Wir haben gar nicht schlecht geschlafen und das auf dem Fußboden im Aufenthaltsraum der Fähre von La Paz auf der Baja California nach Topolobampo im Bundesstaat Sinaloa, unserem Einstieg auf das Festland Mexikos. Wir freuen uns wahnsinnig auf die nächsten Monate. Die Erwartungen an die Natur von den Bergen bis zum tiefen Dschungel, an die unzähligen Ruinen der Mayas, Flora und Fauna und vor allem an die mexikanische Küche sind enorm. Mit der Baja California hat Mexiko schon perfekt angefangen und so starten wir voller Vorfreude in die nächsten Bundesstaaten.
Warten auf die Flut
Wir sind die einzigen Touristen auf der Fähre, die meisten Mitreisenden sind Lkw-Fahrer, die in ihren Fahrzeugen geschlafen haben, und dann sind da noch ein paar „Zu Fuß“-Reisende, mit denen wir den Aufenthaltsraum teilen.
Gut abgesichert und zwischen schwerbeladenen Lkw stehend geht es auf der Frachtfähre durch die Nacht hindurch nach Topolobampo auf dem mexikanischen Festland Die Fähre legt an und Fußgänger dürfen als Erstes an Land. Unsere Motorräder sind eingeparkt und wir müssen noch ein wenig warten. Als die ersten Lkw den Motor anlassen und der Verkehr beginnt sich vorwärtszubewegen, nutzen wir die Zeit und lösen schon einmal alle Befestigungen und packen unsere Spanngurte ein. Aber irgendetwas scheint hier nicht zu stimmen. Wir hören, wie die lauten Motoren nach und nach wieder ausgehen, und es laufen auch immer mehr Fahrer an uns vorbei nach vorne. Also schauen wir auch mal, was da los ist, und siehe da: Ein Lkw steckt auf der Rampe fest. Eine Achse hängt komplett in der Luft, weil der Winkel zwischen Rampe und Hafenkante viel zu spitz ist. Wir werden Zeuge beim Schauspiel, wie der Lkw mit mehreren Fahrzeugen gewaltsam an Land gezerrt wird, und verstehen dann langsam, was das jetzt für uns heißt. Warten. Denn was wir mit unseren begrenzten Spanisch-Kenntnissen verstehen, ist, dass wir verweilen sollen, bis die Fähre durch die Flut höher liegt, und dass erst dann die nächsten Lkw abgeladen werden können. Genau so kommt es dann auch, vier Stunden später fahren wir endlich von Bord und fragen uns beide, welcher Verantwortliche bei der Planung der Ankunftszeit dermaßen geschlafen hat, denn die Fähre war pünktlich und die Ebbe vermutlich auch. Unser erstes Ziel bereitet nach diesen Erfahrungen offen gestanden dann doch ein wenig Bauchschmerzen.
Im Gebiet von Sinaloa- und Chihuahua-Kartell
Mehrere Hundert Kilometer führt uns der Schotterweg immer tiefer hinein ins riesige Schluchtensystem des Copper Canyons Es geht um die Barranca del Cobre, in Deutsch, die Kupferschlucht. Oft wird auch der englische Name, Copper Canyon, verwendet. Das ist ein Schluchtensystem aus insgesamt sechs Schluchten, die bis zu 1800 Meter tief und insgesamt 4-mal so groß wie der Grand Canyon sind. Was das Ganze noch interessanter für uns macht, ist, dass die Schluchten von wunderschönen Schotterstrecken durchzogen werden, die kleine Dörfer in und um die Schluchten herum verbinden. Was uns daran Bauchschmerzen bereitet, ist, dass der Canyon zum Teil zum Gebiet des Sinaloa-Kartells und zum Teil zum Gebiet des Chihuahua-Kartells zählt. Das heißt nicht grundsätzlich, dass es problematisch ist, als Tourist dort durchzureisen, aber es könnte natürlich zu den berühmten „Zur falschen Zeit am falschen Ort“-Situationen kommen.
Schotterfahren in der Kupferschlucht ist ein Traum
Eine der unzähligen Schotterstrecken, in diesem Fall in Richtung Batopilas, die die Kupferschlucht durchziehen und es zu einem Traumziel zum Schotterfahren machen Einige der Dörfer und Teile der Schluchten selbst sind touristisch erschlossene Gegenden, super zu erreichen mit dem Zug „Chepe Express“, aus dem man auch einen Wahnsinnsausblick hat. Die Strecke zählt zu den spektakulärsten Eisenbahnstrecken der Welt. Das ist der einfache Weg, den viele Touristen nehmen, um sich einerseits sicher zu fühlen und andererseits auch nicht mehrere Hundert Kilometer über abgelegene Schotterstraßen hoch und runter durch die Schluchten fahren zu müssen. Aber eben genau das ist der Grund, weshalb wir hier sind. Wir wollen unbedingt über die Schotterpisten fahren. Also wägen wir das Risiko genau ab und informieren uns an unterschiedlichen Stellen bei den Anwohnern, wie die Sicherheitslage auf den Strecken und der Straßenzustand sind. Gab es etwa Erdrutsche oder Ähnliches, was ein Durchkommen verhindert? Alle, und wir haben wirklich viele Personen befragt, haben uns versichert, dass es momentan ruhig wäre und wir das Gebiet problemlos durchfahren können, was wir dann auch wagen.
Zwischen Nadelwald und Maracujabäume
Immer wieder kommen wir an Aussichtspunkten vorbei, die uns mit ihrer enormen Weitsicht und dem Ausblick tief hinein in die riesigen Schluchten beeindrucken Am nächsten Morgen fahren wir sehr früh los, denn wir haben eine lange Strecke vor uns. Es geht von El Fuerte über Tubares bis nach Urique. Der Weg ist schmal und kurvig, weshalb wir nur langsam vorankommen, aber die ersten fantastischen Blicke in die Schlucht rechtfertigen das frühe Aufstehen allemal. Urique liegt im Tal der Schlucht und das bedeutet bei so einem enormen Höhenunterschied auch einen starken klimatischen Unterschied. Während es oben am Canyonrand kühl ist und das gesamte Gebiet aus Nadelwald besteht, wachsen im Tal Zitrus- und Maracujabäume und Kolibris schwirren durch die Gärten. Von Urique aus fahren wir wieder steil nach oben, raus aus der Schlucht, einmal über den Bergkamm und in die nächste Schlucht hinein. Eine richtig schöne Strecke, nicht allzu anspruchsvoll zu fahren, aber mit beeindruckenden Ausblicken nach jeder Kurve. Das Ziel für heute ist Batopilas, ein Dorf, das in einem schmalen Canyon eingepfercht ist. Ein wunderschöner kleiner Ort, in dem wir auf viele traditionell gekleidete Tarahumaras (lokale Ureinwohner) treffen.
Copper Canyon Adventure Park
Einer der größten Aussichtspunkte hinab in die Tiefen der Kupferschlucht, natürlich mit den für Lateinamerika obligatorischen Buchstaben Wir fahren weiter über Creel nach Divisadero, dem bekanntesten Aussichtspunkt der Kupferschlucht, der dementsprechend auch von den zugfahrenden Touristen besucht wird. Hier liegt auch der Copper Canyon Adventure Park, der die zweitlängste Zipline (Seilrutsche) der Welt beheimatet. Klingt zunächst cool, sieht aber dann doch etwas enttäuschend aus, da die Zipline nicht über die richtig tiefen Stellen der Schlucht verläuft, sodass wir uns entscheiden, doch nur die Aussicht zu genießen.
Vom Schnee zum Karneval in Mazatlan
Nicht einmal in Mexiko bleiben wir vom Schnee verschont, aber immerhin herrschen ein paar Kilometer weiter weg und vor allem weiter unten in der Kupferschlucht tropische Temperaturen Kaum zu glauben, gestern waren wir noch im Tropenklima unterwegs und heute schneit es. Damit haben wir in Mexiko ganz sicher nicht gerechnet. Wir packen schnell zusammen und fahren auf direktem Weg an die Küste in wärmere Gefilde und landen ganz zufällig auf dem drittgrößten Karneval der Welt in Mazatlan.
Mitten im historischen Zentrum in Mazatlan, am Ende der Liverpool Alley, entdecken wir ein Beatles-Monument In der Stadt sind überall riesige Pappmaché-Figuren aufgestellt, alles ist bunt dekoriert, es gibt kaltes Bier und leckere Tacos an jeder Ecke sowie einen Umzug mit unzähligen Wägen und Tanzgruppen. Livemusik darf natürlich auch nicht fehlen und so ist es eine riesige Party bei 30 Grad mit Sonne und Strand. Das lassen wir uns nicht entgehen und feiern mit.
Auch bunt gekleidete Tänzerinnen dürfen bei einem lateinamerikanischen Karneval natürlich nicht fehlen Nach der Feier fallen wir todmüde ins Bett und lassen die Eindrücke aus den Schluchten Revue passieren und freuen uns auf die kommenden Etappen.
Irre Tour, aber das werde ich wohl in meinem Alter nicht mehr schaffen dort hin zu kommen.
Schade ja, aber man kann ja auch sehr schöne Touren in Europa machen
Find's immer wieder beeindruckend, wie viel Abenteuer man auf zwei Rädern erleben kann. Pech mit der Technik gehört wohl dazu, aber das macht die Geschichten nur interessanter. Erholung ist wichtig, besonders nach so einem Sturz. Weiterhin eine gute Reise. Ich freue mich auf die nächsten Stories.
Als leidenschaftlicher Rollerfahrer, der auch mal von Langstreckenfahrten träumt, finde ich den Mut und die Abenteuerlust von Tim und Jessy beeindruckend. Die Entscheidung, alles hinter sich zu lassen und auf so eine epische Reise zu gehen, ist wirklich inspirierend. Es zeigt, dass das Motorradfahren mehr als nur ein Hobby ist; es ist eine Lebenseinstellung, die Freiheit und Selbstentdeckung ermöglicht. Die Vorstellung, fast den ganzen amerikanischen Kontinent zu durchqueren, weckt in mir den Wunsch, auch irgendwann meine eigenen Grenzen zu überschreiten. Besonders das Erlebnis mit dem Grizzly bei Alaska, zeigt, wie unmittelbar und intensiv die Begegnungen in der Wildnis sein können. Diese Story macht mir Mut, vielleicht doch mal eine längere Tour zu planen.
Ein echtes Abenteuer mit Zehenschnaps und Schlüpferkanonen – ein herrlich absurder Trip, der beweist, dass wir die 20er nicht ganz so ernst nehmen ´sollten.
Die pure Freude und Abenteuerlust, die aus jeder Zeile springt, fängt so authentisch das ein, was das Motorradfahren ausmacht – Freiheit und das Unbekannte. Einfach herrlich, diese Hingabe!
crazy was die beiden erlebt haben, aber mit sandalen am gletscher is ja fast schon fahrlässig ;) ich wünsche euch eine gute weiterfahrt und und mir mehr tolle eindrücke von eurem abentuer