
427 Kilogramm schwer
Zugegeben: Sie sieht monströs aus, die R 18 Transcontinental. Nicht nur ihr gewaltiger Boxermotor beeindruckt schon visuell, sondern das gesamte Motorrad lässt den Betrachter nachdenklich werden: Ist das wirklich meine „Kragenweite“? Ein Ruck am Lenker, dann steht das im Stand bleischwere Motorrad frei auf seinen zwei Rädern im labilen Gleichgewicht. Starten mit beiden Händen am Lenker, den ersten Gang mit kräftigem „klonk“ eingelegt – und schon beginnt die Phase der Mühelosigkeit.Egal ob bei Geradeaus- oder Kurvenfahrt, bei langsamem Cruisen oder zügigem Gleiten: Wir notieren kein bisschen Anspannung. Die BMW-Entwickler haben einen super Tourer auf die Räder gestellt. Nur das Selbstvertrauen, das „Ich-kann-das“, muss man als Fahrer eben mitbringen.

Langstreckentaugliche Ergonomie
Am Abend des ersten Fahrtages notieren wir, daheim in Niederbayern, 620 gefahrene Kilometer und einen Benzinverbrauch von 5,8 Litern pro 100 Kilometer. Von verkrampfter Beinhaltung, einem brennenden Hinterteil oder anderen körperlichen Unpässlichkeiten können wir nicht berichten.Nach dieser ausgiebigen Erst-Erfahrung war der ohnehin nicht vorhandene Bann endgültig gebrochen; die R 18 Transcontinental durfte auch auf richtig kurvigem Geläuf zeigen, was sie drauf hat. Weit mehr jedenfalls, als man ihr als Betrachter zutraut. Denn die Schräglagenfreiheit ist so ordentlich, dass man schon übermütig sein muss, um die Trittbretter – wie die Schaltwippe Serie bei der Transcontinental – kratzen zu lassen. Stimmt die Blickführung des Fahrers, gibt es keinerlei unangenehme Überraschungen.

Drehmomentstarker Boxermotor
Schalten kann, muss aber im Grunde nicht oft, denn übersichtliche Ortsdurchfahrten kann man auch im Sechsten absolvieren und anschließend aus Tempo 50 wieder auf die persönlich angenehmste Überlandgeschwindigkeit beschleunigen. Dank des gewaltigen Drehmoments des 1,8 Liter-Boxers – zwischen 2.000 und 4.000 Touren stehen stets zumindest 150 Newtonmeter auf Abruf bereit – ist nicht nur der Fahrer eines gerade 345 Kilo leichten R 18 Cruisers unumschränkter Kaiser der Landstraße, sondern auch der Fahrer der 80 Kilo mehr wiegenden Transcontinental. Souverän nennt man diese Art der Fortbewegung. Skeptisch waren wir, zugegeben, wegen der relativ weit hinten montierten Trittbretter. Ob das wirklich klappt mit einer entspannten, über Stunden hinweg bequemen Sitz- und Beinhaltung? In unserem Fall – Körpergröße etwa 1,77 Meter – passte es trotz schon deutlich angejahrter Gelenke in Knie, Hüfte und Füßen, und zwar ohne jede Einschränkung.
Technische Highlights
Genug der Impressionen und der fahrpraktischen Erlebnisse, kommen wir zu ein paar technischen Dingen. Da ist einmal die adaptive Geschwindigkeitsregelung ACC mit ihrer Radarsensorik. Das System ist aufpreispflichtig, aber sehr empfehlenswert. Weil der Boxer der R 18 ein Durchzugsmonster ist, bedarf es zwischen 60 und 160 km/h nicht eines einzigen Schaltvorgangs. Wer eine halbe Stunde mit eingeschalteter ACC unterwegs war, empfindet von da an einen herkömmlichen Tempomaten als unnütz.
10,25-Zoll-TFT-Display
Ganz großes Kino stellt das Cockpit der Transcontinental dar. Unterhalb der Viererkette analoger Anzeigen regiert die digitale Welt, und zwar in bislang nur bei der R 1250 RT gesehener Weise. Das Vollfarb-TFT-Display misst immense 10,25 Zoll und ermöglicht alle derzeit nur denkbaren Darstellungen inklusive einer eingespiegelten Kartennavigation. Angewählt werden die Menüs und Untermenüs mittels des bekannten Multi-Controllers. Die Navigation erfolgt über die (kostenlose) BMW Connected App; sie ist stets auf dem jüngsten Stand und ermöglicht auch eine sinnvolle, auf Wunsch motorradspezifische Routenplanung.