M&R-PlusVergleichstest: BMW R 1250 GS vs. Harley-Davidson Pan America Special

Im direkten Duell muss die Harley-Davidson Pan America Special zeigen, ob sie der BMW R 1250 GS das Wasser reichen kann.
Vergleichstest: BMW R 1250 GS vs. Harley-Davidson Pan America Special BMW R 1250 GS vs. Harley-Davidson Pan America Special
Vergleichstest: BMW R 1250 GS vs. Harley-Davidson Pan America Special Die hohe Front und die breiten Zylinder der GS schützen den Fahrer vor Wind und Wetter. Die Scheibe erzeugt Turbulenzen.
18 Bilder
26.02.2022
| Lesezeit ca. 13 Min.
Alexander Klose, Joséphine Eder, BMW, Harley Davidson
Für den Vorschlag eine Harley-Davidson mit einer BMW zu vergleichen, wäre man vor wenigen Jahren noch aus der Redaktionssitzung geflogen – inzwischen führt kein Weg an diesem Showdown vorbei. Viel zu exakt ist die Pan America auf den deutschen Zulassungskönig, die BMW R 1250 GS, zugeschnitten. Also her mit den Testmaschinen und ab auf die Straße!

Optisch gehen BMW R 1250 GS und Harley-Davidson Pan America Special das Adventure-Thema unterschiedlich an. Die ehemals so polarisierende Front der GS mit Schnabel und Telelever-Vorderradaufhängung ist über die Jahre gefällig geworden. In diesem Vergleich ist sie die alte Bekannte und wirkt in der Farbe „Triple Black“ besonders schick. Das neue Gesicht – auch optisch – ist die Pan America mit ihrem breiten, tief positionierten LED-Scheinwerfer. Sein Design verspricht eine besonders breite Ausleuchtung der Fahrbahn und wird von einem darüber sitzenden Kurvenlicht unterstützt. Im Falle der Pan America Special gehört es zur Serienausstattung, beim Basismodell kostet es extra. Das aufpreispflichtige Kurvenlicht der BWM verzichtet auf zusätzliche Leuchten. Es schwenkt stattdessen per Servomotor die komplette Abblendlichteinheit um bis zu 35 Grad, um Schräglage auszugleichen.
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Mit ihrer außergewöhnlichen Front distanziert sich die Pan America optisch von den etablierten Reiseenduros. An ihren Anblick gewöhnen sich die meisten schnell und empfinden ihn als erfrischend anders. Während ich um die Kontrahentinnen schleiche, erwische auch ich mich bei dem Gedanken: „Warum eigentlich nicht? Wer sagt, dass ein Adventure Bike Enduroschnabel oder Rallyoptik braucht?“ Die Front der Pan America greift die Formensprache der Harley-Davidson Road Glide auf und präsentiert sich in natura harmonischer als auf den meisten Fotos. Vor allem wirkt sie klein neben der GS, obwohl sich Fahrzeugabmessungen und Sitzhöhe kaum voneinander unterscheiden. Die liegt bei der BMW je nach Position des Polsters bei 850 oder 870 Millimeter, die der Pan America Special bei 850 oder 874 Millimeter.
Der Herausforderer: Harley-Davidson Pan America Special
Der Herausforderer: Harley-Davidson Pan America Special
Das Motorenkapitel gehen beide weit weniger unterschiedlich an als zunächst vermutet. Nicht nur beim Hubraum herrscht Einigkeit, auch in Sachen variable Ventilsteuerung ist der Shiftcam-Boxer nicht länger allein. Jede der vier Nockenwellen des Revolution-Max-V-Twins ist mittels eines elek­trischen Stellmotors verdrehbar. Die Einlass- und Auslassnockenwellen beider Zylinder können damit unabhängig voneinander um bis zu vierzig Grad verstellt werden. Das System arbeitet stufenlos und regelt kontinuierlich in Abhängigkeit von Last und Drehzahl. Damit unterscheidet es sich von der BMW-Lösung, die nur zwischen zwei festgelegten Nockenwellenprofilen umschalten kann. Eines ist für den Teil-, eines für den Volllastbereich optimiert. Im Fahrbetrieb ist der Eingriff in die Steuerzeiten keinem der beiden Motoren anzumerken.
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Der 13:1 verdichtende Revolution-­Max-Motor ist mit natriumgefüllten Auslassventilen, Doppelzündung, hydraulischem Ventilspielausgleich, Motordeckeln aus leichtem Magnesium und einer Trockensumpfschmierung mit drei Ölpumpen ausgestattet. Sie ersparen dem Motor nicht nur die Panschverluste in der Ölwanne, sie erzeugen zudem einen Unterdruck im Kurbelgehäuse, der die innere Reibung reduziert. Wie der 12,5:1 verdichtende Boxer ist auch der V-Twin mit einer Kolbenbodenkühlung ausgestattet. Während sich die BMW mit einer Ausgleichswelle begnügt, lassen bei der Harley zwei Ausgleichswellen gerade noch so viele Vibrationen übrig, dass sich der Motor lebendig anfühlt. Die Spitzenleistung des ausgeklügelten V-Twins fällt üppig aus. Um 16 PS übertrumpft er den Boxer, erreicht seinen Zenit dafür aber 1.000 Touren später. Diese Charakteristiken sind den beiden Motoren auch im Fahrbetrieb anzumerken.

Während die GS bereits knapp über 1.500 U/min Vortrieb generiert, verlangt die Pan America im direkten Vergleich stets 500 zusätzliche Touren, um sauber abzuliefern. Um 15 Newtonmeter übertrumpft der Boxer den V-Twin in Sachen Drehmoment, dessen Maximum zudem 500 Umdrehungen früher erreicht wird. Leistungsplus auf der einen, Drehmomentüberschuss auf der anderen Seite – die Harley wirkt sportlicher, die BMW elastischer. Da beide Adventure Bikes mehr als üppig motorisiert sind, entscheiden die persönlichen Vorlieben für einen der Charaktere, denn unterm Strich bewegen sich beide Motoren auf Augenhöhe. Durch einen Hubzapfenversatz von dreißig Grad zündet der 60-Grad-Harley-Twin übrigens wie ein 90-Grad-V2 – also wie eine Ducati. Im ersten Moment irritiert daher ihr Sound.
Der Platzhirsch: BMW R 1250 GS
Der Platzhirsch: BMW R 1250 GS

Ausgeprägte Offroad-Qualitäten

Die Pan America will aber keine Reinkarnation der Multistrada V2 sein, der Grund für ihre Zündfolge ist eine gefälligere Charakteristik für den Einsatz abseits befestigter Straßen. Aufzudröseln, in welcher Offroad-­Sektion die Drehmomententfaltung eines 90-Grad-V2 nun Vorteile gegenüber einem 60-Grad-Twin bietet, würde an dieser Stelle zu weit führen. Gegen den Boxer kann es jedenfalls nicht schaden, sämtliche Register zu ziehen. Immerhin hat die GS ihre Offroadtauglichkeit unzählige Male unter Beweis gestellt. Bereits in unserem Einzeltest brillierte auch die Pan America im Gelände. Vor allem ihre hervorragende Balance bei niedrigen Geschwindigkeiten und das leichtfüßige Handling kann sie ins Feld führen.
Die hohe Front und die breiten Zylinder der GS schützen den Fahrer vor Wind und Wetter. Die Scheibe erzeugt Turbulenzen.
Die hohe Front und die breiten Zylinder der GS schützen den Fahrer vor Wind und Wetter. Die Scheibe erzeugt Turbulenzen.
Der Shiftcam-Boxer der GS strotzt bereits bei niedrigen Drehzahlen vor Drehmoment.
Der Shiftcam-Boxer der GS strotzt bereits bei niedrigen Drehzahlen vor Drehmoment.
Einzig die Front der Harley fühlt sich auf weichem Untergrund etwas teigig an. Dafür gewährt der schmale Rahmen des V-Twins dem Fahrer viel Bewegungsfreiheit. Mit der Möglichkeit zur schnellen Gewichtsverlagerung, unterstützt vom fein dosierbar am Gas hängenden Motor, erlaubt die Pan America selbst in schwierigen Sektionen gezielte Korrekturen. Der Charakter der GS unterscheidet sich davon grundlegend. Wie auf der Straße, glänzt sie im Gelände in erster Linie mit Souveränität. Dass man von der Front noch weniger spürt als im Sattel der Harley, machen der niedrige Schwerpunkt des Boxermotors und sein unerschütterliches Drehmoment wett. Wer es schafft, der BMW blind zu vertrauen, kann sie laufen lassen – je schneller, desto besser. Dann bügelt ihr Fahrwerk jeden Untergrund glatt.

Die Eine agil, die Andere souverän

In gewisser Weise sind diese Charaktereigenschaften auf die Straße übertragbar. Die BMW liegt satt in der Kurve, schiebt bullig an und zelebriert den souveränen Auftritt. Die Harley wirkt im Vergleich rassiger, sportlicher und – leichter! Beim direkten Umstieg von der GS auf die Pan America scheint man locker 25 Kilo abzuschütteln und das, obwohl auf dem Papier Gleichstand herrscht. Bei einem Gewicht von 245 Kilogramm startet die Pan America als Basismodell mit konventionellem Fahrwerk. Die von uns getestete Special mit semiaktivem Fahrwerk bringt es auf 258 Kilogramm. Eine GS wiegt in Basisausstattung 249 Kilogramm und gipfelt bei der Adventure mit 268 Kilogramm. Unsere reichhaltig ausgestattete Testmaschine nimmt sich beim Gewicht nichts mit der Pan America Special. Dennoch wirkt die Harley agiler. Ihr Motor klingt lebendig, obwohl er sich bei der Lautstärke angenehm zurückhält, während die BMW gleichmütig und nicht gerade leise vor sich hin brummt. Vor allem beim Anlassen bellt sie kurz und unnötig laut auf.

Mit leichtfüßigem Handling wuselt die Harley von Kurve zu Kurve. Die Fahrmodi nehmen dabei direkten Einfluss auf die Fahrwerksabstimmung. Im Landstraßenmodus geben sich die Komponenten ausgewogen und schlucken selbst schlechten Fahrbahnbelag. Im S-Modus erfährt das Ganze eine sportliche Straffung, ohne unnötig hart zu werden. Die fein dosierbare Brembo-Bremsanlage an der Front macht derlei Spielchen gerne mit, während die seidenweich regelnde Traktionskontrolle das Hinterrad im Zaum hält. Von sportlichen Schräglagen lässt sie sich nicht aus der Ruhe bringen, folgt im Kurvenverlauf neutral der anvisierten Linie und kennt kein Aufstellmoment beim Bremsen. Fahrspaß ist das Resultat. Reifer und gesetzter wirkt die BMW.
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Die Modi von ESA-Fahrwerk und Motor sind bei ihr nicht miteinander verknüpft. Im Dynamic-Modus geht es hart und ruppig zur Sache, Road wirkt eleganter – das gilt für Motor- und Federelemente gleichermaßen, wobei das Fahrwerk nie wirklich sportlich wird. Unabhängig von den Modi geht die BMW das Tempo der Harley mit. Kaum etwas kann sie aus der Ruhe bringen. Keine zerfurchte Straße, keine Tempowechsel und auch kein Grobmotoriker am Lenker. Sie bremst und fährt jederzeit sicher und dabei sehr, sehr zügig. Wenn du nicht weißt, was du kaufen sollst: Kauf eine GS! Damit machst du nichts falsch. 9.228 Kunden genügte das 2020 als Argument. Ob sie die persönliche Sehnsucht befriedigt, steht auf einem anderen Blatt. Verglichen mit der Pan America wirkt die GS – abgesehen vom lauten Auspuff – beinahe emotionslos.
Die kleinere Stirnfläche der Pan America schützt Torso und Helm. Arme und Schultern hängen im Fahrtwind.
Die kleinere Stirnfläche der Pan America schützt Torso und Helm. Arme und Schultern hängen im Fahrtwind.
Der V-Twin der Harley hat mehr Leistung, klingt schöner als die BMW und bleibt dabei leiser.
Der V-Twin der Harley hat mehr Leistung, klingt schöner als die BMW und bleibt dabei leiser.

Tourentauglichkeit

Auf langen Touren kann selbst das eine Tugend sein, denn auch hier leistet sich die GS keine ausgeprägten Schwächen. Ihre Ergonomie fällt gemütlich aus. Locker liegt der Lenker in den Händen. Die breite Front bietet schrankwand­ähnlichen Windschutz. Trotz stufenlos verstellbarer Scheibe verschont sie den Fahrer allerdings in keiner Stellung vor Turbulenzen im Bereich des Helms. Die Leuchtkraft des BMW-Farbinstruments stellt nach wie vor die Referenz dar. Auch die Bedienung der Lenkerarmaturen gelingt intuitiv und wirft keine Fragen auf. Einzig das klassische BMW-Navi in seinem Halter über dem Cockpit wirkt etwas in die Jahre gekommen. Mit der Option „Connectivity“ hat BMW alternativ eine smartphonebasierte Pfeilnavigation im Angebot.
Über dem Cockpit der GS platziert BMW ein klassisches Navigationsgerät.
Über dem Cockpit der GS platziert BMW ein klassisches Navigationsgerät.
Die frischere Cockpitlösung bringt die Pan America mit. Widgets nennen sich die vier Felder rund um den zentralen Drehzahlmesser, die sich vom Fahrer frei konfigurieren lassen. Bordcomputer, Reifendruck, Temperaturen, Bordspannung und vieles mehr können in den vier Kacheln angeordnet werden. Wer es puristisch mag, lässt sie einfach leer. Zwar strahlt das Display der Pan America nicht ganz so hell wie das der GS, dafür handelt es sich um einen Touch-Screen, was die Bedienung stark vereinfacht.
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Die Frage der Navigation löst auch Harley-Davidson über eine Smartphone-App. Die Abbiegeanweisungen können dann ebenfalls als Widget in einer der Kacheln angezeigt werden. Alternativ dient das gesamte Display der Kartendarstellung, während wichtige Informationen wie die Geschwindigkeit am Rand angezeigt werden. Wie bei BMW können Pan-America-Kunden das Kartenmaterial kostenlos auf ihr Smartphone laden und anschließend offline nutzen. So fallen selbst in entlegensten Ländern keine Mobilfunkgebühren an, allerdings muss für die Routenführung das GPS des Smartphones eingeschaltet sein.
Den Inhalt der vier Widgets der Pan America rund um den Drehzahlmesser bestimmt der Fahrer.
Den Inhalt der vier Widgets der Pan America rund um den Drehzahlmesser bestimmt der Fahrer.
Was die intuitive Bedienung der Schalter angeht, kann die Harley nicht mit der BMW Schritt halten. Ihre einfarbig schwarzen Armaturen wirken überladen und quellen über vor Tasten. Nach kurzer Eingewöhnung hat man die Wichtigen unter ihnen ausfindig gemacht und ignoriert den Rest. Auch auf der Harley sitzt es sich auf kurzen wie langen Strecken sehr bequem und etwas fahraktiver als auf der BMW. Die Ergonomie beider Motorräder ähnelt sich stark. Allerdings ist die Verkleidung der Pan America deutlich knapper geschnitten als die der GS. Die vierfach verstellbare Scheibe schützt Rumpf und Kopf zuverlässig vor dem Fahrtwind, während Schultern, Arme und Hände bei Regen zuverlässig nass werden. Dafür bleiben dem Helm selbst bei hohem Tempo Turbulenzen erspart. An beiden Motorrädern lässt sich die Sitzhöhe ohne Werkzeug variieren. Kleinere Fahrer dürften jedoch intuitiv zum Zündschlüssel der Pan America greifen, sobald sie einmal die Vorzüge ihrer Ride Height Control genossen haben. Das aufpreispflichtige System senkt ihr Heck beim Anhalten automatisch ab, sodass die Füße wie von Zauberhand sicher den Boden erreichen. Beim Anfahren kehrt das Fahrwerk unmerklich in seine Ursprungshöhe zurück.

Assistenzsysteme: Unterschiedliche Namen, gleiche Funktion

Die übrigen Assistenzsysteme der Testmaschinen unterscheiden sich lediglich in ihren Bezeichnungen, die offenbar jeder Hersteller für sich neu erfinden muss, nicht aber in ihrer Funktion. Beide bieten eine schräglagenabhängige Traktionskontrolle, einen Fahrzeughalteassistenten für das Anfahren am Berg und eine kurvenoptimierte elektronische Bremskraftverteilung mit Antiblockierfunktion – bei BMW teilintegrales ABS genannt.
Mit intuitiver Bedienbarkeit überzeugen die Armaturen der BMW. Das Rad des Multicontrollers steuert das Menü.
Mit intuitiver Bedienbarkeit überzeugen die Armaturen der BMW. Das Rad des Multicontrollers steuert das Menü.
Das Verzögern gerät damit beinahe zur Nebensache, so unauffällig arbeiten die hervorragenden Bremsanlagen. Beide Maschinen sind optional mit einem semiaktiven Fahrwerk zu haben, deren Dämpfungscharakteristik sich per Knopfdruck den persönlichen Vorlieben anpassen lässt. Das Gleiche gilt für die vorprogrammierten Fahrmodi, wobei sich zu Rain, Road und Dynamic der BMW jeweils ein Äquivalent im Cockpit der Harley findet. Dem programmierbaren Speichplatz „Dynamic Pro“ der BMW R 1250 GS setzt die Pan America zwei programmierbare Slots entgegen. Mit zwei Offroad-Fahrmodi, die die GS nicht bietet, kann die Pan America Special bei Geländefans punkten. Die BMW stellt dafür sportliche Fahrer mit einem Quickshifter zufrieden. Die Möglichkeit kupplungsfrei hoch- und runterzuschalten gibt es bei Harley-Davidson nicht für Geld und gute Worte – zumindest noch nicht. Wie wir aus zuverlässiger Quelle wissen, befindet sich ein entsprechendes System bereits auf dem Weg zur Serienreife. Bis es so weit ist, trösten wir uns damit, dass die servounterstützte Anti-Hopping-Kupplung der Pan America nur wenig Handkraft benötigt und ohne zu rupfen einrückt. Gangwechsel und Leerlaufsuche gelingen bei ihr sogar leichter als bei der BMW.
Harley: Allein sieben Tasten der linken Armatur dienen der Steuerung des Menüs. Rechts ist es ähnlich unübersichtlich.
Harley: Allein sieben Tasten der linken Armatur dienen der Steuerung des Menüs. Rechts ist es ähnlich unübersichtlich.

Kardan oder Kette?

Kommen wir zum großen Aber der Pan America, das bereits anderen GS-Konkurrenten zum Verhängnis wurde: Vor allem Langstreckenfahrer schätzen die Vorteile eines nahezu wartungsfreien Kardanantriebs. Und den hat die Pan America nicht. Wie Honda Africa Twin, Kawasaki Versys, KTM Super Adventure und Suzuki V-Strom setzt auch Harley-Davidson bei der Pan America auf den Sekundärantrieb per Kette. Als Gründe werden die Offroadtauglichkeit und die Möglichkeit, das System am Ende der Welt ohne Werkstatt reparieren zu können, ins Feld geführt.

Unsere Frage, ob es die Option geben wird, die Pan America mit Zahnriemenantrieb zu ordern – schließlich besitzen die meisten aller Harley-Modelle einen wartungsarmen Riemen – wird ebenfalls verneint. Ein Zahnriemenantrieb sei für den Geländeeinsatz untauglich, heißt es. Und dort will Harley-Davidson die Pan America nun einmal sehen. Ob die europäische Kundschaft, die fast ausschließlich auf asphaltierten Straßen unterwegs ist, das verstehen wird, bleibt abzuwarten. Die GS hat einen Kardanantrieb und wird dennoch offroad bewegt. Die Yamaha Super Ténéré hatte auch einen – und hat sich trotzdem nicht verkauft. Vielleicht sollte man dem Thema also nicht zu viel Bedeutung zumessen. Ein Hauptständer ist an beiden Maschinen des Vergleichstests serienmäßig vorhanden. Für das Basismodell der Pan America kostet er Aufpreis.

Das Fahren zu zweit und mit Gepäck

Mitfahrer finden auf den Adventure Bikes ausreichend Platz, auf der GS sitzen sie auf langen Strecken bequemer. Das im vorderen Bereich und an den Seiten abgeschrägte Soziuspolster der Pan America bietet unterm Strich weniger Fläche als das gerade geschnittene Polster der GS. Die Gepäckbrücken beider Maschinen mit Soziushaltegriffen und Kofferaufnahmen gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Unsere Test-GS ist mit dem BMW-Vario-Gepäcksystem ausgestattet, deren Koffer sich in der Breite verstellen lassen. Der rechte fasst zwischen 20 und 29 Litern, der linke zwischen 30 und 39 Litern – genug für einen Integralhelm. Das Topcase mit einem Volumen von 25 bis 35 Litern schluckt einen weiteren Helm. Sind die Koffer leer oder nur mit wenig Gepäck beladen, können sie eingefahren werden und schmiegen sich dann schlank an das Heck der GS.

Die Kunststoffkoffer der Pan America laufen unter der Bezeichnung „Sport Luggage“. Der rechte Koffer fasst 36 Liter, der linke und das Topcase 40 Liter. Damit liegt ihr Volumen geringfügig über dem Fassungsvermögen der BMW. Auf den cleveren Teleskopmechanismus verzichtet die Harley. Die alternativ erhältlichen Aluminiumkoffer fertigt SW-Motech – sowohl für die GS als auch für die Pan America. Entsprechend gleichen sie sich in Optik und Volumen. Mit 37 Litern (rechts), 45 Litern (links) und 38 Litern (Topcase) schlucken sie mehr Gepäck als die Kunststofflösungen.
Die Kunststoffkoffer der Harley bieten mehr Stauraum als das BMW-Vario-System.
Die Kunststoffkoffer der Harley bieten mehr Stauraum als das BMW-Vario-System.
Von SW-Motech stammen die Aluminiumkoffer für Pan America und GS.
Von SW-Motech stammen die Aluminiumkoffer für Pan America und GS.

Fazit

Mit der etablierten BMW R 1250 GS hat die noch junge Harley-Davidson Pan America Special einen harten Gegner vor sich. Zugleich ist der Herausforderer gut beraten, sich am Marktführer zu orientieren. Immerhin führt die GS Jahr für Jahr die Zulassungsstatistiken an und trifft den Nerv der Kunden zielsicher. Im Vergleich liegen beide Motorräder eng beieinander. Die GS leistet sich keinen Patzer und liefert in sämtlichen Disziplinen zuverlässig ab. Dass die Pan America Special allerdings in der Lage ist, der BMW auf Anhieb so dicht auf die Pelle zu rücken, hätten ihr zu Beginn des ehrgeizigen Projekts die Wenigsten zugetraut. Motor und Fahrwerk liegen bereits jetzt auf Augenhöhe mit der GS. Einzig der fehlende Kardanantrieb schmerzt. In Sachen Cockpit und Ride Height Control ist die Harley der BMW sogar um einen Schritt voraus. Die Pan America ist also eine attraktive Option im Kreis der Reiseenduros – und auf Anhieb eine ernstzunehmende.
Mit der etablierten BMW R 1250 GS hat die noch junge Harley-Davidson Pan America Special einen harten Gegner vor sich.
Mit der etablierten BMW R 1250 GS hat die noch junge Harley-Davidson Pan America Special einen harten Gegner vor sich.
Pro & Contra Harley Davidson Pan America
 Pro
  • innovative Ride Height Control
  • agiles Handling
  • tourentaugliche Ergonomie
  • leistungsstarker Motor
 Contra
  • unübersichtliche Bedienelemente
  • kein Quickshifter
  • kein Kardanantrieb
Pro & Contra BMW R 1250 GS
 Pro
  • drehmomentstarker Motor
  • souveränes Fahrverhalten
  • tourentaugliche Ergonomie
  • Kardan
 Contra
  • wirkt im direkten Vergleich schwerer
  • Windschild erzeugt Verwirbelungen
  • lauter Auspuff
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Harley-Davidson Pan America 1250 Special - Baujahr: 2021
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BMW R 1250 GS 2021 Harley-Davidson Pan America 1250 Special 2021
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Motor
Bohrung x Hub 102 x 76 mm 105 x 72 mm
Hubraum 1.254 ccm 1.250 ccm
Zylinder, Kühlung, Ventile luft-/flüssigkeitsgekühlt, 4 Ventile pro Zylinder 4 Ventile pro Zylinder, 2 Zylinder, flüssigkeitsgekühlt
Abgasreinigung/-norm Euro 5 Euro 5
CO2 Emissionen 110,2 g CO2/km 129 g CO2/km
Leistung 136 PS (100 kW) bei 7750 U/min 152 PS (112 kW) bei 8750 U/min
Drehmoment 143 Nm bei 6.250 U/min 128 Nm bei 6.750 U/min
Verdichtung 12,5:1 13,0:1
Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h 220 km/h
Wartungsintervalle Erstinspektion bei 1.000 km, dann alle 10.000 km Erstinspektion nach 1600 km, danach jährlich oder alle 8000 km
Verbrauch pro 100 km 4,8 Liter 5,5 Liter
Kraftübertragung
Kupplung Nasskupplung mit Anti-Hopping Funktion, hydraulisch betätigt mechanisch betätigte Achtscheiben-Ölbadkupplung
Schaltung 6-Gang 6-Gang
Sekundärantrieb Kardan Kette
Fahrwerk & Bremsen
Rahmen Haupt- und angeschraubter Heckrahmen, mittragender Motor dreiteiliger Leichtmetallrahmen mit Rohr-, Guss- und Formteilen, Motor als mittragendes Element
Federelemente vorn 37-mm-Telelever, Zentralfederbein 47-mm-Upside-down-Gabel, semiaktiv
Federelemente hinten Aluminiumguss-Einarmschwinge mit BMW Motorrad Paralever, WAD Federbein semiaktives Zentralfederbein, Zweiarmschwinge aus Leichtmetalldruckguss, optional: Adaptive Ride Height System
Federweg v/h 190 mm / 200 mm 191 mm / 191 mm
Radstand 1.514 mm 1.580 mm
Nachlauf 100 mm 157 mm
Lenkkopfwinkel 64,5 ° 65 °
Räder Aluminium-Gussräder Gussspeichenräder / Kreuzspeichenräder für schlauchlose Reifen
Reifen vorn 120/70 R19 120/70R19 60V
Reifen hinten 170/60 R17 170/60R17 72V
Bremse vorn 305-mm-Doppelscheibenbremse, schwimmend gelagerte Bremsscheiben, Vierkolben-Radialbremssattel 320-mm-Doppelscheibenbremsen, gelocht, Vierkolben-Monoblock- Radial-Festsattel
Bremse hinten 276-mm-Einscheibenbremse, Zweikolben-Schwimmsattel 280-mm-Scheibenbremse, gelocht, Einkolben-Schwimmsattel
Maße & Gewicht
Länge 2.207 mm 2.265 mm
Breite 952 mm 965 mm
Höhe 1.460 mm 1.510 mm
Gewicht 249 kg (fahrfertiges Gewicht) 258 kg (fahrfertiges Gewicht)
zul. Gesamtgewicht 465 kg
Maximale Zuladung 216 kg 197 kg
Sitzhöhe 850 mm oder 870 mm 850 mm oder 874 mm
Standgeräusch 88 dB(A) 90 dB(A)
Fahrgeräusch 76 dB(A) 75 dB(A)
Tankinhalt 20 Liter 21 Liter
Fahrerassistenzsysteme ABS, Traktionskontrolle, Fahrmodi Kurven-ABS, schräglagenabhängige Traktionskontrolle, Kurvenlicht, Fahrmodi, semiaktives Fahrwerk
Fahrzeugpreis ab 16.580 € 17.995 € zzgl. Nebenkosten
Sonstiges Preis ab 2022: ab 17.750,-- Euro
Preis ab 2023 unverändert