In sozialen Netzwerken kursiert die Aussage, Bundeskanzler Friedrich Merz wolle ab dem 1. August 2025 ein Frontkennzeichen für Motorräder einführen. Kritisiert wird das Vorhaben als unnötige Reglementierung und bürokratische Gängelung.
Die Behauptung ist nachweislich falsch. Es existiert weder ein Gesetzentwurf noch eine offizielle Initiative zur Einführung von Frontkennzeichen für Motorräder. Auch von Friedrich Merz selbst liegt keine dokumentierte Aussage zu diesem Thema vor. Die Verbreitung der Meldung basiert auf unbelegten Gerüchten, die sich durch zumeist negativ angehauchte Beiträge in sozialen Medien verbreitet und immer weiter aufgebauscht haben.
Laut § 12 Absatz 5 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) ist in Deutschland bei Krafträdern ausschließlich ein Kennzeichen am Heck vorgeschrieben. Eine entsprechende Pflicht für ein vorderes Kennzeichen existiert nicht. Auch das Bundesverkehrsministerium hat keine Pläne für eine Änderung dieser Vorschrift bekannt gegeben.
Kennzeichen müssen an der Vorder- und an der Rückseite des Kraftfahrzeugs vorhanden und fest angebracht sein. Bei einer einachsigen Zugmaschine genügt die Anbringung an der Vorderseite, bei einem Anhänger und bei einem Kraftrad die Anbringung an deren Rückseite
Diskussionen über eine mögliche Einführung von Frontkennzeichen für Motorräder in Deutschland gab es zuletzt im Jahr 2014. Damals wurde eine bessere Erfassung bei Geschwindigkeitskontrollen als Begründung genannt. Die Debatte wurde jedoch aufgrund technischer, sicherheitsrelevanter und praktischer Bedenken nicht weiterverfolgt.
In den meisten Ländern sind Motorräder ausschließlich mit einem Kennzeichen am Heck ausgestattet. Es gibt jedoch einzelne Staaten, in denen auch ein vorderes Kennzeichen vorgeschrieben ist. Ein Beispiel ist Indien. Dort müssen Motorräder gemäß den Vorgaben des Central Motor Vehicle Rules (CMVR) sowohl vorn als auch hinten ein Kennzeichen tragen. Die Frontkennzeichen sind in der Regel kleinformatig und oberhalb des Frontkotflügels oder am Lenker montiert.
Auch in Sri Lanka und teilweise in Malaysia gibt es Vorschriften für doppelte Kennzeichnung. In Indonesien war ein vorderes Kennzeichen bis vor wenigen Jahren üblich, ist inzwischen aber weitgehend entfallen. Die Kennzeichenpflicht in Ländern wie Indien erfolgte in erster Linie aus Gründen der Fahrzeugidentifikation und wird häufig mit polizeilichen Erfordernissen begründet, hat sich jedoch aus technischen und praktischen Gründen international nicht durchgesetzt.
In Europa hingegen existiert keine gesetzliche Pflicht für Frontkennzeichen an Motorrädern. Selbst in Staaten mit sonst strengeren Zulassungsvorgaben wie Norwegen, Österreich oder Schweiz wird auf ein vorderes Kennzeichen verzichtet.
Ohne Weiteres wäre eine Einführung in Deutschland auch gar nicht möglich. Das Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr von 1968, dem auch Deutschland und zahlreiche europäische Staaten angehören, sieht in Artikel 37 für einspurige Krafträder ausschließlich ein hinten angebrachtes Kennzeichen vor. Eine Pflicht zur Frontkennzeichnung ist darin nicht vorgesehen.
Das Abkommen wurde von über 70 Staaten unterzeichnet.
Die aktuell kursierenden Behauptungen beruhen auf falschen Zuschreibungen und Spekulationen. Weder das Bundeskanzleramt noch das Verkehrsministerium arbeiten an einer entsprechenden Gesetzesänderung. Auch in den laufenden Sitzungsunterlagen des Bundestags findet sich kein Hinweis auf eine derartige Initiative. Auch Faktencheck-Portale konnten keinerlei Anzeichen finden, die auf eine Vorbereitung eines solchen Gesetzes hindeuten.
Es gibt keine Grundlage für die Behauptung, dass Motorräder ab dem 1. August 2025 ein Frontkennzeichen führen müssen. Die Meldung ist falsch, irreführend und unbelegt. Die geltende Rechtslage bleibt unverändert.