Vom braven Allrounder zum coolen Naked-Bike – nach zehn Jahren mit über 120.000 verkauften Einheiten wechselt die Nachfolgerin des Mittelklasse-Bestsellers ER-6n jetzt in die ebenfalls sehr beliebte Kawasaki-Z-Familie. Die Neue heißt schlicht Z650. Sie kommt dem Baureihenkonzept entsprechend als sportlich-leichtes Supernaked-Bike daher, ganz im Stil ihrer Geschwister. Kawasaki beschreibt diesen besonderen Stil philosophisch mit dem japanischen Begriff „Sugomi“, der für „eine intensive Aura“ oder „eine intensive Energie“ stehe, die „von großen Persönlichkeiten oder beeindruckenden Objekten ausgestrahlt wird und alles in ihren Bann zieht“. Nun, wie dem auch sei, das dynamische Design der neuen Z650 zeichnet sich durch eine sportliche Linienführung aus.
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Preis: 3,90 €
Tiefe Lampenmaske, kantige Konturen und ein hohes Heck verleihen dem Motorrad ein energiegeladenes Aussehen in geduckter Haltung. Familiäres Markenzeichen ist das mit mehreren LEDs stilisiert dargestellte „Z“ des Rücklichts. Auffallend an der neuen Z650 ist der Rahmen, und das ganz besonders bei der von uns gefahrenen Farbvariante „Pearl Flat Stardust White/Metallic Spark Black“, bei der diese Gitterkonstruktion aus Stahlrohren in kontrastreichem Limettengrün leuchtet. Bei den beiden anderen Farbversionen mit den nichtminder philosophischen Bezeichnungen „Metallic Flat Spark Black/Metallic Spark Black“ und „Metallic Raw Titanium/Metallic Spark Black“ sind die Rahmen schwarz lackiert.
Eine neue Konstruktion verspricht ordentlich Gewichtsersparnis!
Effektvoller noch als die grüne Farbe des Rahmens ist jedoch dessen Gewicht. Die neue Konstruktion wiegt lediglich 15 Kilogramm, was im Vergleich zur ER-6n einer Gewichtsreduzierung von 10 Kilogramm entspricht. Ähnliches gilt für die Hinterradschwinge. Sie ist aus Pressstahl gefertigt, sieht einer Konstruktion aus Aluminium zum Verwechseln ähnlich, und wiegt mit 4,8 Kilogramm beachtliche 2,7 Kilogramm weniger als die der Vorgängerin. Das hintere Federbein ist nun nicht mehr seitlich, sondern zentral platziert und funktioniert über ein „Back-Link“ genanntes Hebelsystem. Mit 125 Millimetern vorn und 130 Millimetern hinten bleiben die Federwege unverändert.
Wesentliche Änderungen gibt es beim Motor. Im Zuge der ab 2017 geltenden Euro-4-Regelungen verliert der Paralleltwin zwar ein wenig Leistung, gewinnt aber im Gegenzug leicht an Drehmoment. Statt wie bisher 72 PS bei 8.500 U/min drückt das Aggregat nun bereits bei 8.000 U/min die maximale Leistung von 68 PS auf die Kurbelwelle. Das maximale Drehmoment von 65,7 Nm liegt bei 6.500 U/min an (ER-6n: 64 Nm, 7.000 U/min). Geänderte Ein- und Auslassnocken mit kleineren Arbeitswinkeln, zusätzliche Sekundärdrosselklappen sowie diverse weitere Modifikationen bewirken eine im unteren und mittleren Drehzahlbereich gestärkte Leistungscharakteristik.
Die neue Kupplung schraubt den Komfort nach oben
Neu ist zudem die sogenannte Assist- und Rutschkupplung. Die Assist-Funktion bewirkt geringere Betätigungskräfte am Kupplungshebel. Bei abrupt einsetzender Motorbremswirkung – zum Beispiel beim schnellen Herunterschalten aus hohen Drehzahlen – verhindert die Rutschkupplung ein Stempeln, somit ein Rutschen des Hinterrades. Aus Kostengründen verzichtet Kawasaki auf den Einsatz einer Traktionskontrolle sowie auf wählbare Motormappings. Gut so, denn zumindest letztere sind in dieser Leistungsklasse nicht wirklich erforderlich. Im Vergleich zur ER-6n hat die neue Z650 beachtliche 19 Kilogramm abgespeckt, und das merkt man bereits, wenn der Seitenständer eingeklappt wird. Schieben und Manövrieren im Stand funktionieren nahezu gleichermaßen leicht und einfach wie mit einem Moped. Der Lenkeinschlag ist überdurchschnittlich groß und das ermöglicht Wendemanöver auf engstem Raum. Die niedrige Sitzposition mit engem Knieschluss wird vor allem kleinere Fahrerinnen und Fahrer begeistern. Für größere Personen (über 180 cm) empfiehlt sich der optional erhältliche höhere Sattel. Die Gestaltung des Digital-Cockpits ist ganz im Stil der ER-6n gehalten. Die negativen Anzeigen mit weißer Schrift auf dunklem Hintergrund sind kontrastreich und sehr gut ablesbar. Neben den üblichen Informationen wie Tacho, Tripzähler, Ganganzeige, Zeituhr, Verbrauch etc. gibt es sogar eine auf die bevorzugte Tourenzahl einstellbare Schaltanzeige. Lobenswert sind zudem die fünffach einstellbaren Handhebel für die Bremse und Kupplung. Apropos Bremsen: Die beiden vorderen mit Doppelkolbenzangen bestückten 300er-Scheiben geben ein klares Feedback und sie verzögern effizient mit progressiver Wirkung. Im Gegensatz dazu benötigt die hintere Scheibe mit 220 Millimetern Durchmesser doch ziemlich Druck, um eine entsprechende Bremswirkung zu erzielen. Besonders agile Handlingeigenschaften erhält die Z650 durch die kompakten Reifengrößen! Neben geringem Gewicht, sportlicher Geometrie und kompakten Abmessungen trägt auch die gut gewählte, nicht übermäßig breite Bereifung (120/70ZR17 vorne, 160/60ZR17 hinten) maßgeblich zu den agilen Handlingseigenschaften bei. Ohne nennenswerten Aufwand lässt sich die Z650 von einer Kurve zur anderen umlegen, sie bleibt stabil und findet nahezu wie von selbst die richtige Linie. Hinten eher sportlich straff, passt die Abstimmung der Federelemente für alle Bereiche bestens. Ähnliches gilt für den Motor, der sowohl beim gemütlichen Dahingleiten als auch beim zügigen Angasen kaum Anlass zur Kritik gibt. Leichte Vibrationen im Lenker und in den Fußrasten untermauern den kernigen Charakter des Twins.
Die neue Kawasaki Z650 hat viele gute Tugenden der ER-6n übernommen und diese in sportlicher Richtung weiterentwickelt. Sowohl optisch als auch dynamisch ist der Transfer in die Z-Familie gut gelungen. Dank geringem Gewicht, niedriger Sitzhöhe und tückenlosen Fahreigenschaften ist sie nicht nur für Motorradeinsteiger eine wirklich gute Wahl. Bezüglich Soziustauglichkeit kann sie allerdings nicht mit ihrer Vorgängerin mithalten. Der Beifahrersitz ist deutlich kleiner und Haltegriffe fehlen komplett.