann auch das, denn ab etwa 4.000 Touren nimmt das kleine Triebwerk willig Gas an, solange die Straße eben ist.
Keeway V-Cruise
Angesichts unserer langen Distanzfahrten im verkehrsarmen Niederbayern, mit vergleichsweise hohem Durchschnittstempo, mit sehr hohen Drehzahlen, waren wir erstaunt über die enorme Reichweite

Minimaler Verbrauch ermöglicht hohe Reichweiten

Angesichts unserer langen Distanzfahrten im verkehrsarmen Niederbayern, mit vergleichsweise hohem Durchschnittstempo, mit sehr hohen Drehzahlen waren wir erstaunt über die enorme Reichweite und den geringen Verbrauch. Mit einem Durchschnitt von 2,7 Litern pro 100 Kilometer blieben wir einen guten halben Liter unter dem Normverbrauch. Der 15-Liter-Tank ermöglichte in unserem Fall volle 500 Kilometer Reichweite. Die Reserve-Warnung dürfte freilich ein wenig auffälliger arbeiten. Doch das ist Jammern auf hohem Niveau.
Keeway V-Cruiser
Das Fahrwerk passt gut zum kleinen China-Cruiser; man darf natürlich auch nicht Reiseenduro-Komfort erwarten

Kleiner Cruiser mit üppiger Reifendimension

Das Fahrwerk passt gut zum kleinen China-Cruiser; man darf natürlich auch nicht Reiseenduro-Komfort erwarten. Die lediglich 4,2 Zentimeter Federweg der beiden hinteren Federbeine können nun mal keine groben Fehler im Straßenbau kompensieren. Die USD-Gabel verrichtet ihren Dienst zufriedenstellend. Durchaus gefällig sind zudem das Einlenkverhalten über den breiten Rohrlenker, die Kurvenpräzision und auch die Haftfähigkeit der chinesischen Reifen; diese Aussage bezieht sich auf trockene Straßen, denn nasse Fahrbahnen gab es in unserem Trockensommer nicht zu bewältigen. Die Reifendimensionen selbst sind für eine 125er üppig und passen gut zum insgesamt wertigen Eindruck der Keeway V-Cruise. Auch die Bremsanlage bietet Grund zur Zufriedenheit: vorne und hinten gibt es je eine gut dosierbare und gut wirksame Scheibenbremse, die leicht zu bedienen ist.
Keeway V-Cruise, LED-Licht
Nichts zu meckern gibt es weiterhin bei den funktionalen Details wie Schalter, Hebel, das stylische Digital-Rundinstrument oder das LED-Licht vorne und hinten

Funktionale Details mit kleinen Hinguckern, ABS fehlt

Nichts zu meckern gibt es weiterhin bei den funktionalen Details wie Schalter, Hebel, das stylische Digital-Rundinstrument oder das LED-Licht vorne und hinten. Einen Hingucker stellen die kreisrunden, recht kleinen Lenkerendenspiegel dar, die unter der Lenkstange montiert sind. Der Blick nach hinten ist aber durch die Fahrer-Unterarme beeinträchtigt und lenkt deshalb stark vom Verkehrsgeschehen ab; unter Sicherheitsaspekten eine fragwürdige Lösung. Gut ist dafür der Sitzkomfort: Der sehr wertig bezogene Fahrersitz ist ordentlich geformt und gepolstert. Lenkergriffe und Fußrasten passen Normalos einwandfrei. Nicht vorhanden ist ein ABS, das für diese Fahrzeugklasse auch nicht vorgeschrieben ist. Sehr wartungsarm zeigt sich der Riemenantrieb zum Hinterrad; auch hier orientiert sich Keeway am großen Vorbild aus Milwaukee, das ja offensichtlich die Gesamtvorlage liefert.
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Preis-/Leistungsverhältnis
Technische Daten Keeway V-Cruise 2024
Motor
Hubraum 125 ccm
Zylinder, Kühlung, Ventile Flüssigkeitsgekühlter 60°-V2-Motor, drei Ventile pro Zylinder
Leistung 14 PS (10 kW) bei 8.500 U/min
Drehmoment 14,4 Nm bei 6.500 U/min
Verdichtung 10.6:1
Höchstgeschwindigkeit 105 km/h
Wartungsintervalle nach 1.000 km, danach alle 5.000 km
Verbrauch pro 100 km 3,3 Liter
Kraftübertragung
Kupplung Nasskupplung
Schaltung 6-Gang
Antrieb Zahnriemen
Fahrwerk & Bremsen
Rahmen Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen
Federelemente vorn 370-mm-USD-Telegabel
Federelemente hinten Stahl-Zweiarmschwinge
Federweg v/h 120/42 mm
Radstand 1.345 mm
Räder Aluminiumgussräder
Reifen vorn 120/80-16
Reifen hinten 150/80-15
Bremse vorn 300-mm-Einscheibenbremse
Bremse hinten 240-mm-Einscheibenbremse
Maße & Gewicht
Länge 2.120 mm
Breite 820 mm
Höhe 1.050 mm
Gewicht 164 kg
zul. Gesamtgewicht 304 kg
Maximale Zuladung 140 kg
Sitzhöhe 710 mm
Tankinhalt 15 Liter
Fahrzeugpreis ab 4.960,-- Euro
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