Test-Telegramm: Yamaha R9 – CP3-Renner für Road & Race
Yamaha hat in Spanien die neue R9 präsentiert. Unwetterbedingt konnten wir sie vorerst nur auf der Rennstrecke testen. So fährt die 119-PS-Supersportlerin.
CP3. Dieses Kürzel steht in der Motorradwelt für den grandiosen Dreizylinder von Yamaha. Nach MT-09, Tracer 9 und XSR900 samt GP-Variante kommt jetzt das nächste Bike mit dem Sahne-Triebwerk: die neue R9, die lang erwartete Rennmaschine der 900er-Familie. Hausintern ist sie das neue Supersport-Spitzenmodell von Yamaha: R1 (200 PS) und R6 (118 PS) gibt es künftig nur noch für den Rennstreckeneinsatz (jeweils in zwei Versionen). Wer auf der Straße eine Supersport-Yamaha bewegen will, darf sich künftig entscheiden zwischen R125 (15 PS), R3 (42 PS), R7 (73 PS) und – ab Ende März 2025 – der neuen R9 mit 119 PS bei 10.000 Touren und 93 Nm bei 7.000 Umdrehungen pro Minute. Damit fährt die R9 mitten hinein ins zunehmend populäre Mittelklasse-Sportsegment, wo sie unter anderem gegen die neue Ducati Panigale V2 (120 PS) antritt.
Paartanz auf dem Circuito de Sevilla: Yamaha hat die Premiere der neuen R9 nach heftigen Unwettern in Jerez nach Sevilla verlegt. Beim ersten Tracktest überzeugte der CP3-Renner voll und ganz Sportliche Landstraßenfahrer begeistern UND Rennstreckencracks aller Fahrlevels. Die Leistungsentfaltung des bewährten 890-ccm-Aggregats passt bestens zur Doppelbestimmung der R9: Sie stürmt begeistert in den roten Drehzahlbereich und hat schon früh ordentlich Druck auf dem Dreier-Kessel. Wer bislang keine oder wenig Erfahrungen auf Rennstrecken gemacht hat, wird sich sofort zu Hause fühlen auf der R9: Die Sitzposition passt von 1,70 Metern bis 1,95 Metern, wie sich bei unseren „Stints“ auf dem neuen Circuito de Sevilla gezeigt hat. Dorthin mussten wir ausweichen, weil ein heftiges Unwetter den vorgesehenen Racetrack in Jerez unbefahrbar gemacht hat. Auch unser geplanter 200-Kilometer-Landstraßentrip von Jerez nach Malaga fiel massiven Straßenschäden zum Opfer. Dafür brachte Yamaha das logistische Meisterstück fertig, die in der Boxengasse abgesoffenen Maschinen innerhalb kürzester Zeit wieder flottzumachen und nach Sevilla zu schaffen. Chapeau an dieser Stelle! Die Raceprofis im Testerfeld kamen dort genauso auf ihre Kosten wie Gelegenheits-Tracknutzer mit übersichtlicher Rennstreckenerfahrung (wie ich).
Das kann die Yamaha R9
So sehen Supersportler aus: Die neue Yamaha R9 kommt in den Farben Icon Blue und Tech Black Dir vom ersten Moment an das gute Gefühl geben, dass sie dich sicher wieder zurück in die Boxengasse bringen wird, kaum dass du raus auf die Rennstrecke geprescht bist. Tiefe, aber nicht zu tiefe Clip-on-Lenkerstummel, hoch gelegte Fußrasten (für die Rennstrecke, Straße tiefer), breiter Tank mit Kinnmulde, flacher Windschild – die R9 bittet unverhohlen zum Tanz mit dem Tempo (Vmax 248 km/h). Automatisch faltest du dich auf diesem Bike zusammen und reißt den Hahn auf. Integrierte Winglets verbessern den Abtrieb bei hohen Geschwindigkeiten um 6 bis 7 Prozent, verspricht Yamaha. Zum punktgenauen Ankern gibt es vorn die beste derzeit erhältliche Bremse (Brembo Stylema). Der breite Sitz (830 mm Sitzhöhe) mit massiver Abstützung fürs Gesäß hält dich sicher im Sattel.
Kurven nimmt die Yamaha R9 mit feiner Präzision und unerschütterlicher Gelassenheit. Einmal anvisiert (Blickführung ist alles!), ziehen selbst Knie-runter-Luschen wie ich gefühlt unfassbar schnell ihre Bahnen. Geht man es dann doch mal zu schnell an oder schaut sich vor der nächsten Kurve zu lange nach hinten um (um zu checken, ob kurz vorm Abkippen noch jemand vorbeischießt), greifen die schräglagenabhängigen Assistenzsysteme (unter anderem Traktionskontrolle, ABS und Bremskontrolle) verlässlich ein im Rahmen der physikalischen Möglichkeiten.
Das bietet die Yamaha R9
Rundenzeit gefällig? Über die Y-Trac-Applikation kann der Fahrer seine Fahrt aufzeichnen und analysieren Hochwertige Details wie einstellbare Hebel, geschmiedeter Alu-Schalthebel und das sehr gut ablesbare TFT-Farbdisplay (5 Zoll, Connectivity), das wertige Vier-Wege-Kreuz fürs Navigieren durchs selbsterklärende Bedienmenü und die überragende Y-Trac-Renn-Applikation (optional), die dir unübersehbar deine Rundenzeit vor Augen führt und zahlreiche weitere Parameter aufzeigt und aufzeichnet (zum Beispiel Schräglagenwinkel, G-Kräfte beim Bremsen) – das perfekte Fahrstil-Analyse-Tool. Tiefer eingestiegen ins Menü bin ich vor Ort nicht, so viel sei an dieser Stelle eingeräumt. Die Fahrerwechsel gingen flott, die Bikes waren konfiguriert, die Zeit war knapp ob der heranziehenden nächsten Regenfront (und des nahenden Abflugs gen Heimat).
Fest steht gleichwohl: Das Paket wird jeden Rennfreak glücklich machen. Erst recht bei dem Preis: Ab 13.999,-- Euro steht die R9 beim Händler, Überführungskosten inklusive. Das ist ein ziemlich cooler Kurs für ein reinrassiges Straßenrennbike mit voll einstellbarer KYB-Gabel (43 mm) und einstellbarem Zentralfederbein hinten (ebenfalls KYB). Vier Powermodi sind an Bord, drei konfigurierte Fahrmodi, dazu zwei User- und vier Trackmodi. A2-Lizenzinhaber bekommen für 13.699,-- Euro eine elektronisch eingedampfte 48-PS-Version.
Das bleibt in Erinnerung
State of the Art: voll einstellbare Gabel, verstellbare Hebel, dazu – für längere Touren auf der Autobahn – Geschwindigkeitskontrolle und -begrenzer. Beides zahlt auf den Alltagseinsatz ein Der perfekt arbeitende Quickshifter (Blipper der 3. Generation), die stimmige Ergonomie, die souveräne Leistungsentfaltung. Wer mehr Zeit hat als wir unter den gegebenen Umständen (unwetterbedingtes Ausweichen auf eine andere Rennstrecke, zwangsläufig verkürztes Testprogramm), kann sich trefflich in das Race-Menü einarbeiten und nach Lust und Laune eigene Trackmodi zusammenstellen, seine Rundenzeiten im Auge behalten und an seinem Schräglagenwinkel arbeiten. Der Verbrauch des 195 Kilogramm schweren Bikes (getankt) ist CP3-üblich moderat: 5,0 Liter auf 100 Kilometer gibt Yamaha offiziell an. Durch die ständigen Fahrerwechsel auf der Rennstrecke war kein eigener Kraftstoffkonsum zu ermitteln. Auf der Landstraße kommt die R9 mit ihrem 14-Liter-Tank rein rechnerisch 280 Kilometer weit.
Fazit Yamaha R9
Racing für alle! Die Yamaha R9 macht Renn-Novizen den Einstieg einfach – und begeistert auch Könner Die war überfällig! Yamaha macht mit der R9 alles richtig. Der CP3-Motor ist ein Sahne-Allround-Triebwerk, auch auf der Rennstrecke. Dort macht die neue R9 vom Race-Novizen bis zum Track-Profi vermutlich jeden glücklich – die einen mit famoser Zugänglichkeit und hohem Vertrauensbonus ab der ersten Kurve, die anderen mit sehr präzisem Fahrverhalten auch unter Highspeed-Bedingungen und exzellentem Kurvenverhalten. Die Elektronik ist ein Benchmark in dieser Preisklasse.
Pro
drehfreudiger CP3-Motor
präzises Handling
vollständiges Assistenzpaket
smarte Race-Track-Gadgets
typisches R-Design
Contra
kein Stich beim Race-Quartett
Beifahrer müssen im Straßenbetrieb hartgesotten sein (Mini-Sitzbrötchen)